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043<br />
Lesetechnik im Mittelpunkt des Interesses<br />
Viele Studien zum Thema Hyperfiction beschäftigen sich<br />
mit den Rezeptionsprozessen dieser neuen Literaturform,<br />
richten ihr Interesse aber vor allem auf die Techniken des Lesens.<br />
Kaum jemand stellt die Frage, ob Hyperfiction-Lektüre<br />
Spaß machen kann, ob sie fasziniert. Das Thema Leselust,<br />
im Kontext der Buchlektüre ausgiebig untersucht, bleibt in<br />
der Hyperfiction-Debatte oft außen vor. Das Lustprinzip<br />
als wichtige Motivation, sich mit Literatur zu beschäftigen,<br />
steht in einem engen Zusammenhang mit dem Spieltrieb.<br />
Hyperfiction-Lektüre kommt dem entgegen, denn der<br />
Übergang zum Spielerischen ist hier fließend. Dennoch<br />
geben sich nur wenige als begeisterte Hyperfiction-Leser<br />
zu erkennen, sie haben keine Community außerhalb des<br />
Netzes, während der Markt für wie gewohnt publizierte Belletristik<br />
boomt und die Feuilletons von Leseempfehlungen<br />
und Rezensionen schier überquellen. Warum gibt es diese<br />
Unterschiede?<br />
Ein Grund mag sein, dass das Lesen und Verstehen literarischer<br />
Texte im Internet besondere Kompetenzen voraussetzt,<br />
die mit der Struktur des Mediums zusammenhängen.<br />
Sie sind freilich erlernbar, aber eben für die meisten von uns<br />
ungewohnt. In der neuen Art der digitalen Textorganisation<br />
sind die einzelnen Textfragmente durch Links miteinander<br />
verbunden, aber nicht-sequentiell geschrieben. Bereits<br />
seit Mitte der 60er Jahre ist dafür der Begriff Hypertext<br />
gebräuchlich, von dem sich Hyperfiction als Bezeichnung<br />
nicht-sequentieller Texte literarischen Inhalts ableitet.<br />
Leser müssen nun eigene Lesestränge festlegen und sind<br />
nicht mehr zwingend – wie im Buch – an die vom Autor<br />
festgelegte Ordnung gebunden. Es gibt den Text nicht mehr<br />
als fertiges Produkt. An dessen Stelle tritt die „dynamische<br />
Perspektive des Textlesens“, also ein Prozess. Wie findet man<br />
sich darin zurecht?<br />
Der „individuelle Lesepfad“<br />
Die Rezeptionsforschung hat dazu das einprägsame Bild<br />
des Pfades geschaffen: Um einen hyperfiktionalen Text zu<br />
lesen, muss ein individueller Lesepfad angelegt werden. Anderenfalls<br />
ist die Gefahr groß, sich in der vielfältig vernetzten<br />
Struktur (Rhizom) der Hyperfiction zu verlieren und<br />
gar nichts mehr zu verstehen. Damit wäre natürlich jede<br />
Freude an der Lektüre verdorben. Das Legen eines Pfades<br />
ist also die notwendige Bedingung für eine nutzbringende,<br />
Spaß machende Rezeption. Er führt sicher durch das Labyrinth<br />
möglicher Deutungen und kann dank der Retracing-<br />
Funktion z. B. der WWW-Browser zurückverfolgt werden.<br />
Wir brauchen den Pfad, weil es keine „gültige“ Lesart mit<br />
vorgegebener Reihenfolge mehr gibt. Die gesondert begehbaren<br />
Lesepfade definieren Ausgangspunkte individuell,<br />
bestimmen den Anfang einer Geschichte ebenso wie das<br />
Ende nach den Wünschen des Lesers, der jetzt viele neue<br />
Möglichkeiten hat: Er kann den Ausgangspunkt fixieren<br />
und zu ihm zurückzukehren, um den Text kreisförmig zu<br />
erschließen. Er kann auch einzelne Wege verbinden oder<br />
diese ins Leere laufen lassen, er kann dem Text entfliehen<br />
oder in einen anderen springen. Der Möglichkeiten gibt es<br />
viele, aber wie behält man den Überblick? Dieser wird normalerweise<br />
durch inhaltliche Kohärenz, d. h. durch einen<br />
sinnvollen Textzusammenhang gewährleistet. Weil dieser<br />
bei der Hyperfiction-Lektüre nicht mehr vorgegeben ist,<br />
muss er im Verlauf des Leseprozesses hergestellt werden.<br />
Schwierigkeiten mit dem neuen Medium<br />
Dabei stößt der Leser auf Schwierigkeiten, die aus dem<br />
Medium selbst erwachsen. Die materielle Form des Textes<br />
ist nicht verlässlich. Dieser kann auf einer nicht wahrnehmbaren<br />
Ebene Informationen enthalten, die z. B. der Autor in<br />
der Programmierung versteckt hat und die unerkennbar den