AUF EIN WORT - Interessengemeinschaft deutschsprachiger ...
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stimmend. Vielleicht, so fahre ich fort, sei es ihm<br />
ja möglich, mit einem Augenzwinkern oder einer<br />
anderen kleinen Geste Mücken und Fliegen einfach<br />
verschwinden zu lassen. Erfolgreiches Jagen<br />
zeichnet sich dann nicht mehr durch einen Blutfleck<br />
auf der weißen Raufasertapete ab. Die Ehefrau,<br />
wahlweise auch der Ehemann, schimpft<br />
zuerst über die summenden Mücken, später über<br />
den Fleck an der Wand. Streit ist da oft näher als<br />
eine gemütliche Nachtruhe.<br />
Einen letzten Änderungsgedanken möchte ich<br />
ihm dann auch noch vorstellen: Es geht um das<br />
Schlafen. Stunden verschlafen wir Menschen.<br />
Fliegen und Mücken, das Essen und Schlafen, alles<br />
ersatzlos gestrichen – und wir hätten eine<br />
Menge Zeit mehr. Nie wieder mit der Fliegenklatsche<br />
bewaffnet schlaftrunken in lauen Sommernächten<br />
durch die Betten den Mücken nachstellen.<br />
Nahrung und Fliegen haben ebenfalls ein besonders<br />
Verhältnis zueinander. Ist die Nahrungsaufnahme<br />
gestrichen, schlägt man sozusagen<br />
mehrere Fliegen mit einem Streich.<br />
Nun warte ich aber erst einmal eine Begegnung<br />
mit Gott ab. So wie ich ihn bisher kennen<br />
gelernt habe, wird er mir geduldig zuhören,<br />
schließlich lächeln und nichts zu meinen Gedanken<br />
sagen. Er wird sich schon seine eigenen Gedanken<br />
dazu machen. Und ich? Jetzt, beim Mittagessen,<br />
die Fliegenklatsche neben mir, fünfundzwanzig<br />
Grad im Schatten, freue ich mich auf<br />
meinen Mittagsschlaf, und es kommen mir schon<br />
die ersten Zweifel, ob ich bei einer Begegnung<br />
mit Gott nicht lieber ein anderes Thema wählen<br />
sollte.<br />
Willy Hänscheid<br />
WIR LASSEN UNS LIFTEN<br />
I<br />
ch stand vor dem Spiegel. Mein Aussehen<br />
gefiel mir überhaupt nicht mehr.<br />
„Das ist dein Alter”, sagte meine Frau und<br />
schaute ebenfalls prüfend in den Spiegel.<br />
„Dir kann nur noch einer helfen.”<br />
„Und wer?”<br />
„Der Schönheitschirurg”, sagte meine Frau.<br />
„Ach ja?”<br />
„Das Gesicht liften, den Bauchspeck absaugen<br />
...”<br />
„Und Silikon”, unterbrach ich sie.<br />
„Was willst du mit Silikon? Schließlich hast<br />
du keine Brüste.”<br />
Sie betrachtete mich wie ein Schneider beim<br />
Aufmaß für einen neuen Anzug.<br />
„Obwohl ...”<br />
„Obwohl was?”<br />
„Dein Busen ist auch nicht zu verachten.”<br />
„Das sind Muskeln”, stellte ich entrüstet klar.<br />
Sie war da ganz anderer Ansicht und hielt mir<br />
einen Vortrag über Fettpolster. Etwas später hielt<br />
sie mir ein Blatt Papier unter die Nase.<br />
„Was ist das?”<br />
„Das Prospekt eines Schönheitschirurgen.”<br />
„Und was soll ich damit?”<br />
„Anschauen”, sagte meine Frau. „Sieh hier<br />
dieses Gesicht! Das ist vorher und das ist nachher.”<br />
Das erste Bild zeigte ein ziemlich zerfurchtes<br />
Gesicht. Auf dem zweiten Bild war kaum noch<br />
eine Falte zu erkennen.<br />
„Das ist ein gewaltiger Beschiss”, sagte ich.<br />
„Und wieso?”<br />
„Hier dieses faltenlose Gesicht ...”<br />
„Ja?”<br />
„Du willst mir doch nicht sagen, dass es die<br />
selbe Person ist.”<br />
„Aber ganz sicher”, meinte sie bestimmt. „Die<br />
Haut wird gerafft.”<br />
„Ach!”<br />
„Man löst die Haut und zieht sie nach oben,<br />
bis alles ganz glatt und straff ist.”<br />
„Und was ist dann mit den Ohren?”<br />
„Die werden wieder neu eingepasst.”<br />
„Was du nicht sagst!”<br />
Ich betrachtete wieder eingehend das Bild.<br />
„Man kann es auch ausfüttern”, sagte meine<br />
Frau.<br />
„Mit Silikon?”<br />
„Nein, sicher nicht mit Silikon.”<br />
„Sondern?”<br />
IGdA-aktuell, Heft 3 (2007), Seite 29