AUF EIN WORT - Interessengemeinschaft deutschsprachiger ...
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Löffel fallen, renne über den langen Flur in mein<br />
mit Büchern voll gestopftes Arbeitszimmer, mein<br />
Atelier, und setze mich an den Schreibtisch.<br />
Denn ich gehöre, und das muss seit Kindheit in<br />
meinen Genen geschlummert haben, zu den berufsmäßigen<br />
Schreiberlingen, denen das, was sie<br />
auf das geduldige Papier werfen oder in den alles<br />
verschlingenden PC hineinhämmern, sogar<br />
veröffentlicht, ja gelegentlich auch mit literarischen<br />
Preisen bedacht wird. Der Computer ist<br />
übrigens die einzige Maschine, mit der ich mich<br />
ein wenig vertraut gemacht habe, obwohl auch<br />
diese ihren eigenen Kopf hat, der mich immer<br />
wieder höllisch nervt, weil ich ihre Widerspenstigkeit<br />
oft nur unter heißen Tränen bändigen<br />
oder zähmen kann, als wäre sie meine fleischgewordene<br />
und launische Geliebte.<br />
Und da sitze ich also, mangels einer Sekretärin,<br />
an meinem Sekretär und dichte, wild verzückt<br />
und in heiliger Trance, was das Zeug hält,<br />
bis dicke und übel riechende Rauchschwaden<br />
durch den Korridor ziehen und, ohne zu fragen,<br />
in meine halbgeöffnete Schreib-Werkstatt eindringen,<br />
dass ich mit tränenden Augen aufspringe<br />
wie aus tiefem Schlummer und in die<br />
Küche stürze, um zu retten, was oft nicht mehr<br />
zu retten ist. Aber es gibt ja immer noch einen<br />
Apfel, eine Birne oder Banane, einen kleinen<br />
Joghurt oder Quark, um den ersten Hungerstich<br />
zu stillen.<br />
Nun, nachdem die Töpfe nicht mehr zu reinigen<br />
waren oder ihrer Böden, wegen Überhitzung,<br />
verlustig gingen, hat man mir die Benutzung<br />
dieser Alu-Töpfe ans Herz gelegt, die, weil<br />
teflonbeschichtet, nicht mehr anbrennen sollen,<br />
auch, weil aus einem Guss, keine angeschweißten<br />
Böden mehr hätten. Also bin ich mit meiner<br />
Metrokarte, die ich meinem kreativen Schreibbüro<br />
verdanke, in die nächste Metro und habe<br />
gleich zwei dieser warm empfohlenen Töpfe gegen<br />
Bares erworben.<br />
Ach, hätte ich nur nicht auf diese wohlgemeinten<br />
Ratschläge gehört! Mit diesen Alu-Töpfen<br />
beginnt der unaufhaltsame Niedergang meiner,<br />
ohnehin dilletantischen, Kochkünste. Denn,<br />
obwohl teflonbeschichtet, brannten nach wie vor<br />
die selbst verfertigten Speisen an (die Musen<br />
hörten nicht auf, mich zu küssen und aus der<br />
Küche zu vertreiben), und zwar dergestalt, dass<br />
sie sich reinlich sauber ablösten vom beschichteten<br />
Boden, aber mitsamt der stark verkohlten<br />
Kruste, die nicht hängen blieb wie bisher, sondern<br />
sich mit der übrigen Speise unlöslich vermischte.<br />
Mit dem Ergebnis, dass ich nachts nicht<br />
mehr vom Zucker träumte, der mich plagte, sondern<br />
vom Magenkrebs, der mich, weil unheilbar,<br />
binnen kurzem ins Jenseits beförderte. Wenn ich<br />
morgens aufwachte, wähnte ich mich schon im<br />
Paradies, obwohl mir trotz intensiver Suche<br />
unter Tischen, Stühlen und Betten, hinter Schränken<br />
und unter Kommoden kein einziger dieser<br />
Engel begegnete, der mich, wie im Koran versprochen,<br />
maßlos hätte in Sachen Erotika verwöhnen<br />
können. Ich war bitter enttäuscht.<br />
Aber was viel schlimmer war und eher an die<br />
Hölle erinnerte und letztlich zu einer sehr<br />
schmerzlichen Trennung von besagten Töpfen<br />
führte: Diese Quälgeister, weil aus einem Guss,<br />
erhitzten sich dergestalt, und zwar einschließlich<br />
der dazugehörigen Henkel, dass ich, eilig und<br />
spontan, wie ich nun einmal war, mir der Reihe<br />
nach sämtliche Finger der rechten und linken<br />
Hand verbrannte, dass ich erst mit silberweißen,<br />
später blutunterlaufenen Brandblasen fluchend<br />
durch mein Wohn-Revier lief, bis nichts mehr<br />
ging, nicht einmal mit dem kleinen Finger, weil<br />
die Zahl der menschlichen Extremitäten seit<br />
Adam und Eva konstant geblieben ist und die<br />
Haut an den Fingerkuppen eher zart, dünn und<br />
unbehaart ist, was uns wiederum von den Affen,<br />
mit denen wir manchmal verglichen oder verwechselt<br />
werden, eklatant unterschied.<br />
Als verbranntes Kind landete ich schließlich<br />
beim Arzt, meinem Freund und Helfer in allen<br />
Lebens- und Leidenslagen, der sich allerdings<br />
weniger um meine Blasen als um meinen Zucker<br />
kümmerte und bekümmerte und mich unverzüglich,<br />
da ich seine Dienste längere Zeit nicht in<br />
Anspruch genommen hatte, ins Keller-Labor<br />
schickte und folgenden Tages, ob der erzielten<br />
Ergebnisse, seine fachärztliche Stirn in besorgte<br />
und besorgniserregende Falten legte. Es sah nicht<br />
gut aus. Meine Blutwerte, so klagte er, seien alarmierend.<br />
Abgenommen hätte ich, mit Blick auf<br />
meinen schwangeren Bauch, wohl auch nicht,<br />
Was ich denn so äße? Worauf ich mit der Schulter<br />
zuckte und mit Selbstbedauern wehleidig auf<br />
meine Blasen verwies.<br />
„Sehen Sie nur.”<br />
Schrecklich, fand mein weiß bekitteltes Gegenüber<br />
und schüttelte unwirsch sein weißhaariges<br />
Haupt. Das müsse sich grundlegend än-<br />
IGdA-aktuell, Heft 3 (2007), Seite 27