Leitfaden zur Implementierung von Schulsozialarbeit
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Im Zusammenhang mit (akuter) Kindeswohlgefährdung (vormals „Gefahr in Verzug“) gibt es<br />
auch eine Meldeverpflichtung gemäß §37 für alle Professionen und Institutionen, die sich mit<br />
Kindern und Jugendlichen befassen (Schulen, private Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen,<br />
Krankenhäuser etc.). Diese Verpflichtung ersetzt jegliche (berufsrechtliche) Vorschriften<br />
<strong>zur</strong> Verschwiegenheit (Abs. 5):<br />
Ergibt sich in Ausübung einer beruflichen Tätigkeit der begründete Verdacht, dass Kinder<br />
oder Jugendliche misshandelt, gequält, vernachlässigt oder sexuell missbraucht werden<br />
oder worden sind oder ihr Wohl in anderer Weise erheblich gefährdet ist, und kann diese<br />
konkrete erhebliche Gefährdung eines bestimmten Kindes oder Jugendlichen anders<br />
nicht verhindert werden, ist […] unverzüglich schriftlich Mitteilung an den örtlich<br />
zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger zu erstatten. - §37(1) KJHG<br />
Zusätzlich macht das KJHG Angaben <strong>zur</strong> Gefährdungsabklärung und zum möglichen Zusammenwirken<br />
<strong>von</strong> Fachkräften (§22), sowie <strong>zur</strong> Notwendigkeit der Beteiligung <strong>von</strong> betroffenen<br />
Kindern, Jugendlichen und Erziehungsverantwortlichen (§24).<br />
In der Praxis kann die Frage der Meldeverpflichtung zwischen <strong>Schulsozialarbeit</strong> und Jugendwohlfahrt<br />
manchmal Probleme aufwerfen, die sich aus einem Spannungsverhältnis zum<br />
schulsozialarbeiterischen Grundprinzip der Vertraulichkeit (Verschwiegenheit und Anonymität)<br />
ergeben (vgl. Bugram & Hofschwaiger, 2010, S. 167f; zum Begriff Vertraulichkeit ist auch im<br />
„Glossar“ nachzulesen).<br />
3.3<br />
Schulunterrichtsgesetz (SchUG)<br />
Was das Verhältnis zwischen der Organisation Schule und der öffentlichen JWF betrifft, so ist<br />
hier wiederum die Meldeverpflichtung nach §37 KJHG zu nennen, auf die im §48 des<br />
Schulunterrichtsgesetzes (SchUG 1986) explizit verwiesen wird. Die Schule hat demnach<br />
eine Verständigungspflicht gegenüber der öffentlichen JWF im Fall einer offenbaren Nichterfüllung<br />
der Erziehungspflichten durch die Erziehungsverantwortlichen. Es wird außerdem<br />
ebenfalls dargelegt, dass die Gefährdungsmeldungen einem koordinierten und festgelegten<br />
Ablauf zu folgen haben; im Anlassfall können <strong>Schulsozialarbeit</strong>erInnen Schulen bei diesem<br />
Prozedere unterstützen.<br />
In der Praxis ist die Frage, wer konkret die Meldung vornimmt, nicht eindeutig zu<br />
beantworten. §48 SchUG verweist dezidiert auf die Schulleitung; §37 KJHG überantwortet diese<br />
Verpflichtung, wie oben dargelegt, allgemein allen Einrichtungen, die sich mit Kindern und<br />
Jugendlichen befassen. Für die Wiener <strong>Schulsozialarbeit</strong> (siehe auch Kap. 3.3.1) ist außerdem<br />
das LandeslehrerInnen-Dienstrechtsgesetz 15 (LDG) geltend, dessen §37 die Meldung grundsätzlich<br />
an unmittelbar Vorgesetzte vorsieht. Was ebendort der betreffende Abs. 1a hervorhebt,<br />
und was für <strong>Schulsozialarbeit</strong>erInnen ebenfalls <strong>von</strong> spezieller Bedeutung ist: Meldungen<br />
<strong>von</strong>seiten der <strong>Schulsozialarbeit</strong> und eine mögliche Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses<br />
zu den Kindern und Jugendlichen müssen in der Praxis sorgfältig gegeneinander abgewogen<br />
werden.<br />
Nach Maßgabe <strong>von</strong> §65a SchUG kann die Schule auch in anderen Bereichen als der<br />
Mitteilungspflicht auf der Grundlage schulautonomer Beschlüsse mit Einrichtungen der<br />
Jugendwohlfahrt kooperieren. Dies könnte für den Einsatz der <strong>Schulsozialarbeit</strong> <strong>zur</strong> Bereitstellung<br />
niederschwelliger sozialer Dienste für Minderjährige an der Schule genützt werden.<br />
Abgesehen da<strong>von</strong> fehlen in den Schulgesetzen die Anknüpfungspunkte für <strong>Schulsozialarbeit</strong><br />
allerdings weitgehend (vgl. Bugram & Hofschwaiger, 2010, S. 47f; Laskowski, 2010,<br />
S. 15f; Gspurning et al., 2011, S. 86).<br />
15<br />
http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10008549<br />
LBIHPR | 2013 21