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Geoinformationssysteme

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c mag<br />

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c mag<br />

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260122 090006


003<br />

in eigener Sache<br />

Geoinformatik ist ein Wachstumsmotor. Das hat auch die<br />

CeBIT erkannt. Und dafür 2007 im Ausstellungsbereich<br />

Public Sector Parc einen Gemeinschaftsstand ‚Geoinformationswirtschaft‘<br />

eingerichtet. Kaum anders die SYSTEMS,<br />

dort lohnt sich ein Besuch auf dem rund 2.000 qm großen<br />

Stand des Anwendungszentrums.<br />

Zur c//mag-Adresse im Web – eine ‚never ending story‘.<br />

Es kann der Friedlichste nicht in Ruhe leben, wenn ihn<br />

der Nachbar nicht lässt. So wird das Gesetz zum Spielfeld<br />

für den geborenen Prozesshansel. Aus diesem Grund erreichen<br />

Sie die Website des c//mag in der nächsten Zeit unter<br />

www.hw-medien.de. Auch die Mailadressen ändern sich<br />

nach dem @ in @hw-medien.de. Auf der Website finden Sie<br />

jetzt übrigens unsere Leserumfrage. Wir möchten nämlich<br />

schwarz auf weiß wissen, was Sie vom c//mag halten.<br />

Zu etwas Erfreulichem: Mit der www.cdate-online.net<br />

stellen wir im September die Veranstaltungen auf eine<br />

eigene Website. Schneller finden, was los ist – das war<br />

die Idee. SchickenSie uns Ihre aktuellen Termine unter<br />

veranstaltungen@hw-medien.de.<br />

Und noch eine gute Nachricht: Mit dieser Ausgabe ist das<br />

c//mag genau ein Jahr alt. Zeit, laufen zu lernen :)<br />

Viel Spaß beim Lesen!<br />

Uwe Hentschel, Volker Watschounek,


004<br />

Register der erwähnten Unternehmen und Organisationen<br />

1&1 80<br />

Adlershof 76<br />

Adobe 48<br />

AGCO 28<br />

Agrar- und Umweltwissenschaftl. Fakultät Universität Rostock 28<br />

Amazon 17<br />

AOK 31, 32<br />

Bell Labs 51<br />

Benmark 48<br />

Bernecker+Rainer 72, 73<br />

Bitform 71<br />

BITKOM e.V. 59<br />

BMW 50<br />

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 78<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 79<br />

Bundesnetzagentur 70<br />

Burkhardt 79<br />

Captiva 71<br />

CeBIT 3, 58, 69<br />

Cisco 70<br />

Claas 28<br />

d.velop 48<br />

DaimlerChrysler 50, 57,58, 70<br />

Deutsche Telekom 80<br />

Deutsches Forschungszentrum für Künstl. Intelligenz (DFKI) 52, 53<br />

DMS EXPO 46, 47, 49<br />

DNUG 76<br />

DSAG 77<br />

ecom.IT 73<br />

E-Garten.Net 68, 69<br />

Elephant Seven 70<br />

ELO Digital Office 48, 66<br />

EMC Documentm 5, 71<br />

EnBW Energie Baden-Württemberg 15<br />

E-Plus 13<br />

FileNet 5<br />

Förderkreis IT- und Medienwirtschaft München (FIMW e.V.) 60<br />

Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR) 79<br />

Fraunhofer Institut für Autonome Intelligente Systeme 60<br />

Ganske Verlagsgruppe 25<br />

Garmin 11<br />

Global Information Distribution 49<br />

good news! 49<br />

Google 16<br />

GoPro 47<br />

GoYellow 70<br />

GS1 Germany76<br />

GUS Group 60<br />

Hewlett Packard 71<br />

Hugendubel 37<br />

humminbird 5<br />

IBM 5, 47, 50, 51, 53, 70, 71, 76<br />

IBM Global Business Services 47<br />

IBM Software Group 47<br />

IIR 76<br />

Imperia 80<br />

Infor 79<br />

interactive media / virtual environment group 12<br />

iPUBLISH 25<br />

IXOS 5<br />

John Deere 28<br />

Koelnmesse 46, 47<br />

Kommunaler Schadensausgleich (KSA) 74, 75<br />

Legato 71<br />

Louis Leitz KG 66<br />

Management Forum Starnberg 76<br />

Map24 17<br />

MapQuest 17<br />

Marketinghub 76<br />

Massachusetts Institute of Technology (MIT) 60<br />

Mediamarkt 37<br />

mediamid 54, 55, 56<br />

Metro 58<br />

Microsoft 5, 50, 53, 64, 70<br />

MobileObjects 33<br />

O2 13, 32, 33, 34<br />

Océ Document Technologies 63<br />

Open Geospatial Consortium (OGC) 21, 35<br />

Open Text 5, 48, 78<br />

Opera Software 50<br />

Oracle 64, 70, 76<br />

Otto Junker 79<br />

Pixelpark 70<br />

Plasmon 71<br />

PricewaterhouseCoopers 20, 37<br />

proALPHA 79<br />

Projektträger Forschungszentrum Karlsruhe (PTKA) 79<br />

PSIPENTA 79<br />

RedDot Solutions 48, 73<br />

RSA Security 71<br />

RST 70<br />

SAP 60, 61, 64<br />

SAPERION 48<br />

Saturn 37<br />

Sceye 10<br />

Screen Digest 71<br />

SDL Trados 73<br />

SealedMedia 71<br />

SER Solutions 74, 75, 78<br />

Siemens 79<br />

Springer + Jacoby 70<br />

Stellent 48, 71<br />

Sun 64<br />

Symphony Technology Group 5<br />

SYSTEMS 3, 69<br />

TomTom 33<br />

T-Systems 76<br />

Varetis 70<br />

Vereon 77<br />

VOI e.V. 46, 47<br />

Volkswagen 12, 50<br />

W3C 53<br />

Weltbild 37<br />

windream 48<br />

Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) 31<br />

WNS-Europe 33<br />

Xplor e.V. 47<br />

Yahoo! 17<br />

Zoeller 76<br />

ZyLAB 48


005<br />

Highlight<br />

??_FL<br />

?_FL<br />

Slow train coming?<br />

Es gibt Sachen, von denen können wir nie genug bekommen.<br />

Gute Tipps vom Steuerberater. Ein-Gigabyte-USB-<br />

Sticks. Kunden. Oder Web-Content-Management- und Dokumenten-Management-Systeme:<br />

Gauss, Obtree, Livelink<br />

for Web, RedDot, Magellan, LiveLink, IXOS, DocsOpen,<br />

IDI, DOMEA ... die liegen jetzt alle bei Open Text in der<br />

Lagerhalle. Wahrscheinlich verfolgt Open Text die Strategie,<br />

alles aus einer Hand anzubieten. Weil die Betonung auf „alles“<br />

liegt: Es wird alles gekauft, wo bei drei noch kein weißer<br />

Ritter aufgetaucht ist.<br />

Gut, der eine oder andere fragt sich, wie das damals mit<br />

IXOS gelaufen ist, die Übernahme und vor allem die anschließende<br />

„Integration“. Wo da jetzt im Einzelnen die<br />

Synergien lagen. Liquide war Open Text von Anfang an.<br />

Auch jetzt braucht das Unternehmen lediglich 200 Mio.<br />

US-Dollar Kredit, um hummingbird zu kaufen. Peanuts.<br />

Eine klare Akquisitionsstrategie, das können wir lernen, ist<br />

möglicherweise erfolgreicher, als sich mit divergierenden<br />

Produkt- oder Technologie-Linien auseinanderzusetzen.<br />

Die Zeit und der Markt werden es schon richten.<br />

Werfen wir einen Blick auf den Kaufpreis von hummingbird.<br />

465 Mio. US-Dollar hat die Symphony Technology<br />

Group geboten, jener Investor, der hummingbird schon in<br />

der Tasche hatte. 489 Mio. US-Dollar hat Opentext gezahlt.<br />

Die Anteilseigner von hummingbird, die moniert hatten,<br />

man habe kein besseres Angebot an Land gezogen, können<br />

mit dem von Opentext nicht zufrieden sein. 24 Mio. sind<br />

für den Shareholder kein echter Value. Es sei denn, es wird<br />

gerade jetzt eine Hypothek auf das Haus fällig.<br />

Was hat Open Text eigentlich gekauft? Kunden? Marktanteile?<br />

Produkte? Source-Code? Letztes Jahr hatte Open Text<br />

CEO Tom Jenkins sein vorerst letztes ECM-Buch vorgestellt:<br />

„ECM Solutions: What You need to Know“. Das Buch ist Teil<br />

einer Opentext-Buchreihe und Nachfolger des Titels „ECM<br />

Technology: What You Need to know“. Vorschlag für den<br />

nächsten Titel: „ECM Market: What You Need to Aquire“.<br />

Kaum ist der Deal in trockenen Tüchern, verkündet IBM<br />

Vollzug: FileNet gekauft. Aha. Da haben sicher einige Insider<br />

hinter den Kulissen verschlüsselten Handyverkehr gehabt.<br />

Klar, FileNet passt prima zu IBM. Jetzt hat Big Blue auch<br />

eine volle Lagerhalle. Wie das alles zusammenpasst, wird<br />

IBM uns in den nächsten Monaten erklären.<br />

Bleiben noch einige Fragen offen: Wo bleibt Microsoft?<br />

Wollten die nicht auch ECM machen? Und: Wer kauft jetzt<br />

EMC Documentum?


006<br />

1.000 Tage Leiwand Software<br />

Gründe zum Feiern sollten nicht lange gesucht werden. 100 Tage mit dem<br />

eigenen Unternehmen im Markt? Feiern. 500 Tage? Feiern. 1.000 Tage?<br />

Jetzt erst recht. Und so gab es in Wien einen festlichen Empfang für die<br />

Geschäftspartner und Freunde des Hauses. Lesen Sie weiter auf Seite 54.


Reser vier t<br />

für die Welt<br />

der Verlage<br />

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verlagswelt.de ist ein benutzerfreundliches,<br />

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derzeit rund 7.000 deutschen<br />

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Einzelheftpreisen,<br />

Abogebühren,<br />

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008<br />

Editorial<br />

Firmenregister<br />

Highlight<br />

Panorama<br />

Briefe an den IT-Leiter<br />

3<br />

4<br />

5<br />

10-13<br />

14-15<br />

<strong>Geoinformationssysteme</strong><br />

Titel<br />

Die Dimensionen der Karte<br />

Informationen in <strong>Geoinformationssysteme</strong>n<br />

16-21<br />

Von der Idee zum Geschäftsmodell<br />

Location Based Services<br />

22-25<br />

IT statt Bauernkalender<br />

Precision Farming<br />

26-28<br />

Karten für die Gesundheit<br />

Geodaten im Gesundheitswesen<br />

30-31<br />

Interview Karola Bode, O2<br />

32-34<br />

Kommentar<br />

Nie mehr verlaufen<br />

35<br />

Galerie<br />

Sag mir, wo die Läden sind ...<br />

37-41<br />

Schwerpunkt<br />

Anders lesen<br />

Lesen am Bildschirm<br />

42-45<br />

Kukkstu in Köln<br />

DMS EXPO 2006 in Köln<br />

46-49<br />

Die Maschine, die aufs Wort hört<br />

Sprachsteuerung<br />

50-53<br />

1.000 Tage Leiwand Software<br />

mediamid digital services GmbH<br />

54-56


009<br />

Alltag<br />

C//DATE<br />

VERANSTALTUNGEN<br />

76-77<br />

Datenflut im Internet der Dinge<br />

RFID und Datenspeicherung<br />

Über den Tellerrand<br />

Outsourcing von Dienstleistungen<br />

58-60<br />

61-63<br />

Nachgefragt<br />

Forschung<br />

in die Nesseln<br />

Beobachter<br />

Ausblick/ Impressum<br />

78<br />

79<br />

80<br />

81<br />

82<br />

die „Gewissensfrage“<br />

63<br />

Inserentenverzeichnis<br />

Was meint eigentlich „Made in Germany“?<br />

Die „Marke“ Deutschland<br />

Drahtlos in München<br />

WLAN im Englischen Garten<br />

C//MAG NEWS<br />

Individueller Informationszugriff<br />

Case: Individualisierung von Websites<br />

Elektronische Schadensbearbeitung<br />

Case: Kommunaler Schadensausgleich<br />

64-66<br />

68-69<br />

70-71<br />

72-73<br />

74-75<br />

IBM Deutschland GmbH<br />

cip Verlag GmbH<br />

TOMORROW FOCUS Technologies<br />

ALBIS Zahlungsdienste GmbH & Co. KG<br />

Open Text AG<br />

RedDot Solutions AG<br />

textpark<br />

dfau Kommunikation<br />

ELO Digital Office GmbH<br />

Stellent GmbH<br />

Koelnmesse GmbH<br />

KROLL Verlag<br />

Reed Exhibitions Deutschland GmbH<br />

Kodak GmbH<br />

Océ Deutschland GmbH<br />

U2<br />

7<br />

9<br />

13<br />

21<br />

29<br />

34<br />

36<br />

45<br />

49<br />

57<br />

62<br />

67<br />

U3<br />

U4


010<br />

Panorama<br />

Scan Dusche<br />

Das Knicken, Schneiden und Falzen hat ein Ende. Die elegante<br />

Scan-Dusche – einfach genial. Scannen wird so leicht<br />

wie fotografieren. Die ach so geliebten Methoden der Public<br />

Relation: Vergangenheit. Artikel jeder Art werden einfach<br />

unter den Sceye (Mutation aus ‚Scan‘ und ‚Eye‘) gelegt, frei<br />

positioniert und abfotografiert. Die dazugelieferte Software<br />

speichert das Bild im Verlauf. Über eine unklare, aber doch<br />

irgendwie intuitive Benutzerführung findet jeder Erstbenutzer<br />

den Verlauf hinter dem „Rechtspfeil“, der sich bei<br />

„klick“ nach links öffnet. Logisch, nicht wahr. Dabei wird<br />

die Scanansicht extrem verkleinert, das Scanobjekt unter<br />

dem aktuellen Datum angezeigt. Werden mehrere Objekte<br />

eingescannt, nimmt die Zahl der Thumbs zu und die Liste<br />

wird länger.<br />

Versteckte Funktionalitäten<br />

Funktionen wie Kopieren, Ausscheiden oder in einen selektierten<br />

Ordner Hinzufügen sind leicht versteckt und nur<br />

über den Verlauf zugänglich. Klicke ich ein Objekt an, um<br />

es final zu bearbeiten, öffnet zeigt sich das Scan-Ergebnis<br />

in einem separaten Fenster: mit Menu! Feinjustierungen à<br />

la Zoom sind nicht möglich. Warum auch, gescannte Objekte<br />

müssen nachbearbeitet werden: ausschneiden, für die<br />

geschulte Hand und das geschulte Auge ein Leichtes; Kontrast,<br />

Helligkeit oder Objekt kippen und drehen. Die Helligkeitsjustierung<br />

ist Gold wert. Dadurch wird das eine oder<br />

andere Objekt erst brauchbar: Habe ich bei diesem Scanner<br />

doch nicht wirklich die Möglichkeit das Tageslicht auszublenden.<br />

Habe ich vielleicht den Hinweis „Dunkelkammer“<br />

übersehen? Egal, die herkömmliche Methode, Sichten, Ausschneiden<br />

und Einscannen mit Deckel zeigt deutlich bessere<br />

Ergebnisse.<br />

Der nächste Anlauf<br />

Ich werfe aber nicht so schnell die Flinte ins Korn. Einmal<br />

Helligkeit anpassen, sechsmal Kontrast nachschärfen – und<br />

fertig ist der erste Scan. Jetzt nur noch speichern, auf die<br />

Seite unseres Kunden schieben und ... Wo speichere ich<br />

das Objekt bloß? Ein Menu gibt es nicht. Einfach schließen<br />

- Fragezeichen. Ein wenig Mut gehört schon dazu, einfach<br />

das „X“ oben rechts zu klicken. Wir wagen es. „Klick“. Die<br />

Sicherheitsabfrage „Seite wurde verändert. Speichern?“ beruhigt<br />

uns ungemein. Wir bestätigen mit „ja“ und kehren<br />

zurück zum Verlauf, wo wir das nächste Objekt bearbeiten.<br />

Klick, auswählen, ausschneiden, drehen, Helligkeit und<br />

Kontrast nachbearbeiten, fertig. Und gleich nochmal. Versehentlich<br />

stellen wir das Objekt nicht frei. Schneiden innen<br />

aus. Strg+Z, gibt es nicht. Gehen wir also über das Menu<br />

„undo“. Menu. Ach ja, das gab es ja auch nicht. Sind also<br />

keine Arbeitsschritte rückgängig zu machen? Anscheinend.<br />

Wir haben uns nicht getraut, beim Hersteller nachzufragen<br />

und suchen noch heute. Denn die schnelle Art, sich zu helfen,<br />

kann nicht wirklich die Lösung sein (schließen, nicht<br />

speichern, neu aufrufen und richtig machen).<br />

Problemlösungsverhalten<br />

Zum Ende stoßen wir dann auf ein Problem der besonderen<br />

Art. Was uns beim Aufbau so faszinierte, das Duschprinzip<br />

des Scannens, entpuppt sich bei größeren Objekten<br />

als Problem. Der Hersteller hat es leider versäumt, die Auswahlfläche<br />

mit einem Zoom zu versehen. Wie bei gängigen<br />

A4-Scannern muss sich jeder damit helfen, erst den unteren<br />

Teil und dann den oberen Teil einzuscannen ... und entweder<br />

gestückelt auf zwei Seiten dem Kunden weiterreichen ...<br />

oder aber im Bildprogramm montieren. Wo lagen die Daten?<br />

Welchen Namen haben die Objekte? „18-08-05“ 19-07-<br />

46“... Die Suchfunktion von Windows hilft weiter... Anstelle<br />

der Dateiendung setzen wir „*“ als Wildcard und starten die<br />

Suche. Das Programm hat die Dateien als mit ThumbsPlus<br />

darstellbare Bilddatei unter c:\programme\silvercreations\<br />

sceye\20060708 abspeichert. Wir öffnen die Datei, erstellen<br />

daraus ein PDF für unseren Kunden, geben ihm einen Namen<br />

und freuen uns, eine wirkliche Arbeitshilfe gefunden<br />

zu haben.


011<br />

Auf alten Wegen<br />

Laufen, wandern, radeln, schwimmen. Immer wissen, wo<br />

ich bin. Egal wo ich gerade bin. Die Position, die zurückgelegte<br />

Distanz, das Ziel vor Augen, die verbrauchten Kalorien<br />

auf Abruf. In Zeiten, wo einem Besucher selbst in langen<br />

Korridoren von großen Gebäuden mit einem Personal<br />

Digital Assistant (PDA) Orientierungshilfen wie im Auto<br />

angeboten werden, ein Kinderspiel. Nächster Gang rechts,<br />

bitte.<br />

Ich erinnere mich an frühere Zeiten. 1984. Für eine genaue<br />

Distanzmessung habe ich damals einen Zollstock und ein<br />

Fahrrad gebraucht. Die Standardrunde im Eller Forst – nicht<br />

weit vom Unterbacher See – musste vermessen werden. Und<br />

wegen des widrigen Geländes war es nicht möglich, alles mit<br />

dem Auto abzufahren. Pragmatische Vorgehensweise. In der<br />

Schule lernten wir eben u=2r*Pi. Bei einem 26“-Fahrrad<br />

ergibt das einen Radumfang von ... Eine gelbe Socke diente<br />

als Markierung und half uns beim Zählen: 5.995 Meter. Vorausgesetzt,<br />

wir hatten uns nicht verzählt.<br />

Zweiter Start im Englischen Garten<br />

Am Eingang des Englischen Gartens versuche ich es erneut.<br />

Es funktioniert. Mit GPS-Technologie und einem<br />

drahtlos verbundenen Pulsmesser erfasst das kleine Gerät<br />

am Handgelenk Zeit, Geschwindigkeit, Pace, Strecke, Kurs,<br />

Höhe und Puls – bei Voreinstellung berechnet er sogar<br />

meinen Kalorienverbrauch. Alle Daten sind gleich über das<br />

große Display der Uhr abzulesen. Die zurückgelegte Distanz<br />

kartografiert am PC. Hier werden alle zurückgelegten Einheiten<br />

dokumentiert und kumuliert – und wir sehen, doch<br />

nur 34 Kilometer diese Woche. Letzte Woche waren es noch<br />

52. Die letzten Wochen waren halt ziemlich heiß. Hundstage<br />

quasi.<br />

Anschließen, loslaufen – selber navigieren<br />

Heute schnallen wir uns einen Brustgurt um, binden<br />

uns eine Uhr ans Handgelenk und laufen los. Kleinere<br />

Startschwierigkeiten lösen sich von selbst (Positionsbestimmung).<br />

Und spätestens beim zweiten Lauf erledigt sich<br />

das mit den Startschwierigkeiten. Angaben des Herstellers<br />

zufolge ist das Gerät mit einem hochempfindlichen SiRFstarIII<br />

GPS-Empfänger ausgestattet. Er sorge „für besten<br />

Empfang auch unter dichtem Blätterdach im Wald oder in<br />

dicht bebautem Stadtgebiet“, so Garmin. Im Test hatte der<br />

Empfänger dann in der Agnesstraße, München, dann so<br />

seine Probleme. Nach zehn Minuten fragt mich Forerunner:<br />

„Befinden Sie sich in einem geschlossenen Raum?“ Ich antworte<br />

„Nein“ und laufe los. Ohne Navigation.<br />

Und zweimal fiel der Forerunner wegen geringer Stromversorgung<br />

aus. Zehn Stunden halte der Akku, so stand es<br />

geschrieben. Zehn Stunden sind etwa 100 km. 34 plus 52<br />

gleich ... naja. Ambitionierte Läufer sollten das Gerät mindestens<br />

zweimal die Woche mit dem Netzteil verbinden.<br />

Nur so werden sicher alle Trainingseinheiten aufgezeichnet.<br />

Navigation hin oder her: Im November laufe ich in Florenz<br />

meinen fünften Marathon.


012<br />

Panorama<br />

Das stuhlbasierte Interface<br />

Manche Neuerungen erreichen einen erst verspätet, wie<br />

der ChairIO. Leider war ich im April nicht auf dem Internationalen<br />

Automobil-Salon in Genf. Wäre ich dort gewesen,<br />

ich hätte mich am Stand von Volkwagen garantiert auf den<br />

ChairIO gesetzt. Denn der ChairIO ist eine neuartige Computersteuerung<br />

auf der Basis eines Stuhls. Oder, wie es in<br />

einem PDF stand, ein „Chair-Based Interface“. Wunderfull,<br />

wie so ein englischer Fachausdruck gleich ein wenig Glanz<br />

in die Hütte zaubert. Profan gesprochen ist der ChairIO ein<br />

Hocker, der wie ein Joystick funktioniert. Interessant. Im<br />

Netz lese ich, dass der Stuhl bereits 2005 vorgestellt wurde<br />

(imve.informatik.uni-hamburg.de/projects/chairIO). Entwickelt<br />

von Prof. Dr. Ing. Steffi Beckhaus von der Universität Hamburg,<br />

in der interactive media/virtual environment group<br />

oder kurz im/ve. Dort forschen seit 2004 drei Wissenschaftler<br />

im Bereich der „human-centered Human-Computer<br />

Interaction, Computer Graphics, Virtual Environment<br />

Systems and Technology, Interactive Storytelling, and Art“.<br />

Herausgekommen ist der ChairIO.<br />

Vom Büromöbel zum Device<br />

Den Hocker übrigens, aus dem unter wissenschaftlicher<br />

Mithilfe der ChairIO wurde, kennt jeder, der sich einmal<br />

mit den verschiedenen Genres der Büromöbel befasst hat:<br />

Es ist der Swopper vom Designer Henner Jahn. Ein breiter<br />

Dreiviertel-Ring als Metallfuß, offen liegende Spiralfeder<br />

und komischerweise auf Produktfotos immer rot gepolstert.<br />

Gut für den Rücken. Nicht das Rot, der Hocker. Im Netz<br />

lese ich, was der emeritierte Universitäts-Professor Dr. med.<br />

Dr. h. c. Dings schreibt: „Der ‚swopper‘ [...] hält die Rumpfmuskulatur<br />

mit dem zentralen Achsenorgan ‚in Schwung‘,<br />

verhütet Fehlhaltungen sowie durch den ständigen Wechsel<br />

von federnder Be- und Entlastung eine vorzeitige muskuläre<br />

Ermüdung.“ Wohl gesprochen. Aber zurück zum ChairIO.<br />

Normalerweise testen wir in dieser Rubrik ja immer die<br />

Geräte. Einen ChairIO habe ich in der Kürze der Zeit leider<br />

nicht organisieren können. Also stelle ich mir nun vor, wie<br />

es wäre, eine ChairIO zu bedienen. Auch hier stimuliert die<br />

englische Sprache mit ihrer filigranen Einfachheit mein<br />

Vorstellungsvermögen als User: „To operate the ChairIO the<br />

user sits on the device ...“. Ich setze mich also auf meinen<br />

eigenen Hocker, der noch nicht im Museum of Modern Art<br />

stehen durfte, und lese weiter. „... and, by shifting their body<br />

weight, tilts it in any direction or rotates the seat. This physical<br />

movement of the seat is mapped to viewpoint/direction<br />

movement in the game environment.“ Spiel? Schade. Just<br />

hatte ich mir vorgestellt, wie ich im Großraumbüro mit<br />

verschränkten Armen auf dem Hocker sitzend eine Excel-<br />

Tabelle ausfülle.<br />

Digitaler Kasatschok<br />

Der ChairIO wurde zusammen mit einer „hand-held light<br />

gun“ präsentiert, um „First-Person-Shooters (FPS)“-Spiele<br />

spielen zu können. Das Ganze war natürlich alles andere<br />

als trivial, braucht es doch eine Menge Wissen über Virtual<br />

Reality (VR), Augmented Reality und Programmierung,<br />

die Architektur und Software des Interfaces umzusetzen.<br />

Um den ChairIO an Linux- oder Windows-Anwendungen<br />

anbinden zu können, wird das Virtual-Reality Peripheral<br />

Network (VRPN) verwendet, eine Ansammlung von Klassen<br />

innerhalb einer Bibliothek und einer Anzahl von Servern,<br />

mit denen die Benutzeroberflächen von Spielen mit<br />

ihren jeweiligen Eingabegeräten zusammenarbeiten. Vielleicht<br />

wird eines Tages ja mehr daraus, als ein Ego-Shooter:<br />

„The interface as a general input device within the operating<br />

system is another avenue of interest, mainly concerned with<br />

applying and evaluating the ChairIO in standard desktop<br />

applications.“ Also doch Excel mit Hocker. Layouten ohne<br />

Maus, kombiniert mit automatischer Spracherfassung. Auf<br />

zum digitalen Kasatschok.


013<br />

Von Mangenta geblendet<br />

Sie standen schon mal vor der Entscheidung: Vodafone,<br />

O2, E-Plus oder D1? Welcher Netzbetreiber ist für mich,<br />

für mein Telefonverhalten, meine Reisen am besten? Im<br />

Geschäftsleben kann es absolut wichtig sein, wo welches<br />

Netz zu welchem Preis erreichbar ist. Und wie man selbst<br />

erreichbar ist. Um so verwunderlicher ist es, dass Verkäufer<br />

gerade hier in der Beratung Nachholbedarf haben.<br />

Neulich in München<br />

Im Ladenlokal eines großen deutschen Netzbetreibers<br />

steht ein älterer Herr. Er erkundigt sich nach Vodafone<br />

und der Reichweite des einst zu Mannesmann zählenden<br />

Mobilfunkanbieters. Die Magentafarbe des Ladenlokals verrät:<br />

leider im falschen Geschäft. Der Verkäufer legt sich ins<br />

Zeug. Obwohl ihm der Kunde eingehend erklärt, dass er bei<br />

sich daheim mit seinem D1-Handy keinen oder nur einen<br />

sehr schlechten Empfang habe, ein Bekannter mit Vodafone<br />

hingegen reibungslos telefoniere, hält der gut gekleidete<br />

Mitarbeiter an seiner Strategie fest – fragender Blick und<br />

Testergebnisse. Er verstehe das ganz und gar nicht, belegen<br />

Untersuchungen doch, dass der Magenta-Konzern bei der<br />

Netzabdeckung die Nase vorn habe: 98 Prozent. Das entspricht<br />

fast ganz Deutschland. Zu dumm, dass sich die Abdeckung<br />

nicht auf die Fläche, sondern auf die Bevölkerung<br />

bezieht. Das sagt nicht wirklich etwas über die Verfügbarkeit<br />

aus. Könnte aber ein Indiz dafür sein, warum Vodafone D1<br />

am Wohnort des Kunden besser funktioniert. Leben hier<br />

vielleicht gerade jene zwei Prozent der Bevölkerung, die<br />

nicht rosa sehen?<br />

Tests lügen nicht<br />

Der Kunde ist beeindruckt: Testergebnisse können nicht<br />

lügen. Kurzerhand entschließt er zum Abschluss eines neuen<br />

Vertrages: einer Prepaid-Karte von D1. Und das, obwohl<br />

seine alte Karte noch Guthaben haben müsste. Ein neues<br />

Handy nimmt er aber nicht mit. Wohlwissend: „Mein Gerät<br />

ist zwar nicht mehr das neueste. Doch die zwei, drei Stunden<br />

Betriebsbereitschaft genügen mir.“ Stellt sich jetzt die Frage,<br />

ob der Käufer mit seinem alten Netzbetreiber und seiner<br />

neuem SIM-Karte glücklicher wird ...


014<br />

Usability von IT-Systemen ist keine<br />

„Sonderausstattung“<br />

Werte Kolleginnen und Kollegen, haben Sie auch schon einen multifunktionalen<br />

DVD-Recorder mit Festplatte und elektronischer<br />

Programmzeitschrift? … Und, können Sie ihn bedienen? Oder besser<br />

gefragt: Haben Sie jemals schon mehr gemacht, als eine Sendung<br />

aufgenommen, angeschaut und dann wieder gelöscht?<br />

Wir kaufen uns „elektronische Helferlein“, die eine Vielzahl von<br />

Funktionen bereitstellen. Funktionen, von denen wir die meisten<br />

entweder gar nicht kennen oder nicht brauchen. Woran liegt das?<br />

Einerseits sicherlich daran, dass mobiles Telefonieren, ruckelfreier<br />

mobiler Musikgenuss, digitale Fotos und schlüsselanhängergroße<br />

Datenträger einfach praktisch sind! Doch offensichtlich<br />

reicht uns das nicht aus. Die Geräte liefern neben den Nutzfunktionen<br />

noch Mehrwert und führen die Eigenschaften verschiedener<br />

Geräteklassen zusammen. Es gilt: mehr Funktionen -> besseres<br />

Gerät. Übrigens auch im Office-Umfeld. Schauen Sie sich mal Ihr<br />

Textverarbeitungs- oder Präsentationsprogramm an.<br />

Dem gegenüber stehen die Anwendungssysteme, die wir unseren<br />

Mitarbeitern im Unternehmen zur Verfügung stellen. Hier gilt<br />

optimale Ausrichtung an den Benutzerfähigkeiten und Kenntnissen<br />

im Sinne maximaler Effizienz und Effektivität! Jeder Mitarbeiter<br />

bekommt exakt die Anwendungsfunktionalität und Information, die<br />

er im jeweiligen prozessualen Kontext benötigt. Die ihm zur Verfügung<br />

stehende Hard- und Software ist optimal aufeinander abgestimmt<br />

… Stimmt das für die von Ihnen verantworteten IT-Systeme?<br />

Ich glaube nicht!!<br />

Was tun Sie, um sicherzustellen, dass bei der Entwicklung von<br />

Anwendungssystemen nicht nur die funktionalen Aspekte eines Lastenhefts<br />

umgesetzt werden, sondern dass in ausreichendem Maße<br />

die „nicht-funktionalen“ Anforderungen der Benutzer berücksichtigt<br />

werden? Wenn Sie gut sind, lassen Sie sich Ihre GUIs durch<br />

Usability-Spezialisten entwickeln. Wenn Sie richtig gut sind,<br />

bringen Sie Ihre Mitarbeiter dazu, die Benutzer und deren Arbeitssituation<br />

zu verstehen. Leider ist weder das eine noch das<br />

andere die Regel in den meisten Unternehmen!<br />

Sie werden aufstöhnen und denken „Ja, ja, alles richtig, aber<br />

wie soll ich bei den knappen Budgets meine Kunden davon überzeugen,<br />

dass sie mehr Geld für schöne Oberflächen ausgeben sollen?“.<br />

Gehen wir denn aber richtig mit dem Thema Usability um? Ist<br />

Usability eine „Sonderausstattung“, die wir als Option bei der<br />

Entwicklung von Anwendungssystemen „dazubestellen“ können?<br />

Aus meiner Sicht müssen wir umdenken. Lassen Sie uns nicht weiter<br />

„Flüsterpost“ spielen, indem Projektverantwortliche aus dem<br />

Business die funktionalen Anforderungen in einem Lastenheft zusammenführen,<br />

ein IT-Berater oder interner Dienstleister das<br />

Pflichtenheft konkretisiert und das Projekt dann von Programmierern<br />

umgesetzt wird. Bringen Sie Ihre Mitarbeiter, Berater und<br />

Programmierer dazu, die zukünftigen Benutzer und deren Anforderungen<br />

kennen zu lernen. Ein Abrechner vor dem SAP-HR-System<br />

oder ein Call-Center-Agent ist eben kein Internet-Guru oder<br />

weiß, wie man sich schnell ein Office-Makro für die Automatisierung<br />

von Vorgängen zusammenklickt. Außerdem ist es ein Unterschied,<br />

ob man als einfacher Benutzer am Terminal arbeitet oder<br />

als Administrator am voll ausgestatteten Entwickler-PC sitzt!


Briefe an den IT-Leiter<br />

Schicken Sie die Mitarbeiter einfach mal „raus ins Feld“! Dafür<br />

brauchen Sie keine Schulungsmaßnahmen oder Entwicklungswerkzeuge.<br />

Das sollte jedoch unter einem klar formulierten Motto stehen.<br />

Sie können zusammentragen lassen, wie viele verschiedene<br />

Benutzertypen das Anwendungssystem nutzen (z. B. Sekretariat,<br />

Sachbearbeiter, Administrator). Oder wie viele verschiedene<br />

Aufgaben ein Benutzer hat und wie viele Anwendungen er dabei<br />

benutzt. Sie werden feststellen, dass nicht nur Ihre Mitarbeiter<br />

einen Motivationsschub erfahren, sondern auch Ihre Kunden<br />

erfreut sein werden, dass sich jemand für ihre Belange interessiert.<br />

Das ist menschlich, und so werden auch einmal kleinere<br />

Fehler und Unzulänglichkeiten verziehen. Der minimale Aufwand<br />

dafür wird kompensiert durch die Vermeidung unnötiger Arbeiten<br />

– so manche Entwicklung, die technisch interessant aber völlig<br />

unnötig für den Benutzer war, konnte so schon vermieden werden.<br />

Wenn Sie meinen „Das erscheint mir doch etwas zu unkonventionell,<br />

unsere Hotline soll erst einmal eine Umfrage machen, wie<br />

zufrieden die Mitarbeiter mit der IT sind, oder wir stellen einen<br />

Fragebogen ins Intranet“ – vergessen Sie es! Untersuchungen<br />

zeigen, dass derartige Aktionen, selbst wenn Sie schöne Incentives<br />

anbieten, nichts bringen. 5 persönliche Gespräche zwischen<br />

Entwicklung und Benutzern sind mehr wert als 20 Fragebögen.<br />

Denken Sie lieber darüber nach, wie Sie bei der Einführung von<br />

ITSM-Prozessen nach ITIL oder anderen Methoden den organisatorischen<br />

Rahmen für die o. g. Interaktion schaffen können. Implementieren<br />

Sie mit deren Einführung direkt (pragmatische) Methoden<br />

und Instrumente, die Usability zum integralen Bestandteil<br />

der Dienstleistungserbringung machen.<br />

Die beschriebenen Aspekte entspringen nicht nur purer „Menschenfreundlichkeit“.<br />

Die serviceorientierte IT-Welt adressiert ganz<br />

konkret neue Möglichkeiten zur stärkeren Orientierung der Anwendungssysteme<br />

an den Business-Prozessen durch prozessorientierte<br />

Integration von Funktionalität und Information. „Die richtige<br />

Information/Funktion zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“ Mit<br />

der gebotenen Flexibilität. Was ist das anderes als die an den<br />

Benutzer-Aufgaben ausgerichtete Gestaltung von Anwendungssystemen<br />

– egal ob als Portal oder klassische Applikation. Warum?<br />

Letztlich, um durch Effizienz und Effektivität Geld zu sparen.<br />

Also lassen Sie uns nicht analog zur „alten Welt“ ein Portal<br />

neben dem nächsten aufbauen und den Benutzer wieder mit unterschiedlichen<br />

Interaktionsparadigmen und fehlender Konsistenz<br />

konfrontieren, sondern von vorneherein durch übergreifende Style-Guides,<br />

generische Handlungsprinzipien und eine klare Geschäftsprozessorientierung<br />

eine Erfolgsstory schreiben. IT als<br />

„echter“ Enabler!<br />

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen (und uns) viel Erfolg bei der<br />

Sensibilisierung der Mitarbeiter, so dass wir zukünftig nicht<br />

mehr Aussagen wie „für Usability hatte ich keinen Auftrag“ und<br />

„das kostet zu viel Geld“ hören, sondern die Orientierung an<br />

differenzierten Benutzerbedürfnissen in den Geschäftsprozessen<br />

zum Grundverständnis bei der Entwicklung von Anwendungssystemen<br />

wird. Und, dass es gelingt zu verdeutlichen, dass man damit eher<br />

Geld spart als Kosten verursacht!<br />

Es schrieb Ihnen Dr. Achim Reuther, Leiter IT-Strategie, EnBW Energie Baden-Württemberg AG


Prof. Dr. Klaus Greve<br />

16-21 Die Dimensionen der Karte<br />

Informationen in <strong>Geoinformationssysteme</strong>n<br />

22-25 Von der Idee zum Geschäftsmodell<br />

Location Based Services<br />

26-28 IT statt Bauernkalender<br />

Precision Farming<br />

30-31 Karten für die Gesundheit<br />

Geodaten im Gesundheitswesen<br />

32-34 Interview Karola Bode, O2<br />

35 Kommentar<br />

Geographische Informationssysteme (GIS) galten lange<br />

Zeit als Anwendungen für und von Spezialisten, weit entfernt<br />

vom Mainstream der IT. In der Wahrnehmung der<br />

Öffentlichkeit hat sich dies durch das Aufkommen von<br />

Google Earth und anderen Planetenbrowsern grundsätzlich<br />

geändert. Besonders interessant an dieser Entwicklung:<br />

Nahezu alle großen Internet-Infrastrukturbetreiber setzen<br />

auf die Geo-Karte. Sie fassen verstreute Stadtplan- und<br />

Kartendienste in globalen Infrastrukturen zusammen und<br />

integrieren Kartendienste und Navigationsunterstützung<br />

mit weitergehenden Informationsdiensten:<br />

(1) Größte Beachtung der Massenmedien fand Google mit<br />

seinen 2-D-Karten- und 3-D-Globusapplikationen Google<br />

Maps und Google Earth.<br />

(2) Ähnliche Funktionalitäten wie Google Earth zeigt der<br />

digitale 3-D-Globus NASA Worldwind, der als Open-Source-<br />

Projekt nicht nur kostenfrei zu nutzen ist, sondern zusätzlich<br />

seinen Code offen legt.<br />

(3) Microsofts Virtual Earth wird um die 2-D-Karten- und<br />

Navigationsapplikation local.live.com ergänzt. Hier finden<br />

sich für amerikanische Großstädte neben klassischen Senkrechtluftbildern<br />

auch Schrägluftbilder, die Gebäude- und<br />

Fassadendetails zeigen.<br />

(4) Die Informationsinfrastruktur A9 von Amazon bringt<br />

ebenfalls eine 2-D-Kartenapplikation heraus, angereichert<br />

mit Navigationsdiensten und vielfältigen weiteren Informationsangeboten.<br />

Für viele amerikanische Großstädte finden<br />

wir hier an die Kartennavigation angebundene Fassadenfotos,<br />

die zu virtuellen Spaziergängen einladen.


017<br />

Informationen in <strong>Geoinformationssysteme</strong>n<br />

Die Dimensionen<br />

der Karte<br />

Traditionell dienen Karten zur Navigation und Ordnung des Wissens. Seit Anfang<br />

der 60er Jahre organisieren <strong>Geoinformationssysteme</strong> die räumliche Dimension von<br />

Informationen. Weshalb wir heute mit dem Cursor auf der Karte reisen können.<br />

(5) Yahoo beteiligt sich ebenfalls mit einem 2-D-Kartendienst,<br />

in den Satellitenbilder, lokalisierte Suchfunktionen,<br />

Navigationsunterstützung und aktuelle Verkehrsinformationen<br />

integriert sind.<br />

(6) Karten- und Navigationsdienste wie MapQuest oder<br />

Map24 integrieren zunehmend weiteren Content und entwickeln<br />

sich in Richtung auf die Planetenbrowser.<br />

(7) Klassische GIS integrieren virtuelle Globen und lassen<br />

traditionelle und neue Technologie zusammenwachsen.<br />

Diese Entwicklung verwundert nur auf den ersten Blick.<br />

Kartendienste und raumbezogene Informationen dienen<br />

traditionell zur Navigation und zur Ordnung des Wissens.<br />

Die richtigen Informationen zu identifizieren und zu ihnen<br />

hinzunavigieren ist das zentrale Problem des Wissensmanagements.<br />

Zu diesem Zweck bedienen wir uns interessanterweise<br />

einer Begrifflichkeit, wie wir sie von der Beschreibung<br />

von Orten und Räumen unserer Erde gewohnt sind.<br />

Der Cyberspace wird durch Raummetaphern erschlossen:<br />

Homepage, Mailbox, Pfade, Surfen, Datenautobahn, globales<br />

Dorf, Domain sind nur ausgewählte Beispiele. Das ist<br />

kein Zufall. Offensichtlich bildet die räumliche Orientierung<br />

für den Menschen ein sehr effektives Ordnungssystem,<br />

das er auf nichträumliche (Un-) Ordnungen anwenden<br />

kann. Geoinformation besitzt damit doppelten Wert: Sie<br />

orientiert über Phänomene und Ereignisse in der realen<br />

Welt und hilft, Orientierung in die vom Menschen geschaffenen<br />

virtuellen Welten zu bringen.<br />

Planetenbrowser stellen somit eine Schnittstelle zwischen<br />

der realen Welt und den Abbildern der realen Welt in virtuellen<br />

Welten dar. Das ist nicht neu: Schon vor 100 Jahren<br />

reisten Menschen mit dem Finger auf der Landkarte zu<br />

fremden Orten, diente die Karte dazu, Informationen aus<br />

verschiedenen Medien (Reiseführer, Bildbände, Fahrpläne,<br />

Klimatabellen) zusammenzuführen. Neu ist der Wert, der<br />

dieser Datenintegration beigemessen wird. Hier wird deutlich,<br />

dass GIS und Planetenbrowser keine multimedialen<br />

Spielzeuge sind. Aktuelle Studien und Parlamentsdiskussionen<br />

verweisen ein erhebliches Marktpotenzial für Geoinformationen<br />

auf. Der derzeitige Umsatz der Geoinformationswirtschaft<br />

in Deutschland wird auf 65 Mio. bis 110<br />

Mio. Euro geschätzt. Dabei ist davon auszugehen, dass die<br />

gegenwärtigen Umsätze nur einen kleinen Teil des tatsächlichen<br />

Marktpotenzials ausmachen. Für Nordrhein-Westfalen<br />

wird das aktuell ausgeschöpfte Potenzial auf 17 Prozent<br />

geschätzt. Weitergehende Untersuchungen gehen von einem<br />

bisher unerschlossenen Marktpotenzial in Deutschland von<br />

etwa 6,8 Mrd. Euro aus.<br />

Nur Planetenbrowser oder echtes GIS?<br />

GIS sind IT-Systeme, die der Verarbeitung von Informationen<br />

unter Berücksichtigung der räumlichen Dimension<br />

dienen. In diesem Sinne sind die Planetenbrowser als geographische<br />

Informationssysteme zu betrachten. Traditionelle<br />

Definitionen von GIS sind hier strenger. Sie fordern<br />

von einem GIS, dass es ein EVAP-Informationssystem für<br />

raumbezogene Daten darstellt. EVAP steht für Erfassung,<br />

Verarbeitung, Analyse und Präsentation. Bei den Planetenbrowsern<br />

liegt der Schwerpunkt der Anwendung noch auf<br />

der Präsentation, weshalb sie ein traditioneller GIS-Experte


018 Titel<br />

Vektor<br />

Raster<br />

So zeichnen Computer<br />

Links das Vektorprinzip: Objekte werden als<br />

Punkte, Linien oder Flächen repräsentiert. Vorteil:<br />

Das ist eindeutig. Nachteil: Das ist leider<br />

zu eindeutig, wenn wir die Abgrenzungen nicht<br />

kennen. Geographen sprechen vom „Objektansatz“<br />

und behandeln räumliche Objekte (z. B.<br />

einen See), als seien sie gewöhnliche Gegenstände.<br />

Punkt<br />

Linie<br />

Rechts das Rasterprinzip: Viele kleine Planquadrate,<br />

der Computer stellt jedes als ein<br />

Pixel dar, das bestimmte Werte aufweist. Dies<br />

ist der „Feldansatz“: Die Situation wird wie ein<br />

physikalisches Feld modelliert, dessen Stärke<br />

von Pixel zu Pixel variiert.<br />

Polygon<br />

Vektor oder Raster, Objekt oder Feld<br />

nicht als GIS einstufen wird. Mächtige Analysefunktionen<br />

gelten ihm als zentrales Element eines GIS.<br />

Schon die ersten GIS, die seit Anfang der 60er Jahre entwickelt<br />

wurden, verfügten über umfangreiche Funktionen zur<br />

raumbezogenen Datenanalyse. Das war angesichts der technischen<br />

Randbedingungen notwendig, denn Ausgabegeräte<br />

für raumbezogene Präsentationen waren praktisch nicht<br />

existent. Sehr einfache Karten konnten auf Stiftplottern,<br />

Zeilendruckern oder Monitoren mit geringer Auflösung<br />

ausgegeben werden. Daher war es häufig notwendig, die Informationen<br />

mittels komplexer Analysen zu verdichten und<br />

das Analyseergebnis dann als vergleichsweise einfache Karte<br />

oder Tabelle zu präsentieren.<br />

Prinzip May Overlay<br />

Raumanalysen mit GIS beruhen vor allem auf dem Prinzip<br />

des Map Overlays. Kartographen organisierten schon lange<br />

vor der Einführung digitaler Techniken ihre Produktion<br />

durch Überlagerung verschiedener thematischer Schichten<br />

(engl. Layer). Eine Karte wurde nicht in einem Stück<br />

gezeichnet, sondern thematisch aufgeteilt in verschiedene<br />

Folien oder Layer. Jedes Thema (Grenzen, Flüsse, Straßen,<br />

Siedlungen, Landnutzung u. a.) zeichnete man auf eine<br />

eigene transparente Folie. Die Ergebniskarte entstand,<br />

indem die Folien übereinander gelegt und die Inhalte so<br />

überlagert wurden. Diese Methodik lässt sich nicht nur zur<br />

Kartenerstellung verwenden, sondern ebenso zur raumbezogenen<br />

Analyse. Erstmals ausformuliert und für konkrete<br />

Planungen angewendet (noch in analoger Form), hat diese<br />

Methodik der Landschaftsplaner Ian McHarg in seinem<br />

Klassiker „Design with Nature“. Später hat C. Dana Tomlin<br />

diese Methodik weiter ausformuliert und zur Map Algebra<br />

formalisiert, die bis heute die Grundlage der Analysefunktionen<br />

der GIS bildet .<br />

Die digitale Umsetzung der Map Overlay oder Verschneidungsmethodik<br />

kann auf zwei unterschiedlichen Datenstrukturen<br />

erfolgen: auf der Basis eines Raster- oder eines<br />

Vektormodells. Im Rastermodell wird die Information wie<br />

bei einem digitalen Foto in einem Raster abgelegt. Es wird<br />

– bildlich gesprochen – ein feines Karoraster über die Karte<br />

gelegt. Dann werden alle Rasterquadrate, die auf einem für<br />

die Darstellung wichtigen Objekt liegen, mit einer Markierung,<br />

einem Schlüsselwert für das Objekt belegt. Für die<br />

Darstellung der Objekte auf dem Bildschirm werden die<br />

Schlüsselwerte in Farben umgesetzt und die Objekte dadurch<br />

sichtbar: Ein See besteht aus einem Klumpen feiner<br />

blauer Quadrate, ein Fluss aus einer mehr oder weniger<br />

breiten Folge von Rasterquadraten.<br />

Komplexes Vektormodell<br />

Das Vektormodell ist komplexer aufgebaut. Hier werden<br />

nicht die Objekte selbst, sondern sie repräsentierende Punkte<br />

als X- und Y-Koordinaten gespeichert. Bei Objekten ohne<br />

große Flächenausdehnung wie Bohrpunkten oder Messstellen<br />

geht das genauso einfach wie bei der Rasterdarstellung.<br />

An der durch die X-Y-Koordinate bezeichneten Stelle der<br />

Karte repräsentiert ein bunter Punkt oder ein Symbol das<br />

Objekt. Durch Größe, Farbe und Art des Symbols können


019<br />

unterschiedliche Arten und Bedeutungen von Objekten<br />

ebenso wie mengenmäßige Unterschiede dargestellt werden.<br />

Schwieriger ist die Abbildung von linienförmigen Objekten<br />

wie Flüssen oder Straßen. Hier wird eine Vielzahl von Punkten<br />

benötigt, die eine Linie (unterschiedlicher Farbe, Stärke<br />

und Signatur) verbindet. Flächen entstehen, indem ihre<br />

Außengrenzen als geschlossene Linie erfasst und der Bereich<br />

innerhalb der Linie (auch Umrings-Polygon genannt)<br />

eingefärbt oder mit einer Schraffur versehen wird. Nach<br />

dem gleichen Prinzip können aus Flächen dreidimensionale<br />

Körper modelliert werden. Die Vektormethode hat gegenüber<br />

der Rastermethode den Vorteil, dass mit sehr präzisen<br />

zentimetergenauen Koordinaten gearbeitet wird. Die Daten<br />

werden häufig direkt per GPS oder andere digitale Vermessungsinstrumente<br />

gewonnen.<br />

Informationsverlust durch Auflösung in Raster<br />

Durch die Auflösung räumlicher Strukturen in Raster<br />

entsteht immer eine Vergröberung, ein Informationsverlust.<br />

Dafür lässt sich diese Arbeit weitgehend automatisch<br />

durch Scannen von Luftbildern und Papierkarten erledigen.<br />

Satelliten- und digitale Luftbildkameras liefern unmittelbar<br />

gerasterte Daten. Die Verschneidung verschiedener<br />

Themenkarten durch Übereinanderlegen bei gleicher<br />

Rasterweite erfordert viel weniger Rechenaufwand als der<br />

ungleich aufwändiger gestaltete geometrische Vergleich von<br />

zwei Vektorkarten unterschiedlichen Themas.<br />

Früher arbeiteten einfache GIS meistens nach der Rastermethode,<br />

komplexere Systeme nach der Vektormethode.<br />

Ausgefeilte Systeme kombinierten beide Methoden. Überall<br />

dort, wo Messpunkte, Grenzen und Eigentumsverhältnisse<br />

berührt sind, werden meist vektorgestützte Systeme eingesetzt.<br />

Im Umweltbereich sind die Grenzen der Objekte häufig<br />

ohnehin nicht in exakten Koordinaten zu bestimmen.<br />

Hier kommen häufig rastergestützte Systeme zum Einsatz.<br />

Wer mit Satellitendaten arbeitet, kommt nicht umhin, nach<br />

der Rastermethode zu verfahren. Aktuelle GIS beherrschen<br />

in der Regel beide Modelle, sowie die Umwandlung von<br />

Vektormodellen in Rastermodelle und umgekehrt. Allerdings<br />

muss der Nutzer sich der Grenzen und Randbedingungen<br />

im Umgang mit beiden Modellen im Klaren sein.<br />

Der eigentliche Schatz im GIS sind die Daten<br />

Den eigentlichen Wert eines GIS machen jedoch nicht<br />

Datenmodelle, Algorithmen und Software aus, sondern die<br />

Daten, die raumbezogene Analysen erst ermöglichen. Eine<br />

Faustformel besagt, dass etwa 1 Prozent der Kosten für ein<br />

GIS auf Hardware, 9 Prozent auf die Software und bis zu<br />

90 Prozent für die Daten aufzuwenden sind. Die Erfassung<br />

von Geodaten gilt traditionell als aufwändig. In den Zeiten<br />

zuverlässig verfügbarer GPS-Signale ist dieses Statement<br />

zu differenzieren. Jedermann kann heute mit überschaubarem<br />

Aufwand seine eigenen Geodaten produzieren. Sei<br />

es ein Außendienstmitarbeiter, der die Koordinaten wilder<br />

Mülldeponien mit einem einfachen GPS ermittelt oder<br />

der Wanderer, der das gleiche GPS verwendet, um seine<br />

Wanderrouten zu tracken. Beide erzeugen Daten, die ohne<br />

Verknüpfungen mit weiteren Datenbeständen wenig Nutzen<br />

haben. Die Wanderroute wird erst zur interessanten<br />

Information, wenn sie in eine Karte eingezeichnet wird.<br />

Die Koordinaten der wilden Mülldeponien können von<br />

den Müllfahrzeugen erst angefahren werden, wenn sie mit<br />

einem Straßennetz und weiterer Navigationsinformation<br />

verbunden werden.<br />

In Anlehnung an ISO 19107 können wir Geoinformation<br />

als Informationen über Gegenstände, Sachverhalte und<br />

Prozesse, die mit einer auf die Erde bezogenen Position verbunden<br />

sind, bezeichnen. Eine weit verbreitete Faustformel<br />

sagt, dass 80 Prozent aller Informationen dieser Definition<br />

genügen. In der Regel wird Geoinformation nicht allein,<br />

sondern im Kontext komplexer Informationsstrukturen<br />

verarbeitet. Dabei entsteht die eigentliche Geoinformation<br />

häufig erst durch Verknüpfung unterschiedlicher Informationsbestandteile.<br />

Ein Beispiel mag dies verdeutlichen:<br />

Die häufigste Darstellungsform von Geoinformation sind<br />

Adressen. Existiert eine Referenzliste, die Adressen zu Lagekoordinaten<br />

zuordnet, so können wir die Adressdaten als<br />

Geodaten nutzen und die enthaltene Geoinformation<br />

auswerten (beispielsweise feststellen, wie viele potenzielle<br />

Kunden im Umkreis von 10 km um ein Einkaufszentrum<br />

wohnen). Existiert die Referenzliste nicht oder sind die<br />

Adressen in einer Weise aufgenommen, dass sie nicht mit<br />

der Referenzliste verbunden werden können, so lässt sich<br />

die benötigte Geoinformation nicht gewinnen.<br />

Um mit GIS und Geoinformation zu arbeiten, benötigt der<br />

Markt in der Regel umfangreiche Basisdaten und Referenzdatenbestände,<br />

häufig als Geobasisdaten bezeichnet. Den<br />

größten Teil der Geobasisdaten produzieren die staatlichen<br />

und halbstaatlichen Vermessungsbehörden. Wichtige Referenzdatenbestände<br />

entstehen durch die Satellitenmissionen.<br />

Für Navigationszwecke werden weltweit fast ausschließlich<br />

Daten privater Anbieter verwendet. Hier teilen sich die Firmen<br />

Navigation Technology aus Chicago und Teleatlas aus<br />

den Niederlanden den größten Teil des Weltmarktes.


020 Titel<br />

Wenige Anbieter dominieren den Markt<br />

Der Markt für Geoinformationen wird von wenigen großen<br />

Anbietern dominiert. Viele Unternehmen beklagen<br />

sich, dass die Strukturen dieses Marktes sich an Großhandelstrukturen<br />

orientieren. Dies ist eine Folge historisch<br />

gewachsener Strukturen aus der Zeit, in der die Anwendung<br />

von GIS große Investitionen in Technik und Know-how<br />

erforderte und daher Geodaten vor allem von Großorganisationen<br />

mit spezialisierten GIS-Abteilungen nachgefragt<br />

wurden (Planungsbehörden, Militär- und Sicherheitsorgane,<br />

Netz- und Infrastrukturbetreiber, später Fahrzeugnavigation<br />

und Flottenmanagement). Und es ist eine Folge des<br />

Wertschöpfungsparadoxons der Geoinformation: Der Aufbau<br />

von Geobasis- oder Referenzdatenbeständen ist außerordentlich<br />

kostenintensiv. Einen Nutzen entfalten Geodaten<br />

erst, wenn sie für sehr spezielle Einsatzzwecke fachgerecht<br />

aufbereitet werden.<br />

Obwohl umfangreiche kommerziell verwertbare Geodatenbestände<br />

existieren und die GIS-Programme vergleichsweise<br />

kostengünstig sind, gilt die Arbeit mit GIS in vielen<br />

Branchen als zu teuer, zu kompliziert und fachlich schwer<br />

vermittelbar. Diese Strukturen bilden ein wesentliches Hindernis<br />

für die Entfaltung des Marktpotenzials der Geoinformationswirtschaft.<br />

Gleichzeitig wird der zukünftige Markt<br />

für Geoinformationen und Geoinformationsdienstleistungen<br />

als ein ausgesprochener Wachstumsmarkt gesehen,<br />

insbesondere für spezialisierte kleinere und mittlere Betriebe<br />

und Experten, die das Feld der klassischen räumlichen<br />

Planung, Entscheidungsunterstützung und Navigation mit<br />

dem Feld der Informationsverarbeitung inhaltlich und methodisch<br />

verbinden. In der politischen Debatte zur Geoinformationswirtschaft<br />

werden Maßnahmen zur Entwicklung<br />

stärker nachfrageorientierter Marktstrukturen diskutiert.<br />

Dazu gehört die Frage, in welchem Ausmaß und zu welchen<br />

Konditionen staatliche und halbstaatliche Stellen die<br />

Geodaten abgeben sollen. Während in den USA öffentliche<br />

Daten weitgehend kostenfrei abgegeben werden, finanzieren<br />

die meisten europäischen Staaten die Produktion von Geobasisdaten,<br />

indem sie die Daten gegen Gebühren oder Kostenerstattung<br />

weitergeben. Marktstudien weisen daraufhin,<br />

dass die europäische Vorgehensweise nicht zwangsläufig<br />

wirtschaftlich ist: Einnahmen aus Gebühren und Steuern<br />

stehen hier in einem Konkurrenzverhältnis zueinander.<br />

Fundierte Schätzungen sagen, dass bei weitgehend freien<br />

Bezugsmöglichkeiten von Geoinformationsprodukten ein<br />

Verhältnis von öffentlichen Investitionen zur Erzeugung<br />

und Abgabe von Geoinformationen zu Wertschöpfungen<br />

auf dem privaten Geodatenmarkt von 1:4 möglich ist. Ausgehend<br />

von einer Steuerquote von 25 Prozent kann daraus<br />

gefolgert werden, dass die öffentliche Anfangsinvestition<br />

durch die Steuereinnahme vollständig refinanziert wird.<br />

Verzichtet der Staat auf Gebühren, so verdient er an Steuern<br />

mehr, als er an Gebühren für Geoinformation überhaupt<br />

einnehmen könnte. Eine im Auftrag der US-Administration<br />

von PricewaterhouseCoopers Management Consultants<br />

erstellte vergleichende Untersuchung europäischer und<br />

amerikanischer Strategien zur Distribution amtlicher Geoinformation<br />

stützt diese Befunde.<br />

GIS – Web – Mesh Up<br />

Auffällig ist: GIS sind nicht ausschließlich Spezialanwendungen<br />

für und von Spezialisten. Seit etwa 15 Jahren diffundiert<br />

die GIS-Anwendung immer weiter in die Breite der<br />

unterschiedlichsten Fachbereiche. Ständig öffnen sich neue<br />

Anwendungsfelder. Etabliert sind inzwischen Standortplanung,<br />

Geomarketing und Flottensteuerung im Transportund<br />

Speditionsgewerbe. Crime Mapping bildete vor allem<br />

in en USA eine Innovationswelle, die gerade nach Europa<br />

schwappt. Immobilienwirtschaft, Wirtschaftsförderung und<br />

Gesundheitswesen sind die nächsten Anwendungsbereiche,<br />

in denen GIS gerade große Bedeutung gewinnt.<br />

Vor allem aber diffundiert die Nutzung von Geoinformation<br />

in den Alltag. Zuerst waren es Routenplaner, Stadtplandienste<br />

und Navigationssysteme, die Geoinformationsdienste<br />

in den Alltag integrierten. Nach den Autos werden<br />

weitere Alltagsgegenstände wie Mobiltelefone, PDAs und<br />

Digitalkameras GPS-Empfänger und raumbezogene Verarbeitungslogiken<br />

enthalten. Nicht nur technische Veränderungen<br />

sind Ursache dieser Entwicklungen. Die Produktion<br />

in der Informationsgesellschaft beruht auf Information und<br />

Wissen, genauer auf Planung und Analyse als entscheidende<br />

Voraussetzungen für Erfolg und Ertrag der Produktion.<br />

Wissen und Information sind dabei nicht nur und nicht<br />

mehr nur das Ergebnis von Erfahrung und individuellen<br />

Lernprozessen, sondern auch des Aufbaus technisch nutzbarer<br />

und übertrag- und handelbarer Datenbestände. Dazu<br />

gehört zentral das Orientierungs- und Ordnungswissen der<br />

Geoinformation.<br />

Das Web als künftige Infrastruktur<br />

Eine wesentliche Rolle beim Aufbau der Infrastruktur<br />

der Informationsgesellschaft spielt das WWW. Spatial<br />

Web Services übernehmen hier zunehmend die Funktion<br />

klassischer GIS. Diese Services folgen Standards, die vor


021<br />

allem vom Open Geospatial Consortium (OGC) gesetzt<br />

werden. Das OGC ist ein Industriekonsortium, in dem<br />

sich die wichtigsten GIS- und IT-Hersteller und viele GIS<br />

nutzenden Organisationen zusammengeschlossen haben.<br />

Die Open Web Services (OWS) isolieren einzelne Aufgaben<br />

der raumbezogenen Informationsverarbeitung und<br />

implementieren sie in eine Architektur aus verschiedenen<br />

Modulen. Diese Module können als selbstständige Dienste<br />

oder Services ausgeprägt werden und kommunizieren über<br />

standardisierte Schnittstellen miteinander. Das verbreiteste<br />

Modul ist der Web Map Service (WMS). Weitere Module<br />

oder Dienste sind der Web Feature Service (WFS), der Web<br />

Coverage Service (WCS), der Web Catalog Service CAT oder<br />

der Web Coordinate Transformation Service (WCTS).<br />

Die Module sind als kaskadierende und sich selbst beschreibende<br />

Dienste ausgelegt. Ein Dienst wird nicht nur<br />

aufgrund der Anforderungen eines Menschen aktiv, sondern<br />

kann auf Anforderungen anderer Dienste reagieren.<br />

Er kann über standardisierte XML-Dokumente bekannt geben,<br />

welche Leistungen und Auskünfte von ihm zu erwarten<br />

sind. Damit können mittels verketteter oder kaskadierender<br />

Dienste ganze Produktionsketten zur Aufbereitung von<br />

Informationen realisiert werden. Wenn nun zu den Auskünften<br />

der Dienste ebenso die Auskunft über die eigene<br />

Auskunftsfähigkeit gehört, sind die Verkettungen nicht nur<br />

in linearen Strukturen, sondern in komplexen und teilweise<br />

selbstorganisierenden Netzwerken möglich. Die OWS verfügen<br />

dadurch über Eigenschaften des Web 2.0 und nehmen<br />

Merkmale des Sematic Web, des Nachfolgers des WWW<br />

voraus.<br />

In diesen Kontext gehört der Erfolg der Planetenbrowser<br />

im Web. Wir können sie als Vorschau auf zukünftige raumbezogene<br />

Services im Web verstehen. So ist es nicht verwunderlich,<br />

dass die Mesh Ups, die Verknüpfungen zwischen<br />

verschiedenen Informationsangeboten im Web, praktisch<br />

immer eine Geokomponente enthalten.<br />

<br />

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<br />

Prof. Dr. Klaus Greve<br />

Klaus Greve, Jahrgang 1957, studierte in Kiel,<br />

Hamburg und Kopenhagen. Der Professor für<br />

Geographische Informationssysteme und Fernerkundung<br />

an der Universität Bonn ist Experte<br />

für Geodateninfrastruktur sowie Planungs- und<br />

Umweltinformationssysteme.<br />

com


022 Titel<br />

Location Based Services<br />

Von der Idee zum<br />

Geschäftsmodell<br />

Ansätze für Location Based Services (LBS) gab es mehrfach. Die Ideen, durchwegs<br />

in der ersten New Economy entstanden, haben sich aber nicht in Gewinne umsetzen<br />

lassen. Jetzt schaut die „Net Economy“ genauer auf das Geld und kommt mit<br />

neuen Geschäftsmodellen.<br />

Carsten Leininger<br />

„New Economy ist tot. Es lebe die Net Economy“. So<br />

könnte das Motto der jüngsten technologischen Entwicklung<br />

dienstleistungsorientierter Wirtschaftszweige lauten.<br />

Seit die Seifenblase der Internetwirtschaft mit ihren<br />

unzähligen Start-ups geplatzt ist, können sich nur solche<br />

Unternehmen am Markt behaupten, die über Gewinn<br />

realisierende Einnahmequellen verfügen. Die Euphorie der<br />

e-Commerce-Jahre weicht immer mehr dem innovativen<br />

Denken ertragsorientierter Geschäftsstrategen.<br />

Keine kreative Idee ist es wert, weiterentwickelt zu werden,<br />

wenn das Management nicht weiß, wie sich damit Geld verdienen<br />

lässt. Die Propheten der New Economy haben lautstark<br />

verkündet, dass die neuen Informationstechnologien<br />

mit ihren vielfältigen Kommunikationskanälen die Verhaltensmuster<br />

der Konsumenten revolutionieren würden und<br />

dass es sich deshalb unbedingt lohne, in den technischen<br />

Fortschritt zu investieren. Viele Investitionen sind getätigt<br />

worden, ohne dass sich die Gewinnerwartungen der Unternehmer<br />

erfüllt hätten. Der Grund lag häufig im Fehlen eines<br />

funktionierenden Geschäftsmodells. Neue Technologien<br />

bieten an sich noch keine Garantie für Wertschöpfung und<br />

Rentabilität. Ein Beispiel dafür ist die bisherige Historie von<br />

Location Based Services (LBS).<br />

Standortbezogene Informationsdienste<br />

Bei LBS handelt es sich um standortbezogene Dienste, die<br />

in der Regel über Mobiltelefone sowie unter Zuhilfenahme<br />

positions-, zeit- und personenabhängiger Daten dem Nutzer<br />

selektive Informationen bereitstellen. Dabei unterscheiden<br />

wir zwischen reaktiver und proaktiver Kontaktaufnahme.<br />

Bei reaktiven Diensten muss der Service explizit angefordert<br />

werden. Ein proaktiver Dienst reagiert auf bestimmte Ereignisse<br />

wie beispielsweise das Betreten eines großen Einkaufszentrums.<br />

Die technische Komplexität von LBS ist hoch und erfordert<br />

das Zusammenspiel vieler verschiedener Akteure. Die Hersteller<br />

müssen ein Endgerät (Target Device) entwickeln, in<br />

das sich einerseits ein Positionsfinder (Position Originator),<br />

beispielsweise ein Satellitennavigationssystem wie GPS integrieren<br />

lässt. Andererseits muss daran ein Ortsbestimmer<br />

(Location Provider) angeschlossen sein, der die vom Positionsfinder<br />

gelieferten Daten zweckmäßig aufbereitet. Sollen<br />

die Daten qualitativ angereichert sein, also zum Beispiel<br />

nicht nur die Adresse eines Kinos, sondern dessen aktuelles<br />

Programm sowie Rezensionen zu den laufenden Filmen<br />

enthalten, dann ist ein Inhaltslieferant (Content Provider)


023<br />

erforderlich. Der gesamte Content inklusive Location wird<br />

dem Dienstanbieter (LBS Provider), beispielsweise einem<br />

Mobilfunknetzbetreiber, zur Verfügung gestellt, der ihn<br />

schließlich an den Dienstnutzer (LBS User) weiterleitet.<br />

Ursprung New Economy<br />

LBS, die gelegentlich Location Dependent Services (LDS)<br />

genannt werden, sind in der Blütezeit der New Economy<br />

entstanden. Damals gab es viele Ideen, wie in der vernetzten<br />

Informationsgesellschaft ein Zusatznutzen für die Verbraucher<br />

und somit Wettbewerbsvorteile für die Anbieter geschaffen<br />

werden könnten. Dazu zählte die Vorstellung eines<br />

Informationsdienstes, der die Kunden in der Nähe eines<br />

Point of Sales (POS) auf die dort vorhandenen Angebote<br />

aufmerksam macht. In diesem Zusammenhang wurden<br />

einige Pilotprojekte lanciert. Der Antrieb der Entwicklungsarbeit<br />

wurde dabei durch die Tatsache gefördert, dass neue<br />

Technologien zur Verfügung standen, die einerseits solche<br />

standortbezogenen Informationsdienste ermöglichten, andererseits<br />

eine breit angelegte Anwendung brauchten – eine<br />

so genannte Killer-Applikation, um die Investitionskosten<br />

wieder einzuspielen.<br />

Bei Verwirklichung der ersten LBS-Konzepte mussten viele<br />

technische Anforderungen bewältigt werden. Das führte<br />

unter anderem dazu, dass sich die Innovatoren auf die<br />

Umsetzung konzentrierten und das Geschäftsmodell außer<br />

Acht ließen. Sie glaubten, dass die technische Machbarkeit<br />

automatisch zum ökonomischen Erfolg führen würde. Eine<br />

Illusion, wie sich herausstellte.<br />

Vom Marketinginstrument zum Dienstleistungskanal<br />

Die ursprüngliche Grundphilosophie der LBS lautete: „Ich<br />

kenne deinen Standort, also weiß ich, was du dort an Waren<br />

und Dienstleistungen beziehen kannst.“ Dementsprechend<br />

waren LBS zu Zeiten der New Economy als Marketinginstrument<br />

konzipiert worden, das neben herkömmlichen<br />

Werbemitteln zu einer schlagkräftigen Waffe im Kampf um<br />

Kunden und Käufer werden sollte. In diesem Zusammenhang<br />

sprachen die Fachleute vom Multi-Chanel-Marketing.<br />

Der Verbraucher sollte nicht über einen, sondern über möglichst<br />

viele Kommunikationskanäle angesprochen werden.<br />

Die Aktualität der Information in der POS-Nähe galt dabei<br />

als entscheidend für den Erfolg der Verkaufsförderung.<br />

Doch das Marketingkonzept ging nicht auf. Der Versuch,<br />

die Konsumenten über LBS zu aktivieren, scheiterte weniger<br />

an der hohen Umsetzungskomplexität. Alles hätte wunderbar<br />

funktioniert, wenn nicht die leidige Frage gewesen wäre,<br />

wer die Infrastruktur und die aktuellen Informationsservices<br />

finanziert. Die Werbewirtschaft, sonst Motor für die<br />

Entwicklung neuer Absatzinstrumente, lehnte die Rolle des<br />

Investors ab. Die meisten Handels- und Kaufhausketten<br />

kämpften damals wie heute gegen sinkende Margen und<br />

sahen nur Kosten ohne adäquates Umsatzpotenzial. Hinzu<br />

kam, dass Schnäppchenjäger im Internet erheblich bessere<br />

Möglichkeiten fanden. Vor diesem Hintergrund gab es für<br />

LBS als ein vom Auftraggeber bezahltes Marketinginstrument<br />

keine Zukunft. Die neue Entwicklungschance lag in<br />

der Etablierung eines virtuellen Dienstleistungskanals, der<br />

von den Endnutzern finanziert werden sollte.<br />

Breite Anwendung mit Kundenmehrwert<br />

Sicherlich gibt es heute noch Unternehmen, die Geschäfte<br />

mit LBS als Marketinginstrument machen, allerdings nur<br />

im B2B-Bereich. So erhalten immer mehr Handy-Nutzer<br />

werbliche SMS, wenn sie sich in der Nähe von einer bestimmten<br />

Lokalität befinden. Diese Form der proaktiven<br />

standortbezogenen Kontaktaufnahme stellt allerdings eher<br />

eine klassische Verkaufsförderungsmaßnahme dar als eine<br />

innovative Geschäftsaktivität. Was fehlt, ist die Ansprache


024 Titel<br />

Location Based Services<br />

Standortbezogene Dienste (engl. Location Based Services (LBS),<br />

auch: Location Dependent Services (LDS)) sind über ein Netzwerk<br />

erbrachte mobile Dienste, die unter Zuhilfenahme von positions-,<br />

zeit- und personenabhängigen Daten dem Endbenutzer selektive<br />

Informationen bereitstellen oder Dienste anderer Art erbringen<br />

(de.wikipedia.org/wiki/Location_based_services).<br />

LBS benötigen eine Reihe von „Bedingungen“: (1) Endgeräte (Target<br />

Device), z. B. Mobiltelefone, (2) Positionsfinder (Position Organisator),<br />

um die Position des Endgerätes zu bestimmen, (3) Ortsbestimmer<br />

(Location Provider) der die vom Positionsfinder gelieferten<br />

Daten aufbereitet und an den (4) Dienstanbieter (LBS Provider)<br />

vermittelt, der die Daten zum (5) Nutzer überträgt.<br />

www.lbszone.com<br />

www.e-lba.com<br />

www.openbc.com/net/lbs<br />

Satellitengestützte Positionsbestimmung<br />

Am bekanntesten ist das Global Positioning System (GPS). Das<br />

satellitengestützte Navigationssystem des US-Verteidigungsministeriums<br />

wurde offiziell 1995 in Betrieb genommen. Heute wird GPS<br />

stark im zivilen Bereich genutzt: Seefahrt, Luftfahrt, zur Orientierung<br />

und als Navigationssystem im Outdoor-Bereich und im Auto.<br />

Für den Einsatz in Mobiltelefonen wurde das Assisted GPS (A-GPS)<br />

entwickelt. Differential GPS (DGPS) bezeichnet ein Verfahren, um<br />

Positionsfehler zu korrigieren, mit denen das US-Militär für nicht<br />

autorisierte Nutzer die Genauigkeit der Ortung einschränkt.<br />

GLONASS, das russische Pendant zu GPS, basiert auf der gleichen<br />

Ortungstechnik, ist aber nicht kompatibel zu GPS. GLONASS arbeitet<br />

anders als GPS ohne technische Restriktionen in der Ortung und<br />

scheint bei der Höhenangabe auch genauer zu sein, wird aber zivil<br />

kaum genutzt.<br />

Die europäische Antwort auf GPS heißt Galileo und soll 2008 an<br />

den Start gehen. Galileo verwendet denselben Frequenzbereich<br />

wie GPS, was für Reibungen mit den USA, aber auch Vorteile in der<br />

Kompatibilität sorgt. Aus militärischen Gründen erheben die USA<br />

Anspruch darauf, das Ortungssignal von Galileo auch für private<br />

bzw. öffentliche Anwendungen stören zu dürfen.<br />

www.geolife.de/geonauten/01-was-ist-gps-neu.php<br />

ec.europa.eu/dgs/energy_transport/galileo<br />

Alternativen<br />

zum Thema<br />

Das Wi-Fi Positioning System (WPS) aus den USA nutzt drahtlose<br />

Netzwerke und verspricht eine Ortungsgenauigkeit von 20-40<br />

Metern. Das System arbeitet mit Referenzdaten von WLAN-Access-<br />

Points und deren geographischer Position. Dementsprechend ist<br />

WPS in einer Reihe von Ballungsräumen (ca. 25) verfügbar.<br />

Die viel zitierte „Handy-Ortung“ nutzt das Global System for Mobile<br />

Communications (GSM), den digitalen Mobilfunk-Standard. Zu dessen<br />

wichtigsten Grundfunktionen zählt der vom Netz angestoßene<br />

Zellenwechsel. Sobald das Signal einer Nachbarzelle besser als das<br />

der aktuellen Funkelle ist, wechselt das Mobiltelefon dorthin. Dieser<br />

Wechsel, der auch im Standby-Betrieb funktioniert, lässt eine Ortung<br />

in der jeweiligen Zelle zu. Die Ortungsgenauigkeit hängt von<br />

der Größe der Zellen ab, wobei die Ortung im städtischen Bereich<br />

erheblich präziser ist als im ländlichen Raum.<br />

ortung.blogspot.com<br />

www.izmf.de<br />

der tatsächlichen Userbedürfnisse. Die finden sich eher in<br />

den Bemühungen der Telefongesellschaften, ihren Kunden<br />

einen besonderen Dienst anzubieten. Diese Unternehmen<br />

kooperieren in der Regel mit Location- und Content-<br />

Providern und möchten von ihnen die Informationen in<br />

aufbereiteter Form für LBS beziehen. Dabei taucht stets ein<br />

grundsätzliches Problem auf: Die Aufbereitung und Bereitstellung<br />

der Informationen erfordert einen derartigen Aufwand,<br />

dass die Refinanzierung nur über ein großes Volumen<br />

gebührenpflichtiger Anfragen funktioniert. Hier sprechen<br />

wir von „Net-Economy -Anwendungen“.<br />

Geschäftskonzepte der Net Economy<br />

Net Economy steht für netzwerkbasierende Geschäfte mit<br />

Informationen auf breiter Anwenderbasis. Der User klickt<br />

sich in das Netzwerk ein, um die gewünschten Infos abzurufen,<br />

klassische „Vorratshaltung“ von Wissen. Die Dienstleistung<br />

besteht darin, die relevanten Daten auszuwählen und<br />

sie möglichst schnell zuzustellen. Ein erfolgreicher Kommunikationsprozess<br />

lässt sich damit auf zwei wesentliche Faktoren<br />

reduzieren: bedarfsorientierte Selektion und zeitnahe<br />

Bereitstellung. Bei LBS kommt mit dem Standortbezug ein<br />

dritter Faktor hinzu, die unmittelbare Umgebung.<br />

Zwei Beispiele. Ein Vertriebsmitarbeiter möchte, nachdem<br />

er seine Termine in der Rhein-Main-Region wahrgenommen<br />

hat, abends zurück nach Hamburg fahren, wo<br />

er am nächsten Morgen ein wichtiges Meeting hat. Wegen<br />

einer Autopanne muss er in der Umgebung von Hannover<br />

übernachten. Zwei Hotels, die er anfragt, sind jedoch wegen<br />

einer Messe ausgebucht. Was nun? Über einen Netzzugang<br />

mit LBS ruft er Informationen ab, wo es in der Umgebung<br />

noch freie Zimmer gibt, was sie kosten und wie er dahin<br />

kommt. Dafür ist er sicherlich bereit, eine Servicegebühr zu<br />

bezahlen.<br />

Im zweiten Beispiel wollte ein Pärchen, das Berlin besuchte,<br />

in einem bestimmten Lokal speisen. Das Lokal war<br />

jedoch wegen Ferien geschlossen. Auch in diesem Fall hätten<br />

sie sich sicherlich gefreut, wenn sie schnell eine Alternative<br />

über einen mobilen Informationsdienst gefunden hätten.<br />

Es gibt viele Szenarien zu nutzwerten und damit ertragsorientierten<br />

LBS-Anwendungen, die sich technisch umsetzen<br />

lassen, weil alle notwendigen Facilities vorhanden sind.<br />

Ihre Realisierung erfordert jedoch hohe Investitionen. Um<br />

diese zu refinanzieren, darf sich die Dienstleistung nicht auf<br />

die Hotel- oder Restaurantauskunft beschränken. Alle denkbaren<br />

Informationsbereiche sollten in das Konzept integriert<br />

und entsprechend den zielgruppenspezifischen Bedürfnis-


025<br />

sen vermarktet werden. Dabei müssen drei Grundvoraussetzungen<br />

erfüllt werden: POI-Konzept, Abonnenten-Bindung<br />

und markenbewusste User-Community.<br />

POI statt POS<br />

Der entscheidende Unterschied zwischen marketingund<br />

dienstleistungsorientierten LBS-Konzepten ist die<br />

Verschiebung der Informationsinhalte von POS (Point of<br />

Sales) hin zum Point of Interest (POI). Ein Point of Interest<br />

kennzeichnet die Lokationen, die den Interessen der Endnutzer<br />

entsprechen: ein Kino, ein Theater, ein Restaurant,<br />

ein Hotel, ein Krankenhaus, eine Tankstelle, eine Bank, ein<br />

Schwimmbad usw. Die Liste ist lang und muss entsprechend<br />

den Anwendertypen strukturiert werden. Die neue Philosophie<br />

der LBS heißt folglich: „Sag mir, was du an deinem<br />

Standort brauchst bzw. machen möchtest und ich zeige dir<br />

die Auswahlmöglichkeiten und führe dich dorthin.“<br />

Während die Pioniere der LBS aus dem technischen<br />

Bereich kamen, sind die heutigen Innovatoren hautsächlich<br />

unter den Content-Anbietern zu finden. iPUBLISH<br />

beispielsweise verwaltet einen Großteil des Knowledge der<br />

Ganske Verlagsgruppe elektronisch. In der unternehmenseigenen<br />

Reise- und Event-Datenbank, der größten ihrer Art in<br />

Europa, sind alle relevanten POI bekannter Reise- und Life-<br />

Style-Marken der Verlagsgruppe wie MERIAN oder PRINZ<br />

enthalten. Diese Informationen können als LBS zeitnah und<br />

ortsbezogen unterschiedlichen Zielgruppen zur Verfügung<br />

gestellt werden.<br />

Programmspezifisches Phone-Guide-Abo<br />

Im Touristik- und Freizeitbereich arbeitet iPUBLISH mit<br />

vier Kernzielgruppen, die nach technik-affinen Anwenderrollen<br />

definiert werden. (1) Die „Netznutzer“, die ihre Reise<br />

am Computer planen, (2) „Autofahrer“, die mit einem PKW<br />

unterwegs sind, (3) „Touristen“, die an einem Zielort etwas<br />

besichtigen oder unternehmen wollen und (4) „Citygänger“,<br />

die sich – ob in der Heimat oder in einer fremden Stadt<br />

– ganz einfach amüsieren wollen. Ein User kann permanent<br />

zwischen den vier verschiedenen Rollen wechseln. Dementsprechend<br />

variieren seine Informations- und Kommunikationsbedürfnisse.<br />

Für LBS sind besonders „Touristen“ und „Citygänger“<br />

interessant. Die Geschäftsidee besteht darin, diesen Personengruppen<br />

nicht nur einen standortbezogenen aktuellen<br />

Informationsdienst, sondern Content mit speziellen<br />

Schwerpunkten über ein Mobiltelefon zugängig zu machen<br />

(„Phone-Guide“), wobei je nach Interesse unterschiedliche<br />

Programme zur Auswahl stehen. Das Geschäft läuft über das<br />

Abonnenten-Modell: ein Phone-Guide-Abo gibt Zugriff auf<br />

alle zum Programm gehörenden Inhalte.<br />

Markenbewusste User-Community<br />

Das Konzept von iPUBLISH sieht vor, die LBS als einen<br />

Bestandteil der elektronischen Reise- und Freizeitbegleitung<br />

zu integrieren. Wie bei jeder technischen Innovation, wird<br />

das Nutzungsverhalten erst erlernt werden müssen, ähnlich<br />

wie bei den SMS für Mobilelefone. Für den Erfolg von LBS<br />

braucht es Anwender, die wissen, dass es entsprechende Informationsdienste<br />

auf dem Gerät gibt und die direkt den<br />

Weg dorthin finden. Ein solcher Lernprozess lässt sich nicht<br />

spontan und kurzfristig bewältigen, vielmehr muss das neue<br />

Nutzungsverhalten systematisch geprägt werden. Das setzt<br />

wiederum kontinuierliche Kommunikationsarbeit über unterschiedliche<br />

Kanäle voraus, die auf die Etablierung einer<br />

verhaltensstabilen User-Community zielt.<br />

Die meisten LBS-Anbieter versuchen ihre Dienste über<br />

SMS zu bewerben. Das mag bei „triebgeleiteten“ Bedürfnissen<br />

funktionieren, ist jedoch bei „kulturgeleiteten“ Interessen<br />

als Stimulus viel zu schwach. Eine verhaltensstabile<br />

User-Community entsteht auf der Basis von Gruppenbewusstsein.<br />

Dabei kann eine bekannte und anerkannte Marke<br />

als identitätsstiftende Klammer fungieren. So wenden<br />

sich beispielsweise die von iPUBLISH betreuten Informationsdienste<br />

von ‚Merian‘ an andere Personenkreise als die<br />

von ‚Prinz‘ oder ‚Der Feinschmecker‘.<br />

Das Entstehen einer User-Community eröffnet den LBS-<br />

Nutzern neue Kommunikationsmöglichkeiten. Die einzelnen<br />

an das Netzwerk angeschlossenen Abonnenten können<br />

miteinander in Kontakt treten, woraus sich eine Fülle von<br />

gemeinsamen standortbezogenen Aktivitäten ergeben kann.<br />

In Sachen Markenentwicklung und Kundenbindung dürften<br />

solche Communitys in Zukunft eine wesentliche Säule<br />

für den Erfolg von Location Based Services sein.<br />

Carsten Leininger<br />

Der diplomierte Wirtschaftsingenieur, Jahrgang<br />

1973, hat an der FH Wedel studiert. Leininger<br />

ist Geschäftsführer der iPUBLISH GmbH, die auf<br />

die Entwicklung elektronischer Reisebegleiter<br />

spezialisiert ist.


026 Titel<br />

Precision Farming<br />

IT statt<br />

Bauernkalender<br />

Mit GPS als Schlüsseltechnologie hat sich das „Precision Farming“ vom Nischenmarkt zu<br />

einer akzeptierten Technologie entwickelt. IT-Systeme und Satellitennavigation sind hier<br />

eine ökologische interessante Verbindung eingegangen.<br />

Dr. Görres Grenzdörffer<br />

Das Thema Precision Farming ist mit dem Beginn der<br />

90er Jahre von der Wissenschaft und der Industrie mit<br />

der Entwicklung von Ertragskartierungssystemen auf den<br />

Mähdrescher gekommen. Durch GPS als Schlüsseltechnologie<br />

wurde es damals möglich, detailliert und effizient<br />

Ertragskarten zu erstellen. Aufgrund der unterschiedlichen<br />

Erträge innerhalb landwirtschaftlicher Felder bei gleicher<br />

Bewirtschaftung und den damit verbundenen Konsequenzen<br />

hat das Thema Precision Farming im letzten Jahrzehnt<br />

viele Bereiche der landwirtschaftlichen Praxis und Forschung<br />

beeinflusst wie durchdrungen. Precision Farming<br />

als Hochtechnologie-Ansatz für große Felder und Maschinen<br />

hat sich zuerst in den USA durchgesetzt. Das Thema<br />

ist in Europa en vogue. Im europäischen Vergleich wird<br />

in der Bundesrepublik aufgrund der starken Landtechnikindustrie,<br />

der Agrarstruktur in Ostdeutschland sowie der<br />

allgemein hohen Intensität der Landbewirtschaftung und<br />

der hohen Umweltstandards neben Frankreich und England<br />

mit am intensivsten an der Thematik gearbeitet. Innerhalb<br />

der Bundesrepublik haben hier die neuen Bundesländer<br />

für den Einsatz von Precision-Farming-Technologien eine<br />

wichtige Pionierfunktion. In den letzten Jahren verringert<br />

sich das Ost-West-Gefälle, vor allem da im Westen der Anteil<br />

der durch Lohnunternehmer bewirtschafteten Flächen<br />

immer größer wird und sich die Technologie des Precision<br />

Farmings wesentlich verbreitert hat.<br />

Das Ziel des Precision Farmings ist eine an die natürliche<br />

Heterogenität angepasste Landbewirtschaftung. Dadurch<br />

sollen Erträge gesteigert, Betriebsmittel eingespart und<br />

gleichzeitig die Umwelt geschont werden. Grundvoraussetzung<br />

für den Erfolg des Precision Farmings ist es, die Heterogenität<br />

des Bodens und des Bestandes zu erfassen, um sie<br />

in verschiedenen Entscheidungsprozessen zu berücksichtigen.<br />

Zusätzlich gilt, es mithilfe modernster Technologie die<br />

zunehmenden Anforderungen der Qualitätssicherung und<br />

der Nachweisführung möglichst automatisiert zu erfüllen.<br />

Das bedeutet, dass das ursprüngliche Konzept des Precision<br />

Farmings sich auf dem Weg zur informationsgeleiteten<br />

Landwirtschaft befindet. Dabei steht ein kontinuierlicher<br />

Datenfluss von der „Furche bis zur Gabel“ im Vordergrund.<br />

Wo und wofür wird Precision Farming eingesetzt?<br />

Forschung, Entwicklung und Landwirte verstehen Precision<br />

Farming als einen Kreislauf, der aufbauend auf verschiedenen<br />

Eingangsdaten für jede Teilfläche angepasste<br />

Maßnahmen wie Düngung, Pflanzenschutz etc. mithilfe<br />

eines Geo-Informationssystems (GIS) entwickelt und mithilfe<br />

spezieller Landtechnik anwendet. Ausgangspunkt des<br />

Precision Farmings ist die Ertragskartierung. Dazu wird<br />

der Korndurchfluss kontinuierlich gemessen und die dazugehörige<br />

Position des Mähdreschers per GPS gemessen. Die


027<br />

Verbesserter ROI und ökologische Bewirtschaftung<br />

Ertragskartierung gibt Auskunft über die erzielten Erträge<br />

und liefert Informationen über den wirtschaftlichen Erfolg<br />

(teilflächenbezogener Deckungsbeitrag) und die entzogenen<br />

Nährstoffe (= zusätzlicher Düngebedarf). Mehrjährige<br />

Ertragskarten liefern darüber hinaus Informationen über<br />

wiederkehrende Ertragsmuster, das Ausmaß möglicher<br />

Ertragsschwankungen und die Reaktion der Erträge auf<br />

die verschiedenen Bewirtschaftungsmaßnahmen und die<br />

Jahreswitterung. Mittlerweile gehört die Ertragskartierung<br />

bei den größeren Mähdreschern zur Standardausstattung.<br />

Neben der Ertragskartierung ist in der landwirtschaftlichen<br />

Praxis die teilflächenspezifische Düngung weit<br />

verbreitet. Bei der differenzierten Grunddüngung werden<br />

an bestimmten Stellen oder anhand eines vordefinierten<br />

Rasters Bodenproben gezogen und analysiert. Unter Berücksichtigung<br />

der Entzüge (=Ertragskarte) und anderer<br />

Faktoren wird auf dem Computer eine Applikationskarte<br />

erstellt und auf den Düngerstreuer übertragen. Dieser<br />

bringt – GPS-gesteuert – den richtigen Dünger an die richtige<br />

Stelle. Bei der teilflächenspezifischen Stickstoffdüngung<br />

spielt der aktuelle Pflanzenbestand die wichtigste Rolle.<br />

Deshalb werden auf dem Traktor mithilfe von Sensoren die<br />

spektralen Eigenschaften oder der mechanische Widerstand<br />

der Pflanzen gemessen und analysiert. Die Düngung erfolgt<br />

im gleichen Atemzug oder wenige Sekunden später.<br />

Im Pflanzenschutz hat sich Precision Farming, trotz intelligenter<br />

Lösungen, die etwa eine weitestgehend automatische<br />

Bestimmung von Verunkrautungen ermöglicht, noch nicht<br />

richtig durchgesetzt. Das liegt unter anderem an den noch<br />

teuren und speziellen Feldspritzen. Andere Bereiche des<br />

Precision Farmings sind die differenzierte Aussaat oder Parallelfahrsysteme,<br />

die durch hochgenaue GPS-Signale eine<br />

präzise überlappungsfreie Navigation bei Tag und Nacht<br />

ermöglichen.<br />

Bei der Analyse der Verbreitung von Precision Farming<br />

in Deutschland sind zwei Sachverhalte von besonderem<br />

Interesse. Zum einen nimmt der Anteil der Landwirte, die<br />

Precision-Farming-Technologie in der einen oder anderen<br />

Form einsetzen, stetig zu und zum anderen wächst die Fläche,<br />

die mit Precision-Farming-Technologien bewirtschaftet<br />

wird. Hauptmotivation des Technologieeinsatzes ist es,<br />

dass es sich für den Anwender rechnet. Grundsätzlich gilt:<br />

Der Technikeinsatz bei größeren Betrieben, die heterogene<br />

Flächen bewirtschaften, sollte einen positiven ökonomischen<br />

Effekt hinterlassen. Verschiedene Studien beziffern<br />

die möglichen Ertragssteigerungen auf etwa 2-5 Prozent<br />

und die Einsparungen an Betriebsmitteln wie beispielsweise<br />

Dünger oder Pflanzenschutzmittel auf 5-15 Prozent. Unter<br />

Berücksichtigung der Kosten für die Technologie und die<br />

notwendigen Informationen sowie den zeitlichen Mehraufwand<br />

ist ein Break Even ab einer Getreideanbaufläche von<br />

etwa 400 ha zu erwarten. Das gilt im Übrigen nicht nur für<br />

die konventionelle Landwirtschaft, sondern auch für eine<br />

ökologische Landwirtschaft.<br />

Precision Farming ist für den ökologischen Landbau an<br />

sich noch viel wichtiger als für die konventionelle Landbewirtschaftung.<br />

Der Landwirt im Ökolandbau darf nicht einfach<br />

durch mineralische Düngung oder Pflanzenschutzmittel<br />

den Pflanzenbestand homogenisieren. Vielmehr muss er<br />

für jede Stelle eine an die jeweiligen Verhältnisse angepasste<br />

Strategie fahren. In der Praxis hat sich Precision Farming<br />

im Ökolandbau jedoch noch nicht durchgesetzt. Ursachen<br />

sind hier: die kleinen Betriebsgrößen der Ökolandwirte und<br />

fehlende pflanzenbauliche Precision-Farming-Algorithmen<br />

für den Ökolandbau.


028 Titel<br />

Neben den direkten positiven Effekten tragen auch indirekte<br />

positive Effekte, wie die ökologischen Wirkungen<br />

des Precision Farmings sowie eine Verringerung von Stickstoffauswaschungen<br />

durch eine angepasste Düngung zur<br />

volkswirtschaftlich positiven Gesamtbilanz des Precision<br />

Farmings bei. Alles in allem entwickelt sich die Methode zu<br />

einer allseits akzeptierten Technologie.<br />

Stand der Forschung heute und Ausblick<br />

Informationsverarbeitung ist das A und O des Precision<br />

Farmings. Das fängt beretis auf der landwirtschaftlichen<br />

Maschine an, die alle wichtigen Daten einer Maßnahme<br />

von der Bodenbearbeitung bis zum Pflanzenschutz erfasst.<br />

Diese so genannten Prozessdaten wie die Zugkraftbedarf,<br />

der Dieselverbrauch, die Leistung pro Stunde etc. werden<br />

durch eine Synchronisation mit dem GPS zu raumbezogenen<br />

Daten und können für verschiedenste Zwecke in der<br />

Abrechnung, zur Dokumentation oder für die Optimierung<br />

genutzt werden.<br />

Im landwirtschaftlichen Betrieb werden nicht nur die<br />

Daten der Landmaschinen in einem Geo-Informationssystem<br />

(GIS) verarbeitet, sondern auch eine Vielzahl anderer<br />

Geodaten. Einige dieser Datensätze wie Karten zur scheinbaren<br />

elektrischen Leitfähigkeit, zur Charakterisierung der<br />

Bodentextur oder spezielle Fernerkundungsdaten werden<br />

durch spezialisierte Dienstleister erstellt. Andere Geodaten<br />

kommen von staatlicher Seite wie topographische Karten,<br />

Feldblockgrenzen oder Bodenschätzungskarten. Die Precision-Farming-Software<br />

muss dann in der Lage sein aus<br />

den unterschiedlichen Eingangsdaten anhand von Regeln<br />

Applikationskarten für die verschiedenen Maßnahmen zu<br />

erstellen. Die eingesetzte Software ist hier in der Regel kein<br />

Stand-alone-Produkt, sondern in die betriebliche Software,<br />

wie Schlagkartei, das Pachtmanagement oder die Lohnbuchhaltung<br />

beinhaltet, eingebettet.<br />

Eine Besonderheit des IT-Marktes in der Landwirtschaft<br />

ist, dass aufgrund der Kundenstruktur dem User-Interface,<br />

der Bedienerfreundlichkeit, dem Schulungsangebot und<br />

dem Preis der Software höchste Bedeutung zukommen. Der<br />

Markt für Precison-Farming Hard- und Software wird einerseits<br />

von den Fulllinern der Landtechnikbranche (Claas,<br />

AGCO, John Deere u. a.) bestimmt. Sie bieten Komplettsysteme<br />

an. Außerdem bieten viele kleine Anbieter hierauf<br />

abgestimmte Speziallösungen an. Dies gilt ganz besonders<br />

für den IT- bzw. GIS-Sektor. Das hat dazu geführt, dass viele<br />

proprietäre Lösungen entstanden sind, die das Wachstum<br />

des Gesamtmarktes negativ beeinflussen. Hinzu kommt ein<br />

zunehmender Bedarf an durchgehender Dokumentation<br />

der Produktionsprozesse vom Erzeuger bis zum Kunden.<br />

Deshalb steht das Thema Standardisierung seit einigen<br />

Jahren oben auf der Liste der Hersteller und der Kunden.<br />

Während die Standardisierung für die Landtechnik mit<br />

dem so genannten ISOBUS die Kommunikation zwischen<br />

den verschiedenen Traktoren, Maschinen und der GPS-gestützten<br />

Steuerungselektronik gewährleistet ist, ist die Standardisierung<br />

im IT-Bereich erst am Anfang. Ein wichtiger<br />

Schritt ist die Entwicklung des AGRO-XML-Standards, der<br />

als Datenaustauschsprache einen standardisierten Datenaustausch<br />

ermöglichen soll.<br />

Zukunft „Geodateninfrastruktur“<br />

Ebenfalls noch Zukunftsmusik ist es eine Vereinfachung<br />

der Geo-Datenauswertung durch standardisierte Datensätze<br />

zu erreichen. „Geodateninfrastruktur“ (GDI) ist in<br />

diesem Zusammenhang in den letzten Jahren eines der<br />

Schlagworte im Geoinformationsbereich geworden. Aus<br />

technischer Sicht basiert sie auf einem einfachen Konzept:<br />

Raumbezogene Daten sind über standardisierte internetbasierte<br />

Schnittstellen verfügbar und abfragbar. Die relevanten<br />

Normen und Standards für Datenübertragungsformate und<br />

Schnittstellen sind genau spezifiziert. Sie werden von vielen<br />

Softwareherstellern implementiert und von vielen Organisationen<br />

in unterschiedlichsten Branchen eingesetzt. Unter<br />

Berücksichtigung des Raumbezugs vieler landwirtschaftlichen<br />

Daten, insbesondere der Daten für Precision Farming,<br />

haben diese Normen eine große Bedeutung für den Datenaustausch<br />

in der Landwirtschaft.<br />

Die meisten GDI-Initiativen des Bundes und der Länder<br />

sind hauptsächlich auf die Bereitstellung von Geobasisdaten<br />

wie topographische Karten und Luftbilder fokussiert – was<br />

Experten als „generische GDI“ bezeichnen. Obwohl solche<br />

Daten eine wichtige Informationsquelle für Landwirte darstellen,<br />

könnte ein noch größerer Gewinn für den Landwirt<br />

in der Automatisierung der landwirtschaftlichen Geschäftsprozesse<br />

bestehen.<br />

Dr. Görres Grenzdörffer<br />

Der studierte Geograph, Jahrgang 1968,<br />

hat seine Hochschulausbildung mit Schwerpunkt<br />

Fernerkundung und GIS absolviert.<br />

Grenzdörffer ist Wissenschaftler an der Universität<br />

Rostock und beschäftigt sich seit über 10<br />

Jahren mit dem Thema Precision Farming.


028 Titel<br />

Neben den direkten positiven Effekten tragen auch indirekte<br />

positive Effekte, wie die ökologischen Wirkungen<br />

des Precision Farmings sowie eine Verringerung von Stickstoffauswaschungen<br />

durch eine angepasste Düngung zur<br />

volkswirtschaftlich positiven Gesamtbilanz des Precision<br />

Farmings bei. Alles in allem entwickelt sich die Methode zu<br />

einer allseits akzeptierten Technologie.<br />

Stand der Forschung heute und Ausblick<br />

Informationsverarbeitung ist das A und O des Precision<br />

Farmings. Das fängt beretis auf der landwirtschaftlichen<br />

Maschine an, die alle wichtigen Daten einer Maßnahme<br />

von der Bodenbearbeitung bis zum Pflanzenschutz erfasst.<br />

Diese so genannten Prozessdaten wie die Zugkraftbedarf,<br />

der Dieselverbrauch, die Leistung pro Stunde etc. werden<br />

durch eine Synchronisation mit dem GPS zu raumbezogenen<br />

Daten und können für verschiedenste Zwecke in der<br />

Abrechnung, zur Dokumentation oder für die Optimierung<br />

genutzt werden.<br />

Im landwirtschaftlichen Betrieb werden nicht nur die<br />

Daten der Landmaschinen in einem Geo-Informationssystem<br />

(GIS) verarbeitet, sondern auch eine Vielzahl anderer<br />

Geodaten. Einige dieser Datensätze wie Karten zur scheinbaren<br />

elektrischen Leitfähigkeit, zur Charakterisierung der<br />

Bodentextur oder spezielle Fernerkundungsdaten werden<br />

durch spezialisierte Dienstleister erstellt. Andere Geodaten<br />

kommen von staatlicher Seite wie topographische Karten,<br />

Feldblockgrenzen oder Bodenschätzungskarten. Die Precision-Farming-Software<br />

muss dann in der Lage sein aus<br />

den unterschiedlichen Eingangsdaten anhand von Regeln<br />

Applikationskarten für die verschiedenen Maßnahmen zu<br />

erstellen. Die eingesetzte Software ist hier in der Regel kein<br />

Stand-alone-Produkt, sondern in die betriebliche Software,<br />

wie Schlagkartei, das Pachtmanagement oder die Lohnbuchhaltung<br />

beinhaltet, eingebettet.<br />

Eine Besonderheit des IT-Marktes in der Landwirtschaft<br />

ist, dass aufgrund der Kundenstruktur dem User-Interface,<br />

der Bedienerfreundlichkeit, dem Schulungsangebot und<br />

dem Preis der Software höchste Bedeutung zukommen. Der<br />

Markt für Precison-Farming Hard- und Software wird einerseits<br />

von den Fulllinern der Landtechnikbranche (Claas,<br />

AGCO, John Deere u. a.) bestimmt. Sie bieten Komplettsysteme<br />

an. Außerdem bieten viele kleine Anbieter hierauf<br />

abgestimmte Speziallösungen an. Dies gilt ganz besonders<br />

für den IT- bzw. GIS-Sektor. Das hat dazu geführt, dass viele<br />

proprietäre Lösungen entstanden sind, die das Wachstum<br />

des Gesamtmarktes negativ beeinflussen. Hinzu kommt ein<br />

zunehmender Bedarf an durchgehender Dokumentation<br />

der Produktionsprozesse vom Erzeuger bis zum Kunden.<br />

Deshalb steht das Thema Standardisierung seit einigen<br />

Jahren oben auf der Liste der Hersteller und der Kunden.<br />

Während die Standardisierung für die Landtechnik mit<br />

dem so genannten ISOBUS die Kommunikation zwischen<br />

den verschiedenen Traktoren, Maschinen und der GPS-gestützten<br />

Steuerungselektronik gewährleistet ist, ist die Standardisierung<br />

im IT-Bereich erst am Anfang. Ein wichtiger<br />

Schritt ist die Entwicklung des AGRO-XML-Standards, der<br />

als Datenaustauschsprache einen standardisierten Datenaustausch<br />

ermöglichen soll.<br />

Zukunft „Geodateninfrastruktur“<br />

Ebenfalls noch Zukunftsmusik ist es eine Vereinfachung<br />

der Geo-Datenauswertung durch standardisierte Datensätze<br />

zu erreichen. „Geodateninfrastruktur“ (GDI) ist in<br />

diesem Zusammenhang in den letzten Jahren eines der<br />

Schlagworte im Geoinformationsbereich geworden. Aus<br />

technischer Sicht basiert sie auf einem einfachen Konzept:<br />

Raumbezogene Daten sind über standardisierte internetbasierte<br />

Schnittstellen verfügbar und abfragbar. Die relevanten<br />

Normen und Standards für Datenübertragungsformate und<br />

Schnittstellen sind genau spezifiziert. Sie werden von vielen<br />

Softwareherstellern implementiert und von vielen Organisationen<br />

in unterschiedlichsten Branchen eingesetzt. Unter<br />

Berücksichtigung des Raumbezugs vieler landwirtschaftlichen<br />

Daten, insbesondere der Daten für Precision Farming,<br />

haben diese Normen eine große Bedeutung für den Datenaustausch<br />

in der Landwirtschaft.<br />

Die meisten GDI-Initiativen des Bundes und der Länder<br />

sind hauptsächlich auf die Bereitstellung von Geobasisdaten<br />

wie topographische Karten und Luftbilder fokussiert – was<br />

Experten als „generische GDI“ bezeichnen. Obwohl solche<br />

Daten eine wichtige Informationsquelle für Landwirte darstellen,<br />

könnte ein noch größerer Gewinn für den Landwirt<br />

in der Automatisierung der landwirtschaftlichen Geschäftsprozesse<br />

bestehen.<br />

Dr. Görres Grenzdörffer<br />

Der studierte Geograph, Jahrgang 1968,<br />

hat seine Hochschulausbildung mit Schwerpunkt<br />

Fernerkundung und GIS absolviert.<br />

Grenzdörffer ist Wissenschaftler an der Universität<br />

Rostock und beschäftigt sich seit über 10<br />

Jahren mit dem Thema Precision Farming.


030 Titel<br />

Geodaten im Gesundheitswesen<br />

Karten für<br />

die Gesundheit<br />

<strong>Geoinformationssysteme</strong> (GIS) spielen eine immer größere Rolle: in der Raumplanung, der<br />

Verkehrslenkung oder auch in der Marktforschung. Im Gesundheitswesen kommen solche<br />

Anwendungen erst nach und nach zum Einsatz.<br />

Christian Günster<br />

Im Gesundheitswesen gibt es eine Vielzahl von Aufgaben,<br />

bei denen GIS-Instrumente Entscheidungshilfen wären,<br />

beispielsweise in der Krankenhausplanung oder der Organisation<br />

von Rettungsdiensten. Die zögerliche Verbreitung<br />

kann zum Teil darin begründet sein, dass gerade Daten über<br />

die Nachfrage von Gesundheitsleistungen bisher kaum in<br />

einen räumlichen Kontext gesetzt werden konnten. In der<br />

Vergangenheit lagen die notwendigen Informationen häufig<br />

schlicht nicht in auswertbarer Form vor. Zudem erfordert<br />

der Schutz der sensiblen Patientendaten eine aufwändige<br />

Datenlogistik. Mittlerweile sind Daten in großem Umfang<br />

verfügbar und die Datenprozesse handlebar.<br />

Einfache Fragen mit komplexem Hintergrund<br />

Wo ist die nächstgelegene Praxis eines Internisten? Wo das<br />

nächste Krankenhaus? Wo der nächste Kreißsaal mit der<br />

Möglichkeit zur Wassergeburt? Das sind klassische Fragen<br />

eines Patienten oder einer werdenden Mutter. Immer mehr<br />

Internetportale bieten Hilfestellung mit Suchmaschinen,<br />

Mapping-Diensten und Routenplanern. Grundlage sind<br />

Strukturdaten eines ausgefeilten Adressverzeichnisses, die<br />

um Geodaten ergänzt werden. Kommen Leistungsdaten<br />

hinzu, entsteht ein Datenpool, der für Patienten, Ärzte,<br />

Krankenhäuser und Krankenkassen gleichermaßen von Interesse<br />

ist. So lässt sich beantworten, welche Krankenhäuser<br />

in der Umgebung eine Mandel-OP durchführen und wie<br />

häufig sie dies tun. Für Schwangere kann es bei der Wahl<br />

einer Geburtsklinik von Bedeutung werden, wie sich die Kliniken<br />

einer Stadt im Anteil ihrer Kaiserschnittentbindungen<br />

unterscheiden.<br />

Grundlagen für die Bedarfsplanung<br />

Die AOK setzt seit Ende der 90er Jahre GIS ein. Dabei<br />

standen Themen der Versorgungsplanung im Vordergrund,<br />

primär das Rettungswesen und die Entwicklung von Ansätzen<br />

einer leistungsorientierten Krankenhausplanung.<br />

Seit einigen Jahren wird die so genannte Bedarfsplanung<br />

im ambulanten Sektor mit Geodaten analysiert. Dabei werden<br />

Versorgungsgrade von Facharztgruppen in einzelnen<br />

Landkreisen durch Flächenkarten visualisiert. So lässt sich<br />

erkennen, ob es regionale Häufungen überversorgter Kreise<br />

oder andererseits Gegenden mit zu wenigen Fachärzten gibt.<br />

Fehlallokationen in einem Nebeneinander von Unter- und<br />

Überversorgung sind ineffizient und kostspielig. Solche Geoanalysen<br />

fließen in die gesundheitspolitische Diskussion<br />

um einen befürchteten Fachärztemangel ein. Ein weiterer<br />

Aspekt ergab sich durch die Umstellung der Krankenhausfinanzierung<br />

auf diagnoseorientierte Fallpauschalen (DRGs).<br />

Allgemein wird eine weitere Konsolidierung des Krankenhausmarktes<br />

erwartet, beschleunigt durch das 2003 schrittweise<br />

eingeführte Vergütungssystem. Nach amerikanischem<br />

Vorbild könnten geographisch isoliert liegende Kliniken,<br />

so genannte „sole Provider“, eine Zusatzfinanzierung erhalten,<br />

um ihre Existenz aufgrund ihrer Bedeutung für die


031<br />

Gesundheitsversorgung einer Region zu sichern: für solche<br />

Kliniken sollen Zuschläge fließen. In einem Projekt mit der<br />

Universität Bonn wurde untersucht, wie sich mit GIS solche<br />

Krankenhäuser methodisch nachvollziehbar bestimmen<br />

lassen. Dabei werden Entfernungsradien um Krankenhausstandorte<br />

mit einem bestimmten Versorgungsangebot<br />

gezogen und deren Überdeckung mit Bezug auf Bevölkerungsstatistiken<br />

geprüft. In einem weiteren Projekt mit dem<br />

Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung wurde dieser<br />

Ansatz weiter verfeinert, indem die Luftlinienentfernungen<br />

durch Straßenkilometer ersetzt wurden.<br />

Daten werden zu Karten<br />

Seit 2005 bietet die AOK zwei Internetportale für die Recherche<br />

an: den AOK Krankenhaus-Navigator (www.aok.de)<br />

und das Klinik-Konsil (www.klinik-konsil.de). Im Krankenhaus-Navigator<br />

können Patienten nach Kliniken mit ausgewählten<br />

Leistungen suchen. Die Postleitzahl-basierte regionale<br />

Suche gibt Trefferlisten nach Entfernung zum Wohnort<br />

oder Behandlungshäufigkeit aus. Die Besonderheit des<br />

AOK-Portals besteht darin, dass die AOK-Fallzahlen der<br />

Kliniken je Behandlungsgruppe vollständig in aggregierter<br />

Form offengelegt sind. Die Kliniken werden dabei in Klassen<br />

nach der Häufigkeit von Eingriffen eingeteilt. Auf AOK-<br />

Versicherte entfallen knapp 40 Prozent aller Krankenhausleistungen.<br />

Umfangreiche Leistungsdaten von 26 Millionen<br />

Versicherten werden hier mit Geokoordinaten der 2.000<br />

Krankenhäuser kombiniert. Das Klinik-Konsil ermöglicht<br />

differenziertere Recherchen einzelner Krankheitsdiagnosen<br />

und Operationen. Dazu müssen Grundkenntnisse in den<br />

Schlüsselkatalogen für Diagnosen und Operationen vorhanden<br />

sein. Hauptzielgruppe des Klinik-Konsil sind Ärzte,<br />

die eine Krankenhauseinweisung ihres Patienten planen.<br />

Eine AOK-interne GIS-Anwendung steht den Mitarbeitern<br />

über das Intranet zur Verfügung. Das vom Wissenschaftlichen<br />

Institut der AOK (WIdO) entwickelte WIdO-<br />

GIS bereitet Abrechnungsdaten von Krankenhäusern in<br />

kartographischer Form auf. Ein Benchmarkingvergleich<br />

der 16 einzelnen AOKs kann als Kartendarstellung oder<br />

in tabellarischer Form abgerufen werden. Sachverhalte<br />

lassen sich visuell meist rascher erfassen. Umso sorgfältiger<br />

muss das Layout der Karten entworfen werden, um keine<br />

vorschnellen Urteile zu fördern. Case Manager nutzen die<br />

Krankenhauseinzugsstatistiken (Flächenkarten nach Postleitzahlbezirken),<br />

die zeigen, woher die Patienten eines<br />

Krankenhauses kommen genauso wie den entgegengesetzten<br />

Blickwinkel der Wanderungsanalysen (Standortkarten),<br />

die aufzeigen, welche Krankenhäuser von Patienten einer<br />

Wohnortregion aufgesucht werden. Ein Highlight sind die<br />

Verlegungsdiagramme mit Pfeildarstellungen von Verlegungen<br />

zwischen Krankenhäusern. Offenes oder „verdecktes“<br />

Zusammenarbeiten einzelner Krankenhäuser wird damit<br />

offensichtlich. Weiterhin werden epidemiologische und<br />

versorgungspolitische Sachverhalte für die medizinischen<br />

Grundsatzabteilungen der AOK aufbereitet. Welche regionalen<br />

Unterschiede zeigen sich beispielsweise im Einsatz laparoskopischer<br />

Verfahren bei Blinddarmoperationen? Welche<br />

Disparitäten bestehen dabei zwischen den Kliniken? Ein<br />

anderer Analyseansatz steht im Kontext der Zentralisierung<br />

von Leistungen durch die Vorgabe von Mindestmengen. Wo<br />

lassen sich elektive (planbare) Leistungen wohnortnah bündeln,<br />

um Effizienz und Behandlungsqualität zu steigern?<br />

Auch hier ist Open Source möglich<br />

Im Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) konzipiert,<br />

wurde das WIdO-GIS von einem externen Softwarehaus<br />

realisiert. Zur Kartenerzeugung wird der am häufigsten<br />

verwendete Open-Source-Kartenserver eingesetzt, der<br />

UMN MapServer (mapserver.gis.umn.edu und www.umnmapserver.de).<br />

Der UMN MapServer ist eine einfache, stabile<br />

und vor allem kostengünstige Lösung, um dynamische<br />

Karten im Intra- oder Internet bereit zu stellen. Der Map-<br />

Server ist eine CGI-basierte Anwendung um dynamische<br />

GIS-Funktionen über das Web durchzuführen. Die Software<br />

selbst ist in erster Linie ein Werkzeug zur Erstellung<br />

geographischer Bildkarten. Die Sachdaten liegen in einer<br />

Oracle-Datenbank. Zur Konfiguration der Auswertungen<br />

und deren Layout dient eine XML-Datei, die AOK-intern<br />

modifiziert werden kann. Die Geodatengrundlage wurde<br />

zugekauft.<br />

<strong>Geoinformationssysteme</strong>n bieten sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten<br />

im Gesundheitswesen: planerisch und<br />

analytisch, vom Case Management bis zur Bevölkerungsepidemiologie,<br />

im Controlling und bei Grundsatzfragen.<br />

GIS-Methoden sind immer dann nützlich, wenn versorgungsplanerische<br />

Entscheidungen mit räumlichem Bezug<br />

getroffen werden. Für eine optimierte und transparente<br />

Planung sind sie im Grunde unabdingbar.<br />

Christian Günster<br />

Der diplomierte Mathematiker, Jahrgang 1966,<br />

leitet den Forschungsbereich Integrierte<br />

Analysen im Wissenschaftlichen Institut der AOK<br />

(WIdO), wo er für die AOK <strong>Geoinformationssysteme</strong><br />

zur stationären Versorgung aufbaut.


032 Titel<br />

Interview Karola Bode<br />

c//mag: War vor 10 Jahren absehbar, welche Bedeutung<br />

das Thema „Navigation“ für die Automobilindustrie haben<br />

würde? Seit wann beschäftigen Sie sich mit dem Thema?<br />

Karola Bode: Vor einigen Jahren waren Navigationssysteme<br />

noch eine hochpreisige Angelegenheit, die nur für ausgewählte<br />

Fahrzeuge angeboten wurden. In den letzten Jahren<br />

haben eigentlich alle Fahrzeughersteller erkannt, welche<br />

Bedeutung das Thema Navigation hat. Doch Festeinbauten<br />

kosten den Kunden in der Regel immer noch mehr als 1.000<br />

Euro. Da kommt man ins Grübeln, ob sich die Investition<br />

lohnt. Diese hohen Kosten gaben wohl mit den Ausschlag,<br />

dass zunehmend portable Navigationssysteme angeboten<br />

wurden. Die sind kostengünstiger und können bequem von<br />

einem Auto ins nächste mitgenommen werden. Der Trend<br />

sind nun Navigationssysteme, die auf mobilen Endgeräten<br />

laufen. Das macht die Sache für Mobilfunkanbieter interessant.<br />

Seit einiger Zeit bietet O2 Handys mit integrierter<br />

Navigationslösung an. Somit müssen unsere Kunden keine<br />

zusätzlichen Geräte kaufen und können sogar zu Fuß oder<br />

mit dem Fahrrad ihre Navigationshilfe nutzen.<br />

den schneller und zielgerichtet bedient. O2 greift für diese<br />

Anwendungen auf erfahrene Lösungspartner zurück. Diese<br />

bringen langjährige Erfahrungen aus speziellen Branchen<br />

mit und haben die passende Softwarelösung. Somit erfindet<br />

O2 das Rad nicht neu, sondern kann seinen Kunden umfassend<br />

beraten.<br />

c//mag: Reichen die Bandbreiten der Mobilfunknetze für<br />

diese bzw. zukünftige Anwendungen überhaupt aus?<br />

Karola Bode: Für die aktuellen Anwendungen reichen<br />

die Bandbreiten von GPRS (General Packed Radio Service)<br />

in der Regel aus. Doch für zukünftige Anwendungen mit<br />

hochaufgelöster Grafik werden die Anwender wohl größere<br />

Bandbreiten benötigen und auf UMTS umsteigen.<br />

c//mag: Welche Rolle spielt die Ergonomie, die Usability<br />

von Oberflächen in den Navigationssystemen und worauf<br />

kommt es hier an?<br />

c//mag: Welche Rolle spielt das Mobiltelefon zukünftig bei<br />

Navigations- und Ortungslösungen?<br />

Karola Bode: Um das Satellitensignal empfangen zu<br />

können, benötigte man für die meisten mobilen Endgeräte<br />

bisher eine zusätzliche GPS (Global Positioning System,<br />

Ortung über Satellit) Mouse. Die werden über Bluetooth<br />

mit dem Endgerät gekoppelt. Alles drahtlos. Nun besteht<br />

die Herausforderung darin, die GPS-Funktion direkt im<br />

mobilen Endgerät zu integrieren. Und das ist keine ferne<br />

Zukunftsvision, sondern wird schon demnächst verfügbar<br />

sein. Vor einigen Jahren noch war eine Fotokamera in mobilen<br />

Endgeräten nur in einigen hochwertigen Endgeräten<br />

zu finden. Heute gehört die Kamera quasi zur Grundausstattung<br />

der Endgeräte. Ich sehe eine ähnliche Entwicklung<br />

auch im Bereich Navigation auf uns zukommen. Das<br />

Thema Navigation ist allerdings erst der Ausgangspunkt<br />

für Ortungslösungen, auf denen sich viele Anwendungen<br />

aufbauen lassen. Fragen wie: Wo finde ich die nächste<br />

Tankstelle, Pizzeria oder Apotheke werden uns in Zukunft<br />

unsere mobilen Geräte beantworten können. Im Geschäftskundenbereich<br />

interessieren sich unsere Kunden dagegen<br />

dafür, wo genau sich ihr Außendienst befindet. So können<br />

die Mitarbeiter optimal eingesetzt werden, die Kunden wer-<br />

Karola Bode war über 20 Jahre in der IT Branche in unterschiedlichen<br />

Vertriebs- und Marketing-Positionen tätig und<br />

kennt den deutschsprachigen Consumermarkt sowie das<br />

Geschäft im Mittelstand, Industrie und Großkunden aus<br />

dem ‚efef‘ (Marketingdirektor Commodore Deutschland,<br />

Geschäftsführerin Gateway 200, Leiterin Compaq Consumer<br />

Business/Hewlett Packard, Commercial Business).<br />

1958 in Hameln geboren, absolvierte sie eine Ausbildung<br />

über vier Semester als EDV-Fachwirt. Als Vice President<br />

O2 Business ist Karola Bode heute verantwortlich für die<br />

indirekte und direkte Vertriebsorganisation, Marketing und<br />

Customer Care des Mobilfunkanbieters und adressiert mit<br />

einer „end to end“-aufgestellten Geschäftseinheit das Segment<br />

der Geschäftskunden.


033<br />

Karola Bode: Wichtig ist vor allem, dass die Anwendung<br />

selbsterklärend ist. Heutzutage haben die Nutzer weder Zeit<br />

noch Lust, langatmige Bedienungsanleitungen zu studieren,<br />

um die Technik einsetzen zu können. Das gilt auch für Navigationssysteme.<br />

Das Zauberwort lautet hier „intuitiv“. Des<br />

Weiteren muss das Gerät auch mit einer Hand zu bedienen<br />

sein. Dafür eignen sich besonders Geräte mit großem Display<br />

und Touchscreen, wie z. B. der XDA neo.<br />

c//mag: Stichwort Location Based Services (LBS) – ein<br />

Thema für O2?<br />

Karola Bode: Klassische LBS, insbesondere für die Fahrzeugortung,<br />

werden immer mehr von GPS-basierten Lösungen<br />

verdrängt. Die Genauigkeit der netzwerkbasierten<br />

Ortung war einfach zu gering.<br />

Stellen Sie sich vor, Sie bekommen<br />

Positionsmeldungen, die teilweise<br />

bis zu ein paar Kilometern abweichen.<br />

Dieses Thema hat sich mit<br />

der GPS-Ortung erledigt: Hier<br />

wird auf den Meter genau festgestellt<br />

wo sich das Gerät befindet.<br />

Auf einer solchen Genauigkeit lassen sich weitere Services<br />

aufbauen. Ich glaube, der Startschuss für weitere Services<br />

besonders im Businessbereich ist damit gefallen.<br />

c//mag: Wie geht das technisch vor sich?<br />

Karola Bode: Technisch wird das Endgerät über GPS lokalisiert.<br />

Diese Standortinformation wird dann über das GSM/<br />

GPRS-Netz beispielsweise auf einen Server übertragen und<br />

steht dann dort weiteren Anwendungen zu Verfügung.<br />

c//mag: Mit wem arbeiten Sie hier zusammen?<br />

Karola Bode: Wir arbeiten im Bereich Navigation mit<br />

dem Marktführer TomTom zusammen. Für Businessanwendungen<br />

zum Thema Ortung und Außendienststeuerung<br />

arbeiten wir mit Spezialanbietern wie mobileObjects und<br />

WNS-Europe zusammen.<br />

c//mag: Stichwort Flottenmanagement: Sind die Hersteller<br />

mit den aktuellen Lösungen nicht schon „am Ende der Fahnenstange“<br />

dessen, was möglich ist?<br />

Karola Bode: Bisher mussten sich Anwender von Flottensteuerungssystemen<br />

die Lösung bei verschiedenen Anbietern<br />

zusammensuchen. Hardware, ein entsprechendes<br />

Portal, eine SIM-Karte mit dahinter stehendem GPRS-Netz<br />

werden dabei immer benöigt, evtl. noch eine Navigationslösung.<br />

Heute fordern die Nutzer aber mehr. Sie wollen die<br />

„Für die aktuellen Anwendungen reichen die<br />

Bandbreiten von GPRS (General Packed Radio<br />

Service) in der Regel aus. Doch für zukünftige<br />

Anwendungen mit hochauflösender Grafik werden<br />

die Anwender wohl größere Bandbreiten<br />

benötigen und auf UMTS umsteigen.“<br />

Lösung aus einer Hand bekommen. Momentan ist sehr viel<br />

Bewegung im Markt. Die Zukunft wird zeigen, wer sich mit<br />

den besten Lösungen durchsetzen kann.<br />

c//mag: Gibt es bereits Analyse-Tools für das Controlling,<br />

die logistische Optimierung?<br />

Karola Bode: Logistische Abläufe können beliebig durch<br />

solche Lösungen optimiert werden. Alle Fahrten der Fahrzeuge<br />

werden festgehalten und können beliebig ausgewertet<br />

werden. Die manuelle Fahrtenbuchführung beispielsweise<br />

ist damit überflüssig geworden. Sie können genau feststellen,<br />

welches Ihrer Fahrzeuge welche Stecken an welchen Tagen<br />

gefahren ist und anhand dessen Ihre Routen optimieren<br />

oder Schwachstellen in den Prozessen aufdecken. Das sich<br />

daraus ergebende Kosteneinsparungspotenzial<br />

ist dem Kunden<br />

sofort klar. Eine moderne Disposition<br />

ohne Flottensteuerungslösung<br />

ist kaum noch denkbar.<br />

c//mag: Werden Navigationslösungen<br />

durch zusätzliche Informationen<br />

„veredelt“, z. B. durch<br />

Staumeldungen oder den Bestand von Warenwirtschaftssystemen?<br />

Karola Bode: Die Themen Navigation und Flottensteuerung<br />

sind nicht mehr voneinander zu trennen. Klar ist, wenn<br />

ich feststelle, wo sich mein Außendienstmitarbeiter gerade<br />

befindet und ich ihm den nächsten Auftrag mit Zieladresse<br />

des Kunden sende, dass diese Adresse automatisch in sein<br />

Navigationssystem übernommen wird. Das Schlagwort<br />

End-to-end-Anwendung wird hier wirklich gelebt. Es gibt<br />

keinen Datenbruch mehr oder eine Adresseingabe per<br />

Hand. Verkehrsinformationen sind heute schon wesentlicher<br />

Bestandteil von guten Navigationslösungen.<br />

c//mag: In welche Segmente würden Sie den Markt der<br />

Navigationslösungen mit Geodaten einteilen?<br />

Karola Bode: Ganz klar sind alle Nutzer mit Fahrzeugen<br />

klassisch diejenigen, die Navigationslösungen brauchen und<br />

nutzen. Die Einfachheit in der Anwendung und die Kostenentwicklung<br />

der letzten Jahre weist aber deutlich auf einen<br />

großen Massenmarkt für Navigation hin. Businesskunden<br />

mit Fuhrpark sind prädestiniert für Navigations- und Flottensteuerungslösungen.<br />

Diese Themen werden aber auch<br />

für andere Unternehmen mit Fuhrpark sowie für private<br />

Anwendungen interessant. Die neuesten Endgeräte können<br />

auch Fußgängern das Leben erleichtern ...


034 Titel<br />

c//mag: ... On-Board und Off-Board ...<br />

Karola Bode: Wichtig ist die Unterscheidung in On-Board<br />

und Off-Board Navigation. On-board bedeutet, dass die<br />

komplette Software, also das Straßenkartenmaterial schon<br />

im Endgerät gespeichert ist. Bei der Off-Board Navigation<br />

dagegen lädt sich der Anwender<br />

immer das aktuelle Kartenmaterial<br />

online herunter, bei mobilen<br />

Endgeräten online über GPRS.<br />

Beide Lösungen haben ihre Vorund<br />

Nachteile. Im deutschen Markt konnten sich Off-Board<br />

Navigationssysteme bisher nur schwer behaupten. Die Unsicherheit,<br />

was eine Routenberechnung kostet, und die bislang<br />

unzureichende Benutzerfreundlichkeit schreckten viele<br />

ab. Vielleicht liegt die Wahrheit in der Mitte. Die Kombination<br />

aus integrierter Software und demAbruf von aktuellen<br />

Informationen und Updates online könnten zukunftsweisend<br />

sein. Die so genannten Hybrid-Lösungen integrieren<br />

die Vorteile beider Lösungsalternativen. Ein netter Zufall,<br />

dass das Thema Hybrid auch in der Antriebstechnik von<br />

Fahrzeugen ein zukunftsweisendes Thema ist.<br />

„Die Kombination aus integrierter Software und<br />

dem Abruf von aktuellen Informationen und Updates<br />

online könnte zukunftsweisend sein.“<br />

c//mag: Welche Trends in der Software-Entwicklung für<br />

Navigationssysteme gibt es?<br />

Karola Bode: Wir haben festgestellt, dass die Nachfrage<br />

nach mobilen Geräten in allen Bereichen des täglichen<br />

Lebens stetig wächst. Als Anbieter von mobilen Diensten<br />

im Sprach- und Datenbereich<br />

wird daher auch das Thema Navigation<br />

an Bedeutung gewinnen.<br />

Der Nutzer möchte nicht viele<br />

verschiedene Geräte mit sich herumtragen.<br />

Wenn er ein mobiles Endgerät z. B. für Sprache,<br />

E-Mail, Internet und Navigation haben kann, warum sollte<br />

er sich noch weitere anschaffen?<br />

c//mag: Ihr Tipp für die Entwicklung des Marktes?<br />

Karola Bode: Wir rechnen damit, dass das Thema Navigation<br />

die nächsten Jahre erheblich an Bedeutung gewinnen<br />

wird. Navigation auf mobilen Engeräten wird dabei unserer<br />

Ansicht nach am stärksten wachsen. Diese Prognosen bieten<br />

gute Möglichkeiten sowohl für Mobilfunkanbieter als auch<br />

Anbieter von Navigationslösungen und Content.


035<br />

Nie mehr verlaufen<br />

Ab 2011 wird Galileo punkten. Während GPS ein militärisches System<br />

war und ist, bietet das europäische Gemeinschaftsprojekt als kommerzielles<br />

System eine bislang nicht gekannte Zuverlässigkeit. Mit 30 Satelliten, die<br />

in einem günstigen Winkel zum Äquator stehen, wird selbst die Ortung<br />

in Häuserschluchten metergenau sein. Andere Ortungstechnologien werden<br />

damit aber nicht automatisch überflüssig. Ob nun Handyzellen (bis<br />

100 Meter), GPS (50-15 Meter), EGNOSS und Galileo (bis 1 Meter) oder<br />

WLAN – Technologien werden nicht ersetzt, sondern kombiniert. Das<br />

entsprechende Schlagwort heißt „Seamless Localization and Communication“.<br />

Der Anwender will nur die optimale Navigation und Orientierung<br />

an jedem Ort – egal ob ein Mobilfunkempfang oder ein Satellitensignal<br />

verfügbar ist.<br />

Die Anwendungen im entstehenden Markt für Global Navigation Satellite<br />

Systems (GNSS) zeigen, wohin die Reise geht. Interoperabilität von <strong>Geoinformationssysteme</strong>n<br />

(GIS) und -daten sowie die Konvergenz der Technologien<br />

sind der Schlüssel zum Milliardenmarkt. Erfreulicherweise sind diesmal<br />

deutsche Firmen ganz vorn mit dabei. Nur ein Beispiel ist die Lösung<br />

zur Übersee-Containerverfolgung eines Spinoffs des Anwenderzentrums:<br />

Eine Kombination aus Satellitenkommunikation, Mobilfunkkommunikation,<br />

RFID und GPS ermöglicht die genaue Lokalisierung der Schiffscontainer<br />

einschließlich Identifikation auf einer Atlantiküberquerung. Eine<br />

Lösung mit hohem Integrationsgrad wie diese wird in Zukunft aus einer<br />

Kombination von SatCom, Mobilfunk, WLAN sowie Lokalisierungstechnologien<br />

wie Galileo, GPS, Glonass und Nahfeldortung über RFID oder<br />

WLAN bestehen.<br />

Mit Galileo werden nicht nur kommerzielle B2B-Navigations-, Trackingund<br />

Ortungsanwendungen einen kräftigen Schub erhalten, sondern<br />

insbesondere der B2C-Bereich und die Fußgängernavigation. Und damit<br />

Location Based Services (LBS) wiederbeleben.<br />

Während vor allem Receiver- und Chip-Hersteller den Takt im Markt<br />

vorgeben, gibt es einen natürlichen Bremser: die Erde. Zu einer hochgenauen<br />

Lokalisierung gehört ein entsprechendes Kartenmaterial. Solange<br />

dieses über die Landesgrenzen hinweg nicht zusammenpasst, nützt die<br />

schönste Ortung nichts. Denn „Ortung“ bedeutet noch lange nicht „Navigation“.<br />

Die Interoperabilität von <strong>Geoinformationssysteme</strong>n wird aus<br />

diesem Grund zukünftig ein ganz besonderer Schlüssel für die Nutzung<br />

von GNSS-Technologien sein.<br />

Hier gibt es in Deutschland einiges: Etwa den „Runden Tisch GIS“ in<br />

München, der sich mit der Interoperabilität nach den Richtlinien des Open<br />

Geospatial Consortiums (OGC) befasst und auf dieser Basis eine international<br />

einmalige OGC-Testplattform realisiert hat. Und nicht zuletzt findet<br />

sich das Thema verstärkt auf den IT-Messen wieder.<br />

Christian Stammel<br />

Business Development, Anwendungszentrum GmbH


037<br />

Sag mir, wo die Läden sind ...<br />

Die Zlteren unter uns kennen ihn, den Laden und „Tante Emma“ um die<br />

Ecke. In der Auslage lauter Verpackungen, die daran erinnerten, wie wir als<br />

Kinder Kaufmannsladen gespielt haben. Drinnen gab es noch leibhaftige<br />

Menschen statt eines digitalen Avatars: Die Kundenbetreuung war noch<br />

nicht in den Untiefen der CRM-Systeme versenkt. Und für die Begrüßung<br />

brauchte der Kundenbetreuer keine CTI-Lösung mit Rufnummernerkennung,<br />

sondern nur sein Gedächtnis. Ach ja, dahin ...<br />

Bücher, auch so ein Fall. Was konnte es Schöneres geben, als bei dem<br />

Schild „Modernes Antiquariat“ seine Zeit zu verbummeln? Vorn an der<br />

Kasse oder in dem mit Büchern zugewachsenen Arbeitszimmer eine geschäftige<br />

Buchhändlerin. Heute ist der Buchhandel von der Dauerkrise<br />

zermürbt. Eine weitere Übernahme steht ins Haus. Gerade haben Weltbild<br />

und Hugendubel ihr Filialgeschäft in einem Joint Venture gebündelt. Insgesamt<br />

451 Filialen. Und die E-Books sind noch nicht wirklich ins Rollen<br />

gekommen ...<br />

Wo das Buch erst noch hinkommen wird, ist die Software schon angekommen:<br />

im Netz. 2010, so die Marktforscher von PricewaterhouseCoopers<br />

(PWC), erreicht der weltweite Medien- und Entertainment-Markt ein<br />

Volumen von 1,8 Billionen US-Dollar. Die Analysten aus Frankfurt erwarten,<br />

dass nicht nur elektronische Vertriebsformen von Software, sondern<br />

auch von Unterhaltungscontent, darunter Musik, Filme und Spiele, den<br />

physischen Vertriebswegen zunehmend das Wasser abgraben werden: 2005<br />

habe der weltweite Online-Umsatz 19 Mrd. US-Dollar betragen, 2010 soll<br />

das Marktvolumen 67 Mrd. US-Dollar erreichen. Wo werden da die Läden<br />

bleiben ...<br />

In die genau wollten wir für die neue Ausgabe unserer Galerie. Um uns<br />

nach Software umzusehen und um zu fotografieren. Mediamarkt: Zutritt<br />

verweigert. Wer ist hier jetzt blöd? Ich? Saturn: „Ohne Dreh- und Fotografiergenehmigung<br />

dürfen wir Sie im Haus nicht fotografieren lassen.“ Die<br />

Anmeldung über die Pressestelle: zu kurzfristig und ergebnislos. Dieser<br />

Geiz ist ganz besonders geil: Absage per E-Mail, Telefonkosten gespart.<br />

Anders die kleinen Läden. Size matters: Je kleiner, desto freundlicher. Da<br />

sind sie wieder: die randvoll gestellten Regale. Die Stapelhaufen, die einem<br />

den Weg verstellen. Die Sonderangebote auf der Kassentheke: 5 Euro für<br />

ein deutschlandweites Telefonbuch und über 100.000 Stadtpläne.<br />

Ab in den Warenkorb! Wollen Sie wirklich bestellen? Ja! Wie möchten<br />

Sie bezahlen? Bar! Hier! Jetzt! Ohne erst meine Adresse und meine Bankverbindung<br />

eintippen zu müssen. Was, kein ‚Click&Buy‘, sondern ‚PayPal‘?<br />

Hab ich nicht. Erst anmelden. Du meine Güte, ich will doch nur etwas kaufen.<br />

Wieso liegt das Anti-Virus-Kit jetzt zweimal im Warenkorb? Zurück,<br />

Eingabe löschen. Himmel Herrgott. Ich komme hier noch völlig durcheinander.<br />

Ich brauche definitiv mehr Real Word Awareness.<br />

Redaktion c//mag


038<br />

Mit anonymen Internetdingens mit Warenkorb<br />

kann ich ja nix anfangen. Ich<br />

brauch immer den Laden, wo ich fragen<br />

kann. Beratung. Und wenn es so aussieht<br />

wie im Buchladen, umso besser. Hier,<br />

da steht ja noch so ein echter Regalhocker.<br />

Wie bei Büchern, ist aber alles<br />

Software. Ob es hier auch Krimis gibt?


Brauchen tu ich eigentlich ... doch<br />

... Buchhaltung ist immer ein Thema.<br />

Quicken, kenn ich, ist glaub ich ganz<br />

gut. Eigentlich hab ich aber auf Buchhaltung<br />

ja keine Lust. Hier, Fotos<br />

scannen und Etiketten drucken, kann<br />

ich bestimmt mal brauchen. Digitales<br />

Fotoalbum und so.<br />

039


040<br />

D-Info sowieso. 5 Euro, ein echtes<br />

Schnäppchen! Hab ich nach 10 Telefonnummern<br />

wieder drin. Stadtpläne sind<br />

auch dabei. Gebongt. Und den PDF-<br />

Schreiber ... brauch ich glaub ich ...<br />

eher nicht. Geht ja auch so, aus jedem<br />

Programm PDFs rausschreiben, oder?


Sicherheit, das ist natürlich immer<br />

gut. Kann jeder gar nicht hoch genug<br />

hängen, das Thema. Wahrscheinlich hängt<br />

die Box deshalb unter der Decke. Also,<br />

Sicherheit, die nehm ich. Firewalls kenn<br />

ich bisher nur aus Katastrophenfilmen.<br />

Da kann jederzeit was passieren. Super.<br />

Hier, kenn ich. Kann man DVDs mit kopieren.<br />

Klar, nur Privatkopie. Brennen soll<br />

aber auch Spaß machen, oder? Oder ich<br />

bring den Kindern Ice Age 2 mit.<br />

Mal sehen.<br />

041


042 Schwerpunkt<br />

Lesen am Bildschirm<br />

Anders lesen<br />

Elektronische Texte mit Hyperlinks verändern das Leseverhalten. Wer am<br />

Bildschirm liest, bahnt sich mit einem individuellen Lesepfad seinen Weg<br />

durch den Text. Dabei sind „Cybertexte“ nicht unbedingt neu.<br />

Berbeli Wanning<br />

Literatur in elektronischer Form nimmt einen festen Platz<br />

in unserer Medienwelt ein. Die Grenzen zwischen Text und<br />

Bild, zwischen Lektüre und Spiel lösen sich hier allmählich<br />

auf. Die herkömmliche Erfahrung des Lesens, die wir im<br />

Umgang mit Büchern gesammelt haben, verändert sich dadurch.<br />

Welche Kompetenzen brauchen wir, um uns in dem<br />

elektronischen Medium zurechtzufinden, um mit Freude<br />

darin zu lesen? Mit diesen Fragen beschäftigen sich die Leseund<br />

Rezeptionsforschung und die Vermittlungswissenschaft<br />

(Didaktik) der Sprache und Literatur. Antworten zu finden,<br />

Perspektiven zu entwickeln und Kompetenzen zu stärken<br />

sind die erklärten Ziele entsprechender Untersuchungen.<br />

Der andere Text<br />

Worum geht es? Literarische Texte im Internet unterscheiden<br />

sich von denen im Buch veröffentlichten durch andere<br />

Lektürewege und durch ein gewandeltes Autor-Leser-Text-<br />

Verhältnis. Dies stellt eine Herausforderung des Lesevermögens<br />

dar. Wer die übliche, am gedruckten Medium orientierte<br />

Lesesozialisation erfahren hat, muss nun umdenken.<br />

Lesen in seiner „Papierform“ verlangt nur einen minimalen<br />

motorischen Aufwand (Umblättern der Seiten) und erlaubt<br />

eine von äußerer Wahrnehmung weitgehend abgeschottete<br />

Konzentration auf innere Vorstellungen und Bilder. Das eigentliche<br />

Lesen findet im Kopf statt.<br />

Hingegen unterscheiden sich literarische Texte in elektronischer<br />

Form, auch Hyperfiction genannt, von herkömmlichen<br />

vor allem dadurch, dass sie Links enthalten, von denen<br />

aus auf andere Texte, aber auch auf Bilder, Videos und Tonelemente,<br />

zugegriffen werden kann. Die Beziehung zwischen<br />

dem ursprünglichen Text und den durch die Links eröffneten<br />

Möglichkeiten wird als Linksemantik bezeichnet, weil<br />

hier eine zusätzliche Bedeutungsstruktur installiert wird,<br />

die der Text in Buchform nicht haben kann. Die Lektüre der<br />

Hyperfiction erfordert daher andere Wahrnehmungs- und<br />

Selektionshandlungen. Die gegenüber dem üblichen Lesen<br />

erhöhte körperliche Aktivität (aufrechte Sitzhaltung, meist<br />

am Tisch, erforderlich; Mouseklick, Tastatur im Blick) beeinflusst<br />

den Konzentrationsprozess auf den Inhalt des Gelesenen.<br />

Sie kann als Störung der kreativen Kontemplation<br />

empfunden werden. Wer Hyperfiction lesend verstehen will,<br />

muss Entscheidungen treffen, wie die Linksemantik als zusätzliche<br />

Verstehensebene in den Lektüreprozess integriert<br />

werden soll. Hypertext-Lektüre ist also eine bewegte Performance<br />

im virtuellen Raum – das genaue Gegenmodell zur<br />

gewohnten Rezeption literarischer Texte durch stilles Lesen.


043<br />

Lesetechnik im Mittelpunkt des Interesses<br />

Viele Studien zum Thema Hyperfiction beschäftigen sich<br />

mit den Rezeptionsprozessen dieser neuen Literaturform,<br />

richten ihr Interesse aber vor allem auf die Techniken des Lesens.<br />

Kaum jemand stellt die Frage, ob Hyperfiction-Lektüre<br />

Spaß machen kann, ob sie fasziniert. Das Thema Leselust,<br />

im Kontext der Buchlektüre ausgiebig untersucht, bleibt in<br />

der Hyperfiction-Debatte oft außen vor. Das Lustprinzip<br />

als wichtige Motivation, sich mit Literatur zu beschäftigen,<br />

steht in einem engen Zusammenhang mit dem Spieltrieb.<br />

Hyperfiction-Lektüre kommt dem entgegen, denn der<br />

Übergang zum Spielerischen ist hier fließend. Dennoch<br />

geben sich nur wenige als begeisterte Hyperfiction-Leser<br />

zu erkennen, sie haben keine Community außerhalb des<br />

Netzes, während der Markt für wie gewohnt publizierte Belletristik<br />

boomt und die Feuilletons von Leseempfehlungen<br />

und Rezensionen schier überquellen. Warum gibt es diese<br />

Unterschiede?<br />

Ein Grund mag sein, dass das Lesen und Verstehen literarischer<br />

Texte im Internet besondere Kompetenzen voraussetzt,<br />

die mit der Struktur des Mediums zusammenhängen.<br />

Sie sind freilich erlernbar, aber eben für die meisten von uns<br />

ungewohnt. In der neuen Art der digitalen Textorganisation<br />

sind die einzelnen Textfragmente durch Links miteinander<br />

verbunden, aber nicht-sequentiell geschrieben. Bereits<br />

seit Mitte der 60er Jahre ist dafür der Begriff Hypertext<br />

gebräuchlich, von dem sich Hyperfiction als Bezeichnung<br />

nicht-sequentieller Texte literarischen Inhalts ableitet.<br />

Leser müssen nun eigene Lesestränge festlegen und sind<br />

nicht mehr zwingend – wie im Buch – an die vom Autor<br />

festgelegte Ordnung gebunden. Es gibt den Text nicht mehr<br />

als fertiges Produkt. An dessen Stelle tritt die „dynamische<br />

Perspektive des Textlesens“, also ein Prozess. Wie findet man<br />

sich darin zurecht?<br />

Der „individuelle Lesepfad“<br />

Die Rezeptionsforschung hat dazu das einprägsame Bild<br />

des Pfades geschaffen: Um einen hyperfiktionalen Text zu<br />

lesen, muss ein individueller Lesepfad angelegt werden. Anderenfalls<br />

ist die Gefahr groß, sich in der vielfältig vernetzten<br />

Struktur (Rhizom) der Hyperfiction zu verlieren und<br />

gar nichts mehr zu verstehen. Damit wäre natürlich jede<br />

Freude an der Lektüre verdorben. Das Legen eines Pfades<br />

ist also die notwendige Bedingung für eine nutzbringende,<br />

Spaß machende Rezeption. Er führt sicher durch das Labyrinth<br />

möglicher Deutungen und kann dank der Retracing-<br />

Funktion z. B. der WWW-Browser zurückverfolgt werden.<br />

Wir brauchen den Pfad, weil es keine „gültige“ Lesart mit<br />

vorgegebener Reihenfolge mehr gibt. Die gesondert begehbaren<br />

Lesepfade definieren Ausgangspunkte individuell,<br />

bestimmen den Anfang einer Geschichte ebenso wie das<br />

Ende nach den Wünschen des Lesers, der jetzt viele neue<br />

Möglichkeiten hat: Er kann den Ausgangspunkt fixieren<br />

und zu ihm zurückzukehren, um den Text kreisförmig zu<br />

erschließen. Er kann auch einzelne Wege verbinden oder<br />

diese ins Leere laufen lassen, er kann dem Text entfliehen<br />

oder in einen anderen springen. Der Möglichkeiten gibt es<br />

viele, aber wie behält man den Überblick? Dieser wird normalerweise<br />

durch inhaltliche Kohärenz, d. h. durch einen<br />

sinnvollen Textzusammenhang gewährleistet. Weil dieser<br />

bei der Hyperfiction-Lektüre nicht mehr vorgegeben ist,<br />

muss er im Verlauf des Leseprozesses hergestellt werden.<br />

Schwierigkeiten mit dem neuen Medium<br />

Dabei stößt der Leser auf Schwierigkeiten, die aus dem<br />

Medium selbst erwachsen. Die materielle Form des Textes<br />

ist nicht verlässlich. Dieser kann auf einer nicht wahrnehmbaren<br />

Ebene Informationen enthalten, die z. B. der Autor in<br />

der Programmierung versteckt hat und die unerkennbar den


044 Schwerpunkt<br />

Leseprozess beeinflussen, wenn nicht gar steuern. Der jeweils<br />

sichtbare literarische Text ist im Prinzip so rezipierbar wie<br />

der herkömmliche auch. Da aber digitale Texte Scriptons<br />

(Zeichenstränge, wie sie sich dem Leser präsentieren, wenn<br />

er sie aufruft) und Textons (Zeichenstränge, wie sie im Text<br />

existieren, weil der Autor sie festgelegt hat) enthalten, die<br />

nicht immer zugleich sichtbar sind, wird es kompliziert. Im<br />

traditionellen Text fallen Textons und Scriptons zusammen<br />

und werden nicht unterschieden. In Hypertexten hingegen<br />

werden weder alle vorhandenen Textons aufgerufen noch<br />

hat man einen Überblick, wie viele und welche existieren.<br />

Erst durch den Leseakt kommt ein Teil davon als Scriptons<br />

an die Oberfläche. Im Zusammenwirken dieser beiden Seiten<br />

verändert sich der sichtbare Text auch materialiter. Die<br />

entstandene Gestalt des Textes ist die Basis der Interpretation,<br />

die der Leser dann vornimmt. Lesen in diesem medialen<br />

Kontext ist mithin ein interaktiver Prozess. Es ist wie beim<br />

Laufen auf einem schwimmenden Schiff im Unterschied<br />

zum Laufen an Land: Man kommt voran, aber schwankend.<br />

Und man weiß, dass der Grund nicht wirklich fest ist.<br />

Was kann der Leser tun?<br />

Um im Bild zu bleiben: Was kann der Leser tun, damit<br />

er nicht „seekrank“ wird? Jeder literarische Text regt die<br />

Imagination an und hinterlässt eine prägende Spur im<br />

Gedächtnis. Diese wirkt bei der Lektüre auf seine Entscheidung<br />

ein, wie mit dem Text zu verfahren ist. Klicken oder<br />

weiterlesen? Ein Bild anschauen oder in einen ganz anderen<br />

Text springen? Links sind immer eingebunden, selbst wenn<br />

sie ignoriert werden. Bisher ist nicht hinreichend erforscht,<br />

welche Gründe den Leser hauptsächlich veranlassen, einem<br />

Link zu folgen oder beim ursprünglichen Text zu bleiben.<br />

Liegen sie in einer überkommenen Erwartungshaltung an<br />

Texte? Oder siegt die Neugier auf das Unbekannte? Ist es die<br />

Freude an den spielerischen Möglichkeiten? Oder erfolgt<br />

bald der frustrierte Abbruch des Lesens wegen Überforderung?<br />

Begründete und nachvollziehbare Antworten auf<br />

diese Fragen wären hilfreich für Hypertext-Autoren gleich<br />

welcher Art, vom Dichter bis zum Werbetexter. Ein „Goethe<br />

der Hyperfiction“, der bei höchstem ästhetischen Anspruch<br />

seine Leser auch noch unterhält, existiert bisher nicht.<br />

Ein literarischer Text verlangt nach Interpretation, worunter<br />

im Allgemeinen die individuelle Reorganisation seiner<br />

Bedeutung verstanden wird. Der Gewinn und die Lust, die<br />

der Literatur Lesende aus seinem Tun zieht, ist eine veränderte<br />

Sicht auf die Welt, eine neue Perspektive. Er erhält<br />

vom Text ein Deutungsangebot, das er mit der Interpretation<br />

realisiert. Bei der Lektüre von Hyperfiction muss er<br />

allerdings zusätzlich das Textmaterial reorganisieren. Diese<br />

zweite Ebene gilt als interpretatorische Interaktion im engeren<br />

Sinne. Interaktion meint hier, dass durch den Leser die<br />

Bedeutung des Textmaterials real verändert wird.<br />

Cybertext – mehr als Interaktion<br />

Nun hat sich der Begriff Interaktion bzw. Interaktivität im<br />

Zusammenhang mit neuen Medien so sehr abgenutzt, dass<br />

er zur Beschreibung des komplexen Rezeptionsprozesses<br />

nicht mehr ausreicht. Der Theoretiker Espen Aarseth schuf<br />

das Kunstwort Cybertext, womit er Texte charakterisiert, die<br />

dynamische Strategien verfolgen. Er findet entsprechende<br />

Beispiele bereits in der Antike. Es gibt sie also nicht erst<br />

seit dem Computerzeitalter, aber nachdem Cybertexte in<br />

das elektronische Medium eingezogen sind, haben sich<br />

ihre Dynamisierungsmöglichkeiten vervielfältigt. Von den<br />

Lesern wird nun eine entsprechende dynamische Rezeptionsstrategie<br />

verlangt. Sinnkonstituierendes Lesen, an sich<br />

ein innerpsychischer Vorgang, muss zugleich physisch in die<br />

Außenwelt übertragen werden. Durch Aktivieren der Links<br />

– wird materialiter ein Text geschaffen, der seine Existenz<br />

der jeweiligen Lesestrategie verdankt.<br />

Zum besseren Verständnis dieser Vorgänge hat Espen<br />

Aarseth zwei Konzepte entwickelt, die er theoretisch strikt<br />

getrennt hält: Er unterscheidet die Mehrdeutigkeit, die jeden<br />

literarischen Text kennzeichnet, von einer materiellen<br />

Mehrförmigkeit, die konstitutives Merkmal der Cybertexte<br />

ist. Literarische Cybertexte haben beide Kennzeichen, sie<br />

sind mehrdeutig und mehrförmig. Mit anderen Worten:<br />

Während des Leseprozesses wird der elektronische Cybertext<br />

zugleich rezipiert und konstruiert. Dies bedeutet, dass<br />

der Text erst beim Lesen entsteht.<br />

Interessensausgleich bei der Linksemantik<br />

Wenn wir diesen Leseprozess genauer verstehen wollen,<br />

dürfen wir die Aktivierung einzelner Links nicht isoliert<br />

betrachten. Sie sind strukturell nicht nur mit der materiellen<br />

Textkonstitution verknüpft, sondern auch mit der<br />

Bedeutungsebene der Interpretation. So wird der Leser eine<br />

individuelle Entscheidung treffen, aber in diese seine erlernte<br />

Erwartungshaltung im Umgang mit Literatur einfließen<br />

lassen. Es gibt also einen interessegeleiteten Einfluss der Interpretationsebene<br />

eines Textes auf die Linksemantik. Zwar<br />

sind die Linkmöglichkeiten vorgegeben, ob ein Link jedoch<br />

aktiviert oder nicht, bleibt dem Leser überlassen. Dessen<br />

Entscheidung ist wiederum abhängig von der Inhaltsebene<br />

bzw. der Bedeutung, die der Leser dem Inhalt zuweist.


Susanne Berkenheger, Autorin prämierter Hyperfiction, ist<br />

überzeugt, dass von Hyperfiction eine starke Leseerfahrung<br />

ausgeht, weil sie dem Leser eine besondere Welt bietet, in die<br />

hinein er sich fallen lassen kann. Die Sogwirkung des Lesens<br />

von Hyperfiction besteht darin, dass der Leser konkret zum<br />

Mitspieler wird. Dadurch kann er sich viel stärker als bei der<br />

Buchform mit dem Text, seiner Handlung, seinen Figuren<br />

identifizieren. Susanne Berkenheger fordert: „Hyperfiction<br />

müsste dem Leser ermöglichen, dass er permanent und<br />

ohne Anstrengung zwischen Zuschauerraum (seiner Rolle<br />

als Leser) und Bühne (der Rolle des Mitspielers) hin- und<br />

herspringt, und es müsste natürlich Leser geben, die das mögen<br />

und auch können, weil sie Übung drin haben. Das hat<br />

aber im Moment kein Mensch, der Autor auch nicht.“ Die<br />

tatsächliche Komplexität dieses doppelten Konstitutionsund<br />

Rezeptionsprozesses wird hier direkt angesprochen,<br />

ist aber in der Praxis kaum erforscht. Eine entsprechende<br />

Datensammlung, Fallanalyse und Theoriebildung wäre vor<br />

allem mit Blick auf die junge Generation erforderlich: Sie<br />

wird ohne Hypertext-Lesekompetenz nicht auskommen.<br />

Der Umgang mit Hypertext wird Standard<br />

Rezeptionsforschung ist wichtig. Der angemessene Umgang<br />

mit Hypertexten wird zukünftig eine Standardanforderung<br />

sein. Dies setzt eine entsprechende Erweiterung der<br />

Lesekompetenz voraus, um die es – wie die PISA-Studien<br />

gezeigt haben – in Deutschland nicht zum Besten steht.<br />

Immer mehr der für Alltag, Berufsleben oder Unterhaltung<br />

erforderlichen Texte liegen auch oder sogar ausschließlich in<br />

hypertextueller Form vor. Hinzu kommt eine entsprechende<br />

Veränderung unserer kulturellen Gewohnheiten durch den<br />

Medienwandel. Doch sind wir – individuell und als Gesellschaft<br />

– mit unseren Kernkompetenzen schon hinreichend<br />

darauf vorbereitet? Es geht nicht nur um die technische<br />

Versiertheit allein, sondern auch um Vertrautheit mit dieser<br />

Form der Literatur bzw. der Texte. Wenn wir hierzu neue<br />

Konzepte entwickeln, was dringend geboten scheint, sollten<br />

sie an den Anforderungen der Zukunft gemessen werden.<br />

Prof. Dr. Berbeli Wanning<br />

Die studierte Philologin, Jahrgang 1959,<br />

promovierte mit einer Arbeit zur Kunstphilosophie<br />

Schellings. An der Pädagogischen Hochschule<br />

Ludwigsburg lehrt Berbeli Wanning<br />

neuere deutsche Literatur und deren Didaktik.


046 Schwerpunkt<br />

DMS EXPO 2006 in Köln<br />

Kukkstu in<br />

Essen Köln<br />

In diesem Jahr wird ECM eines der wichtigsten Themen auf der DMS EXPO sein. Erstmals in<br />

Köln ausgerichtet, dreht sich alles um Technologien, die geschäftliche und organisatorische<br />

Prozesse rationalisieren, optimieren und beschleunigen.<br />

Nicole Körber<br />

Mit dem Wechsel vom bisherigen Messestandort Essen<br />

nach Köln spricht die Koelnmesse GmbH, seit 2005 Veranstalter<br />

der DMS EXPO, weniger von alten als vielmehr<br />

von den neuen Zielen: So wolle der Veranstalter 2006 das<br />

positive Ergebnis von 2005 weiter steigern und neue Besucherpotenziale<br />

erschließen. Das solle unter anderem durch<br />

die gezielte Ansprache von mittelständischen Unternehmen<br />

und bessere Zusammenarbeit mit der IHK erreicht werden.<br />

Fachbesucher haben über das neue Internet-Tool „Business<br />

Matchmaking“ die Möglichkeit, bereits vor der Messe mit<br />

den Ausstellern der DMS in Kontakt zu treten und Termine<br />

zu vereinbaren.<br />

Zudem verbessert der Veranstalter die Attraktivität der Messe<br />

für Aussteller und Besucher durch organisatorische Maßnahmen.<br />

Mit der neuen, schnelleren Besucherregistrierung<br />

will die Koelnmesse GmbH Warteschlangen am Eingang<br />

vermeiden. Des Weiteren sind kostenlose Besucherführungen<br />

geplant. Die gesamte Messe ist anders als in Essen in<br />

einer einzigen großen Halle untergebracht. Der Besucher<br />

findet damit alle bedeutenden nationalen und internationalen<br />

Anbieter der Branche, 370 haben sich angemeldet, unter<br />

einem Dach.<br />

Posteingang und Storage im Fokus<br />

Zu den wichtigen Themen in diesem Jahr zählen neben<br />

Enterprise-Content-Management (ECM) wieder die elektronische<br />

Postbearbeitung und Speichertechnologien. In<br />

Zusammenarbeit mit dem VOI (Verband Organisationsund<br />

Informationssysteme e.V.) gibt es die Neuauflage<br />

des Showcase „Digitale Postbearbeitung“. Messebesucher<br />

erleben dort live, wie in einem Beispielunternehmen eingehende<br />

Dokumente ihren Weg vom Posteingang bis zur<br />

Archivierung durchlaufen. Die stärkere Beachtung der<br />

Speichertechnologien im Rahmen des neuen DMS-Storage-<br />

Forums zeigt die Bedeutung des Themas und reflektiert das<br />

wachsende Engagement der Ausstellern. IBM widmet diesem<br />

Bereich erstmalig eine separate Standfläche.<br />

Best Practice Panels mit vertiefenden Informationen<br />

Zu den Besonderheiten der DMS EXPO zählen seit jeher<br />

die Begleitveranstaltungen, die den Besuchern umfangreiche<br />

Informationen zu dem Thema DMS im Allgemeinen<br />

und spezifische Informationen zu Fachthemen bieten. Die


047<br />

Das VOI-Forum der letztjährigen DMS EXPO in Essen.<br />

Koelnmesse hält an dieser Tradition mit Vorträgen, Podiumsdiskussionen<br />

sowie Anwendungs- und Praxisbeispielen<br />

fest. Interessant die „Best Practice Panels“, moderiert vom<br />

Branchenkenner Dr. Ulrich Kampffmeyer. Sie beschäftigen<br />

sich mit Enterprise-Content- und Business-Process-Management.<br />

Das VOI-Forum der DSM EXPO wird direkt in der<br />

Messehalle stattfinden und ist für alle Messebesucher frei<br />

zugänglich. Für die inhaltliche Gestaltung sorgt der VOI, der<br />

ideelle Träger der DMS EXPO und Wegbereiter der Branche.<br />

Die Vorträge des Forums bedienen Themen ausgehend<br />

von hochwertigen Basics über Informationsmanagement,<br />

Markt- und Technologietrends bis hin zu praktischen Anleitungen<br />

zur Systemeinführung.<br />

Kompaktes Informationsangebot<br />

Neues Besucherpotenzial verspricht sich der Veranstalter<br />

von der Fachkonferenz „Xplor vor Ort“, die erstmals in<br />

diesem Jahr parallel zur DMS EXPO im Congress-Zentrum<br />

Nord stattfindet. Xplor ist der Verband für Entwickler und<br />

Anwender von Hochleistungs-Dokumenten-Systemen, in<br />

dem mehr als 1.500 Organisationen mit rund 3.000 Mitgliedern<br />

zusammengeschlossen sind. Thema der Konferenz ist<br />

die Optimierung der elektronischen und papiergebundenen<br />

Geschäftsprozesse unter dem Gesichtspunkt des Output-<br />

Managements. Außerdem: Nach der gelungenen Premiere<br />

im letzten Jahr findet auf der DMS EXPO 2006 erneut<br />

das Forum für Internationale Technische Kommunikation<br />

(ITC) statt. Auf dem Gemeinschaftsstand des Forum ITC<br />

werden neun Anbieter ihre Werkzeuge und Dienstleistungen<br />

rund um die technische Redaktion und Übersetzung<br />

wie Handbücher, Anleitungen oder Produktdokumentationen<br />

zeigen.<br />

Entdeckungstour durch Halle 8<br />

Bereits am 18. September – einen Tag vor Messebeginn<br />

– findet auf Initiative des Bundesverwaltungsamtes ein „Behörden-Tag“<br />

für Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung<br />

statt. Hier werden diese über die Aspekte des Digital Managements<br />

in der öffentlichen Verwaltung informiert und<br />

erhalten am ersten Messetag eine „Guided Tour“ über die<br />

DMS EXPO mit Überblick über Anbieter und Lösungen für<br />

das eGovernment.


048 Schwerpunkt<br />

Und da gibt es tatsächlich einiges zu entdecken. Zum<br />

Beispiel bei der IBM, die an ihrem 360 qm großen Stand C<br />

030 gemeinsam mit ihren Business Partnern an 24 Demopunkten<br />

Content-Management- und Discovery-Lösungen<br />

vorstellt. Erstmals gezeigt wird der IBM WebSphere Content-Discovery-Server.<br />

Die Lösung verwaltet Informationen<br />

im Rahmen einer Service-orientierten Architektur (SOA)<br />

unternehmensweit einheitlich und stellt sie, unabhängig<br />

von den Quellanwendungen, als Unternehmensressource<br />

zur Verfügung. Sie werden sämtlichen Anwendungen und<br />

Prozessen bereitgestellt – Mitarbeiter und Partner des<br />

Unternehmens haben Zugriff auf alle für sie wichtigen<br />

Informationen – unabhängig davon, an welchem Ort die<br />

Daten vorgehalten werden. Intelligente Suchfunktionen,<br />

semantische Analyse und kontextuelle Informationen unterstützen<br />

die Anwender bei ihren Anfragen. Ebenfalls neu<br />

auf dem deutschsprachigen Markt ist GoPro Professional,<br />

eine gemeinsame Lösung der IBM Business Partner Go-<br />

Pro, IBM Global Business Services und der IBM Software<br />

Group. Die auf einer SOA-Architektur basierende Lösung<br />

zur elektronischen Vorgangsbearbeitung mit integriertem<br />

Dokumenten- und Business-Process-Management entspricht<br />

eGovernment-Standards von Deutschland (SAGA,<br />

DOMEA), Österreich (ELAK) und der Schweiz (GEVER).<br />

Damit lassen sich Geschäftsprozesse abbilden und alle zu einem<br />

Vorgang gehörenden Dokumente verwalten. Integriert<br />

sind außerdem Funktionalitäten zur unternehmensweiten<br />

Zusammenarbeit.<br />

Als eines der ersten ECM-Systeme überhaupt wird die<br />

Version 6.2 der Enterprise-Content-Management-Lösung<br />

d.3 der d.velop AG die aufkommenden Standards Business<br />

Process Execution Language (BPEL) und Business Process<br />

Modeling Notation (BPMN) unterstützen. Im Mittelpunkt<br />

steht hierbei ein neuer, Java-basierter Workflow-Designer.<br />

Der ECM-Spezialist RedDot präsentiert am Stand F<br />

071 gemeinsam mit hummingbird und RedDot-Partnern<br />

Lösungen zur Bündelung von mehrsprachigen Inhalten<br />

in Web-Umgebungen. Ein Highlight ist der RedDot-Content-Integrator,<br />

mit dem beliebige Inhalte aus den gängigen<br />

Content Repositories in das RedDot-System integriert und<br />

mittels eines Personalisierungsmoduls berechtigungs- bzw.<br />

profilabhängig bereitgestellt werden können. Was sicher viele<br />

Besucher interessieren wird, ist die zukünftige Entwicklung<br />

des Unternehmens. Und das Verhältnis zum neuen<br />

Eigentümer Open Text. Hatte doch zuletzt John Shakleton,<br />

President und Chief Executive Officer von Open Text, Red-<br />

Dot einen hohen Stellenwert in der zukünftigen Produktstrategie<br />

von Open Text zugestanden.<br />

Aus Ordnern werden Bits und Bytes – frei nach diesem<br />

Motto stellt ELO Digital Office GmbH in Köln erstmals eine<br />

Vorabversion des neuen plattformunabhängigen ELOenterprise<br />

Client vor, der unter anderem auch auf Linux und<br />

Mac OS X läuft und Mitte 2007 verfügbar sein wird. Das<br />

Messeportfolio umfasst eine Vielzahl an Lösungspaketen<br />

zur Prozessoptimierung.<br />

Die deutsche Niederlassung von Stellent präsentiert<br />

gemeinsam mit Business-Partner Benmark die Funktionalitäten<br />

und Einsatzmöglichkeiten ihrer flexiblen, hoch<br />

skalierbaren Enterprise-Content-Management-Suite. Im<br />

Mittelpunkt stehen Kundenlösungen, aber auch Neuerungen<br />

in Stellent-Site-Studio. Die Version gibt Website-Verantwortlichen<br />

neue Möglichkeiten bei der „in-context“-Erstellung<br />

und Gliederung der Website. Weitere Verbesserungen<br />

sind integrierte Nutzungsanalysen und Statistiken sowie<br />

erweiterte Suchfunktionen.<br />

Die SAPERION AG stellt die neue Version 5.6 ihrer gleichnamigen<br />

ECM-Software in den Mittelpunkt ihres diesjährigen<br />

DMS-Auftrittes am Stand A 003/C 004. Highlight ist<br />

die Funktion „AdHoc-Workflow“, die Anwendern einen<br />

einfachen Einstieg in das Thema Workflow ermöglicht.<br />

Wesentliche Erweiterungen von SAPERION 5.6 finden sich<br />

außerdem in den Bereichen SharePoint Portal Integration,<br />

Mandantenfähigkeit, Java, Offlinezugriff, MS Office Integration,<br />

SAP iViews und Volltextsuche.<br />

ZyLAB, Entwickler von Lösungen für Datenzugriff, zeigt<br />

am Stand E 71, wie Workflow-, Vertrags- und Übersetzungs-<br />

Management mit seiner Informationsplattform ZyIMAGE<br />

funktioniert. Darüber hinaus präsentiert ZyLAB seine Textmining-Funktionen,<br />

die linguistische Analysen von elektronischen<br />

Dokumenten erlauben. Zentraler Bestandteil des<br />

ZyIMAGE-Produktpaketes ist ein XML-Datenspeicher, die<br />

so genannte Information Access Plattform, in der sämtliche<br />

unstrukturierten Daten abgelegt werden.<br />

Sein komplettes Portfolio an Lösungen zeigt Adobe Systems.<br />

Dazu gehören neben den Adobe LiveCycle-Server-Lösungen<br />

auch Adobe Acrobat, Acrobat 3D, die Collaboration-<br />

Lösung Adobe Breeze sowie die neue Flex-2-Produktlinie<br />

zur Erstellung von Rich-Internet-Applikationen – Lösungen<br />

mit denen Dokumente elektronisch zu erstellen, zu verarbeiten,<br />

zu verwalten und zu archivieren sind.<br />

Die Bochumer windream GmbH stellt erstmals alle Funktionen<br />

der Version windream 4.0 vor. Dazu gehört ein integriertes<br />

Information-Lifecycle-Management, ein erweitertes<br />

Rechtekonzept, die Einrichtung separater Anwender- und<br />

Administratorenrechte auf Dokumenttypen, die Erstellung<br />

und Verwaltung von Benutzer-Abonnements für windream-


049<br />

Objekte sowie die Unterstützung verteilter Serverumgebungen.<br />

Die Software bindet unterschiedlichste Archiv-Provider<br />

oder -systeme hierarchisch an die windream-Speicherverwaltung<br />

an.<br />

Global Information Distribution GmbH (GID) stellt auf<br />

seinen Messeständen neben der neuen Version 5.2 der Enterprise<br />

Content Management Suite OnBase des Herstellers<br />

Hyland auch die CD/DVD-Produktionseinheiten der Rimage-Producer-III-Serie<br />

sowie die E-Mail-Management,<br />

Archivierungs- und Security-Lösung Enterprise Vault von<br />

Symantec vor.<br />

ECM wird zum Standard<br />

Die Beispiele zeigen, wohin die Reise bei den dokumentengestützten<br />

Geschäftsprozessen geht. Nicht mehr die<br />

Digitalisierung und elektronische Archivierung stehen im<br />

Mittelpunkt, sondern die Verknüpfung von Informationen<br />

und deren zielgerichtete Verfügbarkeit: über verschiedene<br />

Unternehmensstandorte und Unternehmensanwendungen<br />

hinweg. DMS- und ECM-Technologien werden immer<br />

mehr zum Standard – mehr noch, sie werden zum Schlüssel<br />

für rationelle, miteinander verzahnte Prozesse und Kommunikationsstrukturen<br />

und damit ein entscheidender<br />

Wettbewerbsfaktor. Insbesondere der Mittelstand sollte den<br />

Nutzen erkennen. Sei es die Platz sparende, digitale Archivierung,<br />

die effizientere Verwaltung von „lebenden“ Dokumenten<br />

oder die schnellere Bearbeitung des Posteingangs.<br />

Wer sich über verfügbare Lösungen und Neuheiten informieren<br />

will, sollte sich herstellerneutral beim VOI e.V. am<br />

Stand E 071 und generell auf der DMS EXPO informieren.<br />

Die Reise nach Köln ist eine Investition, die sich sicherlich<br />

rentieren wird.<br />

Nicole Körber<br />

Die studierte Wirtschaftsinformatikerin B.A.,<br />

Jahrgang 1968, ist geschäftsführende<br />

Gesellschafterin der good news! GmbH.<br />

35.000 gleichzeitige Benutzer<br />

1.000.000.000 verwaltete Dokumente<br />

1.000.000.000 Page-Views/Monat<br />

MEHR ALS 4.000 KUNDEN IN 44 LÄNDERN<br />

KÖNNEN NICHT IRREN!<br />

Enterprise Content Management<br />

Dokumenten Management<br />

Digital Asset Management<br />

Collaboration<br />

Web Content Management<br />

E-Mail Management<br />

Records Management<br />

Besuchen Sie uns auf der Messe:<br />

Halle 8, Stand J 088<br />

STELLENT GmbH · Balanstraße 55 · 81541 München · info@stellent.de · www.stellent.de


050 Schwerpunkt<br />

Sprachsteuerung<br />

Die Maschine,<br />

die aufs Wort hört<br />

Ein Traum: von der Maschine verstanden zu werden. Der Dialog mit einer<br />

Sprachschnittstelle funktioniert allerdings nur eingeschränkt. Dennoch sind<br />

bereits viele Hürden genommen worden. Ein Blick auf den Stand der Dinge<br />

in der Sprachsteuerung.<br />

Joachim Walter<br />

Mit Maschinen reden zu können, davon träumt so mancher,<br />

der mit Star Trek groß geworden ist. Doch Geräte wie<br />

Mobiltelefone, Videorekorder und PCs scheinen mittlerweile<br />

ein Eigenleben zu führen, das sich dem menschlichen<br />

Einfluss entzieht. Wäre es da nicht schön, den Geräten einfach<br />

sagen zu können, was sie tun sollen?<br />

Als Opera Software im April 2005 die neu überarbeitete<br />

Version 8 ihres Webbrowsers veröffentlichte, stand in den<br />

folgenden Wochen nur eine Funktion dieser Software im<br />

Vordergrund: die eingebaute Sprachsteuerung, mit der<br />

Benutzer per gesprochener Kommandos im Internet surfen<br />

können. Obwohl der Hersteller ausdrücklich darauf hinwies,<br />

dass bei der Entwicklung das Thema Internet-Sicherheit<br />

im Blickpunkt stand, sorgte die Opera-Software mit<br />

integrierter Spracherkennung für derartiges Interesse, dass<br />

die Download-Sites des kostenlos erhältlichen Browsers<br />

wegen Überlastung geschlossen werden mussten. Ein genialer<br />

Marketing-Coup gegen die Übermacht des Microsoft<br />

Internet Explorers. Aber zeigt die enorme Nachfrage nicht<br />

den anhaltenden Wunsch der Nutzer nach vereinfachter<br />

Bedienung von Software und Geräten, die durch Steigerung<br />

ihrer technischen Möglichkeiten in der Handhabung immer<br />

undurchsichtigere Komplexitätsstufen erreicht haben? Der<br />

Wunsch nach einfachen Schnittstellen ist nachvollziehbar<br />

wie die Folgerung, diese Schnittstellen über das natürlichste<br />

Kommunikationsmittel des Menschen, die Sprache, abzubilden.<br />

Mittlerweile hat sich der durch Opera entfachte Wirbel gelegt.<br />

Und das Thema Sprachsteuerung ist so präsent wie nie<br />

zuvor. Angetrieben durch seit Jahrzehnten in den Bereich<br />

Sprachverarbeitung investierende Unternehmen wie IBM,<br />

die unter anderem die Technik für den Opera-Browser realisierten,<br />

oder Branchenneulinge wie Microsoft, die für das<br />

neue Betriebssystem Vista die Möglichkeit einer vollständigen<br />

Sprachsteuerung der Bedienoberfläche angekündigt<br />

haben, formen sich konkrete Einsatzgebiete. Neben der<br />

Steuerung von PCs per Sprache stehen besonders mobile<br />

Endgeräte wie Handys und PDAs oder Haushaltsgeräte wie<br />

Waschmaschinen im Fokus. Im Auto übernehmen derartige<br />

Systeme zunehmend das Steuer. Automotive steht als überproportional<br />

wachsendes Einsatzgebiet fest. So betreiben<br />

die Automobilhersteller DaimlerChrysler, Volkswagen und<br />

BMW eigene Forschungseinrichtungen beziehungsweise<br />

Tochterunternehmen, die sich ausschließlich mit der Realisierung<br />

sprachgesteuerter Komponenten im Fahrzeug<br />

beschäftigen. Typische Funktionen sind die Steuerung von


051<br />

Anspruch<br />

„Computer, welche Ausweichmanöver können wir machen?“<br />

„Äh, Leute, ich fürchte, gar keine“, sagte der Computer.<br />

„...oder etwas anderes“, sagte Zaphod,<br />

„...ähh...“, sagte er.<br />

„Ich glaube, in meinem Steuerungssystem klemmt was“, verkündete<br />

fröhlich der Computer, „Einschlag in fünfundvierzig Sekunden.<br />

Sagt doch bitte Eddie zu mir, wenn’s Euch beruhigt.“<br />

Quelle: Douglas Adams „Per Anhalter durch die Galaxis“, 1978<br />

Wirklichkeit<br />

Benutzer: „Telefon“<br />

System: „Telefon“<br />

Benutzer: „Nummer wählen“<br />

System: „Nummer wählen, die Nummer bitte“<br />

Benutzer: „2134587“<br />

System: „2134587...und weiter?“<br />

Benutzer: „Wählen“<br />

System: „Die Nummer 2134587 wird gewählt“<br />

Quelle: Carmeq GmbH, Tochterunternehmen<br />

von Volkswagen, in Automotive 7-8.2005<br />

Telefon, Radio und Navigationssystem per Sprachkommandos.<br />

Die genannten Hersteller sprechen seit circa zwei Jahren<br />

von Marktreife, jedoch zeigen aktuelle Umfragen, dass<br />

die Akzeptanz weit unter den Erwartungen liegt. Grund<br />

sind die oft starren Dialoge, die der Mensch mit der Maschine<br />

führen muss, um die gewünschte Aktion ausführen<br />

zu können, und die hohe Erwartungshaltung des Benutzers,<br />

der hinter der Funktion Sprachsteuerung die Lösung all seiner<br />

Bedienprobleme vermutet.<br />

Anspruch und Wirklichkeit<br />

Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit führt<br />

beim Benutzer oft zu einer Frustration, die die anfängliche<br />

Begeisterung für einfache Bedienprozesse zunichte macht<br />

und nicht selten zu einer grundlegenden Verweigerungshaltung<br />

führt. Dabei können auf einfachen Sprachkommandos<br />

basierende Systeme großen Nutzen bieten. Stichwort Barrierefreiheit:<br />

Sprachgesteuerte Wählmöglichkeiten am Telefon<br />

oder der Bedienung von Geräten im Haushalt steigern die<br />

Lebensqualität von behinderten Personen. Natürlich gestaltete<br />

Dialogabläufe geraten in den Hintergrund, werden aber<br />

weiterhin angestrebt.<br />

In Zusammenhang mit der im Vergleich zur Mensch-<br />

Mensch-Kommunikation oftmals rudimentär erscheinenden<br />

Mensch-Maschine-Dialoge wird der technische<br />

Fortschritt auf diesem Gebiet gelegentlich in Frage gestellt.<br />

Betrachten Entwickler zudem die seit etwa zehn Jahren steigenden<br />

Ausgaben renommierter Forschungsinstitutionen<br />

und stellen diese den auf dem Markt erhältlichen Produkten<br />

gegenüber, so stellt sich unweigerlich die Grundfrage, ob das<br />

Problem der maschinellen Sprachverarbeitung überhaupt<br />

lösbar ist. Die Antwort: ein klares „Jein“. Entscheidend<br />

für den Erfolg ist das Einsatzgebiet und die Komplexität<br />

der Verarbeitungsaufgabe. Das Ausführen automatisierter<br />

Prozesse durch Eingabe von Einzelwörtern betrachten viele<br />

als gelöst; anspruchsvolle Verarbeitungsprozesse von natürlichen,<br />

frei gesprochenen Äußerungen bis hin zur maschinellen<br />

Übersetzung multilingualer Äußerungen jedoch sind<br />

nur teilweise gelöst.<br />

Zwar sind die Teilprozesse des menschlichen Sprachverarbeitungsprozesses<br />

in der psychologischen Grundlagenforschung<br />

verstanden und auf Basis dieser in den<br />

akademischen Fachbereichen künstliche Intelligenz und<br />

Computerlinguistik auf Maschinen abgebildet worden: Es<br />

fehlt aber das Gesamtkonzept, welches die Wechselwirkungen<br />

der Verarbeitungsstufen untereinander beschreibt. Dass<br />

die Rechenleistung eine Komponente zur Steigerung des<br />

Verarbeitungsniveaus bietet, ist offensichtlich. Es ist aber<br />

nicht richtig, dass dies ein leistungslimitierender Faktor ist.<br />

Denn bereits im Jahr 1922 kam das erste Spracherkennungssystem<br />

auf den Markt, eingebaut in einem Spielzeughund<br />

mit Namen „Rex“, der bei Nennung seines Namens bellte.<br />

In den folgenden Jahrzehnten beschäftigten sich vor allem<br />

Forscher in den Vereinigten Staaten mit dem Thema<br />

Spracherkennung. Den Forschern der Bell Labs gelang es<br />

1950, den ersten Computer vorzustellen, der vom Mensch<br />

gesprochene Zahlen verstand. Neben den Bell Labs forschten<br />

in den 60er und 70er Jahren vor allem das US-Verteidigungsministerium<br />

(heute: DARPA) und IBM in diesem<br />

Bereich. Letzteren gelang 1984 der Durchbruch mit einem<br />

Großrechnersystem, welches bereits 5.000 englische Wörter<br />

erkannte. IBM war es, die 1986 das erste Diktiersystem für<br />

einen Standard-PC auf den Markt brachten und 1992 mit<br />

dem „IBM Speech Server Service“ (ISSS) und einer Erkennungsleistung<br />

von 30.000 Wörtern Maßstäbe setzten.


052 Schwerpunkt<br />

Vokabular<br />

Diktiersysteme<br />

Babelfisch<br />

NLU-Systeme<br />

IVR-Systeme<br />

Worterkennung<br />

Komplexität<br />

Komplexität sprachverarbeitender Systeme<br />

Sprachverarbeitung ist mehr als nur Erkennen<br />

Allerdings ist die reine Erkennung nur ein kleiner Teilbereich<br />

der Sprachverarbeitung, auch wenn sie in der Öffentlichkeit<br />

oft mit dieser gleichgesetzt wird. Unter Sprachverarbeitung<br />

im Sinne der Forschung verstehen Entwickler die<br />

vollständige Verarbeitungskette von der phonetischen Umsetzung<br />

des gesprochenen Wortes über die syntaktische und<br />

morphologische Analyse bis zur Darstellung der Semantik,<br />

der Wortbedeutung. Genau auf diese, im Vergleich zur rein<br />

phonetischen Erkennung anspruchsvollere Aufgabe, konzentrierten<br />

sich seit Mitte der 60er Jahre nahezu alle Forschungsinstitute<br />

der formalen und angewandten Linguistik.<br />

Im Blickpunkt standen das formale Darstellen von Satzbedeutungen<br />

mithilfe eigens dafür geschaffener Logiken<br />

(Zeitlogik, Modallogik) und die syntaktische Analyse wie<br />

die Generierung von natürlichsprachigen Sätzen. Die dazu<br />

entworfenen theoretischen Modelle, zum Beispiel HPSG<br />

(Head-driven Phrase Structure Grammar), sind noch heute<br />

Gegenstand der Forschung und konnten in den letzten Jahren<br />

auf Computersystemen implementiert werden. Den bis<br />

dato vorläufigen Höhepunkt – und zudem die Fusion der<br />

Forschungsergebnisse der theoretischen Linguistik mit den<br />

Ergebnissen der Spracherkennungsforschung - erreichten<br />

Erfinder im Jahre 2001 mit dem ehrgeizigen Forschungsprojekt<br />

VERBMOBIL am deutschen Forschungszentrum<br />

für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken. Nach<br />

zehn Jahren intensiver Arbeit gelang es, ein System vorzustellen,<br />

das Umgangssprache erkennen, verstehen und sogar<br />

übersetzen konnte. Aufgrund der Implementierung von<br />

Ergebnissen der Diskursforschung zu den bereits etablierten<br />

Techniken der phonetischen, syntaktischen und semantischen<br />

Verarbeitung gelang es erstmals, die vollständige<br />

Verarbeitungskette – Spracherkennung, Sprachverstehen,<br />

Dialogsteuerung, Antwortgenerierung, Sprachsynthese<br />

– zusammenhängend auf einem Computersystem abzubilden.<br />

Die Erfinder kamen damit der Fähigkeit des aus Douglas<br />

Adams 1978 verfassten Romans „Per Anhalter durch die<br />

Galaxis“ bekannten „Babelfisch“, welches beliebigsprachige<br />

Äußerungen simultan übersetzen kann, erschreckend nahe.<br />

Kein heute auf dem Markt verfügbares System ist in<br />

der Lage, die vollständige Verarbeitungssequenz durchzuführen.<br />

Entwickler beschränken sich bei der Konzeption<br />

von Spracherkennungs- und Sprachsteuerungssystemen<br />

aus Gründen der Kosten, Komplexität und Wartbarkeit<br />

auf die jeweilige Kernaufgabe. Die Kosten und Aufwände<br />

hinsichtlich Wartung der sensiblen Softwaremodule wären<br />

unverhältnismäßig hoch. Es gilt bei allen Systemen mit<br />

Sprachschnittstelle, die Kosten-Nutzen-Balance einzuhalten<br />

und somit die Leistungsfähigkeit entsprechend anzupassen.<br />

Die verschiedenen Systemtypen<br />

Die Leistung von Spracherkennungssystemen betrachten<br />

Experten in zwei Kategorien: benutzerabhängige und benutzerunabhängige<br />

Systeme. Benutzerabhängige Systeme werden<br />

mit Sprachdaten des Benutzers trainiert und verfügen<br />

heute inzwischen über ein Vokabular von mehr als 200.000<br />

Wörtern. Das entspricht etwa dem Grundwortschatz eines


053<br />

Menschen; Fachbegriffe und Fremdwörter verstehen sich als<br />

„add ons“. Sie werden zusätzlich angegeben und trainiert.<br />

Zu den bekanntesten so genannter kontinuierlicher Spracherkenner<br />

gehören IBM ViaVoice und Dragon Naturally-<br />

Speaking. Sie sind seit Mitte der 90er Jahre auf dem Markt<br />

und vor allem bei Anwendern mit hohem Diktieraufkommen,<br />

beliebt. Der Kommunikationsmodus ähnelt dem eines<br />

Diktats: Lärmreiche Umgebung oder andere Störgeräusche<br />

existieren nicht.<br />

Benutzerunabhängige Systeme verfügen über einen deutlich<br />

kleineren Wortschatz und benötigen kein Training. Das<br />

Vokabular liegt etwa bei 5.000 Wörtern, störende Umgebungsgeräusche<br />

werden durch spezielle Filter eliminiert.<br />

Solche robusten Systeme werden vor allem in ‚Interactive<br />

Voice Response (IVR)‘-Systemen eingesetzt. Jeder kennt<br />

sie, die automatisierten Sprachdienste diverser Call-Center.<br />

Der Anrufer navigiert sich durch ein Menü anhand von<br />

Stichwörtern in einem Voice User Interface (VUI). Er will<br />

Informationen abfragen, eine Buchung durchführen oder<br />

sich einfach die Wartezeit zu vertreiben. Zahlreiche Unternehmen<br />

setzen solche Systeme zur Vorqualifizierung von<br />

Anrufern ein. In Kombination mit ‚Computer Telephony<br />

Integration (CTI)‘-Lösungen wird die Arbeit in Call-Centern<br />

optimiert. Bekanntester Hersteller in dem Bereich benutzerunabhängiger<br />

Spracherkennungssysteme ist Nuance<br />

mit einem weltweiten Marktanteil von etwa 80 Prozent.<br />

Eine ernst zu nehmende Alternative zu traditionellen<br />

IVR-Systemen sind so genannte ‚Natural Language Understanding<br />

(NLU)‘-Systeme. Diese sind scheinbar in der Lage,<br />

vollständige Sätze zu erkennen und dynamische Antworten<br />

zu generieren – sie setzen demnach nicht auf einem starren<br />

VUI auf. Möglich ist diese Technik durch die Einbindung<br />

von intelligenten Dialogkomponenten, die zwar nicht auf<br />

linguistischer Wortbedeutungsebene arbeiten, doch anhand<br />

von Wortkombinationen zu dynamischen und natürlich<br />

erscheinenden Dialogen mit dem Benutzer beitragen. NLU-<br />

Systeme sind auf dem nordamerikanischen und asiatischen<br />

Markt weit verbreitet. Ihr Einzug auf den europäischen<br />

Markt wird im Laufe der nächsten beiden Jahre erwartet.<br />

die Industrie und beleben diese mit sprachtechnologischem<br />

Know-how. Die Zeiten, in denen sprachverstehende Systeme<br />

in Form von Diplom- und Doktorarbeiten in gut gekühlten<br />

Bibliotheken lagerten, scheinen vorbei zu sein: Die Technik<br />

wird mittlerweile zügig implementiert und landet als<br />

anwendungstaugliche Software in noch besser gekühlten<br />

Serverräumen.<br />

Die verschiedenen Systemtypen<br />

Neben dem Technologietransfer haben sich Technologiestandards<br />

etabliert: Begriffe wie Voice eXtensible Markup<br />

Language (VXML) oder Media Resource Control Protocol<br />

(MRCP) sind omnipräsent. Die damit beschriebenen Technologien<br />

werden im Rahmen des W3C weiterentwickelt. Die<br />

Standards ermöglichen eine Verknüpfung von Produkten<br />

verschiedener Hersteller zu einem Ganzen und somit eine<br />

Konzentration der Entwicklungsressourcen auf die eigentliche<br />

Aufgabe: die benutzerfreundliche Sprachschnittstelle.<br />

Die Verknüpfung der zuvor separat betrachteten Einsatzgebiete<br />

ist ebenso zu beobachten und fördert die Weiterentwicklung.<br />

Durch Fusion von Telekommunikation und<br />

Internet zu einem Gesamtkonstrukt werden Schlagwörter<br />

wie Multimodalität oder adaptive Schnittstellen zu erklärten<br />

Zielen der Entwicklungen der nächsten Jahre.<br />

Das zunehmende Verständnis, auch im Bereich der Sprachschnittstellen<br />

fundierte Usability-Tests durchzuführen<br />

und Spracherkenner im Einsatz stetig zu optimieren, lässt<br />

den Blick in die Zukunft positiv ausfallen. Zwar wird jeder<br />

noch einige Zeit auf voll dialogfähige Sprachschnittstellen<br />

warten müssen. Es zeigt sich aber ein deutlicher Trend in<br />

diese Richtung, bedingt durch tiefer gehende Analysen der<br />

gesprochenen Eingaben. Dass allein mit Spracherkennung<br />

auf Phonemebene die komfortable Bedienung eines Gerätes<br />

nicht ermöglicht werden kann, ist anhand fehlender Akzeptanz<br />

durch Benutzer nachzuweisen. Es gilt nun, die Erfahrungen<br />

der zurückliegenden Jahre in die Konzeption neuer<br />

Systeme einzuarbeiten, und dem Ziel zur Maschine, die aufs<br />

Wort hört, steht (fast) nichts im Wege.<br />

Die wichtigsten Branchentrends<br />

Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt interessante Tendenzen.<br />

Erstens geben sich Industrie und Forschung erstaunlich<br />

flexibel und arbeiten an gemeinsamen Projekten<br />

und Prototypen. Softwareriesen wie Microsoft beteiligen<br />

sich an Forschungszentren für Sprachtechnologie, beispielsweise<br />

dem DFKI. Ebenso öffnen sich die Forschungsinstitutionen<br />

für Marktanforderungen. Jungakademiker gehen in<br />

Joachim Walter<br />

Der diplomierte Computer-Linguist, Jahrgang<br />

1973, studierte an der Saarland Universität in<br />

Saarbrücken. Heute ist Walter Project Manager<br />

bei der Telenet GmbH in München.


054 Firmenportrait<br />

1.000 Tage Leiwand Software<br />

Um es kurz zu machen: Die Firma hat Potenzial, das Fest war gelungen.<br />

Der Kollege war krank, leider. Aber ich habe vier Stunden Audiofiles mitgebracht<br />

und transkribiert. Jetzt sitze ich vor 36.000 Zeichen. Schreibblockade.<br />

Würde wohl jedem so gehen. Wie soll daraus ein Portrait werden?<br />

Wer macht das jetzt bloß? Der Kollege war zwar nicht da, hat aber wenigstens<br />

den Kopf frei – was von Vorteil ist. Am besten paradoxe Intervention,<br />

sagt der Kollege und beginnt. Markieren, kopieren, löschen. Markieren,<br />

kopieren, löschen. Textbaustein für Textbaustein. Und weil es so schön ist,<br />

gibt er gleich seinen Senf dazu. Ich übergebe – an den Kollegen, den, der<br />

nicht da war.<br />

„1.000 Tage mediamid“. Gelesen, erst in einer E-Mail, dann auf der Einladungskarte.<br />

Für ein Start-up-Unternehmen ist das ausreichend Grund zu<br />

feiern. Und weil die Entwickler zahllose Tag- und Nachschichten hingelegt<br />

hatten, fielen 1.000 Tage mediamid und der offizielle Launch von M@RS<br />

6.0 auf einen Tag. Wir waren eingeladen, live zu sehen, wie M@RS 6 Bilder,<br />

Präsentationen, Textdokumente und Videos verwaltet. Ich hab mir aber<br />

den Magen verrenkt. Klasse. Richtig schön wär’s gewesen …


055<br />

Wien ... 1.000 Tage ... Start-ups ... gibt es da jetzt wieder eine New Economy<br />

(NE)? Die erste NE ist um das Web getanzt. Alles war irgendwie ein<br />

Portal, ein Shop oder eine „Wissensmaschine“. Die zweite NE ist jetzt sozial,<br />

Social Software, Web 2.0. Wien ... da taucht erst einmal Helmut Qualtinger<br />

auf und dieser wunderbare Dialekt. Hören Sie auch dieses verschluckte, das<br />

„Meidlinger L“ an den Wortanfängen? Wunderbare lebensnahe Lieder von<br />

Hans Moser wie „Einmal in der Woche fall i um“. Und die K&D Sessions<br />

von Kruder & Dorfmeister, Meilenstein des Downbeat. Die Türken waren<br />

mal da, vor Wien, und haben beste Bohnen und das Sofa hinterlassen, das<br />

später bei Freud stand. Der hat – Achtung, „L“ – die Libido erfunden. Leiwand,<br />

tät der Wiener sagen. Jetzt aber los. Wir haben ja nicht ewig Zeit. Es<br />

spricht Peter M. Hofer, CEO mediamid. Die O-Töne sind kursiv.<br />

Wir waren alle waren früher bei dem Unternehmen, das die Vorgängerversion<br />

gestellt hat. Ich habe dort das Projektmanagement gemacht und<br />

die Abteilung Professional Services geleitet. Und ich habe gleich am Anfang<br />

gesehen, mit der Geschäftsführung werde ich ein wenig Reibereien haben.<br />

Na prima, gleich im ersten Job schon Stress. Ich habe gesehen, dass da ein<br />

paar Dinge nicht so funktionieren können. Hab das auch gesagt. Das kenne<br />

ich auch: Aufstehen und sagen, was schief läuft,<br />

interessiert niemanden. Das gibt nur Ärger. In „Nach zwei Jahren wollte ich schon sagen, ´Jetzt<br />

der Folge haben die mir dann ziemlich viele Aufgaben<br />

zugeteilt und gesagt: Mach mal! Nach zwei debis – mit DaimlerChrysler.“<br />

reicht´s!´. Aber dann kam dieses Projekt mit der<br />

Jahren wollte ich schon sagen ´Jetzt reicht´s!´“.<br />

Achtung, gleich schmeißt er alles hin. Aber dann<br />

kam dieses Projekt mit der debis – mit DaimlerChrysler. Wo ich gesagt habe,<br />

das ist spannend, da mache ich mit. Und vom Produkt war ich sowieso überzeugt.<br />

2001 nach Abschluss des Projekts, ist Peter M. Hofer dann doch gegangen,<br />

lese ich. Und hat sich selbstständig gemacht. Mit medizinischer Informatik.<br />

Im Krankenhaus. Hofer: Es ging wieder um automatische Auswertung, genau<br />

das, was ich in meiner Diplomarbeit gemacht habe. Ich war mit meinen<br />

alten Kollegen weiterhin in Kontakt. Die haben bis März 2003 durchgehalten.“<br />

Klar. Netzwerk. Kennt man aus der New Economy: Networking.<br />

Die alte Firma saß in Wien und hat sich schwerpunktmäßig mit Media<br />

Asset Management beschäftigt. Da haben wir alle viele Erfahrungen gesammelt:<br />

Datenbankentwicklung, Customizing, Support. Und das Kernteam<br />

mit den Leuten, die wirklich gut waren, hat sich<br />

„Das Kernteam mit den Leuten, die wirklich gut gleich gefunden. Leute, die das Potenzial ihrer<br />

waren, hat sich gleich gefunden.“<br />

Arbeit richtig einschätzen und an einem Strang<br />

ziehen. Und wie das Ganze dann gegen die<br />

Mauer gefahren wurde, hat es verschiedene Interessenten<br />

gegeben. Alle haben mich kontaktiert, weil sie mit den Kunden<br />

gesprochen haben. Und bei denen hatte ich einen sehr guten Ruf. Da hat<br />

sich gute Arbeit ja gelohnt, ist leider nicht immer so. Ich spul mal ein Stück<br />

vor. Wir haben einfach mediamid gegründet, unabhängig von dem Ganzen.<br />

Und die neue Firma hatte sich unabhängig von der Rechtekonstellation gefunden,<br />

ohne zu wissen, wer künftig die Rechte besitzen wird. Der heutige<br />

CEO Peter M. Hofer und sein Team hatten sich in aller Stille für ihren Weg


056 Firmenportrait<br />

entschieden, das Know-how zu verwerten und was Eigenes auf die Beine<br />

zu stellen. Schlussendlich hat sich Chrysler entschlossen mitzubieten. Nee,<br />

oder? So ist DaimlerChrysler zu der Version fünf von M@RS gekommen.<br />

Die Stuttgarter besitzen alle Rechte, bis heute. Und über die nahe Zukunft<br />

schweigen wir auf Wunsch von Peter M. Hofer.<br />

Das Produkt wurde re-engineered und gelauncht. Die Kunden wussten<br />

Bescheid und haben gewartet. Nach zwei Jahren war M@RS 6 da. Ich rekapituliere:<br />

Die Rechte für M@RS 5 und M@RS 6 liegen bei DaimlerChrysler,<br />

mediamid tritt als Dienstleister für M@RS auf und vertreibt exklusiv die<br />

Software. Hofer: Richtig. Und wir haben auch den exklusiven Vertrieb<br />

für M@RS 6. Das ist der Deal. Respekt. Übrigens: Daimler ist nicht an<br />

mediamid beteiligt oder so. Wir profitieren natürlich<br />

vom Namen DaimlerChrysler. Wir profitieren von<br />

dem Vertrauen, das sie uns gegeben haben. Davon,<br />

das sie uns mit der Entwicklung der Basismodule beauftragt<br />

haben. (Anm. d. Red.: Hört sich an wie ein<br />

Märchen aus tausend und einer Nacht.) Weiter im<br />

Text! Ich springe ans Ende. Okay, Leads und Kunden<br />

für Upgrades gibt es genug ... es gab auch schon eine<br />

500- und eine 100-Tage-Feier, ... hier, sehr gut: Also,<br />

ich halte ja nicht viel davon, in einer Startphase, wo<br />

so viele Fragezeichen im Raum stehen, einen detaillierten<br />

Businessplan zu machen. Wir haben gewusst,<br />

es gibt sehr viele Dinge, die passieren können oder<br />

die nicht passieren können. Und wir haben’s so grob<br />

gemacht: Worst Case: Das und das kommt sicher, mit<br />

dem und dem überleben wir. Passt. Best Case:<br />

Der und der Auftrag kommt, wir brauchen hier<br />

und hier die Ressourcen. Und wir haben uns für<br />

beides gewappnet. Ur-Leiwand! Start-up ohne<br />

Businessplan. So geht es auch. Aber jetzt will der<br />

vwa noch mal ran. Der, der da war.<br />

Schade, dass der Kollege ausgerechnet an diesem Wochenende krank sein<br />

musste. Denn der Österreicher und insbesondere der Wiener an sich, der in<br />

diesem Fall ein Südtiroler Wahlwiener war, ist als guter Gastgeber bekannt.<br />

So wurde für mich kurzerhand eine charmante Begleitung für eine Tour<br />

de Wien der besonderen Art organisiert. Na ja, war vielleicht doch nicht so<br />

schlecht, dass der Kollege krank war.<br />

„Wir haben’s so grob gemacht: Worst Case, Best<br />

Case: Das und das kommt sicher, mit dem und<br />

dem überleben wir.“<br />

www.mediamid.de


056 Firmenportrait<br />

entschieden, das Know-how zu verwerten und was Eigenes auf die Beine<br />

zu stellen. Schlussendlich hat sich Chrysler entschlossen mitzubieten. Nee,<br />

oder? So ist DaimlerChrysler zu der Version fünf von M@RS gekommen.<br />

Die Stuttgarter besitzen alle Rechte, bis heute. Und über die nahe Zukunft<br />

schweigen wir auf Wunsch von Peter M. Hofer.<br />

Das Produkt wurde re-engineered und gelauncht. Die Kunden wussten<br />

Bescheid und haben gewartet. Nach zwei Jahren war M@RS 6 da. Ich rekapituliere:<br />

Die Rechte für M@RS 5 und M@RS 6 liegen bei DaimlerChrysler,<br />

mediamid tritt als Dienstleister für M@RS auf und vertreibt exklusiv die<br />

Software. Hofer: Richtig. Und wir haben auch den exklusiven Vertrieb<br />

für M@RS 6. Das ist der Deal. Respekt. Übrigens: Daimler ist nicht an<br />

mediamid beteiligt oder so. Wir profitieren natürlich<br />

vom Namen DaimlerChrysler. Wir profitieren von<br />

dem Vertrauen, das sie uns gegeben haben. Davon,<br />

das sie uns mit der Entwicklung der Basismodule beauftragt<br />

haben. (Anm. d. Red.: Hört sich an wie ein<br />

Märchen aus tausend und einer Nacht.) Weiter im<br />

Text! Ich springe ans Ende. Okay, Leads und Kunden<br />

für Upgrades gibt es genug ... es gab auch schon eine<br />

500- und eine 100-Tage-Feier, ... hier, sehr gut: Also,<br />

ich halte ja nicht viel davon, in einer Startphase, wo<br />

so viele Fragezeichen im Raum stehen, einen detaillierten<br />

Businessplan zu machen. Wir haben gewusst,<br />

es gibt sehr viele Dinge, die passieren können oder<br />

die nicht passieren können. Und wir haben’s so grob<br />

gemacht: Worst Case: Das und das kommt sicher, mit<br />

dem und dem überleben wir. Passt. Best Case:<br />

Der und der Auftrag kommt, wir brauchen hier<br />

und hier die Ressourcen. Und wir haben uns für<br />

beides gewappnet. Ur-Leiwand! Start-up ohne<br />

Businessplan. So geht es auch. Aber jetzt will der<br />

vwa noch mal ran. Der, der da war.<br />

Schade, dass der Kollege ausgerechnet an diesem Wochenende krank sein<br />

musste. Denn der Österreicher und insbesondere der Wiener an sich, der in<br />

diesem Fall ein Südtiroler Wahlwiener war, ist als guter Gastgeber bekannt.<br />

So wurde für mich kurzerhand eine charmante Begleitung für eine Tour<br />

de Wien der besonderen Art organisiert. Na ja, war vielleicht doch nicht so<br />

schlecht, dass der Kollege krank war.<br />

„Wir haben’s so grob gemacht: Worst Case, Best<br />

Case: Das und das kommt sicher, mit dem und<br />

dem überleben wir.“<br />

www.mediamid.de


058 Alltag<br />

RFID und Datenspeicherung<br />

Datenflut im<br />

Internet der Dinge<br />

Nicht nur die Kanzlerin interessiert sich für RFID. Auch Industrie und Datenschützer<br />

befassen sich mit den Möglichkeiten der RFID-Chips. Die zentralen Fragen zielen auf<br />

das anfallende Datenvolumen und die Verwendung der Daten.<br />

Heinz-Paul Bonn<br />

“Wie geht das mit Möhren?”, fragte die Kanzlerin, als sie<br />

auf dem Messestand der Metro auf der CeBIT in Hannover<br />

mit Einkaufswagen auf die Leseschleuse zumarschierte.<br />

Dort wurde im Bruchteil einer Sekunde der Inhalt des Warenkorbs<br />

gecheckt, der Preis für den Einkauf ermittelt und<br />

die Bestandsführung im Lager im Hintergrund aktualisiert.<br />

Und wenn ein vorgegebener Schwellenwert unterschritten<br />

worden wäre, hätte es gleich eine Nachbestellung beim<br />

Hersteller gegeben. Angela Merkel hatte sich auf der CeBIT<br />

demonstrativ über die Möglichkeiten und Fortschritte beim<br />

Einsatz von RFID-Systemen informiert und radiofrequente<br />

Identifikationssysteme (Radio Frequency Identification Systems)<br />

als richtungsweisendeZukunftstechnologie gepriesen.<br />

Breites Nutzenpotenzial<br />

Bei Stückpreisen von gut 10 Cent pro RFID-Tag ist der<br />

Einsatz im Moment auf Paletten und Gebinde beschränkt.<br />

Mithilfe der Tags kann der Transport ganzer Lieferungen<br />

verfolgt werden. Der Nutzen zeigt sich dort, wo Rationalisierungseffekte<br />

entstehen. Wo Maschinen mit Maschinen,<br />

Waren mit Handhabungsautomaten oder Materialien mit<br />

Materialien kommunizieren. Werden die RFID-Tags an<br />

einer Empfangsstation vorbeigeführt, teilt die Palette nicht<br />

nur mit, welche Waren in welcher Stückzahl aufgepackt sind.<br />

Sie informiert gleichzeitig, wann und wo die Ware erwartet<br />

wird: eine Möglichkeit Fehllieferungen zu minimieren.<br />

Mit zusätzlicher Speicherkapazität ausgestattet geben<br />

RFID-Chips den Status über den Zustand einer Ware ab<br />

– etwa, ob Tiefkühlware versehentlich aufgetaut oder frische<br />

Ware zu lange unterwegs gewesen ist. RFID-Tags sind<br />

außerdem in der Lage, Informationen mit sich zu führen.<br />

Informationen, die Maschinen direkt beeinflussen – etwa<br />

ein Programm, durch das ein Rohling einem Roboter mitteilt,<br />

welche Fräsarbeiten als Nächstes auszuführen sind.<br />

RFID-Tags können aber auch dazu verwendet werden,<br />

Informationen über diejenigen zu sammeln, die Einkäufe<br />

tätigen. Es entstünde ein Profil von Einkaufsgewohnheiten:<br />

beispielsweise von Frau Merkel. Wer was wann und wo<br />

kauft, wäre nicht mehr Privatsache. Das Datenmaterial ist<br />

für Marktforscher, Werbetreibende und Disponenten eine<br />

wahre Goldgrube.<br />

Informationelle Selbstbestimmung<br />

Das gängige Recht verbietet die Übermittlung personenbezogener<br />

Daten außerhalb des von den Betroffenen erlaubten<br />

Nutzungsbereichs. Als Ordnungswidrigkeit eingestuft, gilt<br />

dies als Straftatbestand und wird mit Bußgeldern bis zu<br />

250.000 Euro oder Freiheitsstrafe geahndet.


059<br />

Doch was möglich ist, wird auch stattfinden, argumentiert<br />

der Verbraucherschutz. Er fordert eine Selbstverpflichtung<br />

der Wirtschaft Peter Schaar, Bundesbeauftragter für Datenschutz,<br />

steht grundsätzlich zur Selbstverpflichtung der<br />

Wirtschaft, aber: „Dies setzt aber voraus, dass die Selbstverpflichtung<br />

für alle Marktteilnehmer gilt und verbindlich ist.<br />

Bloße Absichtserklärungen sind nicht ausreichend. Wenn<br />

die Hersteller und der Handel nicht zu einer Selbstverpflichtung<br />

kommen, muss der Gesetzgeber die Rechte der<br />

Verbraucher bei der Anwendung der RFID-Technologie<br />

schützen.“<br />

Schaar wünscht sich mehr Transparenz für die Verbraucher<br />

und klare Spielregeln für die Wirtschaft. Eine schwache<br />

Absichtserklärung würde weder Datenschützer noch Verbraucherverbände<br />

zufrieden stellen. Das Grundrecht auf<br />

informationelle Selbstbestimmung durch RFID-gestützte<br />

Systeme ist dort gefährdet, wo die Person, deren personenbezogene<br />

Daten mit Nutzungsdaten verknüpft werden,<br />

gar nichts davon merkt und insofern keine ausdrückliche<br />

Einwilligung gegeben haben konnte. Die ist nach dem Bundesdatenschutzgesetz<br />

die Voraussetzung für die Erhebung<br />

und Weiterleitung personenbezogener Daten und bedarf<br />

der umfassenden Information über Art und Umfang.<br />

Daten ohne Grenzen<br />

Auch mit internationaler Perspektive zeichnet sich Klärungsbedarf<br />

ab. Angesichts länderübergreifender Unternehmensstrukturen<br />

ist es denkbar, dass Daten von Unternehmen<br />

und Organisationen innerhalb einer Wertschöpfungskette<br />

in Deutschland erhoben und in einem anderen Land gespeichert<br />

und genutzt werden. Denkbar ist das dort, wo die<br />

Niederlassung ihre Prozess- und Verkaufsinformationen<br />

an die Zentrale in den USA weiterleitet. Personenbezogene<br />

Daten würden mit RFID-Informationen zusammengefasst<br />

und verließen den hier geltenden Rechtsrahmen. Es gibt also<br />

Klärungsbedarf. Es ist zu erwarten, dass der Gesetzgeber angerufen<br />

wird, um einen wirksamen Schutz des Verbrauchers<br />

zu gewährleisten. Das dürfte angesichts der internationalen<br />

Verflechtungen im Wertschöpfungsszenario ebenso die EU-<br />

Kommission auf den Plan bringen, die eine entsprechende<br />

Initiative für Parlament und Rat bereits vorbereitet. Schon<br />

heute wird auf Verbandsebene – unter intensiver Beteiligung<br />

des Bundesverbands für Informationswirtschaft,<br />

Telekommunikation und neue Medien, BITKOM – über<br />

das Aussehen einer solchen EU-Richtlinie diskutiert. In der<br />

Diskussion steht nicht allein die Verknüpfung von Daten<br />

zur Materialbewegung mit persönlichen Informationen,<br />

sondern auch der Zeitrahmen, in dem ein RFID-Tag aktiv<br />

sein darf. Mit dem Kauf, so der Konsens, muss der Chip<br />

seine Arbeit einstellen, um nicht auch noch den weiteren<br />

Weg seines Trägers zu erfassen. Einige Hersteller haben hier<br />

bereits Lösungen angeboten. Neben einer Deaktivierungsschleuse,<br />

bei der – ähnlich den Diebstahlsicherungen im<br />

Kaufhaus – der Chip demontiert oder abgeschaltet wird,<br />

werden auch RFID-Tags vorgeschlagen, die der Verbraucher<br />

selbst deaktivieren oder demontieren kann.<br />

Datenflut durch „Real World Awareness“<br />

Softwaresysteme, die auf die bereitgestellten RFID-Daten<br />

reagieren sollen und Schlussfolgerungen für den Planungsprozess<br />

ziehen helfen, existieren in nächster Zukunft aller<br />

Wahrscheinlichkeit nach nicht. Als im Jahr 2004 erste Integrationsbeispiele<br />

aufgezeigt wurden, bei denen ERP-Systeme<br />

(Enterprise Resource Planing) Daten aus den RFID-<br />

Tags aufnehmen und in internen Tabellen speichern sollten,<br />

gingen die großen Softwareboliden in die Knie. Die traditionellen,<br />

monolithischen Unternehmenslösungen sind zu<br />

schwerfällig, um der Datenflut Herr zu werden. Es hilft<br />

nichts, wenn ganze Lastwagenladungen im Wareneingang<br />

in Sekundenbruchteilen erfasst werden, das ERP-System<br />

dann aber für einige Viertelstunden in Klausur geht, um die<br />

Daten in der Bestandsführung zu buchen. Dort, wo diese<br />

Buchungsläufe Gegenstand einer zwar bewährten, aber eben<br />

doch veralteten Stapelverarbeitung (Batch) sind, werden die<br />

Buchungen möglicherweise erst im nächsten Nachtlauf der


060 Alltag<br />

Software durchgeführt. Der wichtige Informations- und<br />

Zeitvorsprung, der durch das RFID-System im Materialfluss<br />

hätte erreicht werden sollen, wäre zerstört. Für viele<br />

Anwender wird sich deshalb im Zuge einer Materialflussoptimierung<br />

mithilfe von RFID auch die Notwendigkeit<br />

ergeben, das Bestandsführungssystem zuerneuern.<br />

Dabei ist der Bedarf für eine zentrale oder dezentrale, auf<br />

jeden Fall aber zeitnahe Speicherung von Materialflussinformationen<br />

– auch Real World Awareness genannt – durchaus<br />

vorhanden. Im Bereich Life Science zeigen die Erfahrungen,<br />

dass das Datenvolumen bei der gesetzlich verlangten Rückverfolgung<br />

der Waren über den gesamten Herstellprozess<br />

vom Rohstoff zum Endprodukt exponentiell ansteigt. Erste<br />

Lösungen, in denen Daten mit einer eigenen RFID-Middleware<br />

zwischenspeichern und für das ERP-System zusammenfassen,<br />

werden bereits entwickelt.<br />

Nach der EU-Verordnung 178/2002 beispielsweise sollen<br />

Unternehmen produktionsaufsteigend und -absteigend<br />

jeweils den Lieferanten und den Kunden für einen bestimmten<br />

Artikel benennen können. Da dabei mit Rezepturen<br />

gearbeitet wird, mehrere Ursprungsstoffe über<br />

einen mehrstufigen Produktionsprozess zu einem neuen<br />

Produkt zusammenkommen, stehen die Beteiligten vor der<br />

Aufgabe eines kontinuierlichen Chargenherkunfts- und<br />

Verwendungsnachweises. Erste Realisierungen einer RFIDgestützten<br />

Rückverfolgung sind auf der Produktionsstufe<br />

zu sehen. Auf Palettenebene werden die Daten im Lager<br />

des Herstellers, im Warenausgang des Herstellers, auf dem<br />

Transportweg durch den Logistiker und schließlich beim<br />

Wareneingang des Handels erhoben. Im typischen Fall sind<br />

bei diesem Verlauf mindestens vier Sammelstellen von Daten<br />

bei zwei beziehungsweise drei Unternehmen (Hersteller,<br />

Handelsorganisation und Transportunternehmen) involviert.<br />

Das anfallende Datenvolumen einer ganz normalen<br />

Prozesskette erhöht sich dramatisch, sobald eine weitere<br />

Fertigungsstufe hinzukommt und auch die Lieferanten der<br />

Vorprodukte mit einbezogen werden. Für jeden einzelnen<br />

Lieferanten gilt erneut: Lager des Lieferanten, Warenausgang<br />

des Lieferanten, Transport und Wareneingang des<br />

Herstellers. Bei angenommenen fünf Komponenten für<br />

einen einzigen Artikel sind etwa 20 Datensammelstationen<br />

bei bis zu zehn verschiedenen Unternehmen in den Informationsfluss<br />

eingebunden. Dabei sind allerdings bislang<br />

nur die Quellen der Daten, nicht jedoch die Daten selbst<br />

berücksichtigt und das auch nur in einer einfachen Wertschöpfungskette<br />

aus fünf Lieferanten, einem Hersteller und<br />

einem Handelskunden.<br />

Jedem RFID-Tag seine eigene Homepage<br />

Praktisch noch nicht endgültig ist das Szenario der Datenspeicherung.<br />

Unter dem griffigen Slogan „Jedem RFID-Tag<br />

seine eigene Homepage“ hat das Fraunhofer Institut für<br />

Autonome Intelligente Systeme (AIS) in Sankt Augustin<br />

Studien und erste Praxisprojekte gestartet, in denen Methoden<br />

zur Speicherung und Verwaltung der durch RFID<br />

erhobenen Daten im Materialfluss getestet werden. Dabei<br />

wird der elektronische Produktcode (EPC), der Identität,<br />

Ausgangs- und Bestimmungsort der Ware verschlüsselt, auf<br />

einer eigenen Internetseite abgelegt. Wird der EPC im System<br />

eingegeben, werden die entsprechenden Daten aus dem<br />

Internet abgerufen. Denkbar ist auch ein gigantisches Data<br />

Warehouse, in dem alle Systeme die ermittelten Daten ablagern.<br />

Das kann bei einer weltweiten Lieferkette zu einer Explosion<br />

der Telekommunikationskosten führen. Favorisiert<br />

wird, dass auf lokalen Servern die Daten aggregiert werden<br />

und nur Zusammenfassungen weitergeleitet werden. Ein<br />

drittes Szenario sieht vor, dass Daten lokal gespeichert bleiben<br />

und die Materialflusssysteme vor Ort mit der nötigen<br />

Intelligenz ausgestattet werden, um auf Informationen Aktionen<br />

folgen zu lassen. Auch SAP hat mit einem Projekt am<br />

MIT (Massachusetts Institute of Technology) eine RFID-fähige<br />

Middleware für seine NetWeaver-Plattform entwickelt,<br />

die Tag-Daten erfasst und mit den Geschäftsdaten der SAP-<br />

Lösungen verknüpfen kann.<br />

Die heutigen Materialflusssysteme sind aber mit der dafür<br />

benötigten Funktionalität noch kaum ausgestattet – und es<br />

ist nicht zu erwarten, dass entsprechende RFID-Module in<br />

den kommenden fünf Jahren zu der Standardausstattung<br />

von Lagerverwaltungssoftware oder ERP-Systemen gehören<br />

werden. Ähnlich ist dies bei der befürchteten Verknüpfung<br />

mit personenbezogenen Daten. Für eine entsprechende Gesetzesinitiative<br />

ist ausreichend Zeit. Sie gilt es zu nutzen, um<br />

eine zielgerichtete und nicht behindernde Regelung für die<br />

Wirtschaft zu formulieren. Der Einsatz von RFID steht erst<br />

in den Anfängen und liegt so erst in Insellösungen vor. Eine<br />

Durchgängigkeit des RFID-Datenflusses ist allerdings noch<br />

eine ferne Vision.<br />

Heinz-Paul Bonn<br />

Heinz-Paul Bonn, Jahrgang 1945, ist<br />

Vorstandsvorsitzender der GUS Group in Köln<br />

und Vizepräsident im Bundesverband für<br />

Informationswirtschaft, Telekommunikation und<br />

neue Medien (BITKOM e.V.).


061<br />

Outsourcing von Dienstleistungen<br />

Über den<br />

Tellerrand<br />

Nicht nur IT-Dienstleistungen lassen sich verlagern. Im Ausland gibt es auch<br />

Partner, mit denen das Outsourcing anderer wichtiger Leistungen möglich ist.<br />

In unserem Fall das Erfassen von Adressen – in Rumänien.<br />

Ralph Peter Rauchfuss<br />

Über Outsourcing – Nearshore oder Offshore – wird in<br />

den Medien seit Jahren heftig geschrieben und unter Lesern<br />

und Nutzern kräftig diskutiert. Doch in den überwiegenden<br />

Fällen geht es hierbei um Outsourcing von ITK-Projekten<br />

und –Dienstleistungen, z. B. in der Anwendungsentwicklung.<br />

Dass auch andere Tätigkeiten von externen Partnern<br />

erledigt werden können, wird oftmals außer Acht gelassen.<br />

Große wie mittelständische Unternehmen betreiben<br />

seit Jahren im Zusammenhang mit ITK-Anforderungen<br />

Outsourcing-Projekte im Ausland. Länder wie Indien können<br />

sich über diesen Zustrom freuen, wächst deren ITK-Industrie<br />

jährlich doch im hohen zweistelligen Bereich. Selbst<br />

die größte deutsche Softwareschmiede SAP vergrößert Jahr<br />

für Jahr den eigenen Personalbestand in Bangalore beträchtlich.<br />

Die Vergabe dieser Projekte in andere Länder, auf andere<br />

Kontinente und in andere Kulturkreise birgt Risiken und<br />

Chancen, die schon so häufig dargelegt wurden, dass es müßig<br />

ist, sie hier nochmals auszubreiten. Doch bei allem Engagement<br />

zur Diskussion über das Thema Outsourcing liefert<br />

immer nur die High-tech-Branche den Gesprächsstoff.<br />

Dass große und mittelständische Industrieunternehmen<br />

schon sehr viel länger ihre Produktion- und Fertigungsbe-<br />

reiche (zumindest zum Teil) in das entfernte Ausland verlagert<br />

haben, scheint offenbar vergessen oder aber ist nicht<br />

(mehr) relevant. Tatsache aber ist, dass bayerische Luxuslimousinen<br />

zum Teil in den Vereinigten Staaten gefertigt<br />

werden, dass exklusive Damen- und Herrenbekleidung im<br />

Mittelmeerraum geschneidert wird und dass hochpreisiges<br />

Reisegepäck aus dem südostasiatischen Raum kommt. Dies<br />

ist jedoch kaum eine Erwähnung wert, allenfalls wenn es um<br />

die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen, hiesigen Landes geht.<br />

Denn auch hier gilt: Die Unternehmen wollen Ihre Vorteile<br />

(ohne wieder die Chancen und Risiken aufzuzählen) aus<br />

den geringeren Lohnkosten, aus der hohen Bereitschaft der<br />

Mitarbeiter zu zeitlichen Mehrleistungen und aus der (angeblich)<br />

stets verfügbaren Arbeitskraft ziehen.<br />

Nun fallen aber in Unternehmen nicht nur unternehmenskritische<br />

Aufgaben wie die Informationstechnologie an, und<br />

nicht jedes Unternehmen benötigt eine Fabrikationshalle<br />

oder -stätte. In vielen, insbesondere kleineren und mittelständischen<br />

Betrieben müssen zahlreiche Aufgaben erledigt<br />

werden, die kein Expertenwissen oder aber Programmierungskenntnisse<br />

voraussetzen: Mengentexterfassung, Pflege<br />

von Datenbanken, Profilierung von Kundenadressen, tele-


062 Alltag<br />

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fonische Kundenbefragung oder -akquise. An dem Praxisbeispiel<br />

des Branchenportals www.verlagswelt.de lässt sich<br />

verdeutlichen, wie ein Outsourcing-Projekt für ein nicht<br />

IT-relevantes Feld erfolgreich realisiert werden kann.<br />

Selbst erfassen?<br />

Im Frühjahr 2004 wurde die unternehmerische Entscheidung<br />

für die Realisierung eines Branchenportals für und<br />

über die deutsche Verlagsindustrie getroffen. Zentraler<br />

Inhalt sollten die deutschen Medien sein, Darstellung des<br />

individuellen Mediums (Titelseite) mit seinen zentralen<br />

Kenndaten (ISSN-Nummer, Erscheinungsweise, Einzelverkaufspreis,<br />

Abonnementspreis) und vor allem Erfassung der<br />

Verlagsangaben und der verantwortlichen Personen. Nach<br />

ersten Tests hatte sich schnell ergeben, dass die Erfassung<br />

der verantwortlichen Personen über das Impressum der<br />

einzelnen Zeitschriften einen erheblichen Zeit- und damit<br />

Kostenaufwand bedeutet. Es stellte sich die Frage, ob diese<br />

Arbeiten auch in einer gegenüber dem Standort München<br />

lohnkostengünstigeren Region erledigt werden könnten. So<br />

bot sich das Umland von München an, bis hin zu grenznahen<br />

Gebieten. Grundlage der Erfassung der Grundinformationen<br />

waren die Impressen, die den Erfasserinnen oder<br />

Erfassern in Kopie zur Verfügung gestellt werden konnten.<br />

Doch in der Zeit der Informationstechnologie ist es unerheblich,<br />

ob ein anderer Unternehmensteil 20, 50 oder aber<br />

1.500 Kilometer von dem zentralen Unternehmensstandort<br />

entfernt ist. So entstand der Gedanke, die Arbeit der Erfassung<br />

tatsächlich deutlich von dem Unternehmensstandort<br />

München zu verlagern, etwa in das osteuropäische Ausland.<br />

Denn die eingescannten Dokumente (Impressen) können<br />

allerorts vom Intranet abgerufen werden. Wenige Wochen<br />

später konnte in Bukarest ein 60 qm großes Büro angemietet<br />

werden. Heute arbeiten dort acht (deutschsprachige)<br />

Mitarbeiterinnen mit modernem PC-Equipment und<br />

ständiger Online-Verbindung zum Unternehmensintranet.<br />

Die Kosten für diesen Unternehmensstandort inklusive der<br />

Personalkosten liegen bei ca. 30 Prozent im Vergleich zum<br />

Standort München.<br />

Entscheidung für Rumänien<br />

Entscheidend für den Standort Rumänien war die Tatsache,<br />

dass es in diesem Land (wie auch noch in Tschechien,<br />

Ungarn oder Polen) viele deutschsprachige Menschen gibt<br />

und zahlreiche junge, die sich an Schulen wie dem Goethe<br />

Institut die deutsche Sprache aneignen. Mit Hilfe eines<br />

landes- und ortkundigen Scouts wurden potenzielle Un-


063<br />

ternehmen identifiziert, die die angefragte Dienstleistung<br />

hätten erbringen können. Doch, nicht verwunderlich, die<br />

meisten Unternehmen hatten den Auftrag als Software-<br />

Entwicklungsauftrag aufgefasst. Womit wir wieder bei der<br />

Informationstechnologie wären. Eine Erkenntnis, die das<br />

gleiche Unternehmen schon früher in einem anderen Projekt<br />

in Polen erfahren hat.<br />

Eigenständige Ausgründung<br />

Letztendlich wurde dann die Entscheidung getroffen,<br />

dass der verpflichtete Scout ein eigenes neues Dienstleistungsunternehmen<br />

gründete, nach rumänischem Recht<br />

und einer vertraglichen Vereinbarung mit dem deutschen<br />

Auftraggeber. Nur so konnte gewährleistet werden, dass die<br />

relativ komplizierten Steuerregeln Rumäniens berücksichtigt<br />

werden, und dass der neue Outsourcing-Partner seine<br />

Dienste völlig auf die Anforderungen einstellen konnte.<br />

Dies beginnt mit der entsprechenden Bandbreite für die<br />

notwendige Internetverbindung bis hin zu banalen Dingen<br />

wie die Beschaffung von PC-Tastaturen, die der westdeutschen<br />

Tastenbelegung und dennotwendigen Sonderzeichen<br />

entsprechen.<br />

Wie in allen anderen Outsourcing-Projekten gilt jedoch<br />

auch hier: ständige Kommunikation mit den dort vor Ort<br />

tätigen Mitarbeitern; Information der Mitarbeiter über<br />

den Projektstatus und zukünftige Planung; Entlohnung der<br />

Mitarbeiter über der üblichen Norm des Landes, aber in<br />

angemessenem Rahmen.<br />

Ralph Peter Rauchfuss<br />

Der gelernte Verlagskaufman, Jahrgang 1954,<br />

hat über 30 Jahre bedeutende Fachverlage<br />

geleitet. Rauchfuss ist heute Herausgeber der<br />

Fachzeitschrift „verlagswelt“ und des<br />

Internetportals www.verlagswelt.de<br />

die "Gewissensfrage"<br />

„Mir hat ein Unternehmen eine Rechnung als PDF geschickt.<br />

Reicht diese Form?“<br />

Die kurze Antwort nach Radio Eriwan lautet: Im Prinzip<br />

ja, aber nur, wenn sie mit einer qualifizierten elektronischen<br />

Signatur versehen ist. Im § 14 Umsatzsteuergesetz sind die<br />

Formvorschriften für Rechnungen klar geregelt. Wenn Sie<br />

eine Rechnung als PDF akzeptieren, die keine elektronische<br />

Signatur hat, dürfen Sie keine Vorsteuer ziehen. Mit dieser<br />

Vorschrift sollten Sie nicht leichtfertig umgehen. Es kann<br />

Ihnen bei der Steuerprüfung sonst passieren, dass der Prüfer<br />

aufgrund einer Stichprobe den Umfang der entgangenen<br />

Steuer hochrechnet und Ihnen eine saftige Nachforderung<br />

stellt.<br />

Woran erkennt man überhaupt, dass die Rechnung elektronisch<br />

signiert ist? Zwei Formen sind möglich: die elektronische<br />

Signatur als separate Datei, typischerweise mit der<br />

Endung .cms oder .ads oder als in die PDF-Datei eingebettete<br />

Signatur. Der erste Fall ist offensichtlich, im zweiten Fall<br />

müssen Sie Ihren PDF-Reader bemühen, um zu sehen, ob die<br />

Datei eine Signatur enthält. Es reicht jedoch nicht zu prüfen,<br />

dass eine Signatur vorhanden ist, Sie müssen auch prüfen<br />

ob die Signatur gültig ist. Dazu verpflichten die Grundsätze<br />

zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen,<br />

?<br />

die unter dem Kürzel GDPdU bekannt wurden. Leider gibt<br />

es kein universelles Prüfverfahren, der Rechnungssteller<br />

muss Ihnen mitteilen, wie Sie die Rechnung prüfen können.<br />

Nicht unüblich ist es, ein Webportal anzubieten, auf<br />

das die Dokumente und die Signaturdatei geladen werden.<br />

Einfacher ist, wenn Sie zusammen mit Rechnung und Signatur<br />

noch einen Prüfbericht bekommen. Aber Vorsicht:<br />

Der Prüfbericht darf natürlich nicht vom Rechnungssteller<br />

stammen, das verstieße gegen das Selbstprüfungsverbot.<br />

All dies soll Sie nicht bange machen. Es gibt mittlerweile<br />

viele Produkte zum einfachen Umgang mit elektronischen<br />

Signaturen und auch viele Dienstleister, die Sie beauftragen<br />

können. Sie brauchen sich aber auf keinen Fall in Zugzwang<br />

setzen zu lassen. Wenn Sie lieber eine Papierrechnung haben<br />

wollen (z. B. weil Sie den Papierprozess mit einer Scan- und<br />

OCR-Lösung weitgehend automatisiert haben, z. B. mit Invoice<br />

CENTER von Océ Document Technologies :-)), können<br />

Sie Ihren Lieferanten auffordern, Ihnen eine konventionelle<br />

Rechnung zu schicken. Er muss dem nachkommen.<br />

Das aber sollten Sie umgehend tun, sonst leitet Ihr Lieferant<br />

aus konkludentem Handeln Ihr Einverständnis ab – und das<br />

gilt dann für die Zukunft.<br />

Johannes Schacht<br />

Leiter Marketing, Océ Document Technologies


064 Alltag<br />

Die „Marke“ Deutschland<br />

Was meint eigentlich<br />

„Made in Germany“?<br />

Nichts ist mehr, wie es war. Auch die „Marke“ Deutschland verändert sich. Wer<br />

heute international Geschäfte machen will, muss sich deshalb verstärkt auf sein<br />

Gegenüber einstellen. So kommt auch der Mittelstand zu seinen Chancen.<br />

Karl Heinz Mosbach<br />

Die Globalisierung der Märkte schreitet voran. Unternehmensaufkäufe<br />

und Fusionen sind an der Tagesordnung. So<br />

entstehen große Konzernstrukturen, die kontinuierlich<br />

weiter wachsen und in aller Welt die Märkte beherrschen<br />

wollen. Ob Automobilindustrie, Logistikunternehmen,<br />

Telekommunikation oder IT-Companys – sie alle kaufen<br />

Wachstum und Märkte stetig hinzu. Da stellt sich die Frage,<br />

wer in diesem weltweiten Spiel überhaupt noch bestehen<br />

kann. Welcher Raum bleibt etwa noch für ein mittelständisches<br />

Softwareunternehmen, wird doch dieses Feld von<br />

amerikanischen Playern wie Microsoft, Oracle, Sun usw.<br />

beherrscht. Aus dem Rahmen fällt einzig und alleine das<br />

deutsche Vorzeigeunternehmen SAP, das als Branchenprimus<br />

gilt, im globalen Business ganz vorne mitspielt und<br />

bislang den Übernahmeofferten der Branchengrößten<br />

trotzt. Im Gegensatz zu anderen Industriezweigen, wie der<br />

Automobil-, Pharma- oder Logistikbranche, scheint dies in<br />

der Informationstechnologie die rühmliche Ausnahme zu<br />

sein. Hier finden sich die deutschen IT-Anbieter weit abgeschlagen<br />

auf den hinteren Plätzen. Grund genug, einmal<br />

Ursachenforschung zu betreiben, die damit einhergehenden<br />

Gefahren, aber auch die Chancen aufzuzeigen.<br />

„Typisch deutsch“ im Wandel<br />

Hilfreich ist zunächst sicherlich einmal der Versuch, sich<br />

selbst von außen, sprich durch die Brille der anderen, zu<br />

betrachten. Wir Deutschen sollten uns hinterfragen. Und<br />

wir sollten in Erfahrung bringen, wie uns die anderen sehen<br />

oder mit welchen Vor- und/oder Nachteilen wir bei einer internationalen<br />

Vermarktung konfrontiert werden. Da sind in<br />

erster Linie unsere typisch deutschen Tugenden wie Gründlichkeit,<br />

Pünktlichkeit und Genauigkeit. Tugenden, die<br />

rund um den Globus ganz unterschiedlich aufgenommen<br />

werden. In den europäischen Nachbarstaaten schätzt man<br />

unsere Verlässlichkeit zwar sehr, doch bestehen noch immer<br />

Vorbehalte auf Grund der jüngsten Historie, die es zu widerlegen<br />

gilt. Dort herrscht noch immer das Bild des Deutschen<br />

vor, der stets als Sieger gefeiert werden möchte und der kalt<br />

und berechnend wie eine Maschine auftritt. Die Tatsache,<br />

dass diese Einschätzung heute offensichtlich nicht mehr<br />

zutrifft, löst häufig großes Erstaunen aus. Dieses Image ist<br />

zwar – nicht zuletzt auch dank der Fußballweltmeisterschaft<br />

– im Wandel begriffen. Dennoch charakterisiert die Deutschen<br />

ein gewisses Verhalten, das man im Ausland gerne


065<br />

Auch wenn also in Bezug auf deutsche Produkte das positive<br />

Image überwiegt, so stehen den Germanen dennoch<br />

die Türen nicht von selbst offen. Um den Absatz in neuen,<br />

expandierenden Märkten wie Osteuropa und Asien anzukurbeln,<br />

heißt es wie überall, zunächst das Vertrauen der<br />

Kunden und Geschäftspartner zu gewinnen. Um sich dort<br />

erfolgreich zu positionieren, reichen Achtung und Anerkennung<br />

alleine nicht aus. Zuerst gilt es, in jedem Land<br />

aufs Neue die Menschen und deren Kultur kennen und<br />

verstehen zu lernen. Nur wer sich hierfür die Zeit nimmt,<br />

kann die richtigen Akzente setzen, die passenden Strategien<br />

entwickeln und Fehler vermeiden. Zwar zeichnet uns beispielsweise<br />

im Vergleich mit den Amerikanern ein höheres<br />

Fingerspitzengefühl und ein weniger überhebliches Auftreten<br />

aus. Dennoch begehen wir gelegentlich den Fehler zu<br />

glauben, dass die bei uns bewährte Vorgehensweise eins zu<br />

eins in andere Länder übertragbar ist. Wenn einige unserer<br />

Grundprinzipien erstaunlicherweise in fremden Ländern<br />

funktionieren, müssen diese immer auf die jeweilige Kultur<br />

im Land abgestimmt und angepasst werden. Mitarbeiter,<br />

die mit der internationalen Vermarktung betraut werden,<br />

müssen dies verinnerlichen. Interkulturelle Schulungen<br />

und eine schrittweise Heranführung ebnen den Weg.<br />

Wichtig bei der „Eroberung“ fremder Kulturen sind nicht<br />

zuletzt die länderspezifischen Umgangsformen. Gerade wir<br />

Deutschen sprechen eine sehr kühle und direkte Sprache,<br />

die Geschäftspartner anderer Länder so manches Mal unbeabsichtigt<br />

vor den Kopf stößt. Der asiatische Markt ist<br />

hierfür ein Paradebeispiel, wird doch hier die direkte Konfrontation<br />

– und damit ein etwaiger Gesichtsverlust – in der<br />

Regel vermieden. Doch es geht nicht um hundertprozentige<br />

Perfektion. Vielmehr sind es die kleinen Bemühungen, die<br />

wohlwollend zur Kenntnis genommen werden und oftmals<br />

eine große Herzlichkeit und Offenheit auslösen.<br />

mit „typisch deutsch“ umschreibt: diszipliniert, fleißig und<br />

gewissenhaft – aber oft auch stur, rechthaberisch und wenig<br />

flexibel. Darüber hinaus wird uns nicht selten eine eher pessimistische<br />

Grundhaltung nachgesagt, die im Ausland gerne<br />

als „Jammern auf hohem Niveau“ belächelt wird.<br />

Die Engländer messen sich nicht nur im Fußball gerne<br />

mit uns, sondern suchen auch sonst die offene Auseinandersetzung.<br />

Dennoch schätzen sie unsere Produkte, das<br />

Label „Made in Germany“ überzeugt aufgrund der längeren<br />

Haltbarkeit und höheren Qualität der Waren. Trotz aller<br />

Ressentiments überwiegt bei den Engländern ihr pragmatischer<br />

Denkansatz. Ein Pragmatismus, der in vielen anderen<br />

(west)europäischen Nachbarländern dazu beiträgt, den Absatz<br />

unserer Produkte zu steigern, obwohl diese in der Regel<br />

wesentlich teurer sind. Doch es gibt andere Beispiele. So<br />

kommt im Umgang mit den Polen nicht selten das Gefühl<br />

auf, dass nationaler und persönlicher Stolz überwiegen und<br />

man gegen Windmühlen anrennt. Ganz anders wiederum<br />

die Asiaten: Sie sind stolz darauf, wenn sie sich deutsche<br />

Wertarbeit leisten können, und schätzen die Zuverlässigkeit<br />

und Qualität. Ja, es versetzt uns Deutsche geradezu in<br />

Erstaunen, wie viel Glanz die doch für uns schon reichlich<br />

abgenutzte Floskel „Made in Germany“ dort noch besitzt.<br />

Kulturelle Gegebenheiten verinnerlichen<br />

Eine gute Vorbereitung und intensive Schulungen sind<br />

aber aus Selbstschutz notwendig. Falsches und unprofessionelles<br />

Vorgehen hat bereits dem einen oder anderen Unternehmen<br />

auch hohe finanzielle Einbußen beschert, weil aus<br />

kultureller Unkenntnis Gefahren nicht richtig eingeschätzt<br />

wurden. Ausgehend von den eigenen Wertvorstellungen<br />

neigen wir Deutschen nicht selten zu Fehleinschätzungen.<br />

So ist es in manchen Kulturen Gang und Gäbe, sich auf<br />

nicht ganz legalem Wege Vorteile erschleichen zu wollen.<br />

Ein chinesischer Geschäftsführer erzählte mir beispielsweise<br />

während des Essens ganz frank und frei – und nicht ohne<br />

einen gewissen Stolz –, dass sein Vater beim An- und Verkauf<br />

eine besondere Fingerfertigkeit beherrschte, mit der er<br />

unbemerkt die Waage manipulieren konnte. Ob der Sohn<br />

diese Veranlagung geerbt und übernommen haben könnte,<br />

darüber lässt sich nur spekulieren. Doch davon auszugehen,<br />

dass diese Gepflogenheiten nicht in der zweiten Generation<br />

Anwendung finden, wäre naiv. Gefragt ist also neben der<br />

genauen Kenntnis der kulturellen Gegebenheiten insbesondere<br />

auch ständige Wachsamkeit.


066 Alltag<br />

Der richtige Mix macht’s<br />

Gezielte Schulungen und Vorbereitungen auf Auslandsaktivitäten<br />

sind also unentbehrlich. Doch der Schlüssel zum<br />

Erfolg ist die enge Zusammenarbeit mit den jeweiligen<br />

Landsleuten. Der richtige Mix aus eigenem und ausländischem<br />

Personal macht den Unterschied. Einen verlässlichen<br />

einheimischen Geschäftspartner an der Seite zu haben,<br />

ist daher ein Muss. Denn jede geschäftliche Tätigkeit ist<br />

mit einem erheblichen Know-how-Transfer verbunden.<br />

So mancher deutsche Unternehmer reagierte nicht wenig<br />

schockiert, als er auf Grund diverser Probleme seine Fertigungsstelle<br />

aufsuchte und feststellen musste, dass seine gut<br />

ausgebildeten neuen Mitarbeiter nun im Unternehmen gegenüber<br />

arbeiteten, einem Abbild seiner eigenen Fertigung.<br />

Denn im Kopieren sind die Asiaten bekanntermaßen Weltmeister.<br />

An dieser Stelle wird ein weiterer wichtiger Punkt deutlich:<br />

Die Erschließung neuer Märkte muss insbesondere<br />

bei einem mittelständischen Unternehmen Chefsache sein.<br />

Um langfristig erfolgreich zu sein, braucht es neben einem<br />

soliden Fundament Kontinuität und Ausdauer. Den meisten<br />

gescheiterten Ausflügen in die Internationalisierung hat es<br />

daran gemangelt. Jede Erschließung eines neuen Marktes<br />

kostet Geld. Solche Investitionen erstrecken sich über einen<br />

längeren Zeitraum, auch in Wachstumsmärkten wie<br />

Asien ist das schnelle Geld nicht zu machen. Die Bekanntmachung<br />

der eigenen Produkte, der Imageaufbau sowie<br />

der Aufbau von Service und Partnerstrukturen braucht<br />

nun einmal Zeit, und all dies sollte mit Weitsicht geplant<br />

werden. Außerdem sollte die Internationalisierung speziell<br />

eines mittelständischen Unternehmens mit einem internen<br />

Wandel einhergehen. Es genügt nicht, dass nur die mit den<br />

Auslandsaktivitäten betraute Abteilung die neue Unternehmenskultur<br />

repräsentiert. Dieser Wandel muss vom gesamten<br />

Unternehmen vollzogen und mitgetragen werden.<br />

Mit Innovationsfreude und Enthusiasmus ans Ziel<br />

Doch genau hier stoßen wir Deutschen an unsere Grenzen,<br />

denn in unserer Mentalität überwiegt das Misstrauen<br />

gegenüber Veränderungen. Wir neigen dazu, zuerst einmal<br />

alles in Frage zu stellen und als Besitzstandswahrer zu agieren.<br />

Um eine Internationalisierungsstrategie zum Erfolg zu<br />

führen, ist es im Interesse des gesamten Unternehmens, den<br />

Mitarbeitern ihre Ängste in Bezug auf ihren Arbeitsplatz zu<br />

nehmen. Dies ist mithilfe einer umfassenden, offenen Informationspolitik<br />

und mit deren Einbindung in die Unternehmensstrategie<br />

zu erreichen. Denn Arbeitsplatzsicherheit<br />

lässt sich nur gewährleisten, wenn das Unternehmen floriert<br />

und die Herausforderungen der Zukunft annimmt. Mit der<br />

Globalisierung geht sicherlich eine Verlagerung bestimmter<br />

arbeitsintensiver Tätigkeiten in so genannte Billiglohnländer<br />

einher. Gleichzeitig nimmt der Wettbewerb im eigenen<br />

Land zu. Hier können nur neue, innovative Konzepte dazu<br />

beitragen, am Markt zu bestehen.<br />

In diesem Zusammenhang hat Deutschland im europäischen<br />

Vergleich Nachholbedarf. Zu starr und unflexibel<br />

sind unsere Strukturen geworden, da man sich allzu lange<br />

auf den Lorbeeren der Ludwig-Erhard-Zeit ausgeruht hat.<br />

Gefragt ist hier neben der Wirtschaft die Politik. Nur mit<br />

konsequenten und sicherlich teilweise unbequemen Reformen<br />

können die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts<br />

gemeistert werden. Einige der EU-Nachbarländer sind uns<br />

in verschiedenen Bereichen um Nasenlänge voraus. Ob<br />

in der Bildungspolitik, dem Gesundheitswesen oder dem<br />

Steuerrecht. Der Veränderungsbedarf in unserem Land, der<br />

Gesellschaft wie der Wirtschaft, ist enorm. Bisher hat das<br />

Unternehmen Deutschland seine Möglichkeiten sicherlich<br />

noch nicht ausgeschöpft. Den Erfolg machen viele Faktoren<br />

aus, darunter so manche „soft facts“ wie Enthusiasmus.<br />

Begeisterung trägt dazu bei, vieles besser zu machen und<br />

sich zu differenzieren. Mit qualitativ hochwertigeren und<br />

intelligenteren Produkten, mehr Kundennähe und besserem<br />

Service.<br />

Auch gegen übermächtig erscheinende Global Player,<br />

denen es gerade in der Softwareindustrie schwer fällt, ihre<br />

immer umfangreicheren Produktpaletten zu beherrschen,<br />

insbesondere wenn es um anspruchsvolle Businesslösungen<br />

geht. Während sich die Großen intern mit der Konsolidierung<br />

ergänzender und überlappender Produktpaletten und<br />

verschiedener Unternehmenskulturen beschäftigen, sollten<br />

sich mittelständische Unternehmen konsequent auf ihre<br />

Stärken fokussieren. Auch sie haben die Chance, mithilfe<br />

von Begeisterung, Beharrlichkeit und Innovationsfreude<br />

auf internationalem Parkett zu reüssieren. Hierfür steht eine<br />

Vielzahl von deutschen und nicht zuletzt von schwäbischen<br />

Mittelständlern. Es liegt an uns, dem Siegel „Made in Germany“<br />

neuen Glanz zu verleihen.<br />

Karl Heinz Mosbach<br />

Der diplomierte Ingenieur, Jahrgang 1960,<br />

startete seine Karriere bei der Lous Leitz KG.<br />

Anfang 1996 übernahm er den Aufbau des Bereiches<br />

DMS und Archivierung, den er heute als<br />

Geschäftsführer der nunmehr eigenständigen<br />

ELO Digital Office GmbH leitet.


066 Alltag<br />

Der richtige Mix macht’s<br />

Gezielte Schulungen und Vorbereitungen auf Auslandsaktivitäten<br />

sind also unentbehrlich. Doch der Schlüssel zum<br />

Erfolg ist die enge Zusammenarbeit mit den jeweiligen<br />

Landsleuten. Der richtige Mix aus eigenem und ausländischem<br />

Personal macht den Unterschied. Einen verlässlichen<br />

einheimischen Geschäftspartner an der Seite zu haben,<br />

ist daher ein Muss. Denn jede geschäftliche Tätigkeit ist<br />

mit einem erheblichen Know-how-Transfer verbunden.<br />

So mancher deutsche Unternehmer reagierte nicht wenig<br />

schockiert, als er auf Grund diverser Probleme seine Fertigungsstelle<br />

aufsuchte und feststellen musste, dass seine gut<br />

ausgebildeten neuen Mitarbeiter nun im Unternehmen gegenüber<br />

arbeiteten, einem Abbild seiner eigenen Fertigung.<br />

Denn im Kopieren sind die Asiaten bekanntermaßen Weltmeister.<br />

An dieser Stelle wird ein weiterer wichtiger Punkt deutlich:<br />

Die Erschließung neuer Märkte muss insbesondere<br />

bei einem mittelständischen Unternehmen Chefsache sein.<br />

Um langfristig erfolgreich zu sein, braucht es neben einem<br />

soliden Fundament Kontinuität und Ausdauer. Den meisten<br />

gescheiterten Ausflügen in die Internationalisierung hat es<br />

daran gemangelt. Jede Erschließung eines neuen Marktes<br />

kostet Geld. Solche Investitionen erstrecken sich über einen<br />

längeren Zeitraum, auch in Wachstumsmärkten wie<br />

Asien ist das schnelle Geld nicht zu machen. Die Bekanntmachung<br />

der eigenen Produkte, der Imageaufbau sowie<br />

der Aufbau von Service und Partnerstrukturen braucht<br />

nun einmal Zeit, und all dies sollte mit Weitsicht geplant<br />

werden. Außerdem sollte die Internationalisierung speziell<br />

eines mittelständischen Unternehmens mit einem internen<br />

Wandel einhergehen. Es genügt nicht, dass nur die mit den<br />

Auslandsaktivitäten betraute Abteilung die neue Unternehmenskultur<br />

repräsentiert. Dieser Wandel muss vom gesamten<br />

Unternehmen vollzogen und mitgetragen werden.<br />

Mit Innovationsfreude und Enthusiasmus ans Ziel<br />

Doch genau hier stoßen wir Deutschen an unsere Grenzen,<br />

denn in unserer Mentalität überwiegt das Misstrauen<br />

gegenüber Veränderungen. Wir neigen dazu, zuerst einmal<br />

alles in Frage zu stellen und als Besitzstandswahrer zu agieren.<br />

Um eine Internationalisierungsstrategie zum Erfolg zu<br />

führen, ist es im Interesse des gesamten Unternehmens, den<br />

Mitarbeitern ihre Ängste in Bezug auf ihren Arbeitsplatz zu<br />

nehmen. Dies ist mithilfe einer umfassenden, offenen Informationspolitik<br />

und mit deren Einbindung in die Unternehmensstrategie<br />

zu erreichen. Denn Arbeitsplatzsicherheit<br />

lässt sich nur gewährleisten, wenn das Unternehmen floriert<br />

und die Herausforderungen der Zukunft annimmt. Mit der<br />

Globalisierung geht sicherlich eine Verlagerung bestimmter<br />

arbeitsintensiver Tätigkeiten in so genannte Billiglohnländer<br />

einher. Gleichzeitig nimmt der Wettbewerb im eigenen<br />

Land zu. Hier können nur neue, innovative Konzepte dazu<br />

beitragen, am Markt zu bestehen.<br />

In diesem Zusammenhang hat Deutschland im europäischen<br />

Vergleich Nachholbedarf. Zu starr und unflexibel<br />

sind unsere Strukturen geworden, da man sich allzu lange<br />

auf den Lorbeeren der Ludwig-Erhard-Zeit ausgeruht hat.<br />

Gefragt ist hier neben der Wirtschaft die Politik. Nur mit<br />

konsequenten und sicherlich teilweise unbequemen Reformen<br />

können die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts<br />

gemeistert werden. Einige der EU-Nachbarländer sind uns<br />

in verschiedenen Bereichen um Nasenlänge voraus. Ob<br />

in der Bildungspolitik, dem Gesundheitswesen oder dem<br />

Steuerrecht. Der Veränderungsbedarf in unserem Land, der<br />

Gesellschaft wie der Wirtschaft, ist enorm. Bisher hat das<br />

Unternehmen Deutschland seine Möglichkeiten sicherlich<br />

noch nicht ausgeschöpft. Den Erfolg machen viele Faktoren<br />

aus, darunter so manche „soft facts“ wie Enthusiasmus.<br />

Begeisterung trägt dazu bei, vieles besser zu machen und<br />

sich zu differenzieren. Mit qualitativ hochwertigeren und<br />

intelligenteren Produkten, mehr Kundennähe und besserem<br />

Service.<br />

Auch gegen übermächtig erscheinende Global Player,<br />

denen es gerade in der Softwareindustrie schwer fällt, ihre<br />

immer umfangreicheren Produktpaletten zu beherrschen,<br />

insbesondere wenn es um anspruchsvolle Businesslösungen<br />

geht. Während sich die Großen intern mit der Konsolidierung<br />

ergänzender und überlappender Produktpaletten und<br />

verschiedener Unternehmenskulturen beschäftigen, sollten<br />

sich mittelständische Unternehmen konsequent auf ihre<br />

Stärken fokussieren. Auch sie haben die Chance, mithilfe<br />

von Begeisterung, Beharrlichkeit und Innovationsfreude<br />

auf internationalem Parkett zu reüssieren. Hierfür steht eine<br />

Vielzahl von deutschen und nicht zuletzt von schwäbischen<br />

Mittelständlern. Es liegt an uns, dem Siegel „Made in Germany“<br />

neuen Glanz zu verleihen.<br />

Karl Heinz Mosbach<br />

Der diplomierte Ingenieur, Jahrgang 1960,<br />

startete seine Karriere bei der Lous Leitz KG.<br />

Anfang 1996 übernahm er den Aufbau des Bereiches<br />

DMS und Archivierung, den er heute als<br />

Geschäftsführer der nunmehr eigenständigen<br />

ELO Digital Office GmbH leitet.


068 Alltag<br />

WLAN im Englischen Garten<br />

Drahtlos in München<br />

Viele gute Ideen entstehen aus einer Laune des Zufalls heraus. So auch<br />

der „E-Garten“, das WLAN im Englischen Garten in München. Man muss nur<br />

lange genug zusammen sitzen.<br />

Jimmy Schulz<br />

Eines Abends im Frühjahr 2002 saßen nach dem Treffen<br />

eines Arbeitskreises des FIWM e.V. (Förderkreis IT- und<br />

Medienwirtschaft München) drei Leute zusammen und<br />

fantasierten bei ein paar Bier über die Möglichkeiten der<br />

gerade in den Kinderschuhen steckenden drahtlosen Vernetzung.<br />

Plötzlich stand die Frage im Raum, was damit<br />

alles möglich wäre, und vor allem, wo. Und da nichts das<br />

bayerische Lebensgefühl besser verkörpert als die grüne<br />

Lunge eines der größten Stadtparks der Welt sowie dessen<br />

Biergärten, der Chinesische Turm und das Seehaus, musste<br />

ein Wireless LAN her. Denn es ist einfach schlichtweg cool,<br />

zum Arbeiten in den Biergarten zu gehen.<br />

Surfen im Allerheiligsten?<br />

Als problematisch stellte sich heraus, überhaupt im Heiligtum<br />

der bayerischen Staatskanzlei der Schlösser- und<br />

Seenverwaltung eine Genehmigung zu bekommen. Einzig<br />

die Tatsache, dass es sich hierbei um ein nicht auf Gewinn<br />

ausgerichtetes Forschungsprojekt handelte ermöglichte die<br />

Sondergenehmigung, an den unter Denkmalschutz stehenden<br />

Gebäuden die Antennen anzubringen.<br />

Nach langen Nächten und Herumklettern in Bäumen<br />

konnten wir im Juli 2002 mit einer großen Pressekonferenz<br />

den Startschuss zum vermutlich ersten WLAN in einem<br />

Biergarten weltweit geben. Die Presseresonanz überraschte<br />

uns. Mehrere Fernsehsender und nahezu allen wichtigen<br />

Printmedien berichteten an prominenter Stelle über E-<br />

Garten.Net und über die Verwirklichung des Slogans „Laptop<br />

und Lederhose“. Im größten Biergarten der Welt, dem<br />

Chinesischen Turm, werden etwa 80 Prozent aller Sitzplätze<br />

abgedeckt und im Seehaus alle Sitzplätze sowie der gesamte<br />

See. So wäre auch bei einer Bootsfahrt die Grundversorgung<br />

mit Internetzugang sichergestellt. Mittlerweile ist aus dem<br />

Pilotprojekt eine Selbstverständlichkeit geworden, hunderte<br />

von Usern schätzen die Möglichkeit, mal eben schnell in der<br />

Mittagspause E-Mails zu lesen. Studenten nutzen die Möglichkeit,<br />

dem Dunkel der Bibliotheken zu entfliehen und an<br />

der frischen Luft zu recherchieren.<br />

Und so funktionierts<br />

Die Benutzung ist ebenso einfach wie problemlos: An der<br />

Kasse der Biergärten einfach „Brez´n, Bier und Internet“<br />

bestellen und für 3 Euro einen Voucher für eine Stunde<br />

Nutzung lösen. Laptop oder PDA mit WLAN-Zugang einschalten,<br />

einfach den Browser der Wahl starten und die<br />

Homepage des E-Garten.Net aufrufen (www.e-garten.net).<br />

Dort auf der rechten Seite den Button ‚anmelden‘ anklicken<br />

und die Daten vom Voucher eingeben, und schon kanns<br />

losgehen. Wer die Sache erst einmal testen will, kann dies<br />

tun, denn eine ganze Reihe von Webseiten ist kostenfrei und


069<br />

ohne Voucher erreichbar. So zum Beispiel die Seiten der<br />

beteiligten Firmen sowie der Sponsoren. Wer nicht aufstehen<br />

und zur Kasse gehen will, um einen Voucher zu kaufen,<br />

kann auch per Kreditkarte online sein Online-Guthaben<br />

aufladen. Doch Vorsicht: offenes Netz! Eine Verschlüsselung<br />

der Daten wie im heimischen WLAN findet nicht statt. Wer<br />

also vertrauliche Daten zu verschicken hat, sollte lieber per<br />

VPN oder per E-Mail-Verschlüssellung arbeiten. Eine Personal<br />

Firewall ist in öffentlichen Hotspots sowieso Pflicht,<br />

damit der eigene Rechner vor den Zugriffen anderer geschützt<br />

bleibt.<br />

Liebenswertes E-Garten.Net<br />

WLAN-Hotspots im öffentlichen Raum gibt es mittlerweile<br />

jede Menge. Das besondere an E-Garten.Net ist jedoch<br />

das einmalige Flair und die über die Jahre gewachsene Gemeinschaft,<br />

die sich regelmäßig im Seehaus oder am Chinesischen<br />

Turm zum Stammtisch trifft. Dort wird gefachsimpelt<br />

oder Neueinsteigern geholfen, den ersten Kontakt zum<br />

Netz aufzubauen. Am Chinesischen Turm geschieht das am<br />

einzigen genehmigten Stammtisch im Englischen Garten.<br />

Ein riesiger runder Tisch mit eigens angefertigter Plakette.<br />

Neben den Stammtischen finden eine Reihe von Firmenveranstaltungen<br />

statt, die das Netz gerne nutzen. Zu manchen<br />

besonderen Anlässen wie dem traditionellen Kocherlball<br />

wurden vom Team auch Video-Liveübertragungen in alle<br />

Welt organisiert.<br />

Eine Attraktion der besonderen Art war der Stand des<br />

E-Garten.Net-Teams auf der SYSTEMS 2002: dort wurde<br />

die Biergartensaison bis in den späten Oktober hinein<br />

verlängert. Einem Biergarten nachempfunden mit Biertischen,<br />

Maibaum und Schänke, konnten sich die erschöpften<br />

Messebesucher bei einer Brez´n und einer Maß Bier erholen<br />

und nebenher in angenehmer Atmosphäre per WLAN im<br />

Internet surfen. Auf vielen weiteren Messen wie CeBIT und<br />

Systems war das Team vom E-Garten.Net immer präsent. In<br />

vielen Vorträgen berichten wir über die vielen technischen<br />

und nichttechnischen Aspekte von E-Garten.Net. Besonders<br />

oft werden wir nach dem Funktionieren eines virtuellen<br />

Unternehmens gefragt. Auch dazu halten wir mittlerweile<br />

Vorträge. Das ist der Aspekt, der allen Beteiligten fast am<br />

meisten Spaß gemacht hat. Aus vielen Einzelteilen ein großes<br />

Ganzes zu machen, das größer ist als die Summe der<br />

Einzelteile. Für technisch orientierte Unternehmen war es<br />

eine neue Erfahrung, gemeinsam mit einer PR-Agentur wie<br />

mit Kollegen zu arbeiten, und für die Marketing-Agentur<br />

war der Einblick in die Arbeitsweise einer Softwareschmiede<br />

eine ungewöhnliche Erfahrung.<br />

Die Zukunft des E-Garten.Net<br />

Natürlich ist WLAN heute keine revolutionär neue Technologie<br />

mehr. E-Garten.Net versteht sich selbst eher als<br />

Plattform für neue Technologien, als Experimentierfeld<br />

mit gesicherter Umgebung. Viele Unternehmen nutzen den<br />

wohl bekanntesten Hotspot der Welt für Produkteinführungen<br />

Vorträge und Pressekonferenzen. Innovative Ideen<br />

werden hier ausprobiert und der Öffentlichkeit vorgeführt.<br />

Beispielsweise Voice over IP over WLAN mit einem PDA.<br />

E-Garten.Net wird sich technisch weiterentwickeln und<br />

sicherlich in Zukunft Träger neuer innovativer Ideen sein.<br />

Eines bleibt aber im Mittelpunkt die zwischenmenschliche<br />

Kommunikation in einem Biergarten und die gemeinsame<br />

Lust am Experimentieren.<br />

Jimmy Schulz<br />

Der diplomierte Politologe, Jahrgang 1968, ist<br />

Mitgründer des E-Garten.Net. Unter seiner Regie<br />

wurde das WLAN installiert und konfiguriert.


070 Alltag<br />

News Unternehmen<br />

presse@hw-medien.de<br />

Oracle mit Gewinn im vierten Geschäftsquartal<br />

Galileo-Satellitenforschung in<br />

Rostock gefördert<br />

Der Bund wird die Forschung und Entwicklung<br />

des europäischen Satellitennavigationssystems<br />

Galileo in Rostock mit 2,5 Millionen<br />

Euro fördern. Das Rostocker Unternehmen<br />

RST wird im Hafen vier Sender aufstellen,<br />

mit denen sich punktgenau der Standort<br />

errechnen lässt. Der Bundesminister Aufbau<br />

Ost, Wolfgang Tiefensee (SPD) wörtlich bei<br />

seinem Besuch in Rostock: „Wir erwarten<br />

uns viele Folgeaufträge, das ist ein gigantisch<br />

explodierender Markt“.<br />

Die Oracle Corporation verbuchte im vierten Quartal bei einem GAAP-<br />

Umsatz von 4,9 Mrd. US-Dollar eine Steigerung von 25 Prozent. Der<br />

GAAP-Gewinn stieg um 27 Prozent auf 1,3 Mrd. US-Dollar. Das entspricht<br />

einem Gewinn pro Aktie von 0,24 US-Dollar (plus 24 Prozent). Die Software-Erlöse<br />

nach GAAP stiegen um 28 Prozent auf 4,0 Mrd. US-Dollar. Der<br />

Non-GAAP-Gewinn pro Aktie betrug 0,29 US-Dollar im vierten Quartal;<br />

eine Steigerung um elf Prozent. Der Reingewinn nach Non-GAAP erhöhte<br />

sich um 13 Prozent auf 1,5 Milliarden US-Dollar verglichen mit dem vierten<br />

Quartal des Vorjahres.<br />

Oracle wächst – aber das stürmische Wachstum der 90er-Jahre<br />

scheint vorbei zu sein. Der Oracle-Kurs ist seit nunmehr fast vier Jahren in<br />

einer Seitwärtsbewegung gefangen. Im weitesten Sinne ähnlich sieht die<br />

Situation auch bei anderen Marktführern wie Microsoft, Cisco oder IBM<br />

aus. Trotz Übernahmen lässt sich nur normales Neugeschäft generieren.<br />

Es sieht so aus, dass die Neuinvestitionszyklen der Kunden weiterhin in<br />

einem längeren Zeitraum verbleiben.<br />

GoYellow braucht mehr Geld<br />

Nach erneuten Verlusten will die Internetauskunft GoYellow über<br />

eine Kapitalerhöhung frisches Geld beschaffen und im Oktober<br />

2,3 Millionen neue Aktien ausgeben. Die Finanzlage von Go-<br />

Yellow sei aber nicht angespannt. In der ersten Jahreshälfte 2006<br />

machte das Unternehmen vor Steuern und Zinsen einen Verlust<br />

von 8,9 Millionen Euro. Damit fiel das Minus zwar kleiner als im<br />

Vorjahreszeitraum aus, aber weiterhin höher als der Umsatz von<br />

zuletzt 1,3 Millionen Euro (2005: 1,7 Millionen Euro).<br />

Der neue GoYellow-Vorstand Klaus Harnisch hat es also innerhalb<br />

weniger als zwei Jahre geschafft, die proppenvolle Kasse<br />

der früheren Varetis (jetzt: GoYellow) zu verpulvern. Vermutlich<br />

bekommt er für neue Aktien noch mal Geld, aber bestenfalls zu<br />

Ramschpreisen. Die Finanzlage dürfte Ende des Jahres klar angespannt<br />

sein.<br />

Pixelpark und Elephant Seven fusionieren<br />

Zwei ehemalige Schwergewichte der New Economy<br />

wollen fusionieren: Pixelpark und Elephant Seven. 2007<br />

soll der fusionierte Konzern über 50 Mio. Euro Umsatz<br />

erwirtschaften. Die beiden Unternehmen wiesen im letzten<br />

Geschäftsjahr einen operativen Gewinn aus, schrieben<br />

unterm Strich jedoch rote Zahlen: Pixelpark minus<br />

185.000 Euro, Elephant Seven minus 246.000 Euro.<br />

Kaum wurde das Platzen der Fusion mit Springer +<br />

Jacoby bekannt, schon zieht die Elephant Seven AG das<br />

nächste Ass aus dem Ärmel. Und das war ganz sicher<br />

schon lange vorbereitet, zumal die Probleme bei dem<br />

ursprünglichen Wunschobjekt S+J nicht ganz neu sind.<br />

Mit dem Wegfall von DaimlerChrysler als Werbekunden<br />

brach die Grundlage der Fusion weg, jedenfalls zu den<br />

verhandelten Konditionen – schließlich stand das Autohaus<br />

für ein Drittel des Umsatzes. Ob’s in der jetzigen<br />

Konstellation besser wird? Schließlich treffen sich jetzt<br />

zwei ehemalige Fast-Pleite-Kandidaten aus dem neuen<br />

Markt, die aber beide knapp die Kurve gekriegt haben.<br />

Da beide zuletzt nur mehr kleine rote Zahlen schrieben,<br />

ist mit dem Wegfall diverser Administrations- und<br />

Overhead-Kosten eigentlich der Weg in die schwarzen<br />

Zahlen vorgezeichnet. Aber das war er früher auch schon<br />

mal …<br />

Bundesnetzagentur will Wimax-Frequenzen versteigern<br />

Noch in diesem Jahr sollen Frequenzen für den Breitband-Funkstandard<br />

Wimax versteigert werden. Die Zahl der Anträge übersteige die verfügbaren<br />

Frequenzen um ein Vielfaches, so die Bundesnetzagentur. Mit Wimax sollen<br />

vor allem Regionen mit Breitband versorgt werden, in denen schnelles Internet<br />

noch nicht verfügbar ist oder Versorgungslücken geschlossen werden.<br />

Die Bundesnetzagentur unterteilte die zu vergebenden Frequenzpakete auf 16<br />

Regionen, die das gesamte Bundesgebiet abdecken. Die Auktion wird für jedes<br />

Gebiet einzeln erfolgen, wobei sich Unternehmen auch zu Konsortien zusammenschließen<br />

können. Der Funkstandard Wimax ermöglicht die kabellose<br />

Datenübertragung über theoretisch bis zu 50 Kilometer.


071<br />

<br />

kommentiert von Engelbert Hörmannsdorfer, Börsen-Infodienst BetaFaktor, www.betafaktor.de<br />

News Unternehmen<br />

EMC übernimmt RSA Security<br />

Der Storage-Hersteller EMC erweitert mit der Übernahme<br />

RSA Security sein Angebotsportfolio. Nach<br />

Insidern galt EMC als der erste Kandidat für den Kauf<br />

von RSA. Der Storage-Hersteller wird 28 US-Dollar<br />

je RSA-Aktie zahlen. Insgesamt beträgt der Kaufpreis<br />

knapp 2,1 Milliarden US-Dollar. RSA Security wird<br />

nach dem Abschluss der Übernahme als Information<br />

Security Division von EMC agieren.<br />

Der Trend, dass zur Datensicherung und -speicherung<br />

auch Datensicherheit gehört, hat sich in den<br />

letzten Jahren enorm schnell durchgesetzt. EMC füllt<br />

damit jetzt eine Lücke auf ihrem Weg zum ganzheitlichen<br />

ILM-Portfolio. Dabei geht es um mehr als das<br />

Erfüllen von Compliance-Vorgaben: Risk-Management,<br />

Informationssicherheit und Informationsschutz<br />

sind die neuen Anforderungen. Der Preis mag<br />

etwas hoch sein, aber bereits mit den Übernahmen<br />

Documentum, Legato und Captiva hat EMC gezeigt,<br />

dass man alles zu einem sinnvollen Gesamtprojekt<br />

integrieren kann.<br />

Storage-Anbieter EMC bleibt beim Umsatz unter<br />

den Erwartungen<br />

Mit 2,57 Mrd. blieb der US-amerikanische Storage-Anbieter EMC<br />

unter den angepeilten 2,66 Mrd. US-Dollar. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum<br />

stieg der Umsatz dennoch um 10 Prozent – zum<br />

zwölften Mal in Folge zweistellig. Der Gewinn schrumpfte im Vergleich<br />

um 5 Prozent auf 279,1 Mio. US-Dollar. EMC-Chef Joe Tucci<br />

räumte ein, man hätte sich verkalkuliert, gerade bei den neueren<br />

Speichersystemen vom Typ Symmetrix DMX-3.<br />

Ein veränderter Nachfragemix – und schon passt das Resultat<br />

nicht mehr zu den Prognosen. Fakt ist trotzdem, dass EMC<br />

nach wie vor zweistellig wächst. EMC-Chef Joe Tucci ist bekannt<br />

dafür, dass er sich auf eine veränderte Produktnachfrage schnell<br />

einstellt und an den entsprechenden Stellschrauben dreht, um<br />

auch die Gewinnsituation wieder zu verbessern.<br />

HP zieht sich aus Optical-Disk-Geschäft zurück<br />

Stellent schraubt Gewinn nach oben<br />

Stellent, der Anbieter von Content-Management-Systemen,<br />

hat im ersten Fiskalquartal (30. Juni) den Umsatz um 13<br />

Prozent auf 32,3 Millionen US-Dollar gesteigert. Auf GAAP-<br />

Basis stieg der Nettogewinn um 91 Prozent auf 2,1 Millionen<br />

US-Dollar bzw. 7 Cent pro Aktie. Außerdem meldete Stellent<br />

die Übernahme von zwei Unternehmen: Mit SealedMedia<br />

wird ein Anbieter von Digital-Rights-Management-Lösungen<br />

übernommen, Bitform ist Anbieter von Produkten zur<br />

Content-Filterung. Beide Lösungen sollen in Stellents ECM-<br />

Plattform integriert werden.<br />

Kommentar: Die Ergebnisse lagen in etwa im Korridor<br />

der Analystenschätzungen, insofern tat sich nicht viel<br />

am Aktienkurs. Die beiden übernommenen Unternehmen<br />

bringen Technologien mit, die es Organisationen erlauben,<br />

ihre Dokumente noch besser zu schützen (Content Security)<br />

und so Geschäftsrisiken zu minimieren. Insofern eine gute<br />

Abrundung.<br />

Retten Downloads die Musikindustrie?<br />

Der Marktforscher Screen Digest aus UK glaubt in<br />

seiner neuen Studie, dass die legalen Musik-Downloads<br />

den Abwärtstrend der Musikindustrie stoppen.<br />

So soll sich der Online-Umsatz von 2005 bis Ende<br />

2006 auf mehr als 280 Mio. Euro verdoppelt haben.<br />

2010 dann wird ein Marktvolumen in Europa von<br />

über einer Milliarde Euro prognostiziert. Das Wachstum<br />

sei eine Folge der zunehmenden Verbreitung<br />

von Breitband-Internetzugängen und MP3-Playern.<br />

Der IT-Konzern HP hat mit einem „End-of-Life“-Schreiben an seine Kunden mitgeteilt, dass die Produktion seiner<br />

gesamten Jukebox-Linie mit MO/WORM- und UDO-Laufwerken eingestellt wurde. Man werde sich aus dem<br />

Geschäft für optische Speichermedien zurückziehen. Hauptsächlich macht HP die RoHS-Richtlinien (Restriction<br />

of Hazardous Substances) der EU für den Rückzug verantwortlich. Das allerdings scheint nicht der alleinige<br />

Grund zu sein: Information-Lifecycle-Management (ILM) habe den Markt in den letzten Jahren stark verändert.<br />

Jukeboxen seien in einem einfachen ILM-System deshalb „zu einem Datengrab verkommen“.<br />

Eine ähnliche Entscheidung mit ähnlicher Begründung vor allem im Hinblick auf das aufkommende<br />

ILM-Thema traf IBM schon mal vor rund zwei Jahren. Mittlerweile kehrt aber Big Blue wieder in den Jukebox-<br />

Markt zurück, siehe die jüngsten IBM-Neuankündigungen wie beispielsweise das 3996-System. IBM lässt ihre<br />

Systeme komplett von Plasmon zuliefern, natürlich RoHS-konform.<br />

C//MAG NEWS


072 Alltag<br />

Individualisierung von Websites<br />

Individueller<br />

Informationszugriff<br />

statt „Website für alle“<br />

Das Industrieunternehmen Bernecker+Rainer bietet<br />

seinen Kunden nicht nur Automatisierungslösungen,<br />

sondern über ein Web-Portal individuellen Zugriff auf<br />

Informationen zu Produkten und Service-Leistungen.<br />

Die Produktdaten aus SAP R/3 werden automatisiert in<br />

eine RedDot-Portallösung übernommen. Dort werden<br />

sie mit vertriebs- und marketingrelevanten Daten angereichert.<br />

Eine Schnittstelle zur Übersetzungssoftware<br />

von SDL/Trados ermöglicht die kostengünstige Bereitstellung<br />

in mehreren Sprachen. Eine Anbindung des<br />

Lotus-Notes-basierten Usermanagements gewährleistet<br />

den sicheren und maßgeschneiderten Zugriff auf den<br />

Datenbestand. Integrierte Services wie Seriennummern<br />

abfragen runden das Portalangebot ab.<br />

Bernecker+Rainer – kurz B&R – gehört zu den größten<br />

Privatunternehmen im Bereich der Automatisierungs- und<br />

Prozessleittechnik. B&R zählt Maschinenbauunternehmen<br />

auf der ganzen Welt zu seinem Kundenstamm. Das Unternehmen<br />

bietet von der frei gestaltbaren Bedienoberfläche<br />

über Spezialentwicklungen von Elektronikkomponenten<br />

bis hin zu Standardprodukten verschiedenste Automatisierungslösungen.<br />

Wie viele andere Produktionsbetriebe steht<br />

B&R in einem internationalen Konkurrenzkampf. Einem<br />

Wettbewerb, in dem nicht nur effiziente Produktionsprozesse<br />

entscheidend sind, sondern zunehmend der Umgang<br />

mit der Ressource ‚Information’. Entsprechend wichtig ist<br />

die Bereitstellung von Informationen rund um das erklärungsbedürftige<br />

Portfolio.<br />

Eine Website für alle reicht nicht<br />

Um unternehmenskritische Geschäftsprozesse deutlich<br />

zu beschleunigen und durch eine verbesserte Kommunikation<br />

die Kundenzufriedenheit zu erhöhen, ist es das<br />

Ziel die Website www.br-automation.com effizienter zur<br />

Kundenansprache zu nutzen. Bislang wurden die Produktinformationen<br />

in SAP R/3 und anderen internen Systemen<br />

verwaltet. Der Internetauftritt war nicht daran gekoppelt, so<br />

dass Informationen in dem Web-Redaktionssystem Typo3<br />

separat gepflegt werden mussten. Gänzlich ungeeignet war<br />

die Open Source Web-Software, um die geplante Integration<br />

der IT-Systeme und die personalisierte Auslieferung<br />

der Inhalte zu realisieren. Ein neues System war gefragt:<br />

„Die übliche ´Website für alle´ reichte uns nicht mehr.<br />

Wir suchten eine Lösung, mit der wir im ersten Schritt die<br />

enorme Menge an Informationen zu unseren Produkten aus<br />

unterschiedlichen Systemen zusammenführen konnten. Im<br />

zweiten Schritt sollten diese Informationen webbasiert den<br />

Kunden und Geschäftspartnern gezielt verfügbar gemacht<br />

werden“, resümiert Josef Raschhofer, IT-Leiter bei B&R, das<br />

strategische Projektziel.<br />

Kommunikation erfordert Integration<br />

Die Anforderungen an ein neues System waren hoch: Neben<br />

der Abfrage detaillierter Produktinformationen sollten<br />

alltägliche Service-Dienstleistungen – wie die Abwicklung<br />

von Garantieansprüchen – über das neue Portal möglich


073<br />

RedDot Solutions AG, Markus Steidl, info@reddot.de • Bernecker + Rainer Industrie Elektronik Ges.m.b.H., office@br-automation.de<br />

sein. Die erforderlichen Informationen liegen zusammen<br />

mit den Produktdaten in SAP R/3 vor und zeichnen sich<br />

durch ein hohes Datenvolumen aus. Eine Direktanbindung<br />

der Content-Management-Lösung an das SAP-System war<br />

unumgänglich. Für mehrsprachige Produktinformationen<br />

und -dokumentationen sollte die vorhandene Übersetzungslösung<br />

der Firma SDL/Trados in den redaktionellen<br />

Workflow des Content-Management-Systems integriert<br />

werden. Des Weiteren stand die Integration des Usermanagement-Systems<br />

Lotus Notes auf dem Wunschzettel. B&R<br />

betreut weltweit mehr als 3.000 Kunden mit verschiedenen<br />

Ansprechpartnern für deren Produktbereiche. Aufbauend<br />

auf Lotus Notes, sollte die neue Lösung diese User und ihre<br />

Berechtigungen leicht verwalt- und nutzbar machen, so<br />

dass individuelle Anfragen im Portal möglich sind. Zur Realisierung<br />

des Projekts holte B&R den Internet-Dienstleister<br />

ecom.IT an Bord.<br />

Software „made in Oldenburg“ als Lösung<br />

In der Konzeptionsphase definierten die Projektverantwortlichen<br />

die Abläufe im Detail und spezifizierten die<br />

Schnittstellen zu den vorhandenen IT-Systemen. Auf Basis<br />

dieses Gesamtkonzepts mit diversen technischen Spezifikationen<br />

wurden verschiedene Anbieter von Content-Management-<br />

und Portal-Software begutachtet, von denen viele an<br />

der gewünschten Personalisierungsfunktionalität scheiterten<br />

und nicht flexibel genug die gewünschten Integrationen<br />

abbildeten. Am Ende der Testphase entschied sich das Projektteam<br />

für den Content Management Server (CMS) und<br />

den LiveServer von RedDot Solutions. Ausschlaggebend<br />

waren die vorhandene Schnittstelle zum Übersetzungstool<br />

von SDL/Trados, die offene Architektur und die einfache<br />

Bedienung. Die Tests zeigten, dass die Integration der vorhandenen<br />

IT-Landschaft nur mit der „Software made in Oldenburg“<br />

ohne großen Programmieraufwand möglich war.<br />

Strukturierte Daten aus SAP einfach veredeln<br />

Die Spezialisten von ecom.IT integrierten die strukturierten<br />

Produktdaten aus SAP R/3 über den SAP Business<br />

Connector. Die Daten werden jetzt direkt in das Content-Management-System<br />

importiert und lassen sich anschließend<br />

von den Mitarbeitern der Fachabteilungen mit<br />

marketing- und vertriebsrelevanten Informationen wie<br />

Texten, Bildern und Grafiken anreichern. Die Struktur des<br />

Produktkatalogs wird dabei direkt aus SAP übernommen,<br />

so dass keine weiteren Anpassungen notwendig sind. Auch<br />

die direkte Anbindung an das SAP-System für Services wie<br />

die Seriennummernabfrage erfolgt reibungslos mit RedDot<br />

und dem SAP Bussiness Connector.<br />

Informationen individuell und sicher bereitstellen<br />

Im nächsten Schritt wurde an das bestehende Userverzeichnis<br />

(Lotus Notes) ein webbasiertes, dezentrales<br />

Usermanagementsystem angebunden, mit dem die Kunden<br />

von B&R die Zugangsdaten ihrer eigenen Mitarbeiter<br />

selbstständig pflegen können – bislang lediglich durch B&R-<br />

Mitarbeiter möglich. Die eigentliche Authentifizierung der<br />

vielen tausend Ansprechpartner bei den Kunden im Portal<br />

erfolgt über den Abgleich des RedDot LiveServers mit dem<br />

zentralen Userverzeichnis. Die Abfrage liefert im Falle einer<br />

erfolgreichen Authentifizierung die User ID, Firmen ID,<br />

Username, Vorname und Nachname des Nutzers, die für<br />

alle weiteren Schritte gespeichert werden. Diese Daten sind<br />

nötig, um im Portal individuell auf Informationen zugreifen<br />

zu können. Zudem erhöht sich durch diesen Authentifizierungsprozess<br />

die Sicherheit der Zugriffe.<br />

Schließlich musste noch das vorhandene Übersetzungs-<br />

Tool in den redaktionellen Workflow eingebunden werden.<br />

Dank der vorhandenen Schnittstelle zwischen RedDot CMS<br />

und SDL/Trados verlief die Integration quasi auf Knopfdruck.<br />

Der Übersetzungsprozess läuft seitdem effizient und<br />

für die Mitarbeiter einfach ab: Aus dem Content-Management-System<br />

wird ein „Übersetzungsauftrag“ mit dem Text,<br />

der Quellsprache sowie die Zielsprache generiert.<br />

Schneller individuelle Informationen liefern<br />

Innerhalb weniger Monate hatte B&R mit seinen Partnern<br />

das Projekt erfolgreich umgesetzt. „Mit der Ablösung von<br />

Typo 3 durch RedDot ist der Mehrwert unseres Internetangebots<br />

für alle Nutzer gestiegen. Die Qualität und Aktualität<br />

der Produktdarstellung ist heute wesentlich besser.<br />

Die laufenden Kosten für Wartung und Content-Pflege<br />

konnten deutlich gesenkt werden“, so Josef Raschhofer. Die<br />

Site www.br-automation.com umfasst mittlerweile mehr als<br />

50.000 HTML-Seiten und wächst kontinuierlich. Derzeit arbeitet<br />

das Projektteam an weiteren Sprachvarianten: Neben<br />

zahlreichen europäischen Sprachen wird es eine chinesische<br />

Projektvariante geben.<br />

Jacklin Montag<br />

freie Autorin


074 Alltag<br />

Kommunaler Schadensausgleich<br />

Elektronische Schadensbearbeitung<br />

– unbürokratisch<br />

und effizient<br />

Mit der Einführung der elektronischen Schadenbearbeitung<br />

sind die Aktenberge von den Schreibtischen der<br />

Sachbearbeiter verschwunden, die einzelnen Prozessschritte<br />

der Schadenbearbeitung weitestgehend automatisiert<br />

und optimiert.<br />

Das papierlose Büro verwirklichen<br />

Je nach Schadenaufkommen des Kommunalen Schadenausgleich<br />

(KSA) der Länder Brandenburg, Mecklenburg-<br />

Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen<br />

fallen jährlich bis zu mehrere Millionen ein- und ausgehende<br />

Dokumente an. Um eine revisionssichere und<br />

gleichzeitig Platz sparende Aufbewahrung der Dokumente<br />

zu gewährleisten, führte der KSA bereits im Jahr 2000 ein<br />

elektronisches Archiv von SER ein. Die Behörde löste das<br />

Papierarchiv auf. Die Bearbeitungsprozesse in der Schadenbearbeitung<br />

blieben jedoch papiergebunden, da die Akten<br />

erst archiviert wurden, nachdem die Vorgänge abgeschlossen<br />

waren. 2001 entschieden sich die Verantwortlichen dann<br />

auch für die Einführung einer elektronischen Vorgangsbearbeitung,<br />

dem sogenannten „Schaden-Workflow“.<br />

Integrierte Lösung überzeugt<br />

„Das reibungslose Zusammenspiel zwischen den Softwarelösungen<br />

für Dokumenten-Eingangsbearbeitung und<br />

Workflow überzeugte uns. Insbesondere durch die Nutzung<br />

der intelligenten SERbrainware-Technologie, die auf der<br />

Technik neuronaler Netze basiert, ist es möglich, maschinengeschriebene<br />

Eingangspost zu erfassen, zu erkennen,<br />

zu klassifizieren und dem richtigen Schadensachbearbeiter<br />

zuzuordnen“, beschreibt Jörn Poerschke, EDV-Gruppenleiter<br />

KSA, den Entscheidungsprozess. Hinzu kam die positive<br />

Erfahrung aus der Zusammenarbeit mit SER-Mitarbeitern<br />

im bereits erfolgreich durchgeführten SER-Archiv- und<br />

-DMS-Projekt. Die Anforderungen des KSA:<br />

(1) Automatische Erfassung der gesamten Eingangspost<br />

mit revisionssicherer Archivierung.<br />

(2) Weitgehend automatisierte Erkennung des Inhaltes der<br />

Eingangspost und darauf basierend Weiterleitung der Post<br />

an den entsprechenden Schadensachbearbeiter.<br />

(3) Zentraler Ausdruck der Briefe mit revisionssicherer<br />

Archivierung.<br />

(4) Höchstverfügbarkeit des Systems nach Abschluss des<br />

Projektes.<br />

(5) Für die Anwender sollte sich an der gewohnten Kommunikationsplattform<br />

nichts ändern. Anstatt eines neuen<br />

Clients mit zusätzlichem Schulungsbedarf sollten die Prozesse<br />

in Outlook abgebildet werden.<br />

„Die SER-Mitarbeiter haben uns von Anfang an hervorragend<br />

betreut“, erinnert sich Jörn Poerschke. „Nach der<br />

Erstellung detaillierter Feinkonzepte begannen wir mit<br />

dem Inbound-Projekt zur Erkennung und Klassifizierung<br />

des Posteingangs. Hierfür wurden vorhandene Dokumente<br />

eingescannt und dem System zum „Lernen“ gegeben.“


075<br />

SER Solutions Deutschland GmbH, Dirk Sveistrup, dirk.sveistrup@ser.de • KSA Kommunaler Schadensausgleich, Jörn Poerschke, info@ksa.de<br />

Im zweiten Schritt entwarfen die Projektverantwortlichen<br />

den eigentlichen Workflow. Er ermöglicht die elektronische<br />

Kommunikation zwischen Posteingang, Registratur, Sachbearbeiter,<br />

Schreibbüro, Abteilungsleiter, Mitglieder des KSA,<br />

Gutachter und dem Postausgang sowie die Einbindung des<br />

Output-Managements für die Druckausgabe. Bei der Konzeption<br />

der elektronischen Akte musste die unterschiedliche<br />

Aktenstruktur der drei Abteilungen Allgemeine Haftpflicht,<br />

Kraftfahrt und Heilwesen berücksichtigt werden. Der komplette<br />

Datenbestand des KSA, pro Jahr ca. 60.000 Akten mit<br />

chronologischem Aktenteil und Farbfoto-Register, wird<br />

seitdem vollständig in das System übernommen. Dabei<br />

erfüllt die elektronische Akte alle Anforderungen bezüglich<br />

Vollständigkeit, Integrität und Authentizität wie die herkömmlichen<br />

Papierakten. Geplant ist, diese Akten auch im<br />

Internet im nur für Mitglieder des KSA zugänglichen Online-<br />

Mitgliederservice (OMS) bereitzustellen.<br />

Die neue Schadenbearbeitung: alles elektronisch!<br />

Vor Einführung des SER-Workflows wurde der Dokumenteneingang<br />

von der Poststelle in die entsprechenden<br />

Registraturen gebracht. Diese legten entweder Neuschäden<br />

mit entsprechenden Akten an oder brachten die Schreiben<br />

(Nachgänge) zum Sachbearbeiter und zogen ihm die entsprechende<br />

Akte dazu. Die Zustellung der Post dauerte innerhalb<br />

des KSA schon mal ein bis zwei Tage. Anschließend<br />

diktierte der Sachbearbeiter zu dem Vorgang ein Schreiben.<br />

Wenn das Band voll war, brachte der Schreibdienst das Band<br />

in den Schreibdienst, wo die Schriftstücke geschrieben,<br />

ausgedruckt und mit Anlagen versehen über die Poststelle<br />

wieder dem Sachbearbeiter vorgelegt wurden. Hatte dieser<br />

noch Änderungen, wiederholte sich das Prozedere.<br />

Sachbearbeitung am Telearbeitsplatz<br />

Heute sind die Prozesse des internen Postverkehrs vollständig<br />

abgeschafft. Die Poststelle bringt die Post zur<br />

IMG (Input-Management-Group). Dort werden die Briefe<br />

geöffnet, entklammert, eingescannt und revisionssicher archiviert.<br />

Automatisch erkannte Post wird in Realtime dem<br />

zuständigen Sachbearbeiter zugestellt. Dabei spielt es keine<br />

Rolle mehr, wo sein Schreibtisch tatsächlich steht. Sachbearbeitung<br />

am Telearbeitsplatz ist nun genauso effizient wie<br />

Sachbearbeitung im KSA in Berlin. Automatisch klassifiziert<br />

wird die Eingangspost nach Sparten und Risiko. Nicht erkannte<br />

Dokumente gelangen zur Registratur, die die Dokumente<br />

manuell der entsprechenden elektronischen Akte<br />

zuordnet.<br />

Schnellere Durchlaufzeiten<br />

Mittlerweile 50 Schadenbearbeiter öffnen die elektronischen<br />

Akten im DOXiS Outlook-Client von SER und<br />

nehmen anhand der Schadenmeldung die Bearbeitung vor.<br />

Zumeist wird der Sachbearbeiter eine Mitteilung an den Anspruchsteller<br />

diktieren. Der Schreibdienst erstellt zum digitalen<br />

Diktat ein digitales Dokument, das der Sachbearbeiter<br />

der elektronischen Akte hinzufügt. Um das Dokument an<br />

den Anspruchsteller zu versenden, leitet der Sachbearbeiter<br />

das Dokument per Knopfdruck weiter. Sekunden später ist<br />

das Schreiben in der Druckstelle. Dort werden die Dokumente<br />

zentral gesammelt und gedruckt - täglich bis zu 1.500<br />

Schreiben. „Für den KSA heißt Fortschritt im Büro heute,<br />

die papiergebundene Organisation zu überwinden. Die<br />

elektronische Verteilung von Dokumenten und Vorgängen<br />

führt zu einer erheblichen Steigerung der Produktivität,<br />

Effizienz und Geschwindigkeit von Geschäftsprozessen. Die<br />

Durchlaufzeiten werden durch den Wegfall der Transport-,<br />

Liege- und Wartezeiten erheblich beschleunigt, was auch einen<br />

wesentlichen Vorteil im Bereich der Telearbeit darstellt“,<br />

erläutert Dr. Bernd Kathe, Abteilungsleiter KSA, den Nutzen<br />

der SER-Lösung.<br />

Durch die Einführung des Workflows kann der KSA<br />

außerdem die Telearbeit (Homeworking) ausweiten, was<br />

weitere Bürofläche einspart und somit einem Anstieg der<br />

Verwaltungskosten entgegenwirkt. Die Mitarbeiter können<br />

noch flexibler mit ihrer Zeit umgehen. Vordergründig ist<br />

jedoch die Verbesserung der Schadenbearbeitung in qualitativer<br />

und quantitativer Hinsicht, die bessere Betreuung<br />

der Mitglieder, die sich in der Endausbaustufe ihre Akten<br />

sogar im Online-Mitgliederservice ansehen können.<br />

Vollintegrierte Lösung<br />

Bei dem KSA hat SER eine ganzheitliche, integrierte Lösung<br />

geschaffen, die den gesamten Prozess vom Posteingang bis<br />

zur Druckausgabe der Ausgangspost umfasst. Die Lösung<br />

integriert die Module der DOXiS iECM-Suite von SER zur<br />

Dokumentenerfassung, Posteingangsbearbeitung, Archivierung<br />

und Vorgangsbearbeitung mit verschiedenen KSA-<br />

Systemen wie die Diktiersoftware und die KSA-Datenbank<br />

zur Schadenbearbeitung. Über den DOXiS Outlook Client<br />

erreichen die Sachbearbeiter alle benötigten Funktionen.<br />

Bärbel Heuser-Roth<br />

SER Solutions Deutschland


veranstaltungen@hw-medien.de <br />

076 Alltag<br />

News Veranstaltungen<br />

26.-28.09. Der Betriebsrat in der IT-Branche, Sindelfingen<br />

Outsourcing und Offshoring, Flexibilisierung der Arbeitszeiten und neue<br />

Vergütungsmodelle stehen im Vordergrund. Zu diesen u. a. Themen konnten<br />

Betriebsräte von IBM, T-Systems, Oracle und anderen für ein Intensiv-<br />

Seminar gewonnen werden.<br />

www.iir.de/betriebsrat-it<br />

16.10. Die Umsetzung des ERA in mySAP HCM, München<br />

Das Intensiv-Seminar informiert darüber, wie die bislang umfangreichste<br />

Tarifreform (ERA-TV) der deutschen Metall- und Elektroindustrie in<br />

SAP-Systeme umgesetzt wird.<br />

www.management-forum.de<br />

21.-22.09. WCC Websphere Community Conference 2006, Frankfurt<br />

Alles über IBM Websphere plus einer Zertifizierung vor Ort. Die Tagung wird in Kooperation<br />

mit der Usergroup Common Deutschland e. V. veranstaltet.<br />

www.dnug.de<br />

Adlershofer Business Talk:<br />

Media meets Technology<br />

Best-Practise-Beispiele von innovativen Medien- und<br />

IT-Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb<br />

stehen. Keynotes von renommierten Medienmachern<br />

und Vordenkern, die über die neuen Medientrends und<br />

Marktentwicklungen berichten.<br />

10. Oktober 2006, Berlin<br />

www.adlershof.de/business-talk, Fon 0 30 - 63 92 39 24,<br />

heidrun.wuttke@adlershof-projekt.de.<br />

Anzeige<br />

www.adlershof.de<br />

18.-19.10. voice days 2006, Bonn<br />

Die Initiative VOICE BUSINESS setzt sich<br />

für Sprachtechnologien und -anwendungen<br />

ein. Mit ihrem Aktionsprogramm will die<br />

Initiative dazu beitragen, Marktentwicklung<br />

und -potenziale positiv zu beeinflussen<br />

und zu fördern.<br />

www.voiceaward.de<br />

15./16.11.06. MAM-Forum Frankfurt/München<br />

Unternehmen müssen ihre unstrukturierten digitalen<br />

Inhalte (E-Mail, Text, Bild, Grafik, Audio- und Videokomponenten)<br />

zentral verwalten, global verfügbar machen und<br />

strukturiert distribuieren. Die Veranstaltung zeigt die Anund<br />

Herausforderungen für das Management in Marketing<br />

& Kommunikation.<br />

www.marketinghub.ch<br />

28.-29.09. Elektronisches Dokumenten Management, München<br />

Zweitägiges Intensiv-Seminar über Grundlagen, Architekturen, Begriffe, Technologien<br />

und Markt. Plus praktische Aspekte im operativen Einsatz, Wirtschaftlichkeit,<br />

rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen sowie Evaluation von Systemen.<br />

www.zoeller.de


077<br />

News Veranstaltungen<br />

09.10. Elektronisches Dokumenten Management, Frankfurt<br />

Zweitägiges Intensiv-Seminar über Grundlagen, Architekturen, Begriffe,<br />

Technologien und Markt. Plus praktische Aspekte im operativen Einsatz,<br />

Wirtschaftlichkeit, rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen<br />

sowie Evaluation von Systemen.<br />

www.vereon.ch<br />

11.-12.10. OSS2006, Esslingen<br />

Ziel des Symposiums ist es, Entscheidungshilfen<br />

zur Ausrichtung zukünftiger<br />

IT-Strategien in Unternehmen und<br />

öffentlichen Verwaltungen zu geben.<br />

Der Fokus liegt auf offenen Software-<br />

Systemen und Technologien.<br />

www.tae.de/kolloquien-symposien.html<br />

19.-21.09. DSAG Jahreskongress 2006, Leipzig<br />

Auf dem Jahreskongress geht es um die SAP-Business-Process-Plattform<br />

und die entsprechenden Plattformstrategien.<br />

Frei nach dem Motto: Auf dem Weg zur Geschäftsprozess-<br />

Plattform - was bedeutet das für Sie?<br />

www.dsag.de<br />

5. Contentmanager.days<br />

Der führende Fachkongress zum Thema Content<br />

Management zeigt in zwei parallelen Vortragsreihen<br />

den strategischen Einsatz von Content-Management-<br />

Systemen in Unternehmen. Eine hochkarätige Abendveranstaltung<br />

sorgt für den informellen Austausch der<br />

Content-Management-Anwender und -Experten.<br />

23.-24. November 2006, Leipzig<br />

www.contentmanagerdays.de, 0 89 - 78 06 07 17.<br />

Anzeige<br />

www.contentmanagerdays.de<br />

28.-29.09. ECR-Tag, München<br />

Deutschlands Branchentreff zu ECR-<br />

Themen wie RFID/EPC, Supply<br />

Chain und Category Management<br />

erwartet rund 1.400 Entscheider aus<br />

Industrie, Handel und IT. Neben der<br />

Konsumgüterindustrie wird dieses<br />

Jahr auch die Bau- und Textilbranche<br />

angesprochen.<br />

www.gs1-germany.de<br />

25.-27.09. European EXPP-Summit 2006, Berlin<br />

Like in 2005 at the European EXPP Summit you will meet<br />

the market-insiders, experts, pioneers as well as the newbies.<br />

The most important solution and service providers will have<br />

the opportunity to show competence in the exhibition and<br />

to network with valueable future customers from IT and<br />

Finance divisions.<br />

www.expp-summit.com<br />

20.09. Rechtliche Aspekte der elektronischen Archivierung, Zürich<br />

Seit der Revision der Vorschriften des OR über die kaufmännische Buchführung dürfen<br />

geschäftsrelevante Dokumente auch elektronisch archiviert werden. Informieren<br />

Sie sich in diesem Seminar darüber, welche grundlegenden gesetzlichen Anforderungen<br />

Sie bei der Umstellung vom Papierarchiv auf ein elektronisches Archiv erfüllen<br />

müssen.<br />

www.vereon.ch/rea.htm<br />

C//DATE<br />

VERANSTALTUNGEN<br />

<br />

Schicken Sie uns Ihre Veranstaltungstermine!


078 Alltag<br />

nachgefragt<br />

nachgefragt@hw-medien.de<br />

Grundlage Workflow<br />

‚Dokumentenmanagement und elektronische Archivierung’<br />

hat unter dem Kürzel DOMEA in der öffentlichen<br />

Verwaltung eine wechselvolle Vergangenheit. Einst als Rahmenkonzept<br />

für DMS-Lösungen gedacht, durften in der<br />

Folge auch die Hersteller ein DOMEA-Zertifikat auf ihre<br />

Systeme kleben. Wirklich wichtige Komponenten blieben<br />

von der Zertifizierung jedoch unberührt. Heute weiß niemand<br />

so recht, was DOMEA jetzt und in der Zukunft leisten<br />

kann und soll.<br />

Dennoch hat DOMEA in der Vergangenheit durchaus<br />

seinen Sinn gehabt, so wie beim Bundesamt für Migration<br />

und Flüchtlinge in Nürnberg. Im Rahmen größerer Infrastrukturmaßnahmen<br />

wurden dort ab 2001 die Mitarbeiter<br />

flächendeckend mit PCs ausgestattet. Das gesamte Projekt<br />

war einen zweistelligen Millionenbetrag schwer und beinhaltete<br />

unter anderem die Einführung von Workflows für die<br />

Bearbeitung der Akten.<br />

Von Asylon zu DOMEA<br />

„Das war das größte Projekt, das wir jemals durchgeführt<br />

haben“, sagt Marc Niedenzu, der heute Referatsleiter für<br />

Softwareproduktion und -weiterentwicklung ist. Als man<br />

1998 entschied, das Altprodukt ‚Asylon’ abzulösen, war<br />

Niedenzu als Referatsleiter IT-Services an der Evaluation<br />

und Implementierung des neuen Systems beteiligt. Asylon<br />

war veraltet und ließ sich nicht mehr ausbauen, geschweige<br />

denn warten. „Asylon hatte eine zentrale Struktur, wir<br />

aber sind dezentral organisiert“, beschreibt Niedenzu einen<br />

wesentlichen Nachteil des alten Systems. Da ab 1993 die Bearbeitung<br />

der Anträge flächendeckend in die Außenstellen<br />

verlagert wurde, war eine strukturelle Änderung dringend<br />

notwendig. „Es gab eine rein elektronische Akte, die sehr<br />

rudimentär gestaltet war. Das war´s. Das System war parallel<br />

zur gesamten Bürokommunikation entstanden.“<br />

Kunde ... Bundesamt für Migration und Flüchtlinge<br />

Dienstleister ... Siemens Business Service<br />

System ... Open Text<br />

Projektdauer ... ca. 4 Jahre<br />

.<br />

Anzahl Anwender ... ca. 1.500 Arbeitsplätze<br />

Kontakt ... www.sbs.de<br />

‚Soft-Start‘ für die Außenstellen<br />

DOMEA wurde damals nicht als Rahmenkonzept gewählt,<br />

sondern es ging um die Suche nach einem zertifizierten<br />

Produkt. Insbesondere das Workflow-Modul stand im<br />

Vordergrund. Die Ausschreibung des Projektes ging an<br />

Siemens Business Service (SBS), das Workflow-Modul<br />

kam, DOMEA-zertifiziert, von Open Text, frisch von SER<br />

eingekauft. Stellvertretend für die gesamte Organisation<br />

ließ das Bundesamt eine seiner Außenstellen ihre Verfahren<br />

beschreiben.<br />

Heraus kam ein Pflichtenheft, das SBS als Grundlage für<br />

einen Prototypen der Anwendung diente, der wiederum in<br />

der Außenstelle getestet wurde. „Nach diesem Soft-Start haben<br />

wir schrittweise das System in den anderen Außenstellen<br />

implementiert“, sagt Niedenzu. „Zwar war angedacht, zu<br />

einem Zeitpunk x einfach nur einen roten Schalter umzulegen,<br />

doch diese Variante war die bessere.“<br />

Dass die Workflow-Komponente von Open Text eigene<br />

Modifikationen zuließ, kam dem Bundesamt entgegen. „Es<br />

war damals das einzige Produkt, was diese Möglichkeit bot.<br />

Und genau das haben wir später gebraucht, denn die Außenstellen<br />

haben aufgrund ihrer örtlichen Gegebenheiten<br />

ihre eigenen Ausprägungen in den Abläufen.“<br />

Workflow, der bleibt<br />

2003 war der flächendeckende Einsatz, zurzeit werden die<br />

Gerichte online in die Abläufe mit eingebunden. 2004 dann<br />

wurde das neue System, für das es zum damaligen Zeitpunkt<br />

keine Vorlage gab, auf der CeBIT vorgestellt. In der Folge<br />

kamen sogar ausländische Delegationen nach Nürnberg,<br />

um sich die Lösung vorführen zu lassen. Grundlage dafür<br />

ist weiterhin das von SBS entwickelte System mit der Workflow-Komponente<br />

von Open Text. Marc Niedenzu über den<br />

Verlauf des Projektes: „Im Nachhinein hätte sicher einiges<br />

einfacher gelöst werden können, in der Summe aber ist das<br />

Resultat positiv. Wir können heute auch viele Bausteine<br />

selbst programmieren, ein Gewinn für unsere Mitarbeiter.<br />

Aus unserer Sicht ist das Produkt zukunftsfähig. Deshalb<br />

wollen wir von DOMEA 3.1 auf 4.0 umstellen.“<br />

Die Verbesserungen, die mit der Einführung des Systems<br />

kamen, sind bis heute geblieben: ein beschleunigtes Verfahren,<br />

Akteneinsicht über die Außenstellen hinweg und generell<br />

mehr Information über die Vorgänge. Marc Niedenzu:<br />

„Das Projekt hat insgesamt vier Jahre gedauert. Es gab den<br />

einen oder anderen Rückschlag. Aber wir hatten keinen Datenverlust,<br />

keinen Ausfall während der Implementierung.<br />

Und die Mitarbeiter arbeiten produktiv mit dem System.“


079<br />

Forschung<br />

myOpenFactory<br />

Als erfolgreiche Strategie deutscher Maschinen- und<br />

Anlagenbauer gilt seit vielen Jahren die Konzentration auf<br />

die Kernkompetenzen. Dadurch ist eine Vielzahl von Unternehmen<br />

in die Entwicklung und Produktion eingebunden.<br />

Nur so entsteht ein Kompetenznetzwerk, welches die hohe<br />

Qualität der Erzeugnisse sicher stellt.<br />

Lückenhafte Bestellabwicklung<br />

Obwohl die Effizienz der unternehmensübergreifenden<br />

Zusammenarbeit einen hohen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit<br />

des Standorts Deutschland hat, mangelt es in<br />

Bezug auf Kommunikationsprozesse und -hilfsmittel im Informationszeitalter<br />

noch oft an den erforderlichen organisatorischen<br />

und informationstechnischen Voraussetzungen<br />

für einen effizienten Austausch der zentralen Nachrichten<br />

zur Bestellabwicklung.<br />

Wie eine aktuelle Studie des Forschungsinstituts für Rationalisierung<br />

(FIR) an der RWTH Aachen zeigt, stellen<br />

aufgrund der fehlenden Kompatibilität unterschiedlicher<br />

ERP-Systeme Telefon, Fax und Briefpost nach wie vor die<br />

wichtigsten Kommunikationsmittel im Maschinen- und<br />

Anlagenbau dar. Durch die papierbasierte Auftragsabwicklung<br />

entstehen Medienbrüche. Medienbrüche, die durch<br />

nicht wertschöpfende Routinetätigkeiten mit hohem Zeitund<br />

Personalaufwand bezahlt werden. Darüber hinaus ist<br />

die niedrige Transparenz des Auftragsfortschritts eine wesentliche<br />

Ursache mangelhafter Termintreue.<br />

Lösungsansätze<br />

In den vergangenen Jahren propagierte Lösungsansätze<br />

wie EDI (Electronic Data Interchange) erfordern in der Regel<br />

einen hohen Zeit- und Kostenaufwand allein schon für<br />

eine einzelne Kunden-Lieferanten-Beziehung. In typische<br />

Projekte des Maschinen- und Anlagenbaus sind jedoch häufig<br />

mehrere hundert Lieferanten und Kooperationspartner<br />

eingebunden. Gerade der Mittelstand benötigt daher eine<br />

Lösung, die zu minimalem Investitionsaufwand eine effiziente<br />

Auftragsabwicklung auch in kurzfristigen Geschäftsbeziehungen<br />

ermöglicht.<br />

Ziel der Initiative myOpenFactory und dems gegründeten<br />

Konsortiums war und ist es daher, einen entsprechenden<br />

Lösungsansatz bereitzustellen. Dem Konsortium gehören<br />

neben den beiden Aachener RWTH-Instituten, FIR und<br />

WZL u. a. renommierte Unternehmen wie Siemens, Burkhardt<br />

oder Otto Junker als Anwender an. Das Konsortium<br />

wird ergänzt von den ERP-Anbietern Infor, proALPHA und<br />

PSIPENTA. Die Aufgabe: Einen Daten- und Ablaufstandard<br />

für die speziellen Anforderungen des Maschinen- und<br />

Anlagenbaus zu entwickeln. Einen Quasi-Standard, der in<br />

Zukunft den effizienten Datenaustausch zwischen verschiedenen<br />

ERP-Systemen unterstützen soll.<br />

Auch als Web-Cockpit gedacht<br />

Für Unternehmen ohne eigenes ERP-System bildet ein<br />

internetbasiertes Koordinationsinstrument (Web-Cockpit)<br />

die zentrale Einheit. Es stellt die erforderliche Basisfunktionalität<br />

bereit wie das Erstellen und Versenden von Anfragen<br />

oder Angeboten. Der entwickelte Quasi-Standard, dessen<br />

zweites Release im Juli 2006 veröffentlicht wurde, wird eine<br />

kostengünstige und einfache Partizipation an der integrierten<br />

überbetrieblichen Auftragsabwicklung ermöglichen. Ein<br />

innovatives Geschäftsmodell sichert die Anwendung ohne<br />

Anfangsinvestition und zu niedrigen Gebühren, so dass sich<br />

Anwender die schnelle Realisierung hoher Nutzenpotenziale<br />

von der Lösung versprechen.<br />

Projektzeitraum<br />

Das Projekt myOpenFactory wird im Zeitraum vom<br />

01.04.2004 bis 31.03.2007 mit Mitteln des Bundesministeriums<br />

für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und<br />

vom Projektträger Forschungszentrum Karlsruhe (PTKA)<br />

betreut. Schon heute ist die Marktfähigkeit und Verbreitung<br />

des entwickelten Daten- und Prozess-Standards nach<br />

Ende der Projektlaufzeit sichergestellt. In diesem Zusammenhang<br />

wird derzeit zur Verbreitung, Weiterentwicklung<br />

und Pflege des Standards eine Genossenschaft gegründet, in<br />

der in Zukunft über die Anbieter des Konsortiums hinaus<br />

weitere ERP-Anbieter zusammenarbeiten. In verschiedenen<br />

Anbieter-Arbeitskreisen und viel versprechenden Kooperationsgesprächen<br />

haben außerdem zahlreiche ERP-Systemanbieter<br />

ihr Interesse bekundet, so dass eine hohe Durchdringung<br />

des ERP-Marktes mit dem neuen Quasi-Standard<br />

myOpenFactory zu erwarten ist.<br />

Dipl. Ing. Benedikt Schweicher<br />

Der studierte Maschinenbauer, Jahrgang 1978,<br />

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Projektleiter<br />

am Forschungsinstitut für Rationalisierung<br />

(FIR) in Aachen.


080 Alltag<br />

in die Nesseln<br />

im Sinne aller Staatsdiener sein: Bruttosozialprodukt qua Erlass<br />

verbrennen und dafür sogar noch neue Sachbearbeiter<br />

einstellen. Diese Klientel hat schon bei der Einführung von<br />

Dokumenten-Management-Systemen den Gott-sei-bei-uns<br />

gesehen. Innovativ ist diese Idee allenfalls unter dem Aspekt,<br />

was einem so alles beim Kantinenessen einfallen kann.<br />

Die Anwender mit verschenkter Software anfixen und später,<br />

wenn das System läuft, Gebühren zu erheben, ist weder<br />

neu noch besonders originell. Wird aber immer wieder gern<br />

gemacht, um überhaupt in den Markt zu kommen. Auch<br />

Imperia hat Lizenzen ‚verschenkt‘, auch wenn das anders<br />

hieß. Allerdings mit mäßigem Erfolg, wenn man dem Flurfunk<br />

glaubt. Okay, das System hat sich weiterentwickelt und<br />

eine erkennbare Verbreitung. Aber haben die Imperianer<br />

nach der Übernahme von Pironet ihr Reich nicht überdehnt?<br />

Ein Vertriebler erzählt, dass Imperia auf einmal auch<br />

nichts mehr zu verschenken habe. Gerüchte und Gehörtes<br />

zusammengezählt – spürt da ein alter Imperator den heißen<br />

Atem der Verfolger im Nacken?<br />

Das kleine 1&1 des Ärgerns<br />

Im August 2005 eine 6 Mbit/DSL-Leitung bei 1&1 bestellt.<br />

Im November eine 1 Mbit-Leitung bekommen. Wer<br />

von ISDN auf DSL umsteigt, freut sich über leidlich bessere<br />

Performance, bemerkt die Leistungsdrosselung jedoch nie.<br />

Es sei denn, der Kunde kennt sich aus, so wie in diesem Fall.<br />

Aber hier hilft Wünschen auf gar keinen Fall: Im Zuge der<br />

Umstellung wurde die Leitung sogar dreimal abgeklemmt.<br />

Oder: Die Fritz-Box „trainiert“ sich einen Wolf, wie es im<br />

Journal der Ereignisse heißt. Der Grund: DSL-Down. Alle<br />

3 Wochen 3-4 Tage Ausfall. Dann schickt der Herrgott den<br />

Jockel aus: Der Kunde an 1&1, 1&1 an Telekom, Telekom<br />

an 1&1, 1&1 an Kunden. Beim vierten Ausfall in 3 Monaten<br />

ruft die Telekom an: Man habe den Fehler jetzt gefunden.<br />

Und die defekte Platine ausgewechselt. Dann ruft wieder der<br />

1&1-Kundenservice an: Ob man zufrieden sei?<br />

Gedoptes IOC?<br />

Nach der WM ist vor den Olympischen Spielen. Hatte die<br />

FIFA versucht, den Werbetreibenden sogar den Gebrauch<br />

des nun harmlosen Kürzels „WM“ mit einstweiligen Verfügungen<br />

zu vermiesen, kümmert sich jetzt das IOC um<br />

seine Schätze. Mit durchaus vergleichbarer Humorlosigkeit,<br />

wie man bei einem großen Unternehmen feststellen<br />

musste. Während Peking als Ausrichter der nächsten Spiele<br />

in immer neue Dimensionen staatlich geduldeter Produktpiraterie<br />

vorstößt, nötig das Olympische Komittee einen<br />

Weltkonzern zu einem Kotau in Sachen Markenschutz.<br />

Man habe den Begriff ‚Olympische Spiele‘ irgendwo in irgendwelchen<br />

Publikationen unberechtigterweise verwendet.<br />

Nun ist die Metro gerade in Hamburg mit ihrem Begehr abgeschmettert<br />

worden, die dort verkehrenden ‚Metro‘-Busse<br />

namentlich verbieten zu wollen. Wer aber richtet über das<br />

jahrelang von Samaranchs Hand gefütterte Aufsichtspersonal<br />

der Olympioniken? Und: Hat sich mal irgendwer<br />

überlegt, dass es gerade die Intelligenz ist, die einem gewisse<br />

Dinge verbieten sollte, selbst wenn man dafür einen ebenso<br />

fähigen wie haltungsarmen Juristen mieten kann?<br />

Geldscheine zu Heizbriketts<br />

Wenn der Staat die qualifizierte Signatur salonfähig machen<br />

will, sollte er bald beginnen. Am besten da, wo der<br />

ein oder andere Euro nicht so ins Gewicht fällt: Bei den<br />

Bundesministerien für Gesundheit und für Arbeit. Deren<br />

Aufsichtsorgane wollen die Sozialversicherungen anscheinend<br />

zwingen, qualifizierte Signaturen in allen möglichen<br />

bürokratischen Prozessen einzusetzen. Natürlich gerne auch<br />

dort, wo die Signatur gar nicht geeignet ist. Das dürfte ganz


081<br />

der Beobachter<br />

Vor dem heißen Herbst<br />

Am 13. Juli schlossen die siebenten Mailingtage. Die Geschäftsleitung<br />

verkündet mit 36 Prozent Plus einen neuen<br />

Ausstellerrekord, davon waren 53 Prozent Fachbesucher.<br />

Vor dem Hintergrund, dass der Deutsche Direktmarketing<br />

Verband (DVV) nach 30 Jahren die Direktmarketing-Messe<br />

DIMA aufgibt, steht der Rekord in einem anderen Licht.<br />

Schließlich brauchen die Direktmarketing-Strategen ein<br />

Dach über dem Kopf. Eines wie die NürnbergMesse. Viele<br />

Aussteller gaben sich positiv und sprachen dem Veranstalter<br />

ihr Vertrauen aus. Von den zuletzt überzogenen Methoden<br />

des DVV war in Nürnberg nichts zu spüren. Die Aussteller<br />

erhielten auf Wunsch gar ein Extra-Kontigent an Eintrittskarten:<br />

gratis. „Das war nicht wirklich üblich“, so ein<br />

Aussteller, der sich über die Abzocke zuletzt in Düsseldorf<br />

verärgert Luft macht. Wie es weitergeht: vielversprechend.<br />

Die Vorbereitungen für die achten Mailingtage haben bereits<br />

begonnen.<br />

Event Deutschlands stellten sich vier Softwarehersteller<br />

der Modellierung einer speziellen und zuvor unbekannten<br />

Aufgabe zum Thema prozessorientierte Unternehmensabläufe<br />

in einem Live-Vergleich. Unter den Augen von etwa 50<br />

Besuchern ... Zu den vier Teilnehmern gehörten Dr. Binner<br />

Consulting & Software aus Hannover (Team 4), die Emprise<br />

Process Management GmbH aus Berlin (Team 1), die intellior<br />

AG aus Stuttgart (Team 2) sowie die Firma Corel iGrafx<br />

(Team 3) aus Unterschleißheim.<br />

In geschlossenen Räumen zum Ziel<br />

Die AGIT EXPO 2006 war mit mehr als 60 ausstellenden<br />

Unternehmen, Verbänden und Behörden wieder Treffpunkt<br />

für Anwender von raumbezogenen Informationstechnologien.<br />

Geoinformatik steht ganz oben auf der Tagesordnung.<br />

Das um die EXPO Time erweiterte Konzept fand Anklang<br />

bei allen Besuchern. Besonderes Highlight: die Fußgängernavigation<br />

Inhouse. Anders als bekannte Technologien, mit<br />

denen die Navigation zu Fuß, im Auto und mit anderen<br />

Fortbewegungsmitteln funktioniert, leiten nach Vorstellungen<br />

von Experten künftig so genannte ‚Beacons‘ den<br />

Fußgänger in geschlossenen Gebäuden zum Ziel. Beacons<br />

sind kleine Bluetooth-Sender, teuer und aufwändig im<br />

Einsatz. Gebäude, in denen Beacons installiert sind, müssen<br />

extra vermessen werden. Noch stehen Aufwand und Nutzen<br />

in einem recht klaren Missverhältnis einander gegenüber.<br />

Aber es wäre nicht das erste Mal, dass neue Technologien<br />

mit einem Entwicklungsschub marktreif werden. Und falls<br />

nicht, liebe Entwickler, könnte man ganz in der kulturellen<br />

Tradition des Abendlandes sich des hergebrachten Zeichensystems<br />

bedienen und einfach ein Schild aufstellen.<br />

BPM-Shootout<br />

Im Juni fand in Karlsruhe im Rahmen der IT-Messe<br />

Midvision der erste BPM-Shootout statt: nur am Rande<br />

wahrgenommen, doch sicher mit Modellcharakter. Bei<br />

diesem ersten offiziellen Prozessmodellierungs-Shootout-<br />

Publisher<br />

Ein Nachtrag für die Publisher: Ende Mai und Anfang Juni<br />

stellte Quark weltweit die Version 7 von QuarkXPress vor,<br />

auch im Palais im Zoo, Frankfurt am Main. Wir waren dabei<br />

und beindruckt von der verbesserten Maßtabelle und<br />

den Palettengruppen. Grafiker machen die Farben jetzt in<br />

der gewohnten Arbeitsumgebung transparent, auch Verläufe<br />

und vieles mehr ist möglich. Neu ist die mitgelieferte<br />

Produktschulung via VHS-Video: Das freut vor allem den,<br />

der seinen Videorekorder noch nicht ausgemistet hat. Mal<br />

sehen, ob das reicht, InDesign Paroli zu bieten ...


082<br />

Ausblick / Impressum<br />

Ausblick Ausgabe #4-2006:<br />

„E-Government“<br />

Titelthema des nächsten Heftes: E-Govermnent. Wo steht<br />

Deutschland im internationalen Vergleich? BundOnline<br />

2006 – was passiert danach? Das Fraunhofer eGovernment<br />

Zentrum berichtet über den Umbruch in der Verwaltung<br />

und die Strategien zur Modernisierung. Aus dem Bundesministerium<br />

des Inneren erfahren wir, welche Projekte im<br />

Rahmen der Bundesverwaltung besonders interessant sind.<br />

In der Galerie sind wir auf den Spuren der Computer unterwegs.<br />

c//mag berichtet über die Modalitäten bei öffentlichen Ausschreibungen<br />

und Vergabeverfahren.<br />

Die „Gewissensfrage“ lautet diesmal: „Kann ich am PC<br />

rechtsgültig unterschreiben? Und was ist meine elektronische<br />

Unterschrift wert?“<br />

Die Lernprozesse in Unternehmen verlagern sich zu den<br />

Mitarbeitern. Lernarchitekturen helfen, Bildungsmaßnahmen<br />

zu organisieren und messbar zu machen.<br />

Wie die elektronische Personalakte in großen Unternehmen<br />

die Arbeit der HR-Manager umgekrempelt hat, lesen<br />

Sie ebenfalls im c//mag.<br />

Df, AttitudesPlain, 50 pt, Taste w<br />

w<br />

Errata Ausgabe #2-06<br />

Wir entschuldigen uns für die Fehler der letzten Ausgabe:<br />

Im Brief an den IT-Leiter lautet die korrekte Schreibweise<br />

des Unternehmens „TRUMPF Werkzeugmaschinen GmbH<br />

& Co. KG“.<br />

Impressum<br />

hw medien OHG, Hagenring 39, 63303 Dreieich<br />

fon +01 70. 31 05 849 / +01 72. 82 34 994<br />

fax +01 80. 54 02 52 53 806<br />

info@hw-medien.de, www.hw-medien.de<br />

ISSN-Nr. 1861-6518<br />

Herausgeber: Uwe Hentschel (uwe.hentschel@hw-medien.de)<br />

Chefredaktion: Volker Watschounek (volker.watschounek@hw-medien.de)<br />

Anzeigenleitung: Stefan Pierre-Louis (anzeigen@hw-medien.de)<br />

Redaktionelle Mitarbeit: Heinz-Paul Bonn, Prof. Dr. Klaus Greve, Dr. Görres<br />

Grenzdörffer, Christian Günster, Bärbel Heuser-Roth, Engelbert Hörmannsdorfer,<br />

Carsten Leininger, Jacklin Montag, Karl Heinz Mosbach, Ralph Peter Rauchfuss,<br />

Dr. Achim Reuther, Johannes Schacht, Benedikt Schweicher, Christian Stammel,<br />

Joachim Walter, Prof. Dr. Berbeli Wanning.<br />

Schlussredaktion: Jochen Wilhelm, www.kwick-box.de<br />

Druck: SDV die Medien AG www.sdv.de<br />

Bildnachweise: aboutpixel.de (Seite 43, 70, 71). DLR (Seite 27), E-Garten.Net (Seite<br />

69), fotalia.de (Seite 8, 16, 23), Garmin (11), good news! (Seite 47), Uwe Hentschel<br />

(80), Photocase (Seite 12, 13, 15, 27, 65, 77), Metro (Seite 59), O2 (32), Sceye (10),<br />

Volker Watschounek (Seite 3, 6, 8, 38, 39, 40, 41, 54, 55, 65, 81)<br />

Beirat: Dr. Harald Gerlach, Lehrstuhl „Technische Dokumentation“, Fachhochschule<br />

Neu-Ulm, Prof. Jürg Häusermann, Lehrstuhl Medienpraxis, Medienanalyse und Medienproduktion,<br />

Universität Tübingen, Dr. Ulrich Kampffmeyer, Unternehmensberater,<br />

Analyst, Autor und langjähriger Vorstand von DMS-Branchenverbänden wie IMC,<br />

AIIM und VOI e.V., Prof. Dr. Hermann Maurer, Institut für Informationsverarbeitung<br />

und Computergestützte neue Medien (IICM), Technische Universität Graz, Prof. Dr.<br />

Sonja-Maria Salmen, Professorin für Betriebswirtschaftslehre sowie Relationship Management<br />

im Studiengang Electronic Business an der Hochschule Heilbronn<br />

Abonnement Inland: 6 Ausgaben jährlich 42,60 EUR inkl. Versandkosten zzgl. Mehrwertsteuer.<br />

Ausland: 6 Ausgaben jährlich 48,60 EUR inkl. Versandkosten zzgl. Mehrwertsteuer.<br />

Falls 4 Wochen vor Ablauf des Abonnements keine Kündigung eingeht,<br />

verlängert sich das Abonnement um ein weiteres Jahr.<br />

Disclaimer: Die in dieser Ausgabe veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich<br />

geschützt und liegen in der Verantwortung des betreffenden Autors. Die Haftung<br />

für die Richtigkeit der Veröffentlichung kann trotz Prüfung durch die Redaktion und<br />

vom Herausgeber nicht übernommen werden. Alle Angaben erfolgen nach bestem<br />

Wissen, jedoch ohne Gewähr. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung<br />

des Verlages gestattet.<br />

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082<br />

Ausblick / Impressum<br />

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„E-Government“<br />

Titelthema des nächsten Heftes: E-Govermnent. Wo steht<br />

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