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Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit im Jahre

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Drucksache IV/378<br />

Deutscher Bun<strong>des</strong>tag — 4. Wahlperiode<br />

Volkswirtschaft schädlichen Auswirkungen könne<br />

nicht anders als durch kooperative Rationalisierung<br />

begegnet werden. Die in den Kartellverträgen vorgesehenen<br />

Zusammenfassung <strong>des</strong> Vertriebs diene<br />

diesem Zweck und erfülle die Voraussetzungen <strong>des</strong><br />

§ 5 Abs. 2 und 3, weil sie die Kostengestaltung der<br />

Produktion und <strong>des</strong> Vertriebs vorteilhaft beeinflussen.<br />

So werde die Produktion durch bessere Kapazitätsausnutzung,<br />

Gewährleistung eines möglichst<br />

kontinuierlichen Betriebes, Sortenspezialisierung<br />

und gelenkte Fremdklinkerdisposition verbilligt,<br />

und es würden Kosten <strong>im</strong> Vertriebsbereich eingespart,<br />

da Vertriebs-, Fracht- und Lagerkosten gesenkt<br />

sowie Zahlungsausfälle vermieden werden<br />

könnten. Außerdem ermögliche die Kartellierung<br />

Betriebsvergleiche, führe zu einer größeren Bereitschaft<br />

zur Unterstützung <strong>des</strong> Forschungsinstitutes<br />

der Zementindustrie und könne bei plötzlichem<br />

Großbedarf und bei Produktionsausfällen eine erhöhte<br />

Einsatzbereitschaft der Unternehmen gewährleisten.<br />

In den Entscheidungen wird nachgewiesen, daß<br />

die Antragsteller jede einzelne der in ihrer Industrie<br />

anzutreffenden Eigentümlichkeiten <strong>über</strong>bewerten<br />

und auch aus deren Zusammentreffen zu weitgehende<br />

Schlußfolgerungen ziehen.<br />

Das seit dem Bestehen der Zementindustrie eine<br />

erhebliche Rolle spielende Problem der Aufrechterhaltung<br />

einer opt<strong>im</strong>alen Kapazitätsausnutzung ist<br />

trotz der sich aus dem Zusammentreffen von Fixkostenbelastung<br />

und geringer Nachfrage-Preis-<br />

Elastizität ergebenden Schwierigkeiten <strong>im</strong> Wettbewerb<br />

lösbar. Denn weder die Fixkostenbelastung ist<br />

so ungewöhnlich hoch noch die Nachfrage-Preis-<br />

Elastizität so gering, wie behauptet wird. Der Auffassung,<br />

daß Iden Zement-Unternehmen eine individuelle,<br />

den Gegebenheiten der Zementindustrie<br />

Rechnung tragende Investitionspolitik und die Steigerung<br />

der Nachfrage nach Zement <strong>über</strong> eine entsprechende<br />

individuelle Preispolitik <strong>über</strong>haupt nicht<br />

zugänglich seien, konnte nicht gefolgt werden. In<br />

den Entscheidungen wird ausgeführt, daß die Zementindustrie<br />

auch ohne Kartellierung bei ihrer<br />

Investitionstätigkeit Anpassungsmöglichkeiten hat,<br />

die kaum kleiner als die anderer anlageintensiver<br />

Industriezweige sind. Außerdem hat die Auswertung<br />

der von den Antragstellern eingeholten Angaben<br />

<strong>über</strong> Art, Anzahl und Alter der maschinellen<br />

Anlagen ergeben, daß je<strong>des</strong> Werk einen erheblichen<br />

Teil <strong>seine</strong>r Produktionsanlagen längst abgeschrieben<br />

hat. Wenn der Nachfragerückgang 'so groß ist,<br />

daß er zur Stillegung von Ofen oder Mühlen - zwingt,<br />

können solche abgeschriebenen Anlagen stillgelegt<br />

werden, so daß dadurch der Fixkostenanteil auch<br />

bei Produktionsrückgang kaum erhöht wird. Auch<br />

die Nachfrage-Preis-Elastizität ist nicht so gering,<br />

daß nicht <strong>über</strong> preisliche Maßnahmen, jedenfalls<br />

bei einem Drittel <strong>des</strong> Gesamtversan<strong>des</strong>, einem Nachfragerückgang<br />

entgegengewirkt werden könnte.<br />

Außerdem kann die Nachfrage auch noch auf einem<br />

Wege gesteigert werden, der zwar eine Zusammenarbeit<br />

<strong>im</strong> Fachverband Zement e. V., aber kein Syndikat<br />

erfordert. So hat schon die <strong>Tätigkeit</strong> <strong>des</strong> Forschungsinstitutes<br />

der Zementindustrie und die Zusammenarbeit<br />

mit den Verbänden der zementver<br />

arbeitenden Industrie zu <strong>im</strong>mer neuen Anwendungsmöglichkeiten<br />

von Beton geführt und dadurch<br />

die Nachfrage nach Zement vergrößert. Die Bauund<br />

Landwirtschaftsberatung der Zementindustrie<br />

trägt ebenfalls dazu bei, die Verwendung von Zement<br />

zu steigern. Die dann noch verbleibenden, aus<br />

dem Zusammentreffen von Fixkostenbelastung und<br />

geringer Nachfrage-Preis-Elastizität herrührenden<br />

Schwierigkeiten sind nicht mehr so groß, daß sie<br />

ohne fast völligen Ausschluß <strong>des</strong> Wettbewerbs nicht<br />

gemeistert werden könnten.<br />

Keinesfalls kann das Kapazitätsproblem durch die<br />

<strong>im</strong> Kartellvertrag vorsehenen Regelungen beseitigt<br />

werden. Die Geschichte der Zementindustrie<br />

zeigt <strong>im</strong> Gegenteil, daß sie seit 1904, also seit der<br />

Zeit der Syndizierung, mit Kontingentierung der<br />

Produktion, Zentralisierung <strong>des</strong> Verkaufs und regionaler<br />

Aufteilung der Absatzgebiete es nicht vermocht<br />

hat, die Kapazität auch nur einigermaßen de r<br />

jeweils vorhandenen und voraussehbaren Nachfrage<br />

anzupassen. Die Untersuchung der paradoxen Erscheinung,<br />

daß trotz progressiv ansteigender Kosten<br />

bei Nichtausnutzung der vorhandenen Anlagen<br />

<strong>im</strong>mer neue Anlagen errichtet wurden, hat ergeben,<br />

daß Überkapazitäten durch die <strong>Tätigkeit</strong> der Zementkartelle<br />

nicht verhindert, sondern sogar erst gefördert<br />

werden. Denn die <strong>im</strong> Kartell getroffenen<br />

Preisvereinbarungen, die ein Absinken der Preise<br />

nicht befürchten lassen, sichern hohe Erträge, locken<br />

dadurch Kapital an und verleiten zu Investitionen,<br />

welche die realen Absatzmöglichkeiten nicht berücksichtigen.<br />

Den Antragstellern konnte auch darin nicht gefolgt<br />

werden, daß die Quotenvereinbarung zu einer<br />

besseren Kapazitätsausnutzung als <strong>im</strong> Wettbewerb<br />

führe, weil sie einen kontinuierlichen und auf lange<br />

Sicht <strong>über</strong>sehbaren Auftragseingang gewährleiste.<br />

Denn bei den vereinbarten Quoten handelt es sich<br />

nicht um mengenmäßig festgelegte Quoten, sondern<br />

um einen prozentual gleichbleibenden Anteil der<br />

einzelnen Unternehmen an der jeweils gegebenen<br />

Nachfrage. Steigt diese, so haben alle Beteiligten<br />

einen größeren Absatz; sinkt die Nachfrage, so<br />

bleiben alle Werke — allerdings gleichmäßig —<br />

unterbeschäftigt. Die Unternehmen können durch die<br />

Quotenvereinbarung nicht besser voraussehen,<br />

welche Absatzmöglichkeiten sie in Zukunft haben,<br />

sondern müssen — wie <strong>im</strong> Wettbewerb — den Markt<br />

beobachten und bei ihrer Investitionstätigkeit kommende<br />

Marktentwicklungen in Rechnung stellen. Die<br />

Quotenvereinbarung wirkt sogar einer möglichst<br />

opt<strong>im</strong>alen Kapazitätsausnutzung entgegen.<br />

Auch das Argument, daß ein Syndikat wegen <strong>seine</strong>s<br />

besseren Markt<strong>über</strong>blicks die einzelnen Unternehmen<br />

von einer Überschätzung der Marktchancen<br />

und damit von Fehlinvestitionen abhalte, wurde<br />

nicht anerkannt. Den erforderlichen Markt<strong>über</strong>blick<br />

kann sich auch der Fachverband Zement beschaffen;<br />

hierzu bedarf es keines Syndikats.<br />

Aus alledem ergibt sich, daß die von den Antragstellern<br />

als Zentralproblem bezeichnete opt<strong>im</strong>ale<br />

Kapazitätsausnutzung durch den Kartellvertrag nicht<br />

nur nicht erreicht werden kann, das Syndikat der<br />

Bewältigung dieses Problems vielmehr hinderlich

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