Schlussbericht.pdf - Abgeordnetenwatch.de
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Seite 48 Bayerischer Landtag • 16. Wahlperio<strong>de</strong> Drucksache 16/17741<br />
Das Ergebnis einer erneuerten Hauptverhandlung kann<br />
dabei sein, dass dasselbe Urteil erneut gesprochen wird. Das<br />
Resultat könnte beispielsweise auch sein, dass <strong>de</strong>r Zeuge<br />
Mollath aus Mangel an Beweisen o<strong>de</strong>r weil er zwar schuldunfähig,<br />
aber nicht gemeingefährlich ist, freigesprochen<br />
wird. Je<strong>de</strong>nfalls darf das frühere Urteil in Art und Höhe <strong>de</strong>r<br />
Rechtsfolgen <strong>de</strong>r Tat nicht zum Nachteil <strong>de</strong>s Zeugen Mollath<br />
geän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n (§ 373 Abs. 2 StPO). Dies kommt – so<br />
eine sogenannte „Erneuerung <strong>de</strong>r Hauptverhandlung“ durch<br />
das Landgericht Regensburg angeordnet wird – auf <strong>de</strong>ren Ergebnis<br />
und die entsprechen<strong>de</strong> Würdigung <strong>de</strong>r Beweise durch<br />
das Gericht an.<br />
In diesem Zusammenhang ist insbeson<strong>de</strong>re zu beachten,<br />
dass die geschie<strong>de</strong>ne Ehefrau <strong>de</strong>s Zeugen Mollath in <strong>de</strong>n<br />
Ermittlungen zum Wie<strong>de</strong>raufnahmeantrag <strong>de</strong>r Staatsanwaltschaft<br />
Regensburg bislang nicht vernommen wur<strong>de</strong>. Nach<br />
<strong>de</strong>n Medien kommen auch an<strong>de</strong>re, namentlich noch nicht<br />
öffentlich bekannte Personen als Zeugen in Betracht. All<br />
dies vermag das Wie<strong>de</strong>raufnahmeverfahren entschei<strong>de</strong>nd zu<br />
beeinflussen, ohne dass mithin <strong>de</strong>ssen Ausgang vorhergesagt<br />
wer<strong>de</strong>n könnte.<br />
6. Landgericht Regensburg – 7. Strafkammer<br />
Das Wie<strong>de</strong>raufnahmeverfahren vor <strong>de</strong>r 7. Strafkammer <strong>de</strong>s<br />
Landgerichts Regensburg aufgrund <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>raufnahmeanträge<br />
<strong>de</strong>r Staatsanwaltschaft Regensburg vom 18.03.2013<br />
und <strong>de</strong>s Verteidigers <strong>de</strong>s Zeugen Mollath Rechtsanwalt Dr.<br />
Strate vom 19.02.2013 (mit Anschluss vom 07.05.2013 an<br />
<strong>de</strong>n Wie<strong>de</strong>raufnahmeantrag <strong>de</strong>r Staatsanwaltschaft Regensburg)<br />
glie<strong>de</strong>rt sich abstrakt in folgen<strong>de</strong> drei Prüfungsschritte:<br />
– Additionsverfahren: Prüfung <strong>de</strong>r Zulässigkeit <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>raufnahmeanträge<br />
in formeller Hinsicht,<br />
– Probationsverfahren: Prüfung <strong>de</strong>r Validität (Begrün<strong>de</strong>theit)<br />
<strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>raufnahmeanträge durch selbständige Beweiserhebung,<br />
– Erneuerung <strong>de</strong>r Hauptverhandlung.<br />
Dabei kann die nächste Stufe <strong>de</strong>s Wie<strong>de</strong>raufnahmeverfahrens<br />
nur dann erreicht wer<strong>de</strong>n, wenn die vorangehen<strong>de</strong> Stufe<br />
positiv verbeschie<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>. Ein möglicher Eintritt in die<br />
jeweils nächste Stufe be<strong>de</strong>utet nicht zwangsläufig, dass<br />
dadurch die Vollstreckung unterbrochen wer<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>r<br />
Zeuge Mollath – je<strong>de</strong>nfalls zeitweilig – auf freien Fuß gesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n muss. Es han<strong>de</strong>lt sich bei § 360 Abs. 2 StPO<br />
um eine Ermessensvorschrift, die in je<strong>de</strong>r Lage <strong>de</strong>s Wie<strong>de</strong>raufnahmeverfahrens<br />
von Amts wegen zu prüfen ist. Eine<br />
Unterbrechung hat nach <strong>de</strong>r Kommentarliteratur lediglich<br />
dann zu erfolgen, wenn mit an Sicherheit grenzen<strong>de</strong>r Wahrscheinlichkeit<br />
davon auszugehen ist, dass das rechtskräftige<br />
Urteil entfällt. 413<br />
Derzeit befin<strong>de</strong>t sich das Landgericht Regensburg aufgrund<br />
<strong>de</strong>r Beachtung <strong>de</strong>r Stellungnahmefristen zu verschie<strong>de</strong>nen<br />
Vorträgen und Anträgen <strong>de</strong>r Verfahrensbeteiligten noch in<br />
413 Meindl (5, 61/62)<br />
<strong>de</strong>r ersten Prüfungsstufe. 414 Eine Vollstreckungsunterbrechung<br />
wur<strong>de</strong> bislang nicht angeordnet. 415 Eine Entscheidung<br />
je<strong>de</strong>nfalls zur Zulässigkeit <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>raufnahmeanträge ist<br />
laut <strong>de</strong>r Medienberichterstattung bis 19.07.2013 zu erwarten.<br />
II.<br />
Behandlung <strong>de</strong>r Anzeigen <strong>de</strong>s Zeugen Mollath<br />
Naturgemäß konnte sich eine Vielzahl <strong>de</strong>r während <strong>de</strong>r<br />
Sitzungen <strong>de</strong>s Untersuchungsausschusses vernommenen<br />
Zeugen nicht mehr (im Detail) an die teils zehn Jahre zurückliegen<strong>de</strong>n<br />
Vorgänge erinnern. Viele <strong>de</strong>r Zeugen konnten<br />
jedoch aufgrund eines vorbereiten<strong>de</strong>n Aktenstudiums Rückschlüsse<br />
auf die damalige Vorgehensweise ziehen o<strong>de</strong>r ihre<br />
übliche Verfahrensweise schil<strong>de</strong>rn. Dabei ist es wichtig, dass<br />
<strong>de</strong>r „Fall Mollath“ für je<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Zeugen <strong>de</strong>r Anfangsphase<br />
ein „Fall wie je<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re“, „08/15-Anzeigenware“ war. 416<br />
We<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Verfahren gegen <strong>de</strong>n Zeugen Mollath noch<br />
<strong>de</strong>ssen Anzeigen kam zum damaligen Zeitpunkt eine herausgehobene<br />
Be<strong>de</strong>utung im Vergleich zu sonstigen Fällen, die<br />
bei Gericht anhängig waren o<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Staatsanwaltschaft<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Finanzbehör<strong>de</strong>n geprüft wur<strong>de</strong>n, zu.<br />
Versäumnisse können we<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>n Finanzbehör<strong>de</strong>n noch<br />
bei <strong>de</strong>n Staatsanwaltschaften o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r Staatsregierung,<br />
die mit <strong>de</strong>n Anzeigen <strong>de</strong>s Gustl Mollath o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Verfahren<br />
gegen Gustl Mollath betraut waren, festgestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
Je<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Schriftstücke <strong>de</strong>r Zeugen Mollath o<strong>de</strong>r Braun<br />
wur<strong>de</strong> – soweit rechtlich und tatsächlich möglich – nachgegangen.<br />
Je<strong>de</strong>s Vorbringen wur<strong>de</strong> jeweils zeitnah überprüft<br />
und gewürdigt.<br />
Für die Beurteilung <strong>de</strong>r Verfahrensweise darf man nicht <strong>de</strong>n<br />
Fehler machen, die heutige Wissenslage mit <strong>de</strong>n damals vorliegen<strong>de</strong>n<br />
Kenntnissen <strong>de</strong>r Ermittlungsbehör<strong>de</strong>n gleichzusetzen.<br />
Man muss die Vorgänge vielmehr aus ex ante-Sicht<br />
betrachten.<br />
Bei sämtlichen Vorgängen wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r übliche Geschäftsgang<br />
beachtet. Die Anzeigen und Schreiben <strong>de</strong>s Zeugen Mollath<br />
wur<strong>de</strong>n gelesen, bearbeitet und or<strong>de</strong>ntlich geprüft. 417 Es han<strong>de</strong>lte<br />
sich nicht um außergewöhnliche Vorgänge. Sie wur<strong>de</strong>n<br />
nicht einfach abgelegt. Keiner <strong>de</strong>r Vielzahl <strong>de</strong>r damit befassten<br />
Beamten (Steuerfahn<strong>de</strong>r, Staatsanwälte, Oberstaatsanwälte,<br />
Generalstaatsanwälte, Ministeriumsmitarbeiter)<br />
konnte aufgrund <strong>de</strong>r 2003 bis 2006 vorhan<strong>de</strong>nen Erkenntnisse<br />
und Ermittlungsmöglichkeiten einen Anfangsverdacht<br />
o<strong>de</strong>r einen Anlass für weitere Ermittlungsmaßnahmen erkennen.<br />
Selbstverständlich wären auch an<strong>de</strong>re Vorgehensweisen<br />
<strong>de</strong>nkbar und vertretbar gewesen. Selbstverständlich hätte<br />
man auch rechtfertigen können, die Schreiben <strong>de</strong>r Zeugen<br />
Mollath und Braun an<strong>de</strong>rs zu behan<strong>de</strong>ln. Der eingeschlagene<br />
Weg <strong>de</strong>r Behör<strong>de</strong>n war jedoch nicht zu beanstan<strong>de</strong>n,<br />
414 Meindl (5, 38, 59/60)<br />
415 Gramm (6, 38)<br />
416 Gruber (3, 4), Dr. Heusinger (3, 120), Hubmann (4, 6), Huber (8, 99),<br />
Brixner (3, 178, 198), Thürauf (6, 115)<br />
417 Hubmann (4, 31)