Geoinformationssysteme
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c mag<br />
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c mag<br />
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260122 090006
003<br />
in eigener Sache<br />
Geoinformatik ist ein Wachstumsmotor. Das hat auch die<br />
CeBIT erkannt. Und dafür 2007 im Ausstellungsbereich<br />
Public Sector Parc einen Gemeinschaftsstand ‚Geoinformationswirtschaft‘<br />
eingerichtet. Kaum anders die SYSTEMS,<br />
dort lohnt sich ein Besuch auf dem rund 2.000 qm großen<br />
Stand des Anwendungszentrums.<br />
Zur c//mag-Adresse im Web – eine ‚never ending story‘.<br />
Es kann der Friedlichste nicht in Ruhe leben, wenn ihn<br />
der Nachbar nicht lässt. So wird das Gesetz zum Spielfeld<br />
für den geborenen Prozesshansel. Aus diesem Grund erreichen<br />
Sie die Website des c//mag in der nächsten Zeit unter<br />
www.hw-medien.de. Auch die Mailadressen ändern sich<br />
nach dem @ in @hw-medien.de. Auf der Website finden Sie<br />
jetzt übrigens unsere Leserumfrage. Wir möchten nämlich<br />
schwarz auf weiß wissen, was Sie vom c//mag halten.<br />
Zu etwas Erfreulichem: Mit der www.cdate-online.net<br />
stellen wir im September die Veranstaltungen auf eine<br />
eigene Website. Schneller finden, was los ist – das war<br />
die Idee. SchickenSie uns Ihre aktuellen Termine unter<br />
veranstaltungen@hw-medien.de.<br />
Und noch eine gute Nachricht: Mit dieser Ausgabe ist das<br />
c//mag genau ein Jahr alt. Zeit, laufen zu lernen :)<br />
Viel Spaß beim Lesen!<br />
Uwe Hentschel, Volker Watschounek,
004<br />
Register der erwähnten Unternehmen und Organisationen<br />
1&1 80<br />
Adlershof 76<br />
Adobe 48<br />
AGCO 28<br />
Agrar- und Umweltwissenschaftl. Fakultät Universität Rostock 28<br />
Amazon 17<br />
AOK 31, 32<br />
Bell Labs 51<br />
Benmark 48<br />
Bernecker+Rainer 72, 73<br />
Bitform 71<br />
BITKOM e.V. 59<br />
BMW 50<br />
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 78<br />
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 79<br />
Bundesnetzagentur 70<br />
Burkhardt 79<br />
Captiva 71<br />
CeBIT 3, 58, 69<br />
Cisco 70<br />
Claas 28<br />
d.velop 48<br />
DaimlerChrysler 50, 57,58, 70<br />
Deutsche Telekom 80<br />
Deutsches Forschungszentrum für Künstl. Intelligenz (DFKI) 52, 53<br />
DMS EXPO 46, 47, 49<br />
DNUG 76<br />
DSAG 77<br />
ecom.IT 73<br />
E-Garten.Net 68, 69<br />
Elephant Seven 70<br />
ELO Digital Office 48, 66<br />
EMC Documentm 5, 71<br />
EnBW Energie Baden-Württemberg 15<br />
E-Plus 13<br />
FileNet 5<br />
Förderkreis IT- und Medienwirtschaft München (FIMW e.V.) 60<br />
Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR) 79<br />
Fraunhofer Institut für Autonome Intelligente Systeme 60<br />
Ganske Verlagsgruppe 25<br />
Garmin 11<br />
Global Information Distribution 49<br />
good news! 49<br />
Google 16<br />
GoPro 47<br />
GoYellow 70<br />
GS1 Germany76<br />
GUS Group 60<br />
Hewlett Packard 71<br />
Hugendubel 37<br />
humminbird 5<br />
IBM 5, 47, 50, 51, 53, 70, 71, 76<br />
IBM Global Business Services 47<br />
IBM Software Group 47<br />
IIR 76<br />
Imperia 80<br />
Infor 79<br />
interactive media / virtual environment group 12<br />
iPUBLISH 25<br />
IXOS 5<br />
John Deere 28<br />
Koelnmesse 46, 47<br />
Kommunaler Schadensausgleich (KSA) 74, 75<br />
Legato 71<br />
Louis Leitz KG 66<br />
Management Forum Starnberg 76<br />
Map24 17<br />
MapQuest 17<br />
Marketinghub 76<br />
Massachusetts Institute of Technology (MIT) 60<br />
Mediamarkt 37<br />
mediamid 54, 55, 56<br />
Metro 58<br />
Microsoft 5, 50, 53, 64, 70<br />
MobileObjects 33<br />
O2 13, 32, 33, 34<br />
Océ Document Technologies 63<br />
Open Geospatial Consortium (OGC) 21, 35<br />
Open Text 5, 48, 78<br />
Opera Software 50<br />
Oracle 64, 70, 76<br />
Otto Junker 79<br />
Pixelpark 70<br />
Plasmon 71<br />
PricewaterhouseCoopers 20, 37<br />
proALPHA 79<br />
Projektträger Forschungszentrum Karlsruhe (PTKA) 79<br />
PSIPENTA 79<br />
RedDot Solutions 48, 73<br />
RSA Security 71<br />
RST 70<br />
SAP 60, 61, 64<br />
SAPERION 48<br />
Saturn 37<br />
Sceye 10<br />
Screen Digest 71<br />
SDL Trados 73<br />
SealedMedia 71<br />
SER Solutions 74, 75, 78<br />
Siemens 79<br />
Springer + Jacoby 70<br />
Stellent 48, 71<br />
Sun 64<br />
Symphony Technology Group 5<br />
SYSTEMS 3, 69<br />
TomTom 33<br />
T-Systems 76<br />
Varetis 70<br />
Vereon 77<br />
VOI e.V. 46, 47<br />
Volkswagen 12, 50<br />
W3C 53<br />
Weltbild 37<br />
windream 48<br />
Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) 31<br />
WNS-Europe 33<br />
Xplor e.V. 47<br />
Yahoo! 17<br />
Zoeller 76<br />
ZyLAB 48
005<br />
Highlight<br />
??_FL<br />
?_FL<br />
Slow train coming?<br />
Es gibt Sachen, von denen können wir nie genug bekommen.<br />
Gute Tipps vom Steuerberater. Ein-Gigabyte-USB-<br />
Sticks. Kunden. Oder Web-Content-Management- und Dokumenten-Management-Systeme:<br />
Gauss, Obtree, Livelink<br />
for Web, RedDot, Magellan, LiveLink, IXOS, DocsOpen,<br />
IDI, DOMEA ... die liegen jetzt alle bei Open Text in der<br />
Lagerhalle. Wahrscheinlich verfolgt Open Text die Strategie,<br />
alles aus einer Hand anzubieten. Weil die Betonung auf „alles“<br />
liegt: Es wird alles gekauft, wo bei drei noch kein weißer<br />
Ritter aufgetaucht ist.<br />
Gut, der eine oder andere fragt sich, wie das damals mit<br />
IXOS gelaufen ist, die Übernahme und vor allem die anschließende<br />
„Integration“. Wo da jetzt im Einzelnen die<br />
Synergien lagen. Liquide war Open Text von Anfang an.<br />
Auch jetzt braucht das Unternehmen lediglich 200 Mio.<br />
US-Dollar Kredit, um hummingbird zu kaufen. Peanuts.<br />
Eine klare Akquisitionsstrategie, das können wir lernen, ist<br />
möglicherweise erfolgreicher, als sich mit divergierenden<br />
Produkt- oder Technologie-Linien auseinanderzusetzen.<br />
Die Zeit und der Markt werden es schon richten.<br />
Werfen wir einen Blick auf den Kaufpreis von hummingbird.<br />
465 Mio. US-Dollar hat die Symphony Technology<br />
Group geboten, jener Investor, der hummingbird schon in<br />
der Tasche hatte. 489 Mio. US-Dollar hat Opentext gezahlt.<br />
Die Anteilseigner von hummingbird, die moniert hatten,<br />
man habe kein besseres Angebot an Land gezogen, können<br />
mit dem von Opentext nicht zufrieden sein. 24 Mio. sind<br />
für den Shareholder kein echter Value. Es sei denn, es wird<br />
gerade jetzt eine Hypothek auf das Haus fällig.<br />
Was hat Open Text eigentlich gekauft? Kunden? Marktanteile?<br />
Produkte? Source-Code? Letztes Jahr hatte Open Text<br />
CEO Tom Jenkins sein vorerst letztes ECM-Buch vorgestellt:<br />
„ECM Solutions: What You need to Know“. Das Buch ist Teil<br />
einer Opentext-Buchreihe und Nachfolger des Titels „ECM<br />
Technology: What You Need to know“. Vorschlag für den<br />
nächsten Titel: „ECM Market: What You Need to Aquire“.<br />
Kaum ist der Deal in trockenen Tüchern, verkündet IBM<br />
Vollzug: FileNet gekauft. Aha. Da haben sicher einige Insider<br />
hinter den Kulissen verschlüsselten Handyverkehr gehabt.<br />
Klar, FileNet passt prima zu IBM. Jetzt hat Big Blue auch<br />
eine volle Lagerhalle. Wie das alles zusammenpasst, wird<br />
IBM uns in den nächsten Monaten erklären.<br />
Bleiben noch einige Fragen offen: Wo bleibt Microsoft?<br />
Wollten die nicht auch ECM machen? Und: Wer kauft jetzt<br />
EMC Documentum?
006<br />
1.000 Tage Leiwand Software<br />
Gründe zum Feiern sollten nicht lange gesucht werden. 100 Tage mit dem<br />
eigenen Unternehmen im Markt? Feiern. 500 Tage? Feiern. 1.000 Tage?<br />
Jetzt erst recht. Und so gab es in Wien einen festlichen Empfang für die<br />
Geschäftspartner und Freunde des Hauses. Lesen Sie weiter auf Seite 54.
Reser vier t<br />
für die Welt<br />
der Verlage<br />
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008<br />
Editorial<br />
Firmenregister<br />
Highlight<br />
Panorama<br />
Briefe an den IT-Leiter<br />
3<br />
4<br />
5<br />
10-13<br />
14-15<br />
<strong>Geoinformationssysteme</strong><br />
Titel<br />
Die Dimensionen der Karte<br />
Informationen in <strong>Geoinformationssysteme</strong>n<br />
16-21<br />
Von der Idee zum Geschäftsmodell<br />
Location Based Services<br />
22-25<br />
IT statt Bauernkalender<br />
Precision Farming<br />
26-28<br />
Karten für die Gesundheit<br />
Geodaten im Gesundheitswesen<br />
30-31<br />
Interview Karola Bode, O2<br />
32-34<br />
Kommentar<br />
Nie mehr verlaufen<br />
35<br />
Galerie<br />
Sag mir, wo die Läden sind ...<br />
37-41<br />
Schwerpunkt<br />
Anders lesen<br />
Lesen am Bildschirm<br />
42-45<br />
Kukkstu in Köln<br />
DMS EXPO 2006 in Köln<br />
46-49<br />
Die Maschine, die aufs Wort hört<br />
Sprachsteuerung<br />
50-53<br />
1.000 Tage Leiwand Software<br />
mediamid digital services GmbH<br />
54-56
009<br />
Alltag<br />
C//DATE<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
76-77<br />
Datenflut im Internet der Dinge<br />
RFID und Datenspeicherung<br />
Über den Tellerrand<br />
Outsourcing von Dienstleistungen<br />
58-60<br />
61-63<br />
Nachgefragt<br />
Forschung<br />
in die Nesseln<br />
Beobachter<br />
Ausblick/ Impressum<br />
78<br />
79<br />
80<br />
81<br />
82<br />
die „Gewissensfrage“<br />
63<br />
Inserentenverzeichnis<br />
Was meint eigentlich „Made in Germany“?<br />
Die „Marke“ Deutschland<br />
Drahtlos in München<br />
WLAN im Englischen Garten<br />
C//MAG NEWS<br />
Individueller Informationszugriff<br />
Case: Individualisierung von Websites<br />
Elektronische Schadensbearbeitung<br />
Case: Kommunaler Schadensausgleich<br />
64-66<br />
68-69<br />
70-71<br />
72-73<br />
74-75<br />
IBM Deutschland GmbH<br />
cip Verlag GmbH<br />
TOMORROW FOCUS Technologies<br />
ALBIS Zahlungsdienste GmbH & Co. KG<br />
Open Text AG<br />
RedDot Solutions AG<br />
textpark<br />
dfau Kommunikation<br />
ELO Digital Office GmbH<br />
Stellent GmbH<br />
Koelnmesse GmbH<br />
KROLL Verlag<br />
Reed Exhibitions Deutschland GmbH<br />
Kodak GmbH<br />
Océ Deutschland GmbH<br />
U2<br />
7<br />
9<br />
13<br />
21<br />
29<br />
34<br />
36<br />
45<br />
49<br />
57<br />
62<br />
67<br />
U3<br />
U4
010<br />
Panorama<br />
Scan Dusche<br />
Das Knicken, Schneiden und Falzen hat ein Ende. Die elegante<br />
Scan-Dusche – einfach genial. Scannen wird so leicht<br />
wie fotografieren. Die ach so geliebten Methoden der Public<br />
Relation: Vergangenheit. Artikel jeder Art werden einfach<br />
unter den Sceye (Mutation aus ‚Scan‘ und ‚Eye‘) gelegt, frei<br />
positioniert und abfotografiert. Die dazugelieferte Software<br />
speichert das Bild im Verlauf. Über eine unklare, aber doch<br />
irgendwie intuitive Benutzerführung findet jeder Erstbenutzer<br />
den Verlauf hinter dem „Rechtspfeil“, der sich bei<br />
„klick“ nach links öffnet. Logisch, nicht wahr. Dabei wird<br />
die Scanansicht extrem verkleinert, das Scanobjekt unter<br />
dem aktuellen Datum angezeigt. Werden mehrere Objekte<br />
eingescannt, nimmt die Zahl der Thumbs zu und die Liste<br />
wird länger.<br />
Versteckte Funktionalitäten<br />
Funktionen wie Kopieren, Ausscheiden oder in einen selektierten<br />
Ordner Hinzufügen sind leicht versteckt und nur<br />
über den Verlauf zugänglich. Klicke ich ein Objekt an, um<br />
es final zu bearbeiten, öffnet zeigt sich das Scan-Ergebnis<br />
in einem separaten Fenster: mit Menu! Feinjustierungen à<br />
la Zoom sind nicht möglich. Warum auch, gescannte Objekte<br />
müssen nachbearbeitet werden: ausschneiden, für die<br />
geschulte Hand und das geschulte Auge ein Leichtes; Kontrast,<br />
Helligkeit oder Objekt kippen und drehen. Die Helligkeitsjustierung<br />
ist Gold wert. Dadurch wird das eine oder<br />
andere Objekt erst brauchbar: Habe ich bei diesem Scanner<br />
doch nicht wirklich die Möglichkeit das Tageslicht auszublenden.<br />
Habe ich vielleicht den Hinweis „Dunkelkammer“<br />
übersehen? Egal, die herkömmliche Methode, Sichten, Ausschneiden<br />
und Einscannen mit Deckel zeigt deutlich bessere<br />
Ergebnisse.<br />
Der nächste Anlauf<br />
Ich werfe aber nicht so schnell die Flinte ins Korn. Einmal<br />
Helligkeit anpassen, sechsmal Kontrast nachschärfen – und<br />
fertig ist der erste Scan. Jetzt nur noch speichern, auf die<br />
Seite unseres Kunden schieben und ... Wo speichere ich<br />
das Objekt bloß? Ein Menu gibt es nicht. Einfach schließen<br />
- Fragezeichen. Ein wenig Mut gehört schon dazu, einfach<br />
das „X“ oben rechts zu klicken. Wir wagen es. „Klick“. Die<br />
Sicherheitsabfrage „Seite wurde verändert. Speichern?“ beruhigt<br />
uns ungemein. Wir bestätigen mit „ja“ und kehren<br />
zurück zum Verlauf, wo wir das nächste Objekt bearbeiten.<br />
Klick, auswählen, ausschneiden, drehen, Helligkeit und<br />
Kontrast nachbearbeiten, fertig. Und gleich nochmal. Versehentlich<br />
stellen wir das Objekt nicht frei. Schneiden innen<br />
aus. Strg+Z, gibt es nicht. Gehen wir also über das Menu<br />
„undo“. Menu. Ach ja, das gab es ja auch nicht. Sind also<br />
keine Arbeitsschritte rückgängig zu machen? Anscheinend.<br />
Wir haben uns nicht getraut, beim Hersteller nachzufragen<br />
und suchen noch heute. Denn die schnelle Art, sich zu helfen,<br />
kann nicht wirklich die Lösung sein (schließen, nicht<br />
speichern, neu aufrufen und richtig machen).<br />
Problemlösungsverhalten<br />
Zum Ende stoßen wir dann auf ein Problem der besonderen<br />
Art. Was uns beim Aufbau so faszinierte, das Duschprinzip<br />
des Scannens, entpuppt sich bei größeren Objekten<br />
als Problem. Der Hersteller hat es leider versäumt, die Auswahlfläche<br />
mit einem Zoom zu versehen. Wie bei gängigen<br />
A4-Scannern muss sich jeder damit helfen, erst den unteren<br />
Teil und dann den oberen Teil einzuscannen ... und entweder<br />
gestückelt auf zwei Seiten dem Kunden weiterreichen ...<br />
oder aber im Bildprogramm montieren. Wo lagen die Daten?<br />
Welchen Namen haben die Objekte? „18-08-05“ 19-07-<br />
46“... Die Suchfunktion von Windows hilft weiter... Anstelle<br />
der Dateiendung setzen wir „*“ als Wildcard und starten die<br />
Suche. Das Programm hat die Dateien als mit ThumbsPlus<br />
darstellbare Bilddatei unter c:\programme\silvercreations\<br />
sceye\20060708 abspeichert. Wir öffnen die Datei, erstellen<br />
daraus ein PDF für unseren Kunden, geben ihm einen Namen<br />
und freuen uns, eine wirkliche Arbeitshilfe gefunden<br />
zu haben.
011<br />
Auf alten Wegen<br />
Laufen, wandern, radeln, schwimmen. Immer wissen, wo<br />
ich bin. Egal wo ich gerade bin. Die Position, die zurückgelegte<br />
Distanz, das Ziel vor Augen, die verbrauchten Kalorien<br />
auf Abruf. In Zeiten, wo einem Besucher selbst in langen<br />
Korridoren von großen Gebäuden mit einem Personal<br />
Digital Assistant (PDA) Orientierungshilfen wie im Auto<br />
angeboten werden, ein Kinderspiel. Nächster Gang rechts,<br />
bitte.<br />
Ich erinnere mich an frühere Zeiten. 1984. Für eine genaue<br />
Distanzmessung habe ich damals einen Zollstock und ein<br />
Fahrrad gebraucht. Die Standardrunde im Eller Forst – nicht<br />
weit vom Unterbacher See – musste vermessen werden. Und<br />
wegen des widrigen Geländes war es nicht möglich, alles mit<br />
dem Auto abzufahren. Pragmatische Vorgehensweise. In der<br />
Schule lernten wir eben u=2r*Pi. Bei einem 26“-Fahrrad<br />
ergibt das einen Radumfang von ... Eine gelbe Socke diente<br />
als Markierung und half uns beim Zählen: 5.995 Meter. Vorausgesetzt,<br />
wir hatten uns nicht verzählt.<br />
Zweiter Start im Englischen Garten<br />
Am Eingang des Englischen Gartens versuche ich es erneut.<br />
Es funktioniert. Mit GPS-Technologie und einem<br />
drahtlos verbundenen Pulsmesser erfasst das kleine Gerät<br />
am Handgelenk Zeit, Geschwindigkeit, Pace, Strecke, Kurs,<br />
Höhe und Puls – bei Voreinstellung berechnet er sogar<br />
meinen Kalorienverbrauch. Alle Daten sind gleich über das<br />
große Display der Uhr abzulesen. Die zurückgelegte Distanz<br />
kartografiert am PC. Hier werden alle zurückgelegten Einheiten<br />
dokumentiert und kumuliert – und wir sehen, doch<br />
nur 34 Kilometer diese Woche. Letzte Woche waren es noch<br />
52. Die letzten Wochen waren halt ziemlich heiß. Hundstage<br />
quasi.<br />
Anschließen, loslaufen – selber navigieren<br />
Heute schnallen wir uns einen Brustgurt um, binden<br />
uns eine Uhr ans Handgelenk und laufen los. Kleinere<br />
Startschwierigkeiten lösen sich von selbst (Positionsbestimmung).<br />
Und spätestens beim zweiten Lauf erledigt sich<br />
das mit den Startschwierigkeiten. Angaben des Herstellers<br />
zufolge ist das Gerät mit einem hochempfindlichen SiRFstarIII<br />
GPS-Empfänger ausgestattet. Er sorge „für besten<br />
Empfang auch unter dichtem Blätterdach im Wald oder in<br />
dicht bebautem Stadtgebiet“, so Garmin. Im Test hatte der<br />
Empfänger dann in der Agnesstraße, München, dann so<br />
seine Probleme. Nach zehn Minuten fragt mich Forerunner:<br />
„Befinden Sie sich in einem geschlossenen Raum?“ Ich antworte<br />
„Nein“ und laufe los. Ohne Navigation.<br />
Und zweimal fiel der Forerunner wegen geringer Stromversorgung<br />
aus. Zehn Stunden halte der Akku, so stand es<br />
geschrieben. Zehn Stunden sind etwa 100 km. 34 plus 52<br />
gleich ... naja. Ambitionierte Läufer sollten das Gerät mindestens<br />
zweimal die Woche mit dem Netzteil verbinden.<br />
Nur so werden sicher alle Trainingseinheiten aufgezeichnet.<br />
Navigation hin oder her: Im November laufe ich in Florenz<br />
meinen fünften Marathon.
012<br />
Panorama<br />
Das stuhlbasierte Interface<br />
Manche Neuerungen erreichen einen erst verspätet, wie<br />
der ChairIO. Leider war ich im April nicht auf dem Internationalen<br />
Automobil-Salon in Genf. Wäre ich dort gewesen,<br />
ich hätte mich am Stand von Volkwagen garantiert auf den<br />
ChairIO gesetzt. Denn der ChairIO ist eine neuartige Computersteuerung<br />
auf der Basis eines Stuhls. Oder, wie es in<br />
einem PDF stand, ein „Chair-Based Interface“. Wunderfull,<br />
wie so ein englischer Fachausdruck gleich ein wenig Glanz<br />
in die Hütte zaubert. Profan gesprochen ist der ChairIO ein<br />
Hocker, der wie ein Joystick funktioniert. Interessant. Im<br />
Netz lese ich, dass der Stuhl bereits 2005 vorgestellt wurde<br />
(imve.informatik.uni-hamburg.de/projects/chairIO). Entwickelt<br />
von Prof. Dr. Ing. Steffi Beckhaus von der Universität Hamburg,<br />
in der interactive media/virtual environment group<br />
oder kurz im/ve. Dort forschen seit 2004 drei Wissenschaftler<br />
im Bereich der „human-centered Human-Computer<br />
Interaction, Computer Graphics, Virtual Environment<br />
Systems and Technology, Interactive Storytelling, and Art“.<br />
Herausgekommen ist der ChairIO.<br />
Vom Büromöbel zum Device<br />
Den Hocker übrigens, aus dem unter wissenschaftlicher<br />
Mithilfe der ChairIO wurde, kennt jeder, der sich einmal<br />
mit den verschiedenen Genres der Büromöbel befasst hat:<br />
Es ist der Swopper vom Designer Henner Jahn. Ein breiter<br />
Dreiviertel-Ring als Metallfuß, offen liegende Spiralfeder<br />
und komischerweise auf Produktfotos immer rot gepolstert.<br />
Gut für den Rücken. Nicht das Rot, der Hocker. Im Netz<br />
lese ich, was der emeritierte Universitäts-Professor Dr. med.<br />
Dr. h. c. Dings schreibt: „Der ‚swopper‘ [...] hält die Rumpfmuskulatur<br />
mit dem zentralen Achsenorgan ‚in Schwung‘,<br />
verhütet Fehlhaltungen sowie durch den ständigen Wechsel<br />
von federnder Be- und Entlastung eine vorzeitige muskuläre<br />
Ermüdung.“ Wohl gesprochen. Aber zurück zum ChairIO.<br />
Normalerweise testen wir in dieser Rubrik ja immer die<br />
Geräte. Einen ChairIO habe ich in der Kürze der Zeit leider<br />
nicht organisieren können. Also stelle ich mir nun vor, wie<br />
es wäre, eine ChairIO zu bedienen. Auch hier stimuliert die<br />
englische Sprache mit ihrer filigranen Einfachheit mein<br />
Vorstellungsvermögen als User: „To operate the ChairIO the<br />
user sits on the device ...“. Ich setze mich also auf meinen<br />
eigenen Hocker, der noch nicht im Museum of Modern Art<br />
stehen durfte, und lese weiter. „... and, by shifting their body<br />
weight, tilts it in any direction or rotates the seat. This physical<br />
movement of the seat is mapped to viewpoint/direction<br />
movement in the game environment.“ Spiel? Schade. Just<br />
hatte ich mir vorgestellt, wie ich im Großraumbüro mit<br />
verschränkten Armen auf dem Hocker sitzend eine Excel-<br />
Tabelle ausfülle.<br />
Digitaler Kasatschok<br />
Der ChairIO wurde zusammen mit einer „hand-held light<br />
gun“ präsentiert, um „First-Person-Shooters (FPS)“-Spiele<br />
spielen zu können. Das Ganze war natürlich alles andere<br />
als trivial, braucht es doch eine Menge Wissen über Virtual<br />
Reality (VR), Augmented Reality und Programmierung,<br />
die Architektur und Software des Interfaces umzusetzen.<br />
Um den ChairIO an Linux- oder Windows-Anwendungen<br />
anbinden zu können, wird das Virtual-Reality Peripheral<br />
Network (VRPN) verwendet, eine Ansammlung von Klassen<br />
innerhalb einer Bibliothek und einer Anzahl von Servern,<br />
mit denen die Benutzeroberflächen von Spielen mit<br />
ihren jeweiligen Eingabegeräten zusammenarbeiten. Vielleicht<br />
wird eines Tages ja mehr daraus, als ein Ego-Shooter:<br />
„The interface as a general input device within the operating<br />
system is another avenue of interest, mainly concerned with<br />
applying and evaluating the ChairIO in standard desktop<br />
applications.“ Also doch Excel mit Hocker. Layouten ohne<br />
Maus, kombiniert mit automatischer Spracherfassung. Auf<br />
zum digitalen Kasatschok.
013<br />
Von Mangenta geblendet<br />
Sie standen schon mal vor der Entscheidung: Vodafone,<br />
O2, E-Plus oder D1? Welcher Netzbetreiber ist für mich,<br />
für mein Telefonverhalten, meine Reisen am besten? Im<br />
Geschäftsleben kann es absolut wichtig sein, wo welches<br />
Netz zu welchem Preis erreichbar ist. Und wie man selbst<br />
erreichbar ist. Um so verwunderlicher ist es, dass Verkäufer<br />
gerade hier in der Beratung Nachholbedarf haben.<br />
Neulich in München<br />
Im Ladenlokal eines großen deutschen Netzbetreibers<br />
steht ein älterer Herr. Er erkundigt sich nach Vodafone<br />
und der Reichweite des einst zu Mannesmann zählenden<br />
Mobilfunkanbieters. Die Magentafarbe des Ladenlokals verrät:<br />
leider im falschen Geschäft. Der Verkäufer legt sich ins<br />
Zeug. Obwohl ihm der Kunde eingehend erklärt, dass er bei<br />
sich daheim mit seinem D1-Handy keinen oder nur einen<br />
sehr schlechten Empfang habe, ein Bekannter mit Vodafone<br />
hingegen reibungslos telefoniere, hält der gut gekleidete<br />
Mitarbeiter an seiner Strategie fest – fragender Blick und<br />
Testergebnisse. Er verstehe das ganz und gar nicht, belegen<br />
Untersuchungen doch, dass der Magenta-Konzern bei der<br />
Netzabdeckung die Nase vorn habe: 98 Prozent. Das entspricht<br />
fast ganz Deutschland. Zu dumm, dass sich die Abdeckung<br />
nicht auf die Fläche, sondern auf die Bevölkerung<br />
bezieht. Das sagt nicht wirklich etwas über die Verfügbarkeit<br />
aus. Könnte aber ein Indiz dafür sein, warum Vodafone D1<br />
am Wohnort des Kunden besser funktioniert. Leben hier<br />
vielleicht gerade jene zwei Prozent der Bevölkerung, die<br />
nicht rosa sehen?<br />
Tests lügen nicht<br />
Der Kunde ist beeindruckt: Testergebnisse können nicht<br />
lügen. Kurzerhand entschließt er zum Abschluss eines neuen<br />
Vertrages: einer Prepaid-Karte von D1. Und das, obwohl<br />
seine alte Karte noch Guthaben haben müsste. Ein neues<br />
Handy nimmt er aber nicht mit. Wohlwissend: „Mein Gerät<br />
ist zwar nicht mehr das neueste. Doch die zwei, drei Stunden<br />
Betriebsbereitschaft genügen mir.“ Stellt sich jetzt die Frage,<br />
ob der Käufer mit seinem alten Netzbetreiber und seiner<br />
neuem SIM-Karte glücklicher wird ...
014<br />
Usability von IT-Systemen ist keine<br />
„Sonderausstattung“<br />
Werte Kolleginnen und Kollegen, haben Sie auch schon einen multifunktionalen<br />
DVD-Recorder mit Festplatte und elektronischer<br />
Programmzeitschrift? … Und, können Sie ihn bedienen? Oder besser<br />
gefragt: Haben Sie jemals schon mehr gemacht, als eine Sendung<br />
aufgenommen, angeschaut und dann wieder gelöscht?<br />
Wir kaufen uns „elektronische Helferlein“, die eine Vielzahl von<br />
Funktionen bereitstellen. Funktionen, von denen wir die meisten<br />
entweder gar nicht kennen oder nicht brauchen. Woran liegt das?<br />
Einerseits sicherlich daran, dass mobiles Telefonieren, ruckelfreier<br />
mobiler Musikgenuss, digitale Fotos und schlüsselanhängergroße<br />
Datenträger einfach praktisch sind! Doch offensichtlich<br />
reicht uns das nicht aus. Die Geräte liefern neben den Nutzfunktionen<br />
noch Mehrwert und führen die Eigenschaften verschiedener<br />
Geräteklassen zusammen. Es gilt: mehr Funktionen -> besseres<br />
Gerät. Übrigens auch im Office-Umfeld. Schauen Sie sich mal Ihr<br />
Textverarbeitungs- oder Präsentationsprogramm an.<br />
Dem gegenüber stehen die Anwendungssysteme, die wir unseren<br />
Mitarbeitern im Unternehmen zur Verfügung stellen. Hier gilt<br />
optimale Ausrichtung an den Benutzerfähigkeiten und Kenntnissen<br />
im Sinne maximaler Effizienz und Effektivität! Jeder Mitarbeiter<br />
bekommt exakt die Anwendungsfunktionalität und Information, die<br />
er im jeweiligen prozessualen Kontext benötigt. Die ihm zur Verfügung<br />
stehende Hard- und Software ist optimal aufeinander abgestimmt<br />
… Stimmt das für die von Ihnen verantworteten IT-Systeme?<br />
Ich glaube nicht!!<br />
Was tun Sie, um sicherzustellen, dass bei der Entwicklung von<br />
Anwendungssystemen nicht nur die funktionalen Aspekte eines Lastenhefts<br />
umgesetzt werden, sondern dass in ausreichendem Maße<br />
die „nicht-funktionalen“ Anforderungen der Benutzer berücksichtigt<br />
werden? Wenn Sie gut sind, lassen Sie sich Ihre GUIs durch<br />
Usability-Spezialisten entwickeln. Wenn Sie richtig gut sind,<br />
bringen Sie Ihre Mitarbeiter dazu, die Benutzer und deren Arbeitssituation<br />
zu verstehen. Leider ist weder das eine noch das<br />
andere die Regel in den meisten Unternehmen!<br />
Sie werden aufstöhnen und denken „Ja, ja, alles richtig, aber<br />
wie soll ich bei den knappen Budgets meine Kunden davon überzeugen,<br />
dass sie mehr Geld für schöne Oberflächen ausgeben sollen?“.<br />
Gehen wir denn aber richtig mit dem Thema Usability um? Ist<br />
Usability eine „Sonderausstattung“, die wir als Option bei der<br />
Entwicklung von Anwendungssystemen „dazubestellen“ können?<br />
Aus meiner Sicht müssen wir umdenken. Lassen Sie uns nicht weiter<br />
„Flüsterpost“ spielen, indem Projektverantwortliche aus dem<br />
Business die funktionalen Anforderungen in einem Lastenheft zusammenführen,<br />
ein IT-Berater oder interner Dienstleister das<br />
Pflichtenheft konkretisiert und das Projekt dann von Programmierern<br />
umgesetzt wird. Bringen Sie Ihre Mitarbeiter, Berater und<br />
Programmierer dazu, die zukünftigen Benutzer und deren Anforderungen<br />
kennen zu lernen. Ein Abrechner vor dem SAP-HR-System<br />
oder ein Call-Center-Agent ist eben kein Internet-Guru oder<br />
weiß, wie man sich schnell ein Office-Makro für die Automatisierung<br />
von Vorgängen zusammenklickt. Außerdem ist es ein Unterschied,<br />
ob man als einfacher Benutzer am Terminal arbeitet oder<br />
als Administrator am voll ausgestatteten Entwickler-PC sitzt!
Briefe an den IT-Leiter<br />
Schicken Sie die Mitarbeiter einfach mal „raus ins Feld“! Dafür<br />
brauchen Sie keine Schulungsmaßnahmen oder Entwicklungswerkzeuge.<br />
Das sollte jedoch unter einem klar formulierten Motto stehen.<br />
Sie können zusammentragen lassen, wie viele verschiedene<br />
Benutzertypen das Anwendungssystem nutzen (z. B. Sekretariat,<br />
Sachbearbeiter, Administrator). Oder wie viele verschiedene<br />
Aufgaben ein Benutzer hat und wie viele Anwendungen er dabei<br />
benutzt. Sie werden feststellen, dass nicht nur Ihre Mitarbeiter<br />
einen Motivationsschub erfahren, sondern auch Ihre Kunden<br />
erfreut sein werden, dass sich jemand für ihre Belange interessiert.<br />
Das ist menschlich, und so werden auch einmal kleinere<br />
Fehler und Unzulänglichkeiten verziehen. Der minimale Aufwand<br />
dafür wird kompensiert durch die Vermeidung unnötiger Arbeiten<br />
– so manche Entwicklung, die technisch interessant aber völlig<br />
unnötig für den Benutzer war, konnte so schon vermieden werden.<br />
Wenn Sie meinen „Das erscheint mir doch etwas zu unkonventionell,<br />
unsere Hotline soll erst einmal eine Umfrage machen, wie<br />
zufrieden die Mitarbeiter mit der IT sind, oder wir stellen einen<br />
Fragebogen ins Intranet“ – vergessen Sie es! Untersuchungen<br />
zeigen, dass derartige Aktionen, selbst wenn Sie schöne Incentives<br />
anbieten, nichts bringen. 5 persönliche Gespräche zwischen<br />
Entwicklung und Benutzern sind mehr wert als 20 Fragebögen.<br />
Denken Sie lieber darüber nach, wie Sie bei der Einführung von<br />
ITSM-Prozessen nach ITIL oder anderen Methoden den organisatorischen<br />
Rahmen für die o. g. Interaktion schaffen können. Implementieren<br />
Sie mit deren Einführung direkt (pragmatische) Methoden<br />
und Instrumente, die Usability zum integralen Bestandteil<br />
der Dienstleistungserbringung machen.<br />
Die beschriebenen Aspekte entspringen nicht nur purer „Menschenfreundlichkeit“.<br />
Die serviceorientierte IT-Welt adressiert ganz<br />
konkret neue Möglichkeiten zur stärkeren Orientierung der Anwendungssysteme<br />
an den Business-Prozessen durch prozessorientierte<br />
Integration von Funktionalität und Information. „Die richtige<br />
Information/Funktion zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“ Mit<br />
der gebotenen Flexibilität. Was ist das anderes als die an den<br />
Benutzer-Aufgaben ausgerichtete Gestaltung von Anwendungssystemen<br />
– egal ob als Portal oder klassische Applikation. Warum?<br />
Letztlich, um durch Effizienz und Effektivität Geld zu sparen.<br />
Also lassen Sie uns nicht analog zur „alten Welt“ ein Portal<br />
neben dem nächsten aufbauen und den Benutzer wieder mit unterschiedlichen<br />
Interaktionsparadigmen und fehlender Konsistenz<br />
konfrontieren, sondern von vorneherein durch übergreifende Style-Guides,<br />
generische Handlungsprinzipien und eine klare Geschäftsprozessorientierung<br />
eine Erfolgsstory schreiben. IT als<br />
„echter“ Enabler!<br />
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen (und uns) viel Erfolg bei der<br />
Sensibilisierung der Mitarbeiter, so dass wir zukünftig nicht<br />
mehr Aussagen wie „für Usability hatte ich keinen Auftrag“ und<br />
„das kostet zu viel Geld“ hören, sondern die Orientierung an<br />
differenzierten Benutzerbedürfnissen in den Geschäftsprozessen<br />
zum Grundverständnis bei der Entwicklung von Anwendungssystemen<br />
wird. Und, dass es gelingt zu verdeutlichen, dass man damit eher<br />
Geld spart als Kosten verursacht!<br />
Es schrieb Ihnen Dr. Achim Reuther, Leiter IT-Strategie, EnBW Energie Baden-Württemberg AG
Prof. Dr. Klaus Greve<br />
16-21 Die Dimensionen der Karte<br />
Informationen in <strong>Geoinformationssysteme</strong>n<br />
22-25 Von der Idee zum Geschäftsmodell<br />
Location Based Services<br />
26-28 IT statt Bauernkalender<br />
Precision Farming<br />
30-31 Karten für die Gesundheit<br />
Geodaten im Gesundheitswesen<br />
32-34 Interview Karola Bode, O2<br />
35 Kommentar<br />
Geographische Informationssysteme (GIS) galten lange<br />
Zeit als Anwendungen für und von Spezialisten, weit entfernt<br />
vom Mainstream der IT. In der Wahrnehmung der<br />
Öffentlichkeit hat sich dies durch das Aufkommen von<br />
Google Earth und anderen Planetenbrowsern grundsätzlich<br />
geändert. Besonders interessant an dieser Entwicklung:<br />
Nahezu alle großen Internet-Infrastrukturbetreiber setzen<br />
auf die Geo-Karte. Sie fassen verstreute Stadtplan- und<br />
Kartendienste in globalen Infrastrukturen zusammen und<br />
integrieren Kartendienste und Navigationsunterstützung<br />
mit weitergehenden Informationsdiensten:<br />
(1) Größte Beachtung der Massenmedien fand Google mit<br />
seinen 2-D-Karten- und 3-D-Globusapplikationen Google<br />
Maps und Google Earth.<br />
(2) Ähnliche Funktionalitäten wie Google Earth zeigt der<br />
digitale 3-D-Globus NASA Worldwind, der als Open-Source-<br />
Projekt nicht nur kostenfrei zu nutzen ist, sondern zusätzlich<br />
seinen Code offen legt.<br />
(3) Microsofts Virtual Earth wird um die 2-D-Karten- und<br />
Navigationsapplikation local.live.com ergänzt. Hier finden<br />
sich für amerikanische Großstädte neben klassischen Senkrechtluftbildern<br />
auch Schrägluftbilder, die Gebäude- und<br />
Fassadendetails zeigen.<br />
(4) Die Informationsinfrastruktur A9 von Amazon bringt<br />
ebenfalls eine 2-D-Kartenapplikation heraus, angereichert<br />
mit Navigationsdiensten und vielfältigen weiteren Informationsangeboten.<br />
Für viele amerikanische Großstädte finden<br />
wir hier an die Kartennavigation angebundene Fassadenfotos,<br />
die zu virtuellen Spaziergängen einladen.
017<br />
Informationen in <strong>Geoinformationssysteme</strong>n<br />
Die Dimensionen<br />
der Karte<br />
Traditionell dienen Karten zur Navigation und Ordnung des Wissens. Seit Anfang<br />
der 60er Jahre organisieren <strong>Geoinformationssysteme</strong> die räumliche Dimension von<br />
Informationen. Weshalb wir heute mit dem Cursor auf der Karte reisen können.<br />
(5) Yahoo beteiligt sich ebenfalls mit einem 2-D-Kartendienst,<br />
in den Satellitenbilder, lokalisierte Suchfunktionen,<br />
Navigationsunterstützung und aktuelle Verkehrsinformationen<br />
integriert sind.<br />
(6) Karten- und Navigationsdienste wie MapQuest oder<br />
Map24 integrieren zunehmend weiteren Content und entwickeln<br />
sich in Richtung auf die Planetenbrowser.<br />
(7) Klassische GIS integrieren virtuelle Globen und lassen<br />
traditionelle und neue Technologie zusammenwachsen.<br />
Diese Entwicklung verwundert nur auf den ersten Blick.<br />
Kartendienste und raumbezogene Informationen dienen<br />
traditionell zur Navigation und zur Ordnung des Wissens.<br />
Die richtigen Informationen zu identifizieren und zu ihnen<br />
hinzunavigieren ist das zentrale Problem des Wissensmanagements.<br />
Zu diesem Zweck bedienen wir uns interessanterweise<br />
einer Begrifflichkeit, wie wir sie von der Beschreibung<br />
von Orten und Räumen unserer Erde gewohnt sind.<br />
Der Cyberspace wird durch Raummetaphern erschlossen:<br />
Homepage, Mailbox, Pfade, Surfen, Datenautobahn, globales<br />
Dorf, Domain sind nur ausgewählte Beispiele. Das ist<br />
kein Zufall. Offensichtlich bildet die räumliche Orientierung<br />
für den Menschen ein sehr effektives Ordnungssystem,<br />
das er auf nichträumliche (Un-) Ordnungen anwenden<br />
kann. Geoinformation besitzt damit doppelten Wert: Sie<br />
orientiert über Phänomene und Ereignisse in der realen<br />
Welt und hilft, Orientierung in die vom Menschen geschaffenen<br />
virtuellen Welten zu bringen.<br />
Planetenbrowser stellen somit eine Schnittstelle zwischen<br />
der realen Welt und den Abbildern der realen Welt in virtuellen<br />
Welten dar. Das ist nicht neu: Schon vor 100 Jahren<br />
reisten Menschen mit dem Finger auf der Landkarte zu<br />
fremden Orten, diente die Karte dazu, Informationen aus<br />
verschiedenen Medien (Reiseführer, Bildbände, Fahrpläne,<br />
Klimatabellen) zusammenzuführen. Neu ist der Wert, der<br />
dieser Datenintegration beigemessen wird. Hier wird deutlich,<br />
dass GIS und Planetenbrowser keine multimedialen<br />
Spielzeuge sind. Aktuelle Studien und Parlamentsdiskussionen<br />
verweisen ein erhebliches Marktpotenzial für Geoinformationen<br />
auf. Der derzeitige Umsatz der Geoinformationswirtschaft<br />
in Deutschland wird auf 65 Mio. bis 110<br />
Mio. Euro geschätzt. Dabei ist davon auszugehen, dass die<br />
gegenwärtigen Umsätze nur einen kleinen Teil des tatsächlichen<br />
Marktpotenzials ausmachen. Für Nordrhein-Westfalen<br />
wird das aktuell ausgeschöpfte Potenzial auf 17 Prozent<br />
geschätzt. Weitergehende Untersuchungen gehen von einem<br />
bisher unerschlossenen Marktpotenzial in Deutschland von<br />
etwa 6,8 Mrd. Euro aus.<br />
Nur Planetenbrowser oder echtes GIS?<br />
GIS sind IT-Systeme, die der Verarbeitung von Informationen<br />
unter Berücksichtigung der räumlichen Dimension<br />
dienen. In diesem Sinne sind die Planetenbrowser als geographische<br />
Informationssysteme zu betrachten. Traditionelle<br />
Definitionen von GIS sind hier strenger. Sie fordern<br />
von einem GIS, dass es ein EVAP-Informationssystem für<br />
raumbezogene Daten darstellt. EVAP steht für Erfassung,<br />
Verarbeitung, Analyse und Präsentation. Bei den Planetenbrowsern<br />
liegt der Schwerpunkt der Anwendung noch auf<br />
der Präsentation, weshalb sie ein traditioneller GIS-Experte
018 Titel<br />
Vektor<br />
Raster<br />
So zeichnen Computer<br />
Links das Vektorprinzip: Objekte werden als<br />
Punkte, Linien oder Flächen repräsentiert. Vorteil:<br />
Das ist eindeutig. Nachteil: Das ist leider<br />
zu eindeutig, wenn wir die Abgrenzungen nicht<br />
kennen. Geographen sprechen vom „Objektansatz“<br />
und behandeln räumliche Objekte (z. B.<br />
einen See), als seien sie gewöhnliche Gegenstände.<br />
Punkt<br />
Linie<br />
Rechts das Rasterprinzip: Viele kleine Planquadrate,<br />
der Computer stellt jedes als ein<br />
Pixel dar, das bestimmte Werte aufweist. Dies<br />
ist der „Feldansatz“: Die Situation wird wie ein<br />
physikalisches Feld modelliert, dessen Stärke<br />
von Pixel zu Pixel variiert.<br />
Polygon<br />
Vektor oder Raster, Objekt oder Feld<br />
nicht als GIS einstufen wird. Mächtige Analysefunktionen<br />
gelten ihm als zentrales Element eines GIS.<br />
Schon die ersten GIS, die seit Anfang der 60er Jahre entwickelt<br />
wurden, verfügten über umfangreiche Funktionen zur<br />
raumbezogenen Datenanalyse. Das war angesichts der technischen<br />
Randbedingungen notwendig, denn Ausgabegeräte<br />
für raumbezogene Präsentationen waren praktisch nicht<br />
existent. Sehr einfache Karten konnten auf Stiftplottern,<br />
Zeilendruckern oder Monitoren mit geringer Auflösung<br />
ausgegeben werden. Daher war es häufig notwendig, die Informationen<br />
mittels komplexer Analysen zu verdichten und<br />
das Analyseergebnis dann als vergleichsweise einfache Karte<br />
oder Tabelle zu präsentieren.<br />
Prinzip May Overlay<br />
Raumanalysen mit GIS beruhen vor allem auf dem Prinzip<br />
des Map Overlays. Kartographen organisierten schon lange<br />
vor der Einführung digitaler Techniken ihre Produktion<br />
durch Überlagerung verschiedener thematischer Schichten<br />
(engl. Layer). Eine Karte wurde nicht in einem Stück<br />
gezeichnet, sondern thematisch aufgeteilt in verschiedene<br />
Folien oder Layer. Jedes Thema (Grenzen, Flüsse, Straßen,<br />
Siedlungen, Landnutzung u. a.) zeichnete man auf eine<br />
eigene transparente Folie. Die Ergebniskarte entstand,<br />
indem die Folien übereinander gelegt und die Inhalte so<br />
überlagert wurden. Diese Methodik lässt sich nicht nur zur<br />
Kartenerstellung verwenden, sondern ebenso zur raumbezogenen<br />
Analyse. Erstmals ausformuliert und für konkrete<br />
Planungen angewendet (noch in analoger Form), hat diese<br />
Methodik der Landschaftsplaner Ian McHarg in seinem<br />
Klassiker „Design with Nature“. Später hat C. Dana Tomlin<br />
diese Methodik weiter ausformuliert und zur Map Algebra<br />
formalisiert, die bis heute die Grundlage der Analysefunktionen<br />
der GIS bildet .<br />
Die digitale Umsetzung der Map Overlay oder Verschneidungsmethodik<br />
kann auf zwei unterschiedlichen Datenstrukturen<br />
erfolgen: auf der Basis eines Raster- oder eines<br />
Vektormodells. Im Rastermodell wird die Information wie<br />
bei einem digitalen Foto in einem Raster abgelegt. Es wird<br />
– bildlich gesprochen – ein feines Karoraster über die Karte<br />
gelegt. Dann werden alle Rasterquadrate, die auf einem für<br />
die Darstellung wichtigen Objekt liegen, mit einer Markierung,<br />
einem Schlüsselwert für das Objekt belegt. Für die<br />
Darstellung der Objekte auf dem Bildschirm werden die<br />
Schlüsselwerte in Farben umgesetzt und die Objekte dadurch<br />
sichtbar: Ein See besteht aus einem Klumpen feiner<br />
blauer Quadrate, ein Fluss aus einer mehr oder weniger<br />
breiten Folge von Rasterquadraten.<br />
Komplexes Vektormodell<br />
Das Vektormodell ist komplexer aufgebaut. Hier werden<br />
nicht die Objekte selbst, sondern sie repräsentierende Punkte<br />
als X- und Y-Koordinaten gespeichert. Bei Objekten ohne<br />
große Flächenausdehnung wie Bohrpunkten oder Messstellen<br />
geht das genauso einfach wie bei der Rasterdarstellung.<br />
An der durch die X-Y-Koordinate bezeichneten Stelle der<br />
Karte repräsentiert ein bunter Punkt oder ein Symbol das<br />
Objekt. Durch Größe, Farbe und Art des Symbols können
019<br />
unterschiedliche Arten und Bedeutungen von Objekten<br />
ebenso wie mengenmäßige Unterschiede dargestellt werden.<br />
Schwieriger ist die Abbildung von linienförmigen Objekten<br />
wie Flüssen oder Straßen. Hier wird eine Vielzahl von Punkten<br />
benötigt, die eine Linie (unterschiedlicher Farbe, Stärke<br />
und Signatur) verbindet. Flächen entstehen, indem ihre<br />
Außengrenzen als geschlossene Linie erfasst und der Bereich<br />
innerhalb der Linie (auch Umrings-Polygon genannt)<br />
eingefärbt oder mit einer Schraffur versehen wird. Nach<br />
dem gleichen Prinzip können aus Flächen dreidimensionale<br />
Körper modelliert werden. Die Vektormethode hat gegenüber<br />
der Rastermethode den Vorteil, dass mit sehr präzisen<br />
zentimetergenauen Koordinaten gearbeitet wird. Die Daten<br />
werden häufig direkt per GPS oder andere digitale Vermessungsinstrumente<br />
gewonnen.<br />
Informationsverlust durch Auflösung in Raster<br />
Durch die Auflösung räumlicher Strukturen in Raster<br />
entsteht immer eine Vergröberung, ein Informationsverlust.<br />
Dafür lässt sich diese Arbeit weitgehend automatisch<br />
durch Scannen von Luftbildern und Papierkarten erledigen.<br />
Satelliten- und digitale Luftbildkameras liefern unmittelbar<br />
gerasterte Daten. Die Verschneidung verschiedener<br />
Themenkarten durch Übereinanderlegen bei gleicher<br />
Rasterweite erfordert viel weniger Rechenaufwand als der<br />
ungleich aufwändiger gestaltete geometrische Vergleich von<br />
zwei Vektorkarten unterschiedlichen Themas.<br />
Früher arbeiteten einfache GIS meistens nach der Rastermethode,<br />
komplexere Systeme nach der Vektormethode.<br />
Ausgefeilte Systeme kombinierten beide Methoden. Überall<br />
dort, wo Messpunkte, Grenzen und Eigentumsverhältnisse<br />
berührt sind, werden meist vektorgestützte Systeme eingesetzt.<br />
Im Umweltbereich sind die Grenzen der Objekte häufig<br />
ohnehin nicht in exakten Koordinaten zu bestimmen.<br />
Hier kommen häufig rastergestützte Systeme zum Einsatz.<br />
Wer mit Satellitendaten arbeitet, kommt nicht umhin, nach<br />
der Rastermethode zu verfahren. Aktuelle GIS beherrschen<br />
in der Regel beide Modelle, sowie die Umwandlung von<br />
Vektormodellen in Rastermodelle und umgekehrt. Allerdings<br />
muss der Nutzer sich der Grenzen und Randbedingungen<br />
im Umgang mit beiden Modellen im Klaren sein.<br />
Der eigentliche Schatz im GIS sind die Daten<br />
Den eigentlichen Wert eines GIS machen jedoch nicht<br />
Datenmodelle, Algorithmen und Software aus, sondern die<br />
Daten, die raumbezogene Analysen erst ermöglichen. Eine<br />
Faustformel besagt, dass etwa 1 Prozent der Kosten für ein<br />
GIS auf Hardware, 9 Prozent auf die Software und bis zu<br />
90 Prozent für die Daten aufzuwenden sind. Die Erfassung<br />
von Geodaten gilt traditionell als aufwändig. In den Zeiten<br />
zuverlässig verfügbarer GPS-Signale ist dieses Statement<br />
zu differenzieren. Jedermann kann heute mit überschaubarem<br />
Aufwand seine eigenen Geodaten produzieren. Sei<br />
es ein Außendienstmitarbeiter, der die Koordinaten wilder<br />
Mülldeponien mit einem einfachen GPS ermittelt oder<br />
der Wanderer, der das gleiche GPS verwendet, um seine<br />
Wanderrouten zu tracken. Beide erzeugen Daten, die ohne<br />
Verknüpfungen mit weiteren Datenbeständen wenig Nutzen<br />
haben. Die Wanderroute wird erst zur interessanten<br />
Information, wenn sie in eine Karte eingezeichnet wird.<br />
Die Koordinaten der wilden Mülldeponien können von<br />
den Müllfahrzeugen erst angefahren werden, wenn sie mit<br />
einem Straßennetz und weiterer Navigationsinformation<br />
verbunden werden.<br />
In Anlehnung an ISO 19107 können wir Geoinformation<br />
als Informationen über Gegenstände, Sachverhalte und<br />
Prozesse, die mit einer auf die Erde bezogenen Position verbunden<br />
sind, bezeichnen. Eine weit verbreitete Faustformel<br />
sagt, dass 80 Prozent aller Informationen dieser Definition<br />
genügen. In der Regel wird Geoinformation nicht allein,<br />
sondern im Kontext komplexer Informationsstrukturen<br />
verarbeitet. Dabei entsteht die eigentliche Geoinformation<br />
häufig erst durch Verknüpfung unterschiedlicher Informationsbestandteile.<br />
Ein Beispiel mag dies verdeutlichen:<br />
Die häufigste Darstellungsform von Geoinformation sind<br />
Adressen. Existiert eine Referenzliste, die Adressen zu Lagekoordinaten<br />
zuordnet, so können wir die Adressdaten als<br />
Geodaten nutzen und die enthaltene Geoinformation<br />
auswerten (beispielsweise feststellen, wie viele potenzielle<br />
Kunden im Umkreis von 10 km um ein Einkaufszentrum<br />
wohnen). Existiert die Referenzliste nicht oder sind die<br />
Adressen in einer Weise aufgenommen, dass sie nicht mit<br />
der Referenzliste verbunden werden können, so lässt sich<br />
die benötigte Geoinformation nicht gewinnen.<br />
Um mit GIS und Geoinformation zu arbeiten, benötigt der<br />
Markt in der Regel umfangreiche Basisdaten und Referenzdatenbestände,<br />
häufig als Geobasisdaten bezeichnet. Den<br />
größten Teil der Geobasisdaten produzieren die staatlichen<br />
und halbstaatlichen Vermessungsbehörden. Wichtige Referenzdatenbestände<br />
entstehen durch die Satellitenmissionen.<br />
Für Navigationszwecke werden weltweit fast ausschließlich<br />
Daten privater Anbieter verwendet. Hier teilen sich die Firmen<br />
Navigation Technology aus Chicago und Teleatlas aus<br />
den Niederlanden den größten Teil des Weltmarktes.
020 Titel<br />
Wenige Anbieter dominieren den Markt<br />
Der Markt für Geoinformationen wird von wenigen großen<br />
Anbietern dominiert. Viele Unternehmen beklagen<br />
sich, dass die Strukturen dieses Marktes sich an Großhandelstrukturen<br />
orientieren. Dies ist eine Folge historisch<br />
gewachsener Strukturen aus der Zeit, in der die Anwendung<br />
von GIS große Investitionen in Technik und Know-how<br />
erforderte und daher Geodaten vor allem von Großorganisationen<br />
mit spezialisierten GIS-Abteilungen nachgefragt<br />
wurden (Planungsbehörden, Militär- und Sicherheitsorgane,<br />
Netz- und Infrastrukturbetreiber, später Fahrzeugnavigation<br />
und Flottenmanagement). Und es ist eine Folge des<br />
Wertschöpfungsparadoxons der Geoinformation: Der Aufbau<br />
von Geobasis- oder Referenzdatenbeständen ist außerordentlich<br />
kostenintensiv. Einen Nutzen entfalten Geodaten<br />
erst, wenn sie für sehr spezielle Einsatzzwecke fachgerecht<br />
aufbereitet werden.<br />
Obwohl umfangreiche kommerziell verwertbare Geodatenbestände<br />
existieren und die GIS-Programme vergleichsweise<br />
kostengünstig sind, gilt die Arbeit mit GIS in vielen<br />
Branchen als zu teuer, zu kompliziert und fachlich schwer<br />
vermittelbar. Diese Strukturen bilden ein wesentliches Hindernis<br />
für die Entfaltung des Marktpotenzials der Geoinformationswirtschaft.<br />
Gleichzeitig wird der zukünftige Markt<br />
für Geoinformationen und Geoinformationsdienstleistungen<br />
als ein ausgesprochener Wachstumsmarkt gesehen,<br />
insbesondere für spezialisierte kleinere und mittlere Betriebe<br />
und Experten, die das Feld der klassischen räumlichen<br />
Planung, Entscheidungsunterstützung und Navigation mit<br />
dem Feld der Informationsverarbeitung inhaltlich und methodisch<br />
verbinden. In der politischen Debatte zur Geoinformationswirtschaft<br />
werden Maßnahmen zur Entwicklung<br />
stärker nachfrageorientierter Marktstrukturen diskutiert.<br />
Dazu gehört die Frage, in welchem Ausmaß und zu welchen<br />
Konditionen staatliche und halbstaatliche Stellen die<br />
Geodaten abgeben sollen. Während in den USA öffentliche<br />
Daten weitgehend kostenfrei abgegeben werden, finanzieren<br />
die meisten europäischen Staaten die Produktion von Geobasisdaten,<br />
indem sie die Daten gegen Gebühren oder Kostenerstattung<br />
weitergeben. Marktstudien weisen daraufhin,<br />
dass die europäische Vorgehensweise nicht zwangsläufig<br />
wirtschaftlich ist: Einnahmen aus Gebühren und Steuern<br />
stehen hier in einem Konkurrenzverhältnis zueinander.<br />
Fundierte Schätzungen sagen, dass bei weitgehend freien<br />
Bezugsmöglichkeiten von Geoinformationsprodukten ein<br />
Verhältnis von öffentlichen Investitionen zur Erzeugung<br />
und Abgabe von Geoinformationen zu Wertschöpfungen<br />
auf dem privaten Geodatenmarkt von 1:4 möglich ist. Ausgehend<br />
von einer Steuerquote von 25 Prozent kann daraus<br />
gefolgert werden, dass die öffentliche Anfangsinvestition<br />
durch die Steuereinnahme vollständig refinanziert wird.<br />
Verzichtet der Staat auf Gebühren, so verdient er an Steuern<br />
mehr, als er an Gebühren für Geoinformation überhaupt<br />
einnehmen könnte. Eine im Auftrag der US-Administration<br />
von PricewaterhouseCoopers Management Consultants<br />
erstellte vergleichende Untersuchung europäischer und<br />
amerikanischer Strategien zur Distribution amtlicher Geoinformation<br />
stützt diese Befunde.<br />
GIS – Web – Mesh Up<br />
Auffällig ist: GIS sind nicht ausschließlich Spezialanwendungen<br />
für und von Spezialisten. Seit etwa 15 Jahren diffundiert<br />
die GIS-Anwendung immer weiter in die Breite der<br />
unterschiedlichsten Fachbereiche. Ständig öffnen sich neue<br />
Anwendungsfelder. Etabliert sind inzwischen Standortplanung,<br />
Geomarketing und Flottensteuerung im Transportund<br />
Speditionsgewerbe. Crime Mapping bildete vor allem<br />
in en USA eine Innovationswelle, die gerade nach Europa<br />
schwappt. Immobilienwirtschaft, Wirtschaftsförderung und<br />
Gesundheitswesen sind die nächsten Anwendungsbereiche,<br />
in denen GIS gerade große Bedeutung gewinnt.<br />
Vor allem aber diffundiert die Nutzung von Geoinformation<br />
in den Alltag. Zuerst waren es Routenplaner, Stadtplandienste<br />
und Navigationssysteme, die Geoinformationsdienste<br />
in den Alltag integrierten. Nach den Autos werden<br />
weitere Alltagsgegenstände wie Mobiltelefone, PDAs und<br />
Digitalkameras GPS-Empfänger und raumbezogene Verarbeitungslogiken<br />
enthalten. Nicht nur technische Veränderungen<br />
sind Ursache dieser Entwicklungen. Die Produktion<br />
in der Informationsgesellschaft beruht auf Information und<br />
Wissen, genauer auf Planung und Analyse als entscheidende<br />
Voraussetzungen für Erfolg und Ertrag der Produktion.<br />
Wissen und Information sind dabei nicht nur und nicht<br />
mehr nur das Ergebnis von Erfahrung und individuellen<br />
Lernprozessen, sondern auch des Aufbaus technisch nutzbarer<br />
und übertrag- und handelbarer Datenbestände. Dazu<br />
gehört zentral das Orientierungs- und Ordnungswissen der<br />
Geoinformation.<br />
Das Web als künftige Infrastruktur<br />
Eine wesentliche Rolle beim Aufbau der Infrastruktur<br />
der Informationsgesellschaft spielt das WWW. Spatial<br />
Web Services übernehmen hier zunehmend die Funktion<br />
klassischer GIS. Diese Services folgen Standards, die vor
021<br />
allem vom Open Geospatial Consortium (OGC) gesetzt<br />
werden. Das OGC ist ein Industriekonsortium, in dem<br />
sich die wichtigsten GIS- und IT-Hersteller und viele GIS<br />
nutzenden Organisationen zusammengeschlossen haben.<br />
Die Open Web Services (OWS) isolieren einzelne Aufgaben<br />
der raumbezogenen Informationsverarbeitung und<br />
implementieren sie in eine Architektur aus verschiedenen<br />
Modulen. Diese Module können als selbstständige Dienste<br />
oder Services ausgeprägt werden und kommunizieren über<br />
standardisierte Schnittstellen miteinander. Das verbreiteste<br />
Modul ist der Web Map Service (WMS). Weitere Module<br />
oder Dienste sind der Web Feature Service (WFS), der Web<br />
Coverage Service (WCS), der Web Catalog Service CAT oder<br />
der Web Coordinate Transformation Service (WCTS).<br />
Die Module sind als kaskadierende und sich selbst beschreibende<br />
Dienste ausgelegt. Ein Dienst wird nicht nur<br />
aufgrund der Anforderungen eines Menschen aktiv, sondern<br />
kann auf Anforderungen anderer Dienste reagieren.<br />
Er kann über standardisierte XML-Dokumente bekannt geben,<br />
welche Leistungen und Auskünfte von ihm zu erwarten<br />
sind. Damit können mittels verketteter oder kaskadierender<br />
Dienste ganze Produktionsketten zur Aufbereitung von<br />
Informationen realisiert werden. Wenn nun zu den Auskünften<br />
der Dienste ebenso die Auskunft über die eigene<br />
Auskunftsfähigkeit gehört, sind die Verkettungen nicht nur<br />
in linearen Strukturen, sondern in komplexen und teilweise<br />
selbstorganisierenden Netzwerken möglich. Die OWS verfügen<br />
dadurch über Eigenschaften des Web 2.0 und nehmen<br />
Merkmale des Sematic Web, des Nachfolgers des WWW<br />
voraus.<br />
In diesen Kontext gehört der Erfolg der Planetenbrowser<br />
im Web. Wir können sie als Vorschau auf zukünftige raumbezogene<br />
Services im Web verstehen. So ist es nicht verwunderlich,<br />
dass die Mesh Ups, die Verknüpfungen zwischen<br />
verschiedenen Informationsangeboten im Web, praktisch<br />
immer eine Geokomponente enthalten.<br />
<br />
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<br />
Prof. Dr. Klaus Greve<br />
Klaus Greve, Jahrgang 1957, studierte in Kiel,<br />
Hamburg und Kopenhagen. Der Professor für<br />
Geographische Informationssysteme und Fernerkundung<br />
an der Universität Bonn ist Experte<br />
für Geodateninfrastruktur sowie Planungs- und<br />
Umweltinformationssysteme.<br />
com
022 Titel<br />
Location Based Services<br />
Von der Idee zum<br />
Geschäftsmodell<br />
Ansätze für Location Based Services (LBS) gab es mehrfach. Die Ideen, durchwegs<br />
in der ersten New Economy entstanden, haben sich aber nicht in Gewinne umsetzen<br />
lassen. Jetzt schaut die „Net Economy“ genauer auf das Geld und kommt mit<br />
neuen Geschäftsmodellen.<br />
Carsten Leininger<br />
„New Economy ist tot. Es lebe die Net Economy“. So<br />
könnte das Motto der jüngsten technologischen Entwicklung<br />
dienstleistungsorientierter Wirtschaftszweige lauten.<br />
Seit die Seifenblase der Internetwirtschaft mit ihren<br />
unzähligen Start-ups geplatzt ist, können sich nur solche<br />
Unternehmen am Markt behaupten, die über Gewinn<br />
realisierende Einnahmequellen verfügen. Die Euphorie der<br />
e-Commerce-Jahre weicht immer mehr dem innovativen<br />
Denken ertragsorientierter Geschäftsstrategen.<br />
Keine kreative Idee ist es wert, weiterentwickelt zu werden,<br />
wenn das Management nicht weiß, wie sich damit Geld verdienen<br />
lässt. Die Propheten der New Economy haben lautstark<br />
verkündet, dass die neuen Informationstechnologien<br />
mit ihren vielfältigen Kommunikationskanälen die Verhaltensmuster<br />
der Konsumenten revolutionieren würden und<br />
dass es sich deshalb unbedingt lohne, in den technischen<br />
Fortschritt zu investieren. Viele Investitionen sind getätigt<br />
worden, ohne dass sich die Gewinnerwartungen der Unternehmer<br />
erfüllt hätten. Der Grund lag häufig im Fehlen eines<br />
funktionierenden Geschäftsmodells. Neue Technologien<br />
bieten an sich noch keine Garantie für Wertschöpfung und<br />
Rentabilität. Ein Beispiel dafür ist die bisherige Historie von<br />
Location Based Services (LBS).<br />
Standortbezogene Informationsdienste<br />
Bei LBS handelt es sich um standortbezogene Dienste, die<br />
in der Regel über Mobiltelefone sowie unter Zuhilfenahme<br />
positions-, zeit- und personenabhängiger Daten dem Nutzer<br />
selektive Informationen bereitstellen. Dabei unterscheiden<br />
wir zwischen reaktiver und proaktiver Kontaktaufnahme.<br />
Bei reaktiven Diensten muss der Service explizit angefordert<br />
werden. Ein proaktiver Dienst reagiert auf bestimmte Ereignisse<br />
wie beispielsweise das Betreten eines großen Einkaufszentrums.<br />
Die technische Komplexität von LBS ist hoch und erfordert<br />
das Zusammenspiel vieler verschiedener Akteure. Die Hersteller<br />
müssen ein Endgerät (Target Device) entwickeln, in<br />
das sich einerseits ein Positionsfinder (Position Originator),<br />
beispielsweise ein Satellitennavigationssystem wie GPS integrieren<br />
lässt. Andererseits muss daran ein Ortsbestimmer<br />
(Location Provider) angeschlossen sein, der die vom Positionsfinder<br />
gelieferten Daten zweckmäßig aufbereitet. Sollen<br />
die Daten qualitativ angereichert sein, also zum Beispiel<br />
nicht nur die Adresse eines Kinos, sondern dessen aktuelles<br />
Programm sowie Rezensionen zu den laufenden Filmen<br />
enthalten, dann ist ein Inhaltslieferant (Content Provider)
023<br />
erforderlich. Der gesamte Content inklusive Location wird<br />
dem Dienstanbieter (LBS Provider), beispielsweise einem<br />
Mobilfunknetzbetreiber, zur Verfügung gestellt, der ihn<br />
schließlich an den Dienstnutzer (LBS User) weiterleitet.<br />
Ursprung New Economy<br />
LBS, die gelegentlich Location Dependent Services (LDS)<br />
genannt werden, sind in der Blütezeit der New Economy<br />
entstanden. Damals gab es viele Ideen, wie in der vernetzten<br />
Informationsgesellschaft ein Zusatznutzen für die Verbraucher<br />
und somit Wettbewerbsvorteile für die Anbieter geschaffen<br />
werden könnten. Dazu zählte die Vorstellung eines<br />
Informationsdienstes, der die Kunden in der Nähe eines<br />
Point of Sales (POS) auf die dort vorhandenen Angebote<br />
aufmerksam macht. In diesem Zusammenhang wurden<br />
einige Pilotprojekte lanciert. Der Antrieb der Entwicklungsarbeit<br />
wurde dabei durch die Tatsache gefördert, dass neue<br />
Technologien zur Verfügung standen, die einerseits solche<br />
standortbezogenen Informationsdienste ermöglichten, andererseits<br />
eine breit angelegte Anwendung brauchten – eine<br />
so genannte Killer-Applikation, um die Investitionskosten<br />
wieder einzuspielen.<br />
Bei Verwirklichung der ersten LBS-Konzepte mussten viele<br />
technische Anforderungen bewältigt werden. Das führte<br />
unter anderem dazu, dass sich die Innovatoren auf die<br />
Umsetzung konzentrierten und das Geschäftsmodell außer<br />
Acht ließen. Sie glaubten, dass die technische Machbarkeit<br />
automatisch zum ökonomischen Erfolg führen würde. Eine<br />
Illusion, wie sich herausstellte.<br />
Vom Marketinginstrument zum Dienstleistungskanal<br />
Die ursprüngliche Grundphilosophie der LBS lautete: „Ich<br />
kenne deinen Standort, also weiß ich, was du dort an Waren<br />
und Dienstleistungen beziehen kannst.“ Dementsprechend<br />
waren LBS zu Zeiten der New Economy als Marketinginstrument<br />
konzipiert worden, das neben herkömmlichen<br />
Werbemitteln zu einer schlagkräftigen Waffe im Kampf um<br />
Kunden und Käufer werden sollte. In diesem Zusammenhang<br />
sprachen die Fachleute vom Multi-Chanel-Marketing.<br />
Der Verbraucher sollte nicht über einen, sondern über möglichst<br />
viele Kommunikationskanäle angesprochen werden.<br />
Die Aktualität der Information in der POS-Nähe galt dabei<br />
als entscheidend für den Erfolg der Verkaufsförderung.<br />
Doch das Marketingkonzept ging nicht auf. Der Versuch,<br />
die Konsumenten über LBS zu aktivieren, scheiterte weniger<br />
an der hohen Umsetzungskomplexität. Alles hätte wunderbar<br />
funktioniert, wenn nicht die leidige Frage gewesen wäre,<br />
wer die Infrastruktur und die aktuellen Informationsservices<br />
finanziert. Die Werbewirtschaft, sonst Motor für die<br />
Entwicklung neuer Absatzinstrumente, lehnte die Rolle des<br />
Investors ab. Die meisten Handels- und Kaufhausketten<br />
kämpften damals wie heute gegen sinkende Margen und<br />
sahen nur Kosten ohne adäquates Umsatzpotenzial. Hinzu<br />
kam, dass Schnäppchenjäger im Internet erheblich bessere<br />
Möglichkeiten fanden. Vor diesem Hintergrund gab es für<br />
LBS als ein vom Auftraggeber bezahltes Marketinginstrument<br />
keine Zukunft. Die neue Entwicklungschance lag in<br />
der Etablierung eines virtuellen Dienstleistungskanals, der<br />
von den Endnutzern finanziert werden sollte.<br />
Breite Anwendung mit Kundenmehrwert<br />
Sicherlich gibt es heute noch Unternehmen, die Geschäfte<br />
mit LBS als Marketinginstrument machen, allerdings nur<br />
im B2B-Bereich. So erhalten immer mehr Handy-Nutzer<br />
werbliche SMS, wenn sie sich in der Nähe von einer bestimmten<br />
Lokalität befinden. Diese Form der proaktiven<br />
standortbezogenen Kontaktaufnahme stellt allerdings eher<br />
eine klassische Verkaufsförderungsmaßnahme dar als eine<br />
innovative Geschäftsaktivität. Was fehlt, ist die Ansprache
024 Titel<br />
Location Based Services<br />
Standortbezogene Dienste (engl. Location Based Services (LBS),<br />
auch: Location Dependent Services (LDS)) sind über ein Netzwerk<br />
erbrachte mobile Dienste, die unter Zuhilfenahme von positions-,<br />
zeit- und personenabhängigen Daten dem Endbenutzer selektive<br />
Informationen bereitstellen oder Dienste anderer Art erbringen<br />
(de.wikipedia.org/wiki/Location_based_services).<br />
LBS benötigen eine Reihe von „Bedingungen“: (1) Endgeräte (Target<br />
Device), z. B. Mobiltelefone, (2) Positionsfinder (Position Organisator),<br />
um die Position des Endgerätes zu bestimmen, (3) Ortsbestimmer<br />
(Location Provider) der die vom Positionsfinder gelieferten<br />
Daten aufbereitet und an den (4) Dienstanbieter (LBS Provider)<br />
vermittelt, der die Daten zum (5) Nutzer überträgt.<br />
www.lbszone.com<br />
www.e-lba.com<br />
www.openbc.com/net/lbs<br />
Satellitengestützte Positionsbestimmung<br />
Am bekanntesten ist das Global Positioning System (GPS). Das<br />
satellitengestützte Navigationssystem des US-Verteidigungsministeriums<br />
wurde offiziell 1995 in Betrieb genommen. Heute wird GPS<br />
stark im zivilen Bereich genutzt: Seefahrt, Luftfahrt, zur Orientierung<br />
und als Navigationssystem im Outdoor-Bereich und im Auto.<br />
Für den Einsatz in Mobiltelefonen wurde das Assisted GPS (A-GPS)<br />
entwickelt. Differential GPS (DGPS) bezeichnet ein Verfahren, um<br />
Positionsfehler zu korrigieren, mit denen das US-Militär für nicht<br />
autorisierte Nutzer die Genauigkeit der Ortung einschränkt.<br />
GLONASS, das russische Pendant zu GPS, basiert auf der gleichen<br />
Ortungstechnik, ist aber nicht kompatibel zu GPS. GLONASS arbeitet<br />
anders als GPS ohne technische Restriktionen in der Ortung und<br />
scheint bei der Höhenangabe auch genauer zu sein, wird aber zivil<br />
kaum genutzt.<br />
Die europäische Antwort auf GPS heißt Galileo und soll 2008 an<br />
den Start gehen. Galileo verwendet denselben Frequenzbereich<br />
wie GPS, was für Reibungen mit den USA, aber auch Vorteile in der<br />
Kompatibilität sorgt. Aus militärischen Gründen erheben die USA<br />
Anspruch darauf, das Ortungssignal von Galileo auch für private<br />
bzw. öffentliche Anwendungen stören zu dürfen.<br />
www.geolife.de/geonauten/01-was-ist-gps-neu.php<br />
ec.europa.eu/dgs/energy_transport/galileo<br />
Alternativen<br />
zum Thema<br />
Das Wi-Fi Positioning System (WPS) aus den USA nutzt drahtlose<br />
Netzwerke und verspricht eine Ortungsgenauigkeit von 20-40<br />
Metern. Das System arbeitet mit Referenzdaten von WLAN-Access-<br />
Points und deren geographischer Position. Dementsprechend ist<br />
WPS in einer Reihe von Ballungsräumen (ca. 25) verfügbar.<br />
Die viel zitierte „Handy-Ortung“ nutzt das Global System for Mobile<br />
Communications (GSM), den digitalen Mobilfunk-Standard. Zu dessen<br />
wichtigsten Grundfunktionen zählt der vom Netz angestoßene<br />
Zellenwechsel. Sobald das Signal einer Nachbarzelle besser als das<br />
der aktuellen Funkelle ist, wechselt das Mobiltelefon dorthin. Dieser<br />
Wechsel, der auch im Standby-Betrieb funktioniert, lässt eine Ortung<br />
in der jeweiligen Zelle zu. Die Ortungsgenauigkeit hängt von<br />
der Größe der Zellen ab, wobei die Ortung im städtischen Bereich<br />
erheblich präziser ist als im ländlichen Raum.<br />
ortung.blogspot.com<br />
www.izmf.de<br />
der tatsächlichen Userbedürfnisse. Die finden sich eher in<br />
den Bemühungen der Telefongesellschaften, ihren Kunden<br />
einen besonderen Dienst anzubieten. Diese Unternehmen<br />
kooperieren in der Regel mit Location- und Content-<br />
Providern und möchten von ihnen die Informationen in<br />
aufbereiteter Form für LBS beziehen. Dabei taucht stets ein<br />
grundsätzliches Problem auf: Die Aufbereitung und Bereitstellung<br />
der Informationen erfordert einen derartigen Aufwand,<br />
dass die Refinanzierung nur über ein großes Volumen<br />
gebührenpflichtiger Anfragen funktioniert. Hier sprechen<br />
wir von „Net-Economy -Anwendungen“.<br />
Geschäftskonzepte der Net Economy<br />
Net Economy steht für netzwerkbasierende Geschäfte mit<br />
Informationen auf breiter Anwenderbasis. Der User klickt<br />
sich in das Netzwerk ein, um die gewünschten Infos abzurufen,<br />
klassische „Vorratshaltung“ von Wissen. Die Dienstleistung<br />
besteht darin, die relevanten Daten auszuwählen und<br />
sie möglichst schnell zuzustellen. Ein erfolgreicher Kommunikationsprozess<br />
lässt sich damit auf zwei wesentliche Faktoren<br />
reduzieren: bedarfsorientierte Selektion und zeitnahe<br />
Bereitstellung. Bei LBS kommt mit dem Standortbezug ein<br />
dritter Faktor hinzu, die unmittelbare Umgebung.<br />
Zwei Beispiele. Ein Vertriebsmitarbeiter möchte, nachdem<br />
er seine Termine in der Rhein-Main-Region wahrgenommen<br />
hat, abends zurück nach Hamburg fahren, wo<br />
er am nächsten Morgen ein wichtiges Meeting hat. Wegen<br />
einer Autopanne muss er in der Umgebung von Hannover<br />
übernachten. Zwei Hotels, die er anfragt, sind jedoch wegen<br />
einer Messe ausgebucht. Was nun? Über einen Netzzugang<br />
mit LBS ruft er Informationen ab, wo es in der Umgebung<br />
noch freie Zimmer gibt, was sie kosten und wie er dahin<br />
kommt. Dafür ist er sicherlich bereit, eine Servicegebühr zu<br />
bezahlen.<br />
Im zweiten Beispiel wollte ein Pärchen, das Berlin besuchte,<br />
in einem bestimmten Lokal speisen. Das Lokal war<br />
jedoch wegen Ferien geschlossen. Auch in diesem Fall hätten<br />
sie sich sicherlich gefreut, wenn sie schnell eine Alternative<br />
über einen mobilen Informationsdienst gefunden hätten.<br />
Es gibt viele Szenarien zu nutzwerten und damit ertragsorientierten<br />
LBS-Anwendungen, die sich technisch umsetzen<br />
lassen, weil alle notwendigen Facilities vorhanden sind.<br />
Ihre Realisierung erfordert jedoch hohe Investitionen. Um<br />
diese zu refinanzieren, darf sich die Dienstleistung nicht auf<br />
die Hotel- oder Restaurantauskunft beschränken. Alle denkbaren<br />
Informationsbereiche sollten in das Konzept integriert<br />
und entsprechend den zielgruppenspezifischen Bedürfnis-
025<br />
sen vermarktet werden. Dabei müssen drei Grundvoraussetzungen<br />
erfüllt werden: POI-Konzept, Abonnenten-Bindung<br />
und markenbewusste User-Community.<br />
POI statt POS<br />
Der entscheidende Unterschied zwischen marketingund<br />
dienstleistungsorientierten LBS-Konzepten ist die<br />
Verschiebung der Informationsinhalte von POS (Point of<br />
Sales) hin zum Point of Interest (POI). Ein Point of Interest<br />
kennzeichnet die Lokationen, die den Interessen der Endnutzer<br />
entsprechen: ein Kino, ein Theater, ein Restaurant,<br />
ein Hotel, ein Krankenhaus, eine Tankstelle, eine Bank, ein<br />
Schwimmbad usw. Die Liste ist lang und muss entsprechend<br />
den Anwendertypen strukturiert werden. Die neue Philosophie<br />
der LBS heißt folglich: „Sag mir, was du an deinem<br />
Standort brauchst bzw. machen möchtest und ich zeige dir<br />
die Auswahlmöglichkeiten und führe dich dorthin.“<br />
Während die Pioniere der LBS aus dem technischen<br />
Bereich kamen, sind die heutigen Innovatoren hautsächlich<br />
unter den Content-Anbietern zu finden. iPUBLISH<br />
beispielsweise verwaltet einen Großteil des Knowledge der<br />
Ganske Verlagsgruppe elektronisch. In der unternehmenseigenen<br />
Reise- und Event-Datenbank, der größten ihrer Art in<br />
Europa, sind alle relevanten POI bekannter Reise- und Life-<br />
Style-Marken der Verlagsgruppe wie MERIAN oder PRINZ<br />
enthalten. Diese Informationen können als LBS zeitnah und<br />
ortsbezogen unterschiedlichen Zielgruppen zur Verfügung<br />
gestellt werden.<br />
Programmspezifisches Phone-Guide-Abo<br />
Im Touristik- und Freizeitbereich arbeitet iPUBLISH mit<br />
vier Kernzielgruppen, die nach technik-affinen Anwenderrollen<br />
definiert werden. (1) Die „Netznutzer“, die ihre Reise<br />
am Computer planen, (2) „Autofahrer“, die mit einem PKW<br />
unterwegs sind, (3) „Touristen“, die an einem Zielort etwas<br />
besichtigen oder unternehmen wollen und (4) „Citygänger“,<br />
die sich – ob in der Heimat oder in einer fremden Stadt<br />
– ganz einfach amüsieren wollen. Ein User kann permanent<br />
zwischen den vier verschiedenen Rollen wechseln. Dementsprechend<br />
variieren seine Informations- und Kommunikationsbedürfnisse.<br />
Für LBS sind besonders „Touristen“ und „Citygänger“<br />
interessant. Die Geschäftsidee besteht darin, diesen Personengruppen<br />
nicht nur einen standortbezogenen aktuellen<br />
Informationsdienst, sondern Content mit speziellen<br />
Schwerpunkten über ein Mobiltelefon zugängig zu machen<br />
(„Phone-Guide“), wobei je nach Interesse unterschiedliche<br />
Programme zur Auswahl stehen. Das Geschäft läuft über das<br />
Abonnenten-Modell: ein Phone-Guide-Abo gibt Zugriff auf<br />
alle zum Programm gehörenden Inhalte.<br />
Markenbewusste User-Community<br />
Das Konzept von iPUBLISH sieht vor, die LBS als einen<br />
Bestandteil der elektronischen Reise- und Freizeitbegleitung<br />
zu integrieren. Wie bei jeder technischen Innovation, wird<br />
das Nutzungsverhalten erst erlernt werden müssen, ähnlich<br />
wie bei den SMS für Mobilelefone. Für den Erfolg von LBS<br />
braucht es Anwender, die wissen, dass es entsprechende Informationsdienste<br />
auf dem Gerät gibt und die direkt den<br />
Weg dorthin finden. Ein solcher Lernprozess lässt sich nicht<br />
spontan und kurzfristig bewältigen, vielmehr muss das neue<br />
Nutzungsverhalten systematisch geprägt werden. Das setzt<br />
wiederum kontinuierliche Kommunikationsarbeit über unterschiedliche<br />
Kanäle voraus, die auf die Etablierung einer<br />
verhaltensstabilen User-Community zielt.<br />
Die meisten LBS-Anbieter versuchen ihre Dienste über<br />
SMS zu bewerben. Das mag bei „triebgeleiteten“ Bedürfnissen<br />
funktionieren, ist jedoch bei „kulturgeleiteten“ Interessen<br />
als Stimulus viel zu schwach. Eine verhaltensstabile<br />
User-Community entsteht auf der Basis von Gruppenbewusstsein.<br />
Dabei kann eine bekannte und anerkannte Marke<br />
als identitätsstiftende Klammer fungieren. So wenden<br />
sich beispielsweise die von iPUBLISH betreuten Informationsdienste<br />
von ‚Merian‘ an andere Personenkreise als die<br />
von ‚Prinz‘ oder ‚Der Feinschmecker‘.<br />
Das Entstehen einer User-Community eröffnet den LBS-<br />
Nutzern neue Kommunikationsmöglichkeiten. Die einzelnen<br />
an das Netzwerk angeschlossenen Abonnenten können<br />
miteinander in Kontakt treten, woraus sich eine Fülle von<br />
gemeinsamen standortbezogenen Aktivitäten ergeben kann.<br />
In Sachen Markenentwicklung und Kundenbindung dürften<br />
solche Communitys in Zukunft eine wesentliche Säule<br />
für den Erfolg von Location Based Services sein.<br />
Carsten Leininger<br />
Der diplomierte Wirtschaftsingenieur, Jahrgang<br />
1973, hat an der FH Wedel studiert. Leininger<br />
ist Geschäftsführer der iPUBLISH GmbH, die auf<br />
die Entwicklung elektronischer Reisebegleiter<br />
spezialisiert ist.
026 Titel<br />
Precision Farming<br />
IT statt<br />
Bauernkalender<br />
Mit GPS als Schlüsseltechnologie hat sich das „Precision Farming“ vom Nischenmarkt zu<br />
einer akzeptierten Technologie entwickelt. IT-Systeme und Satellitennavigation sind hier<br />
eine ökologische interessante Verbindung eingegangen.<br />
Dr. Görres Grenzdörffer<br />
Das Thema Precision Farming ist mit dem Beginn der<br />
90er Jahre von der Wissenschaft und der Industrie mit<br />
der Entwicklung von Ertragskartierungssystemen auf den<br />
Mähdrescher gekommen. Durch GPS als Schlüsseltechnologie<br />
wurde es damals möglich, detailliert und effizient<br />
Ertragskarten zu erstellen. Aufgrund der unterschiedlichen<br />
Erträge innerhalb landwirtschaftlicher Felder bei gleicher<br />
Bewirtschaftung und den damit verbundenen Konsequenzen<br />
hat das Thema Precision Farming im letzten Jahrzehnt<br />
viele Bereiche der landwirtschaftlichen Praxis und Forschung<br />
beeinflusst wie durchdrungen. Precision Farming<br />
als Hochtechnologie-Ansatz für große Felder und Maschinen<br />
hat sich zuerst in den USA durchgesetzt. Das Thema<br />
ist in Europa en vogue. Im europäischen Vergleich wird<br />
in der Bundesrepublik aufgrund der starken Landtechnikindustrie,<br />
der Agrarstruktur in Ostdeutschland sowie der<br />
allgemein hohen Intensität der Landbewirtschaftung und<br />
der hohen Umweltstandards neben Frankreich und England<br />
mit am intensivsten an der Thematik gearbeitet. Innerhalb<br />
der Bundesrepublik haben hier die neuen Bundesländer<br />
für den Einsatz von Precision-Farming-Technologien eine<br />
wichtige Pionierfunktion. In den letzten Jahren verringert<br />
sich das Ost-West-Gefälle, vor allem da im Westen der Anteil<br />
der durch Lohnunternehmer bewirtschafteten Flächen<br />
immer größer wird und sich die Technologie des Precision<br />
Farmings wesentlich verbreitert hat.<br />
Das Ziel des Precision Farmings ist eine an die natürliche<br />
Heterogenität angepasste Landbewirtschaftung. Dadurch<br />
sollen Erträge gesteigert, Betriebsmittel eingespart und<br />
gleichzeitig die Umwelt geschont werden. Grundvoraussetzung<br />
für den Erfolg des Precision Farmings ist es, die Heterogenität<br />
des Bodens und des Bestandes zu erfassen, um sie<br />
in verschiedenen Entscheidungsprozessen zu berücksichtigen.<br />
Zusätzlich gilt, es mithilfe modernster Technologie die<br />
zunehmenden Anforderungen der Qualitätssicherung und<br />
der Nachweisführung möglichst automatisiert zu erfüllen.<br />
Das bedeutet, dass das ursprüngliche Konzept des Precision<br />
Farmings sich auf dem Weg zur informationsgeleiteten<br />
Landwirtschaft befindet. Dabei steht ein kontinuierlicher<br />
Datenfluss von der „Furche bis zur Gabel“ im Vordergrund.<br />
Wo und wofür wird Precision Farming eingesetzt?<br />
Forschung, Entwicklung und Landwirte verstehen Precision<br />
Farming als einen Kreislauf, der aufbauend auf verschiedenen<br />
Eingangsdaten für jede Teilfläche angepasste<br />
Maßnahmen wie Düngung, Pflanzenschutz etc. mithilfe<br />
eines Geo-Informationssystems (GIS) entwickelt und mithilfe<br />
spezieller Landtechnik anwendet. Ausgangspunkt des<br />
Precision Farmings ist die Ertragskartierung. Dazu wird<br />
der Korndurchfluss kontinuierlich gemessen und die dazugehörige<br />
Position des Mähdreschers per GPS gemessen. Die
027<br />
Verbesserter ROI und ökologische Bewirtschaftung<br />
Ertragskartierung gibt Auskunft über die erzielten Erträge<br />
und liefert Informationen über den wirtschaftlichen Erfolg<br />
(teilflächenbezogener Deckungsbeitrag) und die entzogenen<br />
Nährstoffe (= zusätzlicher Düngebedarf). Mehrjährige<br />
Ertragskarten liefern darüber hinaus Informationen über<br />
wiederkehrende Ertragsmuster, das Ausmaß möglicher<br />
Ertragsschwankungen und die Reaktion der Erträge auf<br />
die verschiedenen Bewirtschaftungsmaßnahmen und die<br />
Jahreswitterung. Mittlerweile gehört die Ertragskartierung<br />
bei den größeren Mähdreschern zur Standardausstattung.<br />
Neben der Ertragskartierung ist in der landwirtschaftlichen<br />
Praxis die teilflächenspezifische Düngung weit<br />
verbreitet. Bei der differenzierten Grunddüngung werden<br />
an bestimmten Stellen oder anhand eines vordefinierten<br />
Rasters Bodenproben gezogen und analysiert. Unter Berücksichtigung<br />
der Entzüge (=Ertragskarte) und anderer<br />
Faktoren wird auf dem Computer eine Applikationskarte<br />
erstellt und auf den Düngerstreuer übertragen. Dieser<br />
bringt – GPS-gesteuert – den richtigen Dünger an die richtige<br />
Stelle. Bei der teilflächenspezifischen Stickstoffdüngung<br />
spielt der aktuelle Pflanzenbestand die wichtigste Rolle.<br />
Deshalb werden auf dem Traktor mithilfe von Sensoren die<br />
spektralen Eigenschaften oder der mechanische Widerstand<br />
der Pflanzen gemessen und analysiert. Die Düngung erfolgt<br />
im gleichen Atemzug oder wenige Sekunden später.<br />
Im Pflanzenschutz hat sich Precision Farming, trotz intelligenter<br />
Lösungen, die etwa eine weitestgehend automatische<br />
Bestimmung von Verunkrautungen ermöglicht, noch nicht<br />
richtig durchgesetzt. Das liegt unter anderem an den noch<br />
teuren und speziellen Feldspritzen. Andere Bereiche des<br />
Precision Farmings sind die differenzierte Aussaat oder Parallelfahrsysteme,<br />
die durch hochgenaue GPS-Signale eine<br />
präzise überlappungsfreie Navigation bei Tag und Nacht<br />
ermöglichen.<br />
Bei der Analyse der Verbreitung von Precision Farming<br />
in Deutschland sind zwei Sachverhalte von besonderem<br />
Interesse. Zum einen nimmt der Anteil der Landwirte, die<br />
Precision-Farming-Technologie in der einen oder anderen<br />
Form einsetzen, stetig zu und zum anderen wächst die Fläche,<br />
die mit Precision-Farming-Technologien bewirtschaftet<br />
wird. Hauptmotivation des Technologieeinsatzes ist es,<br />
dass es sich für den Anwender rechnet. Grundsätzlich gilt:<br />
Der Technikeinsatz bei größeren Betrieben, die heterogene<br />
Flächen bewirtschaften, sollte einen positiven ökonomischen<br />
Effekt hinterlassen. Verschiedene Studien beziffern<br />
die möglichen Ertragssteigerungen auf etwa 2-5 Prozent<br />
und die Einsparungen an Betriebsmitteln wie beispielsweise<br />
Dünger oder Pflanzenschutzmittel auf 5-15 Prozent. Unter<br />
Berücksichtigung der Kosten für die Technologie und die<br />
notwendigen Informationen sowie den zeitlichen Mehraufwand<br />
ist ein Break Even ab einer Getreideanbaufläche von<br />
etwa 400 ha zu erwarten. Das gilt im Übrigen nicht nur für<br />
die konventionelle Landwirtschaft, sondern auch für eine<br />
ökologische Landwirtschaft.<br />
Precision Farming ist für den ökologischen Landbau an<br />
sich noch viel wichtiger als für die konventionelle Landbewirtschaftung.<br />
Der Landwirt im Ökolandbau darf nicht einfach<br />
durch mineralische Düngung oder Pflanzenschutzmittel<br />
den Pflanzenbestand homogenisieren. Vielmehr muss er<br />
für jede Stelle eine an die jeweiligen Verhältnisse angepasste<br />
Strategie fahren. In der Praxis hat sich Precision Farming<br />
im Ökolandbau jedoch noch nicht durchgesetzt. Ursachen<br />
sind hier: die kleinen Betriebsgrößen der Ökolandwirte und<br />
fehlende pflanzenbauliche Precision-Farming-Algorithmen<br />
für den Ökolandbau.
028 Titel<br />
Neben den direkten positiven Effekten tragen auch indirekte<br />
positive Effekte, wie die ökologischen Wirkungen<br />
des Precision Farmings sowie eine Verringerung von Stickstoffauswaschungen<br />
durch eine angepasste Düngung zur<br />
volkswirtschaftlich positiven Gesamtbilanz des Precision<br />
Farmings bei. Alles in allem entwickelt sich die Methode zu<br />
einer allseits akzeptierten Technologie.<br />
Stand der Forschung heute und Ausblick<br />
Informationsverarbeitung ist das A und O des Precision<br />
Farmings. Das fängt beretis auf der landwirtschaftlichen<br />
Maschine an, die alle wichtigen Daten einer Maßnahme<br />
von der Bodenbearbeitung bis zum Pflanzenschutz erfasst.<br />
Diese so genannten Prozessdaten wie die Zugkraftbedarf,<br />
der Dieselverbrauch, die Leistung pro Stunde etc. werden<br />
durch eine Synchronisation mit dem GPS zu raumbezogenen<br />
Daten und können für verschiedenste Zwecke in der<br />
Abrechnung, zur Dokumentation oder für die Optimierung<br />
genutzt werden.<br />
Im landwirtschaftlichen Betrieb werden nicht nur die<br />
Daten der Landmaschinen in einem Geo-Informationssystem<br />
(GIS) verarbeitet, sondern auch eine Vielzahl anderer<br />
Geodaten. Einige dieser Datensätze wie Karten zur scheinbaren<br />
elektrischen Leitfähigkeit, zur Charakterisierung der<br />
Bodentextur oder spezielle Fernerkundungsdaten werden<br />
durch spezialisierte Dienstleister erstellt. Andere Geodaten<br />
kommen von staatlicher Seite wie topographische Karten,<br />
Feldblockgrenzen oder Bodenschätzungskarten. Die Precision-Farming-Software<br />
muss dann in der Lage sein aus<br />
den unterschiedlichen Eingangsdaten anhand von Regeln<br />
Applikationskarten für die verschiedenen Maßnahmen zu<br />
erstellen. Die eingesetzte Software ist hier in der Regel kein<br />
Stand-alone-Produkt, sondern in die betriebliche Software,<br />
wie Schlagkartei, das Pachtmanagement oder die Lohnbuchhaltung<br />
beinhaltet, eingebettet.<br />
Eine Besonderheit des IT-Marktes in der Landwirtschaft<br />
ist, dass aufgrund der Kundenstruktur dem User-Interface,<br />
der Bedienerfreundlichkeit, dem Schulungsangebot und<br />
dem Preis der Software höchste Bedeutung zukommen. Der<br />
Markt für Precison-Farming Hard- und Software wird einerseits<br />
von den Fulllinern der Landtechnikbranche (Claas,<br />
AGCO, John Deere u. a.) bestimmt. Sie bieten Komplettsysteme<br />
an. Außerdem bieten viele kleine Anbieter hierauf<br />
abgestimmte Speziallösungen an. Dies gilt ganz besonders<br />
für den IT- bzw. GIS-Sektor. Das hat dazu geführt, dass viele<br />
proprietäre Lösungen entstanden sind, die das Wachstum<br />
des Gesamtmarktes negativ beeinflussen. Hinzu kommt ein<br />
zunehmender Bedarf an durchgehender Dokumentation<br />
der Produktionsprozesse vom Erzeuger bis zum Kunden.<br />
Deshalb steht das Thema Standardisierung seit einigen<br />
Jahren oben auf der Liste der Hersteller und der Kunden.<br />
Während die Standardisierung für die Landtechnik mit<br />
dem so genannten ISOBUS die Kommunikation zwischen<br />
den verschiedenen Traktoren, Maschinen und der GPS-gestützten<br />
Steuerungselektronik gewährleistet ist, ist die Standardisierung<br />
im IT-Bereich erst am Anfang. Ein wichtiger<br />
Schritt ist die Entwicklung des AGRO-XML-Standards, der<br />
als Datenaustauschsprache einen standardisierten Datenaustausch<br />
ermöglichen soll.<br />
Zukunft „Geodateninfrastruktur“<br />
Ebenfalls noch Zukunftsmusik ist es eine Vereinfachung<br />
der Geo-Datenauswertung durch standardisierte Datensätze<br />
zu erreichen. „Geodateninfrastruktur“ (GDI) ist in<br />
diesem Zusammenhang in den letzten Jahren eines der<br />
Schlagworte im Geoinformationsbereich geworden. Aus<br />
technischer Sicht basiert sie auf einem einfachen Konzept:<br />
Raumbezogene Daten sind über standardisierte internetbasierte<br />
Schnittstellen verfügbar und abfragbar. Die relevanten<br />
Normen und Standards für Datenübertragungsformate und<br />
Schnittstellen sind genau spezifiziert. Sie werden von vielen<br />
Softwareherstellern implementiert und von vielen Organisationen<br />
in unterschiedlichsten Branchen eingesetzt. Unter<br />
Berücksichtigung des Raumbezugs vieler landwirtschaftlichen<br />
Daten, insbesondere der Daten für Precision Farming,<br />
haben diese Normen eine große Bedeutung für den Datenaustausch<br />
in der Landwirtschaft.<br />
Die meisten GDI-Initiativen des Bundes und der Länder<br />
sind hauptsächlich auf die Bereitstellung von Geobasisdaten<br />
wie topographische Karten und Luftbilder fokussiert – was<br />
Experten als „generische GDI“ bezeichnen. Obwohl solche<br />
Daten eine wichtige Informationsquelle für Landwirte darstellen,<br />
könnte ein noch größerer Gewinn für den Landwirt<br />
in der Automatisierung der landwirtschaftlichen Geschäftsprozesse<br />
bestehen.<br />
Dr. Görres Grenzdörffer<br />
Der studierte Geograph, Jahrgang 1968,<br />
hat seine Hochschulausbildung mit Schwerpunkt<br />
Fernerkundung und GIS absolviert.<br />
Grenzdörffer ist Wissenschaftler an der Universität<br />
Rostock und beschäftigt sich seit über 10<br />
Jahren mit dem Thema Precision Farming.
028 Titel<br />
Neben den direkten positiven Effekten tragen auch indirekte<br />
positive Effekte, wie die ökologischen Wirkungen<br />
des Precision Farmings sowie eine Verringerung von Stickstoffauswaschungen<br />
durch eine angepasste Düngung zur<br />
volkswirtschaftlich positiven Gesamtbilanz des Precision<br />
Farmings bei. Alles in allem entwickelt sich die Methode zu<br />
einer allseits akzeptierten Technologie.<br />
Stand der Forschung heute und Ausblick<br />
Informationsverarbeitung ist das A und O des Precision<br />
Farmings. Das fängt beretis auf der landwirtschaftlichen<br />
Maschine an, die alle wichtigen Daten einer Maßnahme<br />
von der Bodenbearbeitung bis zum Pflanzenschutz erfasst.<br />
Diese so genannten Prozessdaten wie die Zugkraftbedarf,<br />
der Dieselverbrauch, die Leistung pro Stunde etc. werden<br />
durch eine Synchronisation mit dem GPS zu raumbezogenen<br />
Daten und können für verschiedenste Zwecke in der<br />
Abrechnung, zur Dokumentation oder für die Optimierung<br />
genutzt werden.<br />
Im landwirtschaftlichen Betrieb werden nicht nur die<br />
Daten der Landmaschinen in einem Geo-Informationssystem<br />
(GIS) verarbeitet, sondern auch eine Vielzahl anderer<br />
Geodaten. Einige dieser Datensätze wie Karten zur scheinbaren<br />
elektrischen Leitfähigkeit, zur Charakterisierung der<br />
Bodentextur oder spezielle Fernerkundungsdaten werden<br />
durch spezialisierte Dienstleister erstellt. Andere Geodaten<br />
kommen von staatlicher Seite wie topographische Karten,<br />
Feldblockgrenzen oder Bodenschätzungskarten. Die Precision-Farming-Software<br />
muss dann in der Lage sein aus<br />
den unterschiedlichen Eingangsdaten anhand von Regeln<br />
Applikationskarten für die verschiedenen Maßnahmen zu<br />
erstellen. Die eingesetzte Software ist hier in der Regel kein<br />
Stand-alone-Produkt, sondern in die betriebliche Software,<br />
wie Schlagkartei, das Pachtmanagement oder die Lohnbuchhaltung<br />
beinhaltet, eingebettet.<br />
Eine Besonderheit des IT-Marktes in der Landwirtschaft<br />
ist, dass aufgrund der Kundenstruktur dem User-Interface,<br />
der Bedienerfreundlichkeit, dem Schulungsangebot und<br />
dem Preis der Software höchste Bedeutung zukommen. Der<br />
Markt für Precison-Farming Hard- und Software wird einerseits<br />
von den Fulllinern der Landtechnikbranche (Claas,<br />
AGCO, John Deere u. a.) bestimmt. Sie bieten Komplettsysteme<br />
an. Außerdem bieten viele kleine Anbieter hierauf<br />
abgestimmte Speziallösungen an. Dies gilt ganz besonders<br />
für den IT- bzw. GIS-Sektor. Das hat dazu geführt, dass viele<br />
proprietäre Lösungen entstanden sind, die das Wachstum<br />
des Gesamtmarktes negativ beeinflussen. Hinzu kommt ein<br />
zunehmender Bedarf an durchgehender Dokumentation<br />
der Produktionsprozesse vom Erzeuger bis zum Kunden.<br />
Deshalb steht das Thema Standardisierung seit einigen<br />
Jahren oben auf der Liste der Hersteller und der Kunden.<br />
Während die Standardisierung für die Landtechnik mit<br />
dem so genannten ISOBUS die Kommunikation zwischen<br />
den verschiedenen Traktoren, Maschinen und der GPS-gestützten<br />
Steuerungselektronik gewährleistet ist, ist die Standardisierung<br />
im IT-Bereich erst am Anfang. Ein wichtiger<br />
Schritt ist die Entwicklung des AGRO-XML-Standards, der<br />
als Datenaustauschsprache einen standardisierten Datenaustausch<br />
ermöglichen soll.<br />
Zukunft „Geodateninfrastruktur“<br />
Ebenfalls noch Zukunftsmusik ist es eine Vereinfachung<br />
der Geo-Datenauswertung durch standardisierte Datensätze<br />
zu erreichen. „Geodateninfrastruktur“ (GDI) ist in<br />
diesem Zusammenhang in den letzten Jahren eines der<br />
Schlagworte im Geoinformationsbereich geworden. Aus<br />
technischer Sicht basiert sie auf einem einfachen Konzept:<br />
Raumbezogene Daten sind über standardisierte internetbasierte<br />
Schnittstellen verfügbar und abfragbar. Die relevanten<br />
Normen und Standards für Datenübertragungsformate und<br />
Schnittstellen sind genau spezifiziert. Sie werden von vielen<br />
Softwareherstellern implementiert und von vielen Organisationen<br />
in unterschiedlichsten Branchen eingesetzt. Unter<br />
Berücksichtigung des Raumbezugs vieler landwirtschaftlichen<br />
Daten, insbesondere der Daten für Precision Farming,<br />
haben diese Normen eine große Bedeutung für den Datenaustausch<br />
in der Landwirtschaft.<br />
Die meisten GDI-Initiativen des Bundes und der Länder<br />
sind hauptsächlich auf die Bereitstellung von Geobasisdaten<br />
wie topographische Karten und Luftbilder fokussiert – was<br />
Experten als „generische GDI“ bezeichnen. Obwohl solche<br />
Daten eine wichtige Informationsquelle für Landwirte darstellen,<br />
könnte ein noch größerer Gewinn für den Landwirt<br />
in der Automatisierung der landwirtschaftlichen Geschäftsprozesse<br />
bestehen.<br />
Dr. Görres Grenzdörffer<br />
Der studierte Geograph, Jahrgang 1968,<br />
hat seine Hochschulausbildung mit Schwerpunkt<br />
Fernerkundung und GIS absolviert.<br />
Grenzdörffer ist Wissenschaftler an der Universität<br />
Rostock und beschäftigt sich seit über 10<br />
Jahren mit dem Thema Precision Farming.
030 Titel<br />
Geodaten im Gesundheitswesen<br />
Karten für<br />
die Gesundheit<br />
<strong>Geoinformationssysteme</strong> (GIS) spielen eine immer größere Rolle: in der Raumplanung, der<br />
Verkehrslenkung oder auch in der Marktforschung. Im Gesundheitswesen kommen solche<br />
Anwendungen erst nach und nach zum Einsatz.<br />
Christian Günster<br />
Im Gesundheitswesen gibt es eine Vielzahl von Aufgaben,<br />
bei denen GIS-Instrumente Entscheidungshilfen wären,<br />
beispielsweise in der Krankenhausplanung oder der Organisation<br />
von Rettungsdiensten. Die zögerliche Verbreitung<br />
kann zum Teil darin begründet sein, dass gerade Daten über<br />
die Nachfrage von Gesundheitsleistungen bisher kaum in<br />
einen räumlichen Kontext gesetzt werden konnten. In der<br />
Vergangenheit lagen die notwendigen Informationen häufig<br />
schlicht nicht in auswertbarer Form vor. Zudem erfordert<br />
der Schutz der sensiblen Patientendaten eine aufwändige<br />
Datenlogistik. Mittlerweile sind Daten in großem Umfang<br />
verfügbar und die Datenprozesse handlebar.<br />
Einfache Fragen mit komplexem Hintergrund<br />
Wo ist die nächstgelegene Praxis eines Internisten? Wo das<br />
nächste Krankenhaus? Wo der nächste Kreißsaal mit der<br />
Möglichkeit zur Wassergeburt? Das sind klassische Fragen<br />
eines Patienten oder einer werdenden Mutter. Immer mehr<br />
Internetportale bieten Hilfestellung mit Suchmaschinen,<br />
Mapping-Diensten und Routenplanern. Grundlage sind<br />
Strukturdaten eines ausgefeilten Adressverzeichnisses, die<br />
um Geodaten ergänzt werden. Kommen Leistungsdaten<br />
hinzu, entsteht ein Datenpool, der für Patienten, Ärzte,<br />
Krankenhäuser und Krankenkassen gleichermaßen von Interesse<br />
ist. So lässt sich beantworten, welche Krankenhäuser<br />
in der Umgebung eine Mandel-OP durchführen und wie<br />
häufig sie dies tun. Für Schwangere kann es bei der Wahl<br />
einer Geburtsklinik von Bedeutung werden, wie sich die Kliniken<br />
einer Stadt im Anteil ihrer Kaiserschnittentbindungen<br />
unterscheiden.<br />
Grundlagen für die Bedarfsplanung<br />
Die AOK setzt seit Ende der 90er Jahre GIS ein. Dabei<br />
standen Themen der Versorgungsplanung im Vordergrund,<br />
primär das Rettungswesen und die Entwicklung von Ansätzen<br />
einer leistungsorientierten Krankenhausplanung.<br />
Seit einigen Jahren wird die so genannte Bedarfsplanung<br />
im ambulanten Sektor mit Geodaten analysiert. Dabei werden<br />
Versorgungsgrade von Facharztgruppen in einzelnen<br />
Landkreisen durch Flächenkarten visualisiert. So lässt sich<br />
erkennen, ob es regionale Häufungen überversorgter Kreise<br />
oder andererseits Gegenden mit zu wenigen Fachärzten gibt.<br />
Fehlallokationen in einem Nebeneinander von Unter- und<br />
Überversorgung sind ineffizient und kostspielig. Solche Geoanalysen<br />
fließen in die gesundheitspolitische Diskussion<br />
um einen befürchteten Fachärztemangel ein. Ein weiterer<br />
Aspekt ergab sich durch die Umstellung der Krankenhausfinanzierung<br />
auf diagnoseorientierte Fallpauschalen (DRGs).<br />
Allgemein wird eine weitere Konsolidierung des Krankenhausmarktes<br />
erwartet, beschleunigt durch das 2003 schrittweise<br />
eingeführte Vergütungssystem. Nach amerikanischem<br />
Vorbild könnten geographisch isoliert liegende Kliniken,<br />
so genannte „sole Provider“, eine Zusatzfinanzierung erhalten,<br />
um ihre Existenz aufgrund ihrer Bedeutung für die
031<br />
Gesundheitsversorgung einer Region zu sichern: für solche<br />
Kliniken sollen Zuschläge fließen. In einem Projekt mit der<br />
Universität Bonn wurde untersucht, wie sich mit GIS solche<br />
Krankenhäuser methodisch nachvollziehbar bestimmen<br />
lassen. Dabei werden Entfernungsradien um Krankenhausstandorte<br />
mit einem bestimmten Versorgungsangebot<br />
gezogen und deren Überdeckung mit Bezug auf Bevölkerungsstatistiken<br />
geprüft. In einem weiteren Projekt mit dem<br />
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung wurde dieser<br />
Ansatz weiter verfeinert, indem die Luftlinienentfernungen<br />
durch Straßenkilometer ersetzt wurden.<br />
Daten werden zu Karten<br />
Seit 2005 bietet die AOK zwei Internetportale für die Recherche<br />
an: den AOK Krankenhaus-Navigator (www.aok.de)<br />
und das Klinik-Konsil (www.klinik-konsil.de). Im Krankenhaus-Navigator<br />
können Patienten nach Kliniken mit ausgewählten<br />
Leistungen suchen. Die Postleitzahl-basierte regionale<br />
Suche gibt Trefferlisten nach Entfernung zum Wohnort<br />
oder Behandlungshäufigkeit aus. Die Besonderheit des<br />
AOK-Portals besteht darin, dass die AOK-Fallzahlen der<br />
Kliniken je Behandlungsgruppe vollständig in aggregierter<br />
Form offengelegt sind. Die Kliniken werden dabei in Klassen<br />
nach der Häufigkeit von Eingriffen eingeteilt. Auf AOK-<br />
Versicherte entfallen knapp 40 Prozent aller Krankenhausleistungen.<br />
Umfangreiche Leistungsdaten von 26 Millionen<br />
Versicherten werden hier mit Geokoordinaten der 2.000<br />
Krankenhäuser kombiniert. Das Klinik-Konsil ermöglicht<br />
differenziertere Recherchen einzelner Krankheitsdiagnosen<br />
und Operationen. Dazu müssen Grundkenntnisse in den<br />
Schlüsselkatalogen für Diagnosen und Operationen vorhanden<br />
sein. Hauptzielgruppe des Klinik-Konsil sind Ärzte,<br />
die eine Krankenhauseinweisung ihres Patienten planen.<br />
Eine AOK-interne GIS-Anwendung steht den Mitarbeitern<br />
über das Intranet zur Verfügung. Das vom Wissenschaftlichen<br />
Institut der AOK (WIdO) entwickelte WIdO-<br />
GIS bereitet Abrechnungsdaten von Krankenhäusern in<br />
kartographischer Form auf. Ein Benchmarkingvergleich<br />
der 16 einzelnen AOKs kann als Kartendarstellung oder<br />
in tabellarischer Form abgerufen werden. Sachverhalte<br />
lassen sich visuell meist rascher erfassen. Umso sorgfältiger<br />
muss das Layout der Karten entworfen werden, um keine<br />
vorschnellen Urteile zu fördern. Case Manager nutzen die<br />
Krankenhauseinzugsstatistiken (Flächenkarten nach Postleitzahlbezirken),<br />
die zeigen, woher die Patienten eines<br />
Krankenhauses kommen genauso wie den entgegengesetzten<br />
Blickwinkel der Wanderungsanalysen (Standortkarten),<br />
die aufzeigen, welche Krankenhäuser von Patienten einer<br />
Wohnortregion aufgesucht werden. Ein Highlight sind die<br />
Verlegungsdiagramme mit Pfeildarstellungen von Verlegungen<br />
zwischen Krankenhäusern. Offenes oder „verdecktes“<br />
Zusammenarbeiten einzelner Krankenhäuser wird damit<br />
offensichtlich. Weiterhin werden epidemiologische und<br />
versorgungspolitische Sachverhalte für die medizinischen<br />
Grundsatzabteilungen der AOK aufbereitet. Welche regionalen<br />
Unterschiede zeigen sich beispielsweise im Einsatz laparoskopischer<br />
Verfahren bei Blinddarmoperationen? Welche<br />
Disparitäten bestehen dabei zwischen den Kliniken? Ein<br />
anderer Analyseansatz steht im Kontext der Zentralisierung<br />
von Leistungen durch die Vorgabe von Mindestmengen. Wo<br />
lassen sich elektive (planbare) Leistungen wohnortnah bündeln,<br />
um Effizienz und Behandlungsqualität zu steigern?<br />
Auch hier ist Open Source möglich<br />
Im Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) konzipiert,<br />
wurde das WIdO-GIS von einem externen Softwarehaus<br />
realisiert. Zur Kartenerzeugung wird der am häufigsten<br />
verwendete Open-Source-Kartenserver eingesetzt, der<br />
UMN MapServer (mapserver.gis.umn.edu und www.umnmapserver.de).<br />
Der UMN MapServer ist eine einfache, stabile<br />
und vor allem kostengünstige Lösung, um dynamische<br />
Karten im Intra- oder Internet bereit zu stellen. Der Map-<br />
Server ist eine CGI-basierte Anwendung um dynamische<br />
GIS-Funktionen über das Web durchzuführen. Die Software<br />
selbst ist in erster Linie ein Werkzeug zur Erstellung<br />
geographischer Bildkarten. Die Sachdaten liegen in einer<br />
Oracle-Datenbank. Zur Konfiguration der Auswertungen<br />
und deren Layout dient eine XML-Datei, die AOK-intern<br />
modifiziert werden kann. Die Geodatengrundlage wurde<br />
zugekauft.<br />
<strong>Geoinformationssysteme</strong>n bieten sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten<br />
im Gesundheitswesen: planerisch und<br />
analytisch, vom Case Management bis zur Bevölkerungsepidemiologie,<br />
im Controlling und bei Grundsatzfragen.<br />
GIS-Methoden sind immer dann nützlich, wenn versorgungsplanerische<br />
Entscheidungen mit räumlichem Bezug<br />
getroffen werden. Für eine optimierte und transparente<br />
Planung sind sie im Grunde unabdingbar.<br />
Christian Günster<br />
Der diplomierte Mathematiker, Jahrgang 1966,<br />
leitet den Forschungsbereich Integrierte<br />
Analysen im Wissenschaftlichen Institut der AOK<br />
(WIdO), wo er für die AOK <strong>Geoinformationssysteme</strong><br />
zur stationären Versorgung aufbaut.
032 Titel<br />
Interview Karola Bode<br />
c//mag: War vor 10 Jahren absehbar, welche Bedeutung<br />
das Thema „Navigation“ für die Automobilindustrie haben<br />
würde? Seit wann beschäftigen Sie sich mit dem Thema?<br />
Karola Bode: Vor einigen Jahren waren Navigationssysteme<br />
noch eine hochpreisige Angelegenheit, die nur für ausgewählte<br />
Fahrzeuge angeboten wurden. In den letzten Jahren<br />
haben eigentlich alle Fahrzeughersteller erkannt, welche<br />
Bedeutung das Thema Navigation hat. Doch Festeinbauten<br />
kosten den Kunden in der Regel immer noch mehr als 1.000<br />
Euro. Da kommt man ins Grübeln, ob sich die Investition<br />
lohnt. Diese hohen Kosten gaben wohl mit den Ausschlag,<br />
dass zunehmend portable Navigationssysteme angeboten<br />
wurden. Die sind kostengünstiger und können bequem von<br />
einem Auto ins nächste mitgenommen werden. Der Trend<br />
sind nun Navigationssysteme, die auf mobilen Endgeräten<br />
laufen. Das macht die Sache für Mobilfunkanbieter interessant.<br />
Seit einiger Zeit bietet O2 Handys mit integrierter<br />
Navigationslösung an. Somit müssen unsere Kunden keine<br />
zusätzlichen Geräte kaufen und können sogar zu Fuß oder<br />
mit dem Fahrrad ihre Navigationshilfe nutzen.<br />
den schneller und zielgerichtet bedient. O2 greift für diese<br />
Anwendungen auf erfahrene Lösungspartner zurück. Diese<br />
bringen langjährige Erfahrungen aus speziellen Branchen<br />
mit und haben die passende Softwarelösung. Somit erfindet<br />
O2 das Rad nicht neu, sondern kann seinen Kunden umfassend<br />
beraten.<br />
c//mag: Reichen die Bandbreiten der Mobilfunknetze für<br />
diese bzw. zukünftige Anwendungen überhaupt aus?<br />
Karola Bode: Für die aktuellen Anwendungen reichen<br />
die Bandbreiten von GPRS (General Packed Radio Service)<br />
in der Regel aus. Doch für zukünftige Anwendungen mit<br />
hochaufgelöster Grafik werden die Anwender wohl größere<br />
Bandbreiten benötigen und auf UMTS umsteigen.<br />
c//mag: Welche Rolle spielt die Ergonomie, die Usability<br />
von Oberflächen in den Navigationssystemen und worauf<br />
kommt es hier an?<br />
c//mag: Welche Rolle spielt das Mobiltelefon zukünftig bei<br />
Navigations- und Ortungslösungen?<br />
Karola Bode: Um das Satellitensignal empfangen zu<br />
können, benötigte man für die meisten mobilen Endgeräte<br />
bisher eine zusätzliche GPS (Global Positioning System,<br />
Ortung über Satellit) Mouse. Die werden über Bluetooth<br />
mit dem Endgerät gekoppelt. Alles drahtlos. Nun besteht<br />
die Herausforderung darin, die GPS-Funktion direkt im<br />
mobilen Endgerät zu integrieren. Und das ist keine ferne<br />
Zukunftsvision, sondern wird schon demnächst verfügbar<br />
sein. Vor einigen Jahren noch war eine Fotokamera in mobilen<br />
Endgeräten nur in einigen hochwertigen Endgeräten<br />
zu finden. Heute gehört die Kamera quasi zur Grundausstattung<br />
der Endgeräte. Ich sehe eine ähnliche Entwicklung<br />
auch im Bereich Navigation auf uns zukommen. Das<br />
Thema Navigation ist allerdings erst der Ausgangspunkt<br />
für Ortungslösungen, auf denen sich viele Anwendungen<br />
aufbauen lassen. Fragen wie: Wo finde ich die nächste<br />
Tankstelle, Pizzeria oder Apotheke werden uns in Zukunft<br />
unsere mobilen Geräte beantworten können. Im Geschäftskundenbereich<br />
interessieren sich unsere Kunden dagegen<br />
dafür, wo genau sich ihr Außendienst befindet. So können<br />
die Mitarbeiter optimal eingesetzt werden, die Kunden wer-<br />
Karola Bode war über 20 Jahre in der IT Branche in unterschiedlichen<br />
Vertriebs- und Marketing-Positionen tätig und<br />
kennt den deutschsprachigen Consumermarkt sowie das<br />
Geschäft im Mittelstand, Industrie und Großkunden aus<br />
dem ‚efef‘ (Marketingdirektor Commodore Deutschland,<br />
Geschäftsführerin Gateway 200, Leiterin Compaq Consumer<br />
Business/Hewlett Packard, Commercial Business).<br />
1958 in Hameln geboren, absolvierte sie eine Ausbildung<br />
über vier Semester als EDV-Fachwirt. Als Vice President<br />
O2 Business ist Karola Bode heute verantwortlich für die<br />
indirekte und direkte Vertriebsorganisation, Marketing und<br />
Customer Care des Mobilfunkanbieters und adressiert mit<br />
einer „end to end“-aufgestellten Geschäftseinheit das Segment<br />
der Geschäftskunden.
033<br />
Karola Bode: Wichtig ist vor allem, dass die Anwendung<br />
selbsterklärend ist. Heutzutage haben die Nutzer weder Zeit<br />
noch Lust, langatmige Bedienungsanleitungen zu studieren,<br />
um die Technik einsetzen zu können. Das gilt auch für Navigationssysteme.<br />
Das Zauberwort lautet hier „intuitiv“. Des<br />
Weiteren muss das Gerät auch mit einer Hand zu bedienen<br />
sein. Dafür eignen sich besonders Geräte mit großem Display<br />
und Touchscreen, wie z. B. der XDA neo.<br />
c//mag: Stichwort Location Based Services (LBS) – ein<br />
Thema für O2?<br />
Karola Bode: Klassische LBS, insbesondere für die Fahrzeugortung,<br />
werden immer mehr von GPS-basierten Lösungen<br />
verdrängt. Die Genauigkeit der netzwerkbasierten<br />
Ortung war einfach zu gering.<br />
Stellen Sie sich vor, Sie bekommen<br />
Positionsmeldungen, die teilweise<br />
bis zu ein paar Kilometern abweichen.<br />
Dieses Thema hat sich mit<br />
der GPS-Ortung erledigt: Hier<br />
wird auf den Meter genau festgestellt<br />
wo sich das Gerät befindet.<br />
Auf einer solchen Genauigkeit lassen sich weitere Services<br />
aufbauen. Ich glaube, der Startschuss für weitere Services<br />
besonders im Businessbereich ist damit gefallen.<br />
c//mag: Wie geht das technisch vor sich?<br />
Karola Bode: Technisch wird das Endgerät über GPS lokalisiert.<br />
Diese Standortinformation wird dann über das GSM/<br />
GPRS-Netz beispielsweise auf einen Server übertragen und<br />
steht dann dort weiteren Anwendungen zu Verfügung.<br />
c//mag: Mit wem arbeiten Sie hier zusammen?<br />
Karola Bode: Wir arbeiten im Bereich Navigation mit<br />
dem Marktführer TomTom zusammen. Für Businessanwendungen<br />
zum Thema Ortung und Außendienststeuerung<br />
arbeiten wir mit Spezialanbietern wie mobileObjects und<br />
WNS-Europe zusammen.<br />
c//mag: Stichwort Flottenmanagement: Sind die Hersteller<br />
mit den aktuellen Lösungen nicht schon „am Ende der Fahnenstange“<br />
dessen, was möglich ist?<br />
Karola Bode: Bisher mussten sich Anwender von Flottensteuerungssystemen<br />
die Lösung bei verschiedenen Anbietern<br />
zusammensuchen. Hardware, ein entsprechendes<br />
Portal, eine SIM-Karte mit dahinter stehendem GPRS-Netz<br />
werden dabei immer benöigt, evtl. noch eine Navigationslösung.<br />
Heute fordern die Nutzer aber mehr. Sie wollen die<br />
„Für die aktuellen Anwendungen reichen die<br />
Bandbreiten von GPRS (General Packed Radio<br />
Service) in der Regel aus. Doch für zukünftige<br />
Anwendungen mit hochauflösender Grafik werden<br />
die Anwender wohl größere Bandbreiten<br />
benötigen und auf UMTS umsteigen.“<br />
Lösung aus einer Hand bekommen. Momentan ist sehr viel<br />
Bewegung im Markt. Die Zukunft wird zeigen, wer sich mit<br />
den besten Lösungen durchsetzen kann.<br />
c//mag: Gibt es bereits Analyse-Tools für das Controlling,<br />
die logistische Optimierung?<br />
Karola Bode: Logistische Abläufe können beliebig durch<br />
solche Lösungen optimiert werden. Alle Fahrten der Fahrzeuge<br />
werden festgehalten und können beliebig ausgewertet<br />
werden. Die manuelle Fahrtenbuchführung beispielsweise<br />
ist damit überflüssig geworden. Sie können genau feststellen,<br />
welches Ihrer Fahrzeuge welche Stecken an welchen Tagen<br />
gefahren ist und anhand dessen Ihre Routen optimieren<br />
oder Schwachstellen in den Prozessen aufdecken. Das sich<br />
daraus ergebende Kosteneinsparungspotenzial<br />
ist dem Kunden<br />
sofort klar. Eine moderne Disposition<br />
ohne Flottensteuerungslösung<br />
ist kaum noch denkbar.<br />
c//mag: Werden Navigationslösungen<br />
durch zusätzliche Informationen<br />
„veredelt“, z. B. durch<br />
Staumeldungen oder den Bestand von Warenwirtschaftssystemen?<br />
Karola Bode: Die Themen Navigation und Flottensteuerung<br />
sind nicht mehr voneinander zu trennen. Klar ist, wenn<br />
ich feststelle, wo sich mein Außendienstmitarbeiter gerade<br />
befindet und ich ihm den nächsten Auftrag mit Zieladresse<br />
des Kunden sende, dass diese Adresse automatisch in sein<br />
Navigationssystem übernommen wird. Das Schlagwort<br />
End-to-end-Anwendung wird hier wirklich gelebt. Es gibt<br />
keinen Datenbruch mehr oder eine Adresseingabe per<br />
Hand. Verkehrsinformationen sind heute schon wesentlicher<br />
Bestandteil von guten Navigationslösungen.<br />
c//mag: In welche Segmente würden Sie den Markt der<br />
Navigationslösungen mit Geodaten einteilen?<br />
Karola Bode: Ganz klar sind alle Nutzer mit Fahrzeugen<br />
klassisch diejenigen, die Navigationslösungen brauchen und<br />
nutzen. Die Einfachheit in der Anwendung und die Kostenentwicklung<br />
der letzten Jahre weist aber deutlich auf einen<br />
großen Massenmarkt für Navigation hin. Businesskunden<br />
mit Fuhrpark sind prädestiniert für Navigations- und Flottensteuerungslösungen.<br />
Diese Themen werden aber auch<br />
für andere Unternehmen mit Fuhrpark sowie für private<br />
Anwendungen interessant. Die neuesten Endgeräte können<br />
auch Fußgängern das Leben erleichtern ...
034 Titel<br />
c//mag: ... On-Board und Off-Board ...<br />
Karola Bode: Wichtig ist die Unterscheidung in On-Board<br />
und Off-Board Navigation. On-board bedeutet, dass die<br />
komplette Software, also das Straßenkartenmaterial schon<br />
im Endgerät gespeichert ist. Bei der Off-Board Navigation<br />
dagegen lädt sich der Anwender<br />
immer das aktuelle Kartenmaterial<br />
online herunter, bei mobilen<br />
Endgeräten online über GPRS.<br />
Beide Lösungen haben ihre Vorund<br />
Nachteile. Im deutschen Markt konnten sich Off-Board<br />
Navigationssysteme bisher nur schwer behaupten. Die Unsicherheit,<br />
was eine Routenberechnung kostet, und die bislang<br />
unzureichende Benutzerfreundlichkeit schreckten viele<br />
ab. Vielleicht liegt die Wahrheit in der Mitte. Die Kombination<br />
aus integrierter Software und demAbruf von aktuellen<br />
Informationen und Updates online könnten zukunftsweisend<br />
sein. Die so genannten Hybrid-Lösungen integrieren<br />
die Vorteile beider Lösungsalternativen. Ein netter Zufall,<br />
dass das Thema Hybrid auch in der Antriebstechnik von<br />
Fahrzeugen ein zukunftsweisendes Thema ist.<br />
„Die Kombination aus integrierter Software und<br />
dem Abruf von aktuellen Informationen und Updates<br />
online könnte zukunftsweisend sein.“<br />
c//mag: Welche Trends in der Software-Entwicklung für<br />
Navigationssysteme gibt es?<br />
Karola Bode: Wir haben festgestellt, dass die Nachfrage<br />
nach mobilen Geräten in allen Bereichen des täglichen<br />
Lebens stetig wächst. Als Anbieter von mobilen Diensten<br />
im Sprach- und Datenbereich<br />
wird daher auch das Thema Navigation<br />
an Bedeutung gewinnen.<br />
Der Nutzer möchte nicht viele<br />
verschiedene Geräte mit sich herumtragen.<br />
Wenn er ein mobiles Endgerät z. B. für Sprache,<br />
E-Mail, Internet und Navigation haben kann, warum sollte<br />
er sich noch weitere anschaffen?<br />
c//mag: Ihr Tipp für die Entwicklung des Marktes?<br />
Karola Bode: Wir rechnen damit, dass das Thema Navigation<br />
die nächsten Jahre erheblich an Bedeutung gewinnen<br />
wird. Navigation auf mobilen Engeräten wird dabei unserer<br />
Ansicht nach am stärksten wachsen. Diese Prognosen bieten<br />
gute Möglichkeiten sowohl für Mobilfunkanbieter als auch<br />
Anbieter von Navigationslösungen und Content.
035<br />
Nie mehr verlaufen<br />
Ab 2011 wird Galileo punkten. Während GPS ein militärisches System<br />
war und ist, bietet das europäische Gemeinschaftsprojekt als kommerzielles<br />
System eine bislang nicht gekannte Zuverlässigkeit. Mit 30 Satelliten, die<br />
in einem günstigen Winkel zum Äquator stehen, wird selbst die Ortung<br />
in Häuserschluchten metergenau sein. Andere Ortungstechnologien werden<br />
damit aber nicht automatisch überflüssig. Ob nun Handyzellen (bis<br />
100 Meter), GPS (50-15 Meter), EGNOSS und Galileo (bis 1 Meter) oder<br />
WLAN – Technologien werden nicht ersetzt, sondern kombiniert. Das<br />
entsprechende Schlagwort heißt „Seamless Localization and Communication“.<br />
Der Anwender will nur die optimale Navigation und Orientierung<br />
an jedem Ort – egal ob ein Mobilfunkempfang oder ein Satellitensignal<br />
verfügbar ist.<br />
Die Anwendungen im entstehenden Markt für Global Navigation Satellite<br />
Systems (GNSS) zeigen, wohin die Reise geht. Interoperabilität von <strong>Geoinformationssysteme</strong>n<br />
(GIS) und -daten sowie die Konvergenz der Technologien<br />
sind der Schlüssel zum Milliardenmarkt. Erfreulicherweise sind diesmal<br />
deutsche Firmen ganz vorn mit dabei. Nur ein Beispiel ist die Lösung<br />
zur Übersee-Containerverfolgung eines Spinoffs des Anwenderzentrums:<br />
Eine Kombination aus Satellitenkommunikation, Mobilfunkkommunikation,<br />
RFID und GPS ermöglicht die genaue Lokalisierung der Schiffscontainer<br />
einschließlich Identifikation auf einer Atlantiküberquerung. Eine<br />
Lösung mit hohem Integrationsgrad wie diese wird in Zukunft aus einer<br />
Kombination von SatCom, Mobilfunk, WLAN sowie Lokalisierungstechnologien<br />
wie Galileo, GPS, Glonass und Nahfeldortung über RFID oder<br />
WLAN bestehen.<br />
Mit Galileo werden nicht nur kommerzielle B2B-Navigations-, Trackingund<br />
Ortungsanwendungen einen kräftigen Schub erhalten, sondern<br />
insbesondere der B2C-Bereich und die Fußgängernavigation. Und damit<br />
Location Based Services (LBS) wiederbeleben.<br />
Während vor allem Receiver- und Chip-Hersteller den Takt im Markt<br />
vorgeben, gibt es einen natürlichen Bremser: die Erde. Zu einer hochgenauen<br />
Lokalisierung gehört ein entsprechendes Kartenmaterial. Solange<br />
dieses über die Landesgrenzen hinweg nicht zusammenpasst, nützt die<br />
schönste Ortung nichts. Denn „Ortung“ bedeutet noch lange nicht „Navigation“.<br />
Die Interoperabilität von <strong>Geoinformationssysteme</strong>n wird aus<br />
diesem Grund zukünftig ein ganz besonderer Schlüssel für die Nutzung<br />
von GNSS-Technologien sein.<br />
Hier gibt es in Deutschland einiges: Etwa den „Runden Tisch GIS“ in<br />
München, der sich mit der Interoperabilität nach den Richtlinien des Open<br />
Geospatial Consortiums (OGC) befasst und auf dieser Basis eine international<br />
einmalige OGC-Testplattform realisiert hat. Und nicht zuletzt findet<br />
sich das Thema verstärkt auf den IT-Messen wieder.<br />
Christian Stammel<br />
Business Development, Anwendungszentrum GmbH
037<br />
Sag mir, wo die Läden sind ...<br />
Die Zlteren unter uns kennen ihn, den Laden und „Tante Emma“ um die<br />
Ecke. In der Auslage lauter Verpackungen, die daran erinnerten, wie wir als<br />
Kinder Kaufmannsladen gespielt haben. Drinnen gab es noch leibhaftige<br />
Menschen statt eines digitalen Avatars: Die Kundenbetreuung war noch<br />
nicht in den Untiefen der CRM-Systeme versenkt. Und für die Begrüßung<br />
brauchte der Kundenbetreuer keine CTI-Lösung mit Rufnummernerkennung,<br />
sondern nur sein Gedächtnis. Ach ja, dahin ...<br />
Bücher, auch so ein Fall. Was konnte es Schöneres geben, als bei dem<br />
Schild „Modernes Antiquariat“ seine Zeit zu verbummeln? Vorn an der<br />
Kasse oder in dem mit Büchern zugewachsenen Arbeitszimmer eine geschäftige<br />
Buchhändlerin. Heute ist der Buchhandel von der Dauerkrise<br />
zermürbt. Eine weitere Übernahme steht ins Haus. Gerade haben Weltbild<br />
und Hugendubel ihr Filialgeschäft in einem Joint Venture gebündelt. Insgesamt<br />
451 Filialen. Und die E-Books sind noch nicht wirklich ins Rollen<br />
gekommen ...<br />
Wo das Buch erst noch hinkommen wird, ist die Software schon angekommen:<br />
im Netz. 2010, so die Marktforscher von PricewaterhouseCoopers<br />
(PWC), erreicht der weltweite Medien- und Entertainment-Markt ein<br />
Volumen von 1,8 Billionen US-Dollar. Die Analysten aus Frankfurt erwarten,<br />
dass nicht nur elektronische Vertriebsformen von Software, sondern<br />
auch von Unterhaltungscontent, darunter Musik, Filme und Spiele, den<br />
physischen Vertriebswegen zunehmend das Wasser abgraben werden: 2005<br />
habe der weltweite Online-Umsatz 19 Mrd. US-Dollar betragen, 2010 soll<br />
das Marktvolumen 67 Mrd. US-Dollar erreichen. Wo werden da die Läden<br />
bleiben ...<br />
In die genau wollten wir für die neue Ausgabe unserer Galerie. Um uns<br />
nach Software umzusehen und um zu fotografieren. Mediamarkt: Zutritt<br />
verweigert. Wer ist hier jetzt blöd? Ich? Saturn: „Ohne Dreh- und Fotografiergenehmigung<br />
dürfen wir Sie im Haus nicht fotografieren lassen.“ Die<br />
Anmeldung über die Pressestelle: zu kurzfristig und ergebnislos. Dieser<br />
Geiz ist ganz besonders geil: Absage per E-Mail, Telefonkosten gespart.<br />
Anders die kleinen Läden. Size matters: Je kleiner, desto freundlicher. Da<br />
sind sie wieder: die randvoll gestellten Regale. Die Stapelhaufen, die einem<br />
den Weg verstellen. Die Sonderangebote auf der Kassentheke: 5 Euro für<br />
ein deutschlandweites Telefonbuch und über 100.000 Stadtpläne.<br />
Ab in den Warenkorb! Wollen Sie wirklich bestellen? Ja! Wie möchten<br />
Sie bezahlen? Bar! Hier! Jetzt! Ohne erst meine Adresse und meine Bankverbindung<br />
eintippen zu müssen. Was, kein ‚Click&Buy‘, sondern ‚PayPal‘?<br />
Hab ich nicht. Erst anmelden. Du meine Güte, ich will doch nur etwas kaufen.<br />
Wieso liegt das Anti-Virus-Kit jetzt zweimal im Warenkorb? Zurück,<br />
Eingabe löschen. Himmel Herrgott. Ich komme hier noch völlig durcheinander.<br />
Ich brauche definitiv mehr Real Word Awareness.<br />
Redaktion c//mag
038<br />
Mit anonymen Internetdingens mit Warenkorb<br />
kann ich ja nix anfangen. Ich<br />
brauch immer den Laden, wo ich fragen<br />
kann. Beratung. Und wenn es so aussieht<br />
wie im Buchladen, umso besser. Hier,<br />
da steht ja noch so ein echter Regalhocker.<br />
Wie bei Büchern, ist aber alles<br />
Software. Ob es hier auch Krimis gibt?
Brauchen tu ich eigentlich ... doch<br />
... Buchhaltung ist immer ein Thema.<br />
Quicken, kenn ich, ist glaub ich ganz<br />
gut. Eigentlich hab ich aber auf Buchhaltung<br />
ja keine Lust. Hier, Fotos<br />
scannen und Etiketten drucken, kann<br />
ich bestimmt mal brauchen. Digitales<br />
Fotoalbum und so.<br />
039
040<br />
D-Info sowieso. 5 Euro, ein echtes<br />
Schnäppchen! Hab ich nach 10 Telefonnummern<br />
wieder drin. Stadtpläne sind<br />
auch dabei. Gebongt. Und den PDF-<br />
Schreiber ... brauch ich glaub ich ...<br />
eher nicht. Geht ja auch so, aus jedem<br />
Programm PDFs rausschreiben, oder?
Sicherheit, das ist natürlich immer<br />
gut. Kann jeder gar nicht hoch genug<br />
hängen, das Thema. Wahrscheinlich hängt<br />
die Box deshalb unter der Decke. Also,<br />
Sicherheit, die nehm ich. Firewalls kenn<br />
ich bisher nur aus Katastrophenfilmen.<br />
Da kann jederzeit was passieren. Super.<br />
Hier, kenn ich. Kann man DVDs mit kopieren.<br />
Klar, nur Privatkopie. Brennen soll<br />
aber auch Spaß machen, oder? Oder ich<br />
bring den Kindern Ice Age 2 mit.<br />
Mal sehen.<br />
041
042 Schwerpunkt<br />
Lesen am Bildschirm<br />
Anders lesen<br />
Elektronische Texte mit Hyperlinks verändern das Leseverhalten. Wer am<br />
Bildschirm liest, bahnt sich mit einem individuellen Lesepfad seinen Weg<br />
durch den Text. Dabei sind „Cybertexte“ nicht unbedingt neu.<br />
Berbeli Wanning<br />
Literatur in elektronischer Form nimmt einen festen Platz<br />
in unserer Medienwelt ein. Die Grenzen zwischen Text und<br />
Bild, zwischen Lektüre und Spiel lösen sich hier allmählich<br />
auf. Die herkömmliche Erfahrung des Lesens, die wir im<br />
Umgang mit Büchern gesammelt haben, verändert sich dadurch.<br />
Welche Kompetenzen brauchen wir, um uns in dem<br />
elektronischen Medium zurechtzufinden, um mit Freude<br />
darin zu lesen? Mit diesen Fragen beschäftigen sich die Leseund<br />
Rezeptionsforschung und die Vermittlungswissenschaft<br />
(Didaktik) der Sprache und Literatur. Antworten zu finden,<br />
Perspektiven zu entwickeln und Kompetenzen zu stärken<br />
sind die erklärten Ziele entsprechender Untersuchungen.<br />
Der andere Text<br />
Worum geht es? Literarische Texte im Internet unterscheiden<br />
sich von denen im Buch veröffentlichten durch andere<br />
Lektürewege und durch ein gewandeltes Autor-Leser-Text-<br />
Verhältnis. Dies stellt eine Herausforderung des Lesevermögens<br />
dar. Wer die übliche, am gedruckten Medium orientierte<br />
Lesesozialisation erfahren hat, muss nun umdenken.<br />
Lesen in seiner „Papierform“ verlangt nur einen minimalen<br />
motorischen Aufwand (Umblättern der Seiten) und erlaubt<br />
eine von äußerer Wahrnehmung weitgehend abgeschottete<br />
Konzentration auf innere Vorstellungen und Bilder. Das eigentliche<br />
Lesen findet im Kopf statt.<br />
Hingegen unterscheiden sich literarische Texte in elektronischer<br />
Form, auch Hyperfiction genannt, von herkömmlichen<br />
vor allem dadurch, dass sie Links enthalten, von denen<br />
aus auf andere Texte, aber auch auf Bilder, Videos und Tonelemente,<br />
zugegriffen werden kann. Die Beziehung zwischen<br />
dem ursprünglichen Text und den durch die Links eröffneten<br />
Möglichkeiten wird als Linksemantik bezeichnet, weil<br />
hier eine zusätzliche Bedeutungsstruktur installiert wird,<br />
die der Text in Buchform nicht haben kann. Die Lektüre der<br />
Hyperfiction erfordert daher andere Wahrnehmungs- und<br />
Selektionshandlungen. Die gegenüber dem üblichen Lesen<br />
erhöhte körperliche Aktivität (aufrechte Sitzhaltung, meist<br />
am Tisch, erforderlich; Mouseklick, Tastatur im Blick) beeinflusst<br />
den Konzentrationsprozess auf den Inhalt des Gelesenen.<br />
Sie kann als Störung der kreativen Kontemplation<br />
empfunden werden. Wer Hyperfiction lesend verstehen will,<br />
muss Entscheidungen treffen, wie die Linksemantik als zusätzliche<br />
Verstehensebene in den Lektüreprozess integriert<br />
werden soll. Hypertext-Lektüre ist also eine bewegte Performance<br />
im virtuellen Raum – das genaue Gegenmodell zur<br />
gewohnten Rezeption literarischer Texte durch stilles Lesen.
043<br />
Lesetechnik im Mittelpunkt des Interesses<br />
Viele Studien zum Thema Hyperfiction beschäftigen sich<br />
mit den Rezeptionsprozessen dieser neuen Literaturform,<br />
richten ihr Interesse aber vor allem auf die Techniken des Lesens.<br />
Kaum jemand stellt die Frage, ob Hyperfiction-Lektüre<br />
Spaß machen kann, ob sie fasziniert. Das Thema Leselust,<br />
im Kontext der Buchlektüre ausgiebig untersucht, bleibt in<br />
der Hyperfiction-Debatte oft außen vor. Das Lustprinzip<br />
als wichtige Motivation, sich mit Literatur zu beschäftigen,<br />
steht in einem engen Zusammenhang mit dem Spieltrieb.<br />
Hyperfiction-Lektüre kommt dem entgegen, denn der<br />
Übergang zum Spielerischen ist hier fließend. Dennoch<br />
geben sich nur wenige als begeisterte Hyperfiction-Leser<br />
zu erkennen, sie haben keine Community außerhalb des<br />
Netzes, während der Markt für wie gewohnt publizierte Belletristik<br />
boomt und die Feuilletons von Leseempfehlungen<br />
und Rezensionen schier überquellen. Warum gibt es diese<br />
Unterschiede?<br />
Ein Grund mag sein, dass das Lesen und Verstehen literarischer<br />
Texte im Internet besondere Kompetenzen voraussetzt,<br />
die mit der Struktur des Mediums zusammenhängen.<br />
Sie sind freilich erlernbar, aber eben für die meisten von uns<br />
ungewohnt. In der neuen Art der digitalen Textorganisation<br />
sind die einzelnen Textfragmente durch Links miteinander<br />
verbunden, aber nicht-sequentiell geschrieben. Bereits<br />
seit Mitte der 60er Jahre ist dafür der Begriff Hypertext<br />
gebräuchlich, von dem sich Hyperfiction als Bezeichnung<br />
nicht-sequentieller Texte literarischen Inhalts ableitet.<br />
Leser müssen nun eigene Lesestränge festlegen und sind<br />
nicht mehr zwingend – wie im Buch – an die vom Autor<br />
festgelegte Ordnung gebunden. Es gibt den Text nicht mehr<br />
als fertiges Produkt. An dessen Stelle tritt die „dynamische<br />
Perspektive des Textlesens“, also ein Prozess. Wie findet man<br />
sich darin zurecht?<br />
Der „individuelle Lesepfad“<br />
Die Rezeptionsforschung hat dazu das einprägsame Bild<br />
des Pfades geschaffen: Um einen hyperfiktionalen Text zu<br />
lesen, muss ein individueller Lesepfad angelegt werden. Anderenfalls<br />
ist die Gefahr groß, sich in der vielfältig vernetzten<br />
Struktur (Rhizom) der Hyperfiction zu verlieren und<br />
gar nichts mehr zu verstehen. Damit wäre natürlich jede<br />
Freude an der Lektüre verdorben. Das Legen eines Pfades<br />
ist also die notwendige Bedingung für eine nutzbringende,<br />
Spaß machende Rezeption. Er führt sicher durch das Labyrinth<br />
möglicher Deutungen und kann dank der Retracing-<br />
Funktion z. B. der WWW-Browser zurückverfolgt werden.<br />
Wir brauchen den Pfad, weil es keine „gültige“ Lesart mit<br />
vorgegebener Reihenfolge mehr gibt. Die gesondert begehbaren<br />
Lesepfade definieren Ausgangspunkte individuell,<br />
bestimmen den Anfang einer Geschichte ebenso wie das<br />
Ende nach den Wünschen des Lesers, der jetzt viele neue<br />
Möglichkeiten hat: Er kann den Ausgangspunkt fixieren<br />
und zu ihm zurückzukehren, um den Text kreisförmig zu<br />
erschließen. Er kann auch einzelne Wege verbinden oder<br />
diese ins Leere laufen lassen, er kann dem Text entfliehen<br />
oder in einen anderen springen. Der Möglichkeiten gibt es<br />
viele, aber wie behält man den Überblick? Dieser wird normalerweise<br />
durch inhaltliche Kohärenz, d. h. durch einen<br />
sinnvollen Textzusammenhang gewährleistet. Weil dieser<br />
bei der Hyperfiction-Lektüre nicht mehr vorgegeben ist,<br />
muss er im Verlauf des Leseprozesses hergestellt werden.<br />
Schwierigkeiten mit dem neuen Medium<br />
Dabei stößt der Leser auf Schwierigkeiten, die aus dem<br />
Medium selbst erwachsen. Die materielle Form des Textes<br />
ist nicht verlässlich. Dieser kann auf einer nicht wahrnehmbaren<br />
Ebene Informationen enthalten, die z. B. der Autor in<br />
der Programmierung versteckt hat und die unerkennbar den
044 Schwerpunkt<br />
Leseprozess beeinflussen, wenn nicht gar steuern. Der jeweils<br />
sichtbare literarische Text ist im Prinzip so rezipierbar wie<br />
der herkömmliche auch. Da aber digitale Texte Scriptons<br />
(Zeichenstränge, wie sie sich dem Leser präsentieren, wenn<br />
er sie aufruft) und Textons (Zeichenstränge, wie sie im Text<br />
existieren, weil der Autor sie festgelegt hat) enthalten, die<br />
nicht immer zugleich sichtbar sind, wird es kompliziert. Im<br />
traditionellen Text fallen Textons und Scriptons zusammen<br />
und werden nicht unterschieden. In Hypertexten hingegen<br />
werden weder alle vorhandenen Textons aufgerufen noch<br />
hat man einen Überblick, wie viele und welche existieren.<br />
Erst durch den Leseakt kommt ein Teil davon als Scriptons<br />
an die Oberfläche. Im Zusammenwirken dieser beiden Seiten<br />
verändert sich der sichtbare Text auch materialiter. Die<br />
entstandene Gestalt des Textes ist die Basis der Interpretation,<br />
die der Leser dann vornimmt. Lesen in diesem medialen<br />
Kontext ist mithin ein interaktiver Prozess. Es ist wie beim<br />
Laufen auf einem schwimmenden Schiff im Unterschied<br />
zum Laufen an Land: Man kommt voran, aber schwankend.<br />
Und man weiß, dass der Grund nicht wirklich fest ist.<br />
Was kann der Leser tun?<br />
Um im Bild zu bleiben: Was kann der Leser tun, damit<br />
er nicht „seekrank“ wird? Jeder literarische Text regt die<br />
Imagination an und hinterlässt eine prägende Spur im<br />
Gedächtnis. Diese wirkt bei der Lektüre auf seine Entscheidung<br />
ein, wie mit dem Text zu verfahren ist. Klicken oder<br />
weiterlesen? Ein Bild anschauen oder in einen ganz anderen<br />
Text springen? Links sind immer eingebunden, selbst wenn<br />
sie ignoriert werden. Bisher ist nicht hinreichend erforscht,<br />
welche Gründe den Leser hauptsächlich veranlassen, einem<br />
Link zu folgen oder beim ursprünglichen Text zu bleiben.<br />
Liegen sie in einer überkommenen Erwartungshaltung an<br />
Texte? Oder siegt die Neugier auf das Unbekannte? Ist es die<br />
Freude an den spielerischen Möglichkeiten? Oder erfolgt<br />
bald der frustrierte Abbruch des Lesens wegen Überforderung?<br />
Begründete und nachvollziehbare Antworten auf<br />
diese Fragen wären hilfreich für Hypertext-Autoren gleich<br />
welcher Art, vom Dichter bis zum Werbetexter. Ein „Goethe<br />
der Hyperfiction“, der bei höchstem ästhetischen Anspruch<br />
seine Leser auch noch unterhält, existiert bisher nicht.<br />
Ein literarischer Text verlangt nach Interpretation, worunter<br />
im Allgemeinen die individuelle Reorganisation seiner<br />
Bedeutung verstanden wird. Der Gewinn und die Lust, die<br />
der Literatur Lesende aus seinem Tun zieht, ist eine veränderte<br />
Sicht auf die Welt, eine neue Perspektive. Er erhält<br />
vom Text ein Deutungsangebot, das er mit der Interpretation<br />
realisiert. Bei der Lektüre von Hyperfiction muss er<br />
allerdings zusätzlich das Textmaterial reorganisieren. Diese<br />
zweite Ebene gilt als interpretatorische Interaktion im engeren<br />
Sinne. Interaktion meint hier, dass durch den Leser die<br />
Bedeutung des Textmaterials real verändert wird.<br />
Cybertext – mehr als Interaktion<br />
Nun hat sich der Begriff Interaktion bzw. Interaktivität im<br />
Zusammenhang mit neuen Medien so sehr abgenutzt, dass<br />
er zur Beschreibung des komplexen Rezeptionsprozesses<br />
nicht mehr ausreicht. Der Theoretiker Espen Aarseth schuf<br />
das Kunstwort Cybertext, womit er Texte charakterisiert, die<br />
dynamische Strategien verfolgen. Er findet entsprechende<br />
Beispiele bereits in der Antike. Es gibt sie also nicht erst<br />
seit dem Computerzeitalter, aber nachdem Cybertexte in<br />
das elektronische Medium eingezogen sind, haben sich<br />
ihre Dynamisierungsmöglichkeiten vervielfältigt. Von den<br />
Lesern wird nun eine entsprechende dynamische Rezeptionsstrategie<br />
verlangt. Sinnkonstituierendes Lesen, an sich<br />
ein innerpsychischer Vorgang, muss zugleich physisch in die<br />
Außenwelt übertragen werden. Durch Aktivieren der Links<br />
– wird materialiter ein Text geschaffen, der seine Existenz<br />
der jeweiligen Lesestrategie verdankt.<br />
Zum besseren Verständnis dieser Vorgänge hat Espen<br />
Aarseth zwei Konzepte entwickelt, die er theoretisch strikt<br />
getrennt hält: Er unterscheidet die Mehrdeutigkeit, die jeden<br />
literarischen Text kennzeichnet, von einer materiellen<br />
Mehrförmigkeit, die konstitutives Merkmal der Cybertexte<br />
ist. Literarische Cybertexte haben beide Kennzeichen, sie<br />
sind mehrdeutig und mehrförmig. Mit anderen Worten:<br />
Während des Leseprozesses wird der elektronische Cybertext<br />
zugleich rezipiert und konstruiert. Dies bedeutet, dass<br />
der Text erst beim Lesen entsteht.<br />
Interessensausgleich bei der Linksemantik<br />
Wenn wir diesen Leseprozess genauer verstehen wollen,<br />
dürfen wir die Aktivierung einzelner Links nicht isoliert<br />
betrachten. Sie sind strukturell nicht nur mit der materiellen<br />
Textkonstitution verknüpft, sondern auch mit der<br />
Bedeutungsebene der Interpretation. So wird der Leser eine<br />
individuelle Entscheidung treffen, aber in diese seine erlernte<br />
Erwartungshaltung im Umgang mit Literatur einfließen<br />
lassen. Es gibt also einen interessegeleiteten Einfluss der Interpretationsebene<br />
eines Textes auf die Linksemantik. Zwar<br />
sind die Linkmöglichkeiten vorgegeben, ob ein Link jedoch<br />
aktiviert oder nicht, bleibt dem Leser überlassen. Dessen<br />
Entscheidung ist wiederum abhängig von der Inhaltsebene<br />
bzw. der Bedeutung, die der Leser dem Inhalt zuweist.
Susanne Berkenheger, Autorin prämierter Hyperfiction, ist<br />
überzeugt, dass von Hyperfiction eine starke Leseerfahrung<br />
ausgeht, weil sie dem Leser eine besondere Welt bietet, in die<br />
hinein er sich fallen lassen kann. Die Sogwirkung des Lesens<br />
von Hyperfiction besteht darin, dass der Leser konkret zum<br />
Mitspieler wird. Dadurch kann er sich viel stärker als bei der<br />
Buchform mit dem Text, seiner Handlung, seinen Figuren<br />
identifizieren. Susanne Berkenheger fordert: „Hyperfiction<br />
müsste dem Leser ermöglichen, dass er permanent und<br />
ohne Anstrengung zwischen Zuschauerraum (seiner Rolle<br />
als Leser) und Bühne (der Rolle des Mitspielers) hin- und<br />
herspringt, und es müsste natürlich Leser geben, die das mögen<br />
und auch können, weil sie Übung drin haben. Das hat<br />
aber im Moment kein Mensch, der Autor auch nicht.“ Die<br />
tatsächliche Komplexität dieses doppelten Konstitutionsund<br />
Rezeptionsprozesses wird hier direkt angesprochen,<br />
ist aber in der Praxis kaum erforscht. Eine entsprechende<br />
Datensammlung, Fallanalyse und Theoriebildung wäre vor<br />
allem mit Blick auf die junge Generation erforderlich: Sie<br />
wird ohne Hypertext-Lesekompetenz nicht auskommen.<br />
Der Umgang mit Hypertext wird Standard<br />
Rezeptionsforschung ist wichtig. Der angemessene Umgang<br />
mit Hypertexten wird zukünftig eine Standardanforderung<br />
sein. Dies setzt eine entsprechende Erweiterung der<br />
Lesekompetenz voraus, um die es – wie die PISA-Studien<br />
gezeigt haben – in Deutschland nicht zum Besten steht.<br />
Immer mehr der für Alltag, Berufsleben oder Unterhaltung<br />
erforderlichen Texte liegen auch oder sogar ausschließlich in<br />
hypertextueller Form vor. Hinzu kommt eine entsprechende<br />
Veränderung unserer kulturellen Gewohnheiten durch den<br />
Medienwandel. Doch sind wir – individuell und als Gesellschaft<br />
– mit unseren Kernkompetenzen schon hinreichend<br />
darauf vorbereitet? Es geht nicht nur um die technische<br />
Versiertheit allein, sondern auch um Vertrautheit mit dieser<br />
Form der Literatur bzw. der Texte. Wenn wir hierzu neue<br />
Konzepte entwickeln, was dringend geboten scheint, sollten<br />
sie an den Anforderungen der Zukunft gemessen werden.<br />
Prof. Dr. Berbeli Wanning<br />
Die studierte Philologin, Jahrgang 1959,<br />
promovierte mit einer Arbeit zur Kunstphilosophie<br />
Schellings. An der Pädagogischen Hochschule<br />
Ludwigsburg lehrt Berbeli Wanning<br />
neuere deutsche Literatur und deren Didaktik.
046 Schwerpunkt<br />
DMS EXPO 2006 in Köln<br />
Kukkstu in<br />
Essen Köln<br />
In diesem Jahr wird ECM eines der wichtigsten Themen auf der DMS EXPO sein. Erstmals in<br />
Köln ausgerichtet, dreht sich alles um Technologien, die geschäftliche und organisatorische<br />
Prozesse rationalisieren, optimieren und beschleunigen.<br />
Nicole Körber<br />
Mit dem Wechsel vom bisherigen Messestandort Essen<br />
nach Köln spricht die Koelnmesse GmbH, seit 2005 Veranstalter<br />
der DMS EXPO, weniger von alten als vielmehr<br />
von den neuen Zielen: So wolle der Veranstalter 2006 das<br />
positive Ergebnis von 2005 weiter steigern und neue Besucherpotenziale<br />
erschließen. Das solle unter anderem durch<br />
die gezielte Ansprache von mittelständischen Unternehmen<br />
und bessere Zusammenarbeit mit der IHK erreicht werden.<br />
Fachbesucher haben über das neue Internet-Tool „Business<br />
Matchmaking“ die Möglichkeit, bereits vor der Messe mit<br />
den Ausstellern der DMS in Kontakt zu treten und Termine<br />
zu vereinbaren.<br />
Zudem verbessert der Veranstalter die Attraktivität der Messe<br />
für Aussteller und Besucher durch organisatorische Maßnahmen.<br />
Mit der neuen, schnelleren Besucherregistrierung<br />
will die Koelnmesse GmbH Warteschlangen am Eingang<br />
vermeiden. Des Weiteren sind kostenlose Besucherführungen<br />
geplant. Die gesamte Messe ist anders als in Essen in<br />
einer einzigen großen Halle untergebracht. Der Besucher<br />
findet damit alle bedeutenden nationalen und internationalen<br />
Anbieter der Branche, 370 haben sich angemeldet, unter<br />
einem Dach.<br />
Posteingang und Storage im Fokus<br />
Zu den wichtigen Themen in diesem Jahr zählen neben<br />
Enterprise-Content-Management (ECM) wieder die elektronische<br />
Postbearbeitung und Speichertechnologien. In<br />
Zusammenarbeit mit dem VOI (Verband Organisationsund<br />
Informationssysteme e.V.) gibt es die Neuauflage<br />
des Showcase „Digitale Postbearbeitung“. Messebesucher<br />
erleben dort live, wie in einem Beispielunternehmen eingehende<br />
Dokumente ihren Weg vom Posteingang bis zur<br />
Archivierung durchlaufen. Die stärkere Beachtung der<br />
Speichertechnologien im Rahmen des neuen DMS-Storage-<br />
Forums zeigt die Bedeutung des Themas und reflektiert das<br />
wachsende Engagement der Ausstellern. IBM widmet diesem<br />
Bereich erstmalig eine separate Standfläche.<br />
Best Practice Panels mit vertiefenden Informationen<br />
Zu den Besonderheiten der DMS EXPO zählen seit jeher<br />
die Begleitveranstaltungen, die den Besuchern umfangreiche<br />
Informationen zu dem Thema DMS im Allgemeinen<br />
und spezifische Informationen zu Fachthemen bieten. Die
047<br />
Das VOI-Forum der letztjährigen DMS EXPO in Essen.<br />
Koelnmesse hält an dieser Tradition mit Vorträgen, Podiumsdiskussionen<br />
sowie Anwendungs- und Praxisbeispielen<br />
fest. Interessant die „Best Practice Panels“, moderiert vom<br />
Branchenkenner Dr. Ulrich Kampffmeyer. Sie beschäftigen<br />
sich mit Enterprise-Content- und Business-Process-Management.<br />
Das VOI-Forum der DSM EXPO wird direkt in der<br />
Messehalle stattfinden und ist für alle Messebesucher frei<br />
zugänglich. Für die inhaltliche Gestaltung sorgt der VOI, der<br />
ideelle Träger der DMS EXPO und Wegbereiter der Branche.<br />
Die Vorträge des Forums bedienen Themen ausgehend<br />
von hochwertigen Basics über Informationsmanagement,<br />
Markt- und Technologietrends bis hin zu praktischen Anleitungen<br />
zur Systemeinführung.<br />
Kompaktes Informationsangebot<br />
Neues Besucherpotenzial verspricht sich der Veranstalter<br />
von der Fachkonferenz „Xplor vor Ort“, die erstmals in<br />
diesem Jahr parallel zur DMS EXPO im Congress-Zentrum<br />
Nord stattfindet. Xplor ist der Verband für Entwickler und<br />
Anwender von Hochleistungs-Dokumenten-Systemen, in<br />
dem mehr als 1.500 Organisationen mit rund 3.000 Mitgliedern<br />
zusammengeschlossen sind. Thema der Konferenz ist<br />
die Optimierung der elektronischen und papiergebundenen<br />
Geschäftsprozesse unter dem Gesichtspunkt des Output-<br />
Managements. Außerdem: Nach der gelungenen Premiere<br />
im letzten Jahr findet auf der DMS EXPO 2006 erneut<br />
das Forum für Internationale Technische Kommunikation<br />
(ITC) statt. Auf dem Gemeinschaftsstand des Forum ITC<br />
werden neun Anbieter ihre Werkzeuge und Dienstleistungen<br />
rund um die technische Redaktion und Übersetzung<br />
wie Handbücher, Anleitungen oder Produktdokumentationen<br />
zeigen.<br />
Entdeckungstour durch Halle 8<br />
Bereits am 18. September – einen Tag vor Messebeginn<br />
– findet auf Initiative des Bundesverwaltungsamtes ein „Behörden-Tag“<br />
für Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung<br />
statt. Hier werden diese über die Aspekte des Digital Managements<br />
in der öffentlichen Verwaltung informiert und<br />
erhalten am ersten Messetag eine „Guided Tour“ über die<br />
DMS EXPO mit Überblick über Anbieter und Lösungen für<br />
das eGovernment.
048 Schwerpunkt<br />
Und da gibt es tatsächlich einiges zu entdecken. Zum<br />
Beispiel bei der IBM, die an ihrem 360 qm großen Stand C<br />
030 gemeinsam mit ihren Business Partnern an 24 Demopunkten<br />
Content-Management- und Discovery-Lösungen<br />
vorstellt. Erstmals gezeigt wird der IBM WebSphere Content-Discovery-Server.<br />
Die Lösung verwaltet Informationen<br />
im Rahmen einer Service-orientierten Architektur (SOA)<br />
unternehmensweit einheitlich und stellt sie, unabhängig<br />
von den Quellanwendungen, als Unternehmensressource<br />
zur Verfügung. Sie werden sämtlichen Anwendungen und<br />
Prozessen bereitgestellt – Mitarbeiter und Partner des<br />
Unternehmens haben Zugriff auf alle für sie wichtigen<br />
Informationen – unabhängig davon, an welchem Ort die<br />
Daten vorgehalten werden. Intelligente Suchfunktionen,<br />
semantische Analyse und kontextuelle Informationen unterstützen<br />
die Anwender bei ihren Anfragen. Ebenfalls neu<br />
auf dem deutschsprachigen Markt ist GoPro Professional,<br />
eine gemeinsame Lösung der IBM Business Partner Go-<br />
Pro, IBM Global Business Services und der IBM Software<br />
Group. Die auf einer SOA-Architektur basierende Lösung<br />
zur elektronischen Vorgangsbearbeitung mit integriertem<br />
Dokumenten- und Business-Process-Management entspricht<br />
eGovernment-Standards von Deutschland (SAGA,<br />
DOMEA), Österreich (ELAK) und der Schweiz (GEVER).<br />
Damit lassen sich Geschäftsprozesse abbilden und alle zu einem<br />
Vorgang gehörenden Dokumente verwalten. Integriert<br />
sind außerdem Funktionalitäten zur unternehmensweiten<br />
Zusammenarbeit.<br />
Als eines der ersten ECM-Systeme überhaupt wird die<br />
Version 6.2 der Enterprise-Content-Management-Lösung<br />
d.3 der d.velop AG die aufkommenden Standards Business<br />
Process Execution Language (BPEL) und Business Process<br />
Modeling Notation (BPMN) unterstützen. Im Mittelpunkt<br />
steht hierbei ein neuer, Java-basierter Workflow-Designer.<br />
Der ECM-Spezialist RedDot präsentiert am Stand F<br />
071 gemeinsam mit hummingbird und RedDot-Partnern<br />
Lösungen zur Bündelung von mehrsprachigen Inhalten<br />
in Web-Umgebungen. Ein Highlight ist der RedDot-Content-Integrator,<br />
mit dem beliebige Inhalte aus den gängigen<br />
Content Repositories in das RedDot-System integriert und<br />
mittels eines Personalisierungsmoduls berechtigungs- bzw.<br />
profilabhängig bereitgestellt werden können. Was sicher viele<br />
Besucher interessieren wird, ist die zukünftige Entwicklung<br />
des Unternehmens. Und das Verhältnis zum neuen<br />
Eigentümer Open Text. Hatte doch zuletzt John Shakleton,<br />
President und Chief Executive Officer von Open Text, Red-<br />
Dot einen hohen Stellenwert in der zukünftigen Produktstrategie<br />
von Open Text zugestanden.<br />
Aus Ordnern werden Bits und Bytes – frei nach diesem<br />
Motto stellt ELO Digital Office GmbH in Köln erstmals eine<br />
Vorabversion des neuen plattformunabhängigen ELOenterprise<br />
Client vor, der unter anderem auch auf Linux und<br />
Mac OS X läuft und Mitte 2007 verfügbar sein wird. Das<br />
Messeportfolio umfasst eine Vielzahl an Lösungspaketen<br />
zur Prozessoptimierung.<br />
Die deutsche Niederlassung von Stellent präsentiert<br />
gemeinsam mit Business-Partner Benmark die Funktionalitäten<br />
und Einsatzmöglichkeiten ihrer flexiblen, hoch<br />
skalierbaren Enterprise-Content-Management-Suite. Im<br />
Mittelpunkt stehen Kundenlösungen, aber auch Neuerungen<br />
in Stellent-Site-Studio. Die Version gibt Website-Verantwortlichen<br />
neue Möglichkeiten bei der „in-context“-Erstellung<br />
und Gliederung der Website. Weitere Verbesserungen<br />
sind integrierte Nutzungsanalysen und Statistiken sowie<br />
erweiterte Suchfunktionen.<br />
Die SAPERION AG stellt die neue Version 5.6 ihrer gleichnamigen<br />
ECM-Software in den Mittelpunkt ihres diesjährigen<br />
DMS-Auftrittes am Stand A 003/C 004. Highlight ist<br />
die Funktion „AdHoc-Workflow“, die Anwendern einen<br />
einfachen Einstieg in das Thema Workflow ermöglicht.<br />
Wesentliche Erweiterungen von SAPERION 5.6 finden sich<br />
außerdem in den Bereichen SharePoint Portal Integration,<br />
Mandantenfähigkeit, Java, Offlinezugriff, MS Office Integration,<br />
SAP iViews und Volltextsuche.<br />
ZyLAB, Entwickler von Lösungen für Datenzugriff, zeigt<br />
am Stand E 71, wie Workflow-, Vertrags- und Übersetzungs-<br />
Management mit seiner Informationsplattform ZyIMAGE<br />
funktioniert. Darüber hinaus präsentiert ZyLAB seine Textmining-Funktionen,<br />
die linguistische Analysen von elektronischen<br />
Dokumenten erlauben. Zentraler Bestandteil des<br />
ZyIMAGE-Produktpaketes ist ein XML-Datenspeicher, die<br />
so genannte Information Access Plattform, in der sämtliche<br />
unstrukturierten Daten abgelegt werden.<br />
Sein komplettes Portfolio an Lösungen zeigt Adobe Systems.<br />
Dazu gehören neben den Adobe LiveCycle-Server-Lösungen<br />
auch Adobe Acrobat, Acrobat 3D, die Collaboration-<br />
Lösung Adobe Breeze sowie die neue Flex-2-Produktlinie<br />
zur Erstellung von Rich-Internet-Applikationen – Lösungen<br />
mit denen Dokumente elektronisch zu erstellen, zu verarbeiten,<br />
zu verwalten und zu archivieren sind.<br />
Die Bochumer windream GmbH stellt erstmals alle Funktionen<br />
der Version windream 4.0 vor. Dazu gehört ein integriertes<br />
Information-Lifecycle-Management, ein erweitertes<br />
Rechtekonzept, die Einrichtung separater Anwender- und<br />
Administratorenrechte auf Dokumenttypen, die Erstellung<br />
und Verwaltung von Benutzer-Abonnements für windream-
049<br />
Objekte sowie die Unterstützung verteilter Serverumgebungen.<br />
Die Software bindet unterschiedlichste Archiv-Provider<br />
oder -systeme hierarchisch an die windream-Speicherverwaltung<br />
an.<br />
Global Information Distribution GmbH (GID) stellt auf<br />
seinen Messeständen neben der neuen Version 5.2 der Enterprise<br />
Content Management Suite OnBase des Herstellers<br />
Hyland auch die CD/DVD-Produktionseinheiten der Rimage-Producer-III-Serie<br />
sowie die E-Mail-Management,<br />
Archivierungs- und Security-Lösung Enterprise Vault von<br />
Symantec vor.<br />
ECM wird zum Standard<br />
Die Beispiele zeigen, wohin die Reise bei den dokumentengestützten<br />
Geschäftsprozessen geht. Nicht mehr die<br />
Digitalisierung und elektronische Archivierung stehen im<br />
Mittelpunkt, sondern die Verknüpfung von Informationen<br />
und deren zielgerichtete Verfügbarkeit: über verschiedene<br />
Unternehmensstandorte und Unternehmensanwendungen<br />
hinweg. DMS- und ECM-Technologien werden immer<br />
mehr zum Standard – mehr noch, sie werden zum Schlüssel<br />
für rationelle, miteinander verzahnte Prozesse und Kommunikationsstrukturen<br />
und damit ein entscheidender<br />
Wettbewerbsfaktor. Insbesondere der Mittelstand sollte den<br />
Nutzen erkennen. Sei es die Platz sparende, digitale Archivierung,<br />
die effizientere Verwaltung von „lebenden“ Dokumenten<br />
oder die schnellere Bearbeitung des Posteingangs.<br />
Wer sich über verfügbare Lösungen und Neuheiten informieren<br />
will, sollte sich herstellerneutral beim VOI e.V. am<br />
Stand E 071 und generell auf der DMS EXPO informieren.<br />
Die Reise nach Köln ist eine Investition, die sich sicherlich<br />
rentieren wird.<br />
Nicole Körber<br />
Die studierte Wirtschaftsinformatikerin B.A.,<br />
Jahrgang 1968, ist geschäftsführende<br />
Gesellschafterin der good news! GmbH.<br />
35.000 gleichzeitige Benutzer<br />
1.000.000.000 verwaltete Dokumente<br />
1.000.000.000 Page-Views/Monat<br />
MEHR ALS 4.000 KUNDEN IN 44 LÄNDERN<br />
KÖNNEN NICHT IRREN!<br />
Enterprise Content Management<br />
Dokumenten Management<br />
Digital Asset Management<br />
Collaboration<br />
Web Content Management<br />
E-Mail Management<br />
Records Management<br />
Besuchen Sie uns auf der Messe:<br />
Halle 8, Stand J 088<br />
STELLENT GmbH · Balanstraße 55 · 81541 München · info@stellent.de · www.stellent.de
050 Schwerpunkt<br />
Sprachsteuerung<br />
Die Maschine,<br />
die aufs Wort hört<br />
Ein Traum: von der Maschine verstanden zu werden. Der Dialog mit einer<br />
Sprachschnittstelle funktioniert allerdings nur eingeschränkt. Dennoch sind<br />
bereits viele Hürden genommen worden. Ein Blick auf den Stand der Dinge<br />
in der Sprachsteuerung.<br />
Joachim Walter<br />
Mit Maschinen reden zu können, davon träumt so mancher,<br />
der mit Star Trek groß geworden ist. Doch Geräte wie<br />
Mobiltelefone, Videorekorder und PCs scheinen mittlerweile<br />
ein Eigenleben zu führen, das sich dem menschlichen<br />
Einfluss entzieht. Wäre es da nicht schön, den Geräten einfach<br />
sagen zu können, was sie tun sollen?<br />
Als Opera Software im April 2005 die neu überarbeitete<br />
Version 8 ihres Webbrowsers veröffentlichte, stand in den<br />
folgenden Wochen nur eine Funktion dieser Software im<br />
Vordergrund: die eingebaute Sprachsteuerung, mit der<br />
Benutzer per gesprochener Kommandos im Internet surfen<br />
können. Obwohl der Hersteller ausdrücklich darauf hinwies,<br />
dass bei der Entwicklung das Thema Internet-Sicherheit<br />
im Blickpunkt stand, sorgte die Opera-Software mit<br />
integrierter Spracherkennung für derartiges Interesse, dass<br />
die Download-Sites des kostenlos erhältlichen Browsers<br />
wegen Überlastung geschlossen werden mussten. Ein genialer<br />
Marketing-Coup gegen die Übermacht des Microsoft<br />
Internet Explorers. Aber zeigt die enorme Nachfrage nicht<br />
den anhaltenden Wunsch der Nutzer nach vereinfachter<br />
Bedienung von Software und Geräten, die durch Steigerung<br />
ihrer technischen Möglichkeiten in der Handhabung immer<br />
undurchsichtigere Komplexitätsstufen erreicht haben? Der<br />
Wunsch nach einfachen Schnittstellen ist nachvollziehbar<br />
wie die Folgerung, diese Schnittstellen über das natürlichste<br />
Kommunikationsmittel des Menschen, die Sprache, abzubilden.<br />
Mittlerweile hat sich der durch Opera entfachte Wirbel gelegt.<br />
Und das Thema Sprachsteuerung ist so präsent wie nie<br />
zuvor. Angetrieben durch seit Jahrzehnten in den Bereich<br />
Sprachverarbeitung investierende Unternehmen wie IBM,<br />
die unter anderem die Technik für den Opera-Browser realisierten,<br />
oder Branchenneulinge wie Microsoft, die für das<br />
neue Betriebssystem Vista die Möglichkeit einer vollständigen<br />
Sprachsteuerung der Bedienoberfläche angekündigt<br />
haben, formen sich konkrete Einsatzgebiete. Neben der<br />
Steuerung von PCs per Sprache stehen besonders mobile<br />
Endgeräte wie Handys und PDAs oder Haushaltsgeräte wie<br />
Waschmaschinen im Fokus. Im Auto übernehmen derartige<br />
Systeme zunehmend das Steuer. Automotive steht als überproportional<br />
wachsendes Einsatzgebiet fest. So betreiben<br />
die Automobilhersteller DaimlerChrysler, Volkswagen und<br />
BMW eigene Forschungseinrichtungen beziehungsweise<br />
Tochterunternehmen, die sich ausschließlich mit der Realisierung<br />
sprachgesteuerter Komponenten im Fahrzeug<br />
beschäftigen. Typische Funktionen sind die Steuerung von
051<br />
Anspruch<br />
„Computer, welche Ausweichmanöver können wir machen?“<br />
„Äh, Leute, ich fürchte, gar keine“, sagte der Computer.<br />
„...oder etwas anderes“, sagte Zaphod,<br />
„...ähh...“, sagte er.<br />
„Ich glaube, in meinem Steuerungssystem klemmt was“, verkündete<br />
fröhlich der Computer, „Einschlag in fünfundvierzig Sekunden.<br />
Sagt doch bitte Eddie zu mir, wenn’s Euch beruhigt.“<br />
Quelle: Douglas Adams „Per Anhalter durch die Galaxis“, 1978<br />
Wirklichkeit<br />
Benutzer: „Telefon“<br />
System: „Telefon“<br />
Benutzer: „Nummer wählen“<br />
System: „Nummer wählen, die Nummer bitte“<br />
Benutzer: „2134587“<br />
System: „2134587...und weiter?“<br />
Benutzer: „Wählen“<br />
System: „Die Nummer 2134587 wird gewählt“<br />
Quelle: Carmeq GmbH, Tochterunternehmen<br />
von Volkswagen, in Automotive 7-8.2005<br />
Telefon, Radio und Navigationssystem per Sprachkommandos.<br />
Die genannten Hersteller sprechen seit circa zwei Jahren<br />
von Marktreife, jedoch zeigen aktuelle Umfragen, dass<br />
die Akzeptanz weit unter den Erwartungen liegt. Grund<br />
sind die oft starren Dialoge, die der Mensch mit der Maschine<br />
führen muss, um die gewünschte Aktion ausführen<br />
zu können, und die hohe Erwartungshaltung des Benutzers,<br />
der hinter der Funktion Sprachsteuerung die Lösung all seiner<br />
Bedienprobleme vermutet.<br />
Anspruch und Wirklichkeit<br />
Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit führt<br />
beim Benutzer oft zu einer Frustration, die die anfängliche<br />
Begeisterung für einfache Bedienprozesse zunichte macht<br />
und nicht selten zu einer grundlegenden Verweigerungshaltung<br />
führt. Dabei können auf einfachen Sprachkommandos<br />
basierende Systeme großen Nutzen bieten. Stichwort Barrierefreiheit:<br />
Sprachgesteuerte Wählmöglichkeiten am Telefon<br />
oder der Bedienung von Geräten im Haushalt steigern die<br />
Lebensqualität von behinderten Personen. Natürlich gestaltete<br />
Dialogabläufe geraten in den Hintergrund, werden aber<br />
weiterhin angestrebt.<br />
In Zusammenhang mit der im Vergleich zur Mensch-<br />
Mensch-Kommunikation oftmals rudimentär erscheinenden<br />
Mensch-Maschine-Dialoge wird der technische<br />
Fortschritt auf diesem Gebiet gelegentlich in Frage gestellt.<br />
Betrachten Entwickler zudem die seit etwa zehn Jahren steigenden<br />
Ausgaben renommierter Forschungsinstitutionen<br />
und stellen diese den auf dem Markt erhältlichen Produkten<br />
gegenüber, so stellt sich unweigerlich die Grundfrage, ob das<br />
Problem der maschinellen Sprachverarbeitung überhaupt<br />
lösbar ist. Die Antwort: ein klares „Jein“. Entscheidend<br />
für den Erfolg ist das Einsatzgebiet und die Komplexität<br />
der Verarbeitungsaufgabe. Das Ausführen automatisierter<br />
Prozesse durch Eingabe von Einzelwörtern betrachten viele<br />
als gelöst; anspruchsvolle Verarbeitungsprozesse von natürlichen,<br />
frei gesprochenen Äußerungen bis hin zur maschinellen<br />
Übersetzung multilingualer Äußerungen jedoch sind<br />
nur teilweise gelöst.<br />
Zwar sind die Teilprozesse des menschlichen Sprachverarbeitungsprozesses<br />
in der psychologischen Grundlagenforschung<br />
verstanden und auf Basis dieser in den<br />
akademischen Fachbereichen künstliche Intelligenz und<br />
Computerlinguistik auf Maschinen abgebildet worden: Es<br />
fehlt aber das Gesamtkonzept, welches die Wechselwirkungen<br />
der Verarbeitungsstufen untereinander beschreibt. Dass<br />
die Rechenleistung eine Komponente zur Steigerung des<br />
Verarbeitungsniveaus bietet, ist offensichtlich. Es ist aber<br />
nicht richtig, dass dies ein leistungslimitierender Faktor ist.<br />
Denn bereits im Jahr 1922 kam das erste Spracherkennungssystem<br />
auf den Markt, eingebaut in einem Spielzeughund<br />
mit Namen „Rex“, der bei Nennung seines Namens bellte.<br />
In den folgenden Jahrzehnten beschäftigten sich vor allem<br />
Forscher in den Vereinigten Staaten mit dem Thema<br />
Spracherkennung. Den Forschern der Bell Labs gelang es<br />
1950, den ersten Computer vorzustellen, der vom Mensch<br />
gesprochene Zahlen verstand. Neben den Bell Labs forschten<br />
in den 60er und 70er Jahren vor allem das US-Verteidigungsministerium<br />
(heute: DARPA) und IBM in diesem<br />
Bereich. Letzteren gelang 1984 der Durchbruch mit einem<br />
Großrechnersystem, welches bereits 5.000 englische Wörter<br />
erkannte. IBM war es, die 1986 das erste Diktiersystem für<br />
einen Standard-PC auf den Markt brachten und 1992 mit<br />
dem „IBM Speech Server Service“ (ISSS) und einer Erkennungsleistung<br />
von 30.000 Wörtern Maßstäbe setzten.
052 Schwerpunkt<br />
Vokabular<br />
Diktiersysteme<br />
Babelfisch<br />
NLU-Systeme<br />
IVR-Systeme<br />
Worterkennung<br />
Komplexität<br />
Komplexität sprachverarbeitender Systeme<br />
Sprachverarbeitung ist mehr als nur Erkennen<br />
Allerdings ist die reine Erkennung nur ein kleiner Teilbereich<br />
der Sprachverarbeitung, auch wenn sie in der Öffentlichkeit<br />
oft mit dieser gleichgesetzt wird. Unter Sprachverarbeitung<br />
im Sinne der Forschung verstehen Entwickler die<br />
vollständige Verarbeitungskette von der phonetischen Umsetzung<br />
des gesprochenen Wortes über die syntaktische und<br />
morphologische Analyse bis zur Darstellung der Semantik,<br />
der Wortbedeutung. Genau auf diese, im Vergleich zur rein<br />
phonetischen Erkennung anspruchsvollere Aufgabe, konzentrierten<br />
sich seit Mitte der 60er Jahre nahezu alle Forschungsinstitute<br />
der formalen und angewandten Linguistik.<br />
Im Blickpunkt standen das formale Darstellen von Satzbedeutungen<br />
mithilfe eigens dafür geschaffener Logiken<br />
(Zeitlogik, Modallogik) und die syntaktische Analyse wie<br />
die Generierung von natürlichsprachigen Sätzen. Die dazu<br />
entworfenen theoretischen Modelle, zum Beispiel HPSG<br />
(Head-driven Phrase Structure Grammar), sind noch heute<br />
Gegenstand der Forschung und konnten in den letzten Jahren<br />
auf Computersystemen implementiert werden. Den bis<br />
dato vorläufigen Höhepunkt – und zudem die Fusion der<br />
Forschungsergebnisse der theoretischen Linguistik mit den<br />
Ergebnissen der Spracherkennungsforschung - erreichten<br />
Erfinder im Jahre 2001 mit dem ehrgeizigen Forschungsprojekt<br />
VERBMOBIL am deutschen Forschungszentrum<br />
für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken. Nach<br />
zehn Jahren intensiver Arbeit gelang es, ein System vorzustellen,<br />
das Umgangssprache erkennen, verstehen und sogar<br />
übersetzen konnte. Aufgrund der Implementierung von<br />
Ergebnissen der Diskursforschung zu den bereits etablierten<br />
Techniken der phonetischen, syntaktischen und semantischen<br />
Verarbeitung gelang es erstmals, die vollständige<br />
Verarbeitungskette – Spracherkennung, Sprachverstehen,<br />
Dialogsteuerung, Antwortgenerierung, Sprachsynthese<br />
– zusammenhängend auf einem Computersystem abzubilden.<br />
Die Erfinder kamen damit der Fähigkeit des aus Douglas<br />
Adams 1978 verfassten Romans „Per Anhalter durch die<br />
Galaxis“ bekannten „Babelfisch“, welches beliebigsprachige<br />
Äußerungen simultan übersetzen kann, erschreckend nahe.<br />
Kein heute auf dem Markt verfügbares System ist in<br />
der Lage, die vollständige Verarbeitungssequenz durchzuführen.<br />
Entwickler beschränken sich bei der Konzeption<br />
von Spracherkennungs- und Sprachsteuerungssystemen<br />
aus Gründen der Kosten, Komplexität und Wartbarkeit<br />
auf die jeweilige Kernaufgabe. Die Kosten und Aufwände<br />
hinsichtlich Wartung der sensiblen Softwaremodule wären<br />
unverhältnismäßig hoch. Es gilt bei allen Systemen mit<br />
Sprachschnittstelle, die Kosten-Nutzen-Balance einzuhalten<br />
und somit die Leistungsfähigkeit entsprechend anzupassen.<br />
Die verschiedenen Systemtypen<br />
Die Leistung von Spracherkennungssystemen betrachten<br />
Experten in zwei Kategorien: benutzerabhängige und benutzerunabhängige<br />
Systeme. Benutzerabhängige Systeme werden<br />
mit Sprachdaten des Benutzers trainiert und verfügen<br />
heute inzwischen über ein Vokabular von mehr als 200.000<br />
Wörtern. Das entspricht etwa dem Grundwortschatz eines
053<br />
Menschen; Fachbegriffe und Fremdwörter verstehen sich als<br />
„add ons“. Sie werden zusätzlich angegeben und trainiert.<br />
Zu den bekanntesten so genannter kontinuierlicher Spracherkenner<br />
gehören IBM ViaVoice und Dragon Naturally-<br />
Speaking. Sie sind seit Mitte der 90er Jahre auf dem Markt<br />
und vor allem bei Anwendern mit hohem Diktieraufkommen,<br />
beliebt. Der Kommunikationsmodus ähnelt dem eines<br />
Diktats: Lärmreiche Umgebung oder andere Störgeräusche<br />
existieren nicht.<br />
Benutzerunabhängige Systeme verfügen über einen deutlich<br />
kleineren Wortschatz und benötigen kein Training. Das<br />
Vokabular liegt etwa bei 5.000 Wörtern, störende Umgebungsgeräusche<br />
werden durch spezielle Filter eliminiert.<br />
Solche robusten Systeme werden vor allem in ‚Interactive<br />
Voice Response (IVR)‘-Systemen eingesetzt. Jeder kennt<br />
sie, die automatisierten Sprachdienste diverser Call-Center.<br />
Der Anrufer navigiert sich durch ein Menü anhand von<br />
Stichwörtern in einem Voice User Interface (VUI). Er will<br />
Informationen abfragen, eine Buchung durchführen oder<br />
sich einfach die Wartezeit zu vertreiben. Zahlreiche Unternehmen<br />
setzen solche Systeme zur Vorqualifizierung von<br />
Anrufern ein. In Kombination mit ‚Computer Telephony<br />
Integration (CTI)‘-Lösungen wird die Arbeit in Call-Centern<br />
optimiert. Bekanntester Hersteller in dem Bereich benutzerunabhängiger<br />
Spracherkennungssysteme ist Nuance<br />
mit einem weltweiten Marktanteil von etwa 80 Prozent.<br />
Eine ernst zu nehmende Alternative zu traditionellen<br />
IVR-Systemen sind so genannte ‚Natural Language Understanding<br />
(NLU)‘-Systeme. Diese sind scheinbar in der Lage,<br />
vollständige Sätze zu erkennen und dynamische Antworten<br />
zu generieren – sie setzen demnach nicht auf einem starren<br />
VUI auf. Möglich ist diese Technik durch die Einbindung<br />
von intelligenten Dialogkomponenten, die zwar nicht auf<br />
linguistischer Wortbedeutungsebene arbeiten, doch anhand<br />
von Wortkombinationen zu dynamischen und natürlich<br />
erscheinenden Dialogen mit dem Benutzer beitragen. NLU-<br />
Systeme sind auf dem nordamerikanischen und asiatischen<br />
Markt weit verbreitet. Ihr Einzug auf den europäischen<br />
Markt wird im Laufe der nächsten beiden Jahre erwartet.<br />
die Industrie und beleben diese mit sprachtechnologischem<br />
Know-how. Die Zeiten, in denen sprachverstehende Systeme<br />
in Form von Diplom- und Doktorarbeiten in gut gekühlten<br />
Bibliotheken lagerten, scheinen vorbei zu sein: Die Technik<br />
wird mittlerweile zügig implementiert und landet als<br />
anwendungstaugliche Software in noch besser gekühlten<br />
Serverräumen.<br />
Die verschiedenen Systemtypen<br />
Neben dem Technologietransfer haben sich Technologiestandards<br />
etabliert: Begriffe wie Voice eXtensible Markup<br />
Language (VXML) oder Media Resource Control Protocol<br />
(MRCP) sind omnipräsent. Die damit beschriebenen Technologien<br />
werden im Rahmen des W3C weiterentwickelt. Die<br />
Standards ermöglichen eine Verknüpfung von Produkten<br />
verschiedener Hersteller zu einem Ganzen und somit eine<br />
Konzentration der Entwicklungsressourcen auf die eigentliche<br />
Aufgabe: die benutzerfreundliche Sprachschnittstelle.<br />
Die Verknüpfung der zuvor separat betrachteten Einsatzgebiete<br />
ist ebenso zu beobachten und fördert die Weiterentwicklung.<br />
Durch Fusion von Telekommunikation und<br />
Internet zu einem Gesamtkonstrukt werden Schlagwörter<br />
wie Multimodalität oder adaptive Schnittstellen zu erklärten<br />
Zielen der Entwicklungen der nächsten Jahre.<br />
Das zunehmende Verständnis, auch im Bereich der Sprachschnittstellen<br />
fundierte Usability-Tests durchzuführen<br />
und Spracherkenner im Einsatz stetig zu optimieren, lässt<br />
den Blick in die Zukunft positiv ausfallen. Zwar wird jeder<br />
noch einige Zeit auf voll dialogfähige Sprachschnittstellen<br />
warten müssen. Es zeigt sich aber ein deutlicher Trend in<br />
diese Richtung, bedingt durch tiefer gehende Analysen der<br />
gesprochenen Eingaben. Dass allein mit Spracherkennung<br />
auf Phonemebene die komfortable Bedienung eines Gerätes<br />
nicht ermöglicht werden kann, ist anhand fehlender Akzeptanz<br />
durch Benutzer nachzuweisen. Es gilt nun, die Erfahrungen<br />
der zurückliegenden Jahre in die Konzeption neuer<br />
Systeme einzuarbeiten, und dem Ziel zur Maschine, die aufs<br />
Wort hört, steht (fast) nichts im Wege.<br />
Die wichtigsten Branchentrends<br />
Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt interessante Tendenzen.<br />
Erstens geben sich Industrie und Forschung erstaunlich<br />
flexibel und arbeiten an gemeinsamen Projekten<br />
und Prototypen. Softwareriesen wie Microsoft beteiligen<br />
sich an Forschungszentren für Sprachtechnologie, beispielsweise<br />
dem DFKI. Ebenso öffnen sich die Forschungsinstitutionen<br />
für Marktanforderungen. Jungakademiker gehen in<br />
Joachim Walter<br />
Der diplomierte Computer-Linguist, Jahrgang<br />
1973, studierte an der Saarland Universität in<br />
Saarbrücken. Heute ist Walter Project Manager<br />
bei der Telenet GmbH in München.
054 Firmenportrait<br />
1.000 Tage Leiwand Software<br />
Um es kurz zu machen: Die Firma hat Potenzial, das Fest war gelungen.<br />
Der Kollege war krank, leider. Aber ich habe vier Stunden Audiofiles mitgebracht<br />
und transkribiert. Jetzt sitze ich vor 36.000 Zeichen. Schreibblockade.<br />
Würde wohl jedem so gehen. Wie soll daraus ein Portrait werden?<br />
Wer macht das jetzt bloß? Der Kollege war zwar nicht da, hat aber wenigstens<br />
den Kopf frei – was von Vorteil ist. Am besten paradoxe Intervention,<br />
sagt der Kollege und beginnt. Markieren, kopieren, löschen. Markieren,<br />
kopieren, löschen. Textbaustein für Textbaustein. Und weil es so schön ist,<br />
gibt er gleich seinen Senf dazu. Ich übergebe – an den Kollegen, den, der<br />
nicht da war.<br />
„1.000 Tage mediamid“. Gelesen, erst in einer E-Mail, dann auf der Einladungskarte.<br />
Für ein Start-up-Unternehmen ist das ausreichend Grund zu<br />
feiern. Und weil die Entwickler zahllose Tag- und Nachschichten hingelegt<br />
hatten, fielen 1.000 Tage mediamid und der offizielle Launch von M@RS<br />
6.0 auf einen Tag. Wir waren eingeladen, live zu sehen, wie M@RS 6 Bilder,<br />
Präsentationen, Textdokumente und Videos verwaltet. Ich hab mir aber<br />
den Magen verrenkt. Klasse. Richtig schön wär’s gewesen …
055<br />
Wien ... 1.000 Tage ... Start-ups ... gibt es da jetzt wieder eine New Economy<br />
(NE)? Die erste NE ist um das Web getanzt. Alles war irgendwie ein<br />
Portal, ein Shop oder eine „Wissensmaschine“. Die zweite NE ist jetzt sozial,<br />
Social Software, Web 2.0. Wien ... da taucht erst einmal Helmut Qualtinger<br />
auf und dieser wunderbare Dialekt. Hören Sie auch dieses verschluckte, das<br />
„Meidlinger L“ an den Wortanfängen? Wunderbare lebensnahe Lieder von<br />
Hans Moser wie „Einmal in der Woche fall i um“. Und die K&D Sessions<br />
von Kruder & Dorfmeister, Meilenstein des Downbeat. Die Türken waren<br />
mal da, vor Wien, und haben beste Bohnen und das Sofa hinterlassen, das<br />
später bei Freud stand. Der hat – Achtung, „L“ – die Libido erfunden. Leiwand,<br />
tät der Wiener sagen. Jetzt aber los. Wir haben ja nicht ewig Zeit. Es<br />
spricht Peter M. Hofer, CEO mediamid. Die O-Töne sind kursiv.<br />
Wir waren alle waren früher bei dem Unternehmen, das die Vorgängerversion<br />
gestellt hat. Ich habe dort das Projektmanagement gemacht und<br />
die Abteilung Professional Services geleitet. Und ich habe gleich am Anfang<br />
gesehen, mit der Geschäftsführung werde ich ein wenig Reibereien haben.<br />
Na prima, gleich im ersten Job schon Stress. Ich habe gesehen, dass da ein<br />
paar Dinge nicht so funktionieren können. Hab das auch gesagt. Das kenne<br />
ich auch: Aufstehen und sagen, was schief läuft,<br />
interessiert niemanden. Das gibt nur Ärger. In „Nach zwei Jahren wollte ich schon sagen, ´Jetzt<br />
der Folge haben die mir dann ziemlich viele Aufgaben<br />
zugeteilt und gesagt: Mach mal! Nach zwei debis – mit DaimlerChrysler.“<br />
reicht´s!´. Aber dann kam dieses Projekt mit der<br />
Jahren wollte ich schon sagen ´Jetzt reicht´s!´“.<br />
Achtung, gleich schmeißt er alles hin. Aber dann<br />
kam dieses Projekt mit der debis – mit DaimlerChrysler. Wo ich gesagt habe,<br />
das ist spannend, da mache ich mit. Und vom Produkt war ich sowieso überzeugt.<br />
2001 nach Abschluss des Projekts, ist Peter M. Hofer dann doch gegangen,<br />
lese ich. Und hat sich selbstständig gemacht. Mit medizinischer Informatik.<br />
Im Krankenhaus. Hofer: Es ging wieder um automatische Auswertung, genau<br />
das, was ich in meiner Diplomarbeit gemacht habe. Ich war mit meinen<br />
alten Kollegen weiterhin in Kontakt. Die haben bis März 2003 durchgehalten.“<br />
Klar. Netzwerk. Kennt man aus der New Economy: Networking.<br />
Die alte Firma saß in Wien und hat sich schwerpunktmäßig mit Media<br />
Asset Management beschäftigt. Da haben wir alle viele Erfahrungen gesammelt:<br />
Datenbankentwicklung, Customizing, Support. Und das Kernteam<br />
mit den Leuten, die wirklich gut waren, hat sich<br />
„Das Kernteam mit den Leuten, die wirklich gut gleich gefunden. Leute, die das Potenzial ihrer<br />
waren, hat sich gleich gefunden.“<br />
Arbeit richtig einschätzen und an einem Strang<br />
ziehen. Und wie das Ganze dann gegen die<br />
Mauer gefahren wurde, hat es verschiedene Interessenten<br />
gegeben. Alle haben mich kontaktiert, weil sie mit den Kunden<br />
gesprochen haben. Und bei denen hatte ich einen sehr guten Ruf. Da hat<br />
sich gute Arbeit ja gelohnt, ist leider nicht immer so. Ich spul mal ein Stück<br />
vor. Wir haben einfach mediamid gegründet, unabhängig von dem Ganzen.<br />
Und die neue Firma hatte sich unabhängig von der Rechtekonstellation gefunden,<br />
ohne zu wissen, wer künftig die Rechte besitzen wird. Der heutige<br />
CEO Peter M. Hofer und sein Team hatten sich in aller Stille für ihren Weg
056 Firmenportrait<br />
entschieden, das Know-how zu verwerten und was Eigenes auf die Beine<br />
zu stellen. Schlussendlich hat sich Chrysler entschlossen mitzubieten. Nee,<br />
oder? So ist DaimlerChrysler zu der Version fünf von M@RS gekommen.<br />
Die Stuttgarter besitzen alle Rechte, bis heute. Und über die nahe Zukunft<br />
schweigen wir auf Wunsch von Peter M. Hofer.<br />
Das Produkt wurde re-engineered und gelauncht. Die Kunden wussten<br />
Bescheid und haben gewartet. Nach zwei Jahren war M@RS 6 da. Ich rekapituliere:<br />
Die Rechte für M@RS 5 und M@RS 6 liegen bei DaimlerChrysler,<br />
mediamid tritt als Dienstleister für M@RS auf und vertreibt exklusiv die<br />
Software. Hofer: Richtig. Und wir haben auch den exklusiven Vertrieb<br />
für M@RS 6. Das ist der Deal. Respekt. Übrigens: Daimler ist nicht an<br />
mediamid beteiligt oder so. Wir profitieren natürlich<br />
vom Namen DaimlerChrysler. Wir profitieren von<br />
dem Vertrauen, das sie uns gegeben haben. Davon,<br />
das sie uns mit der Entwicklung der Basismodule beauftragt<br />
haben. (Anm. d. Red.: Hört sich an wie ein<br />
Märchen aus tausend und einer Nacht.) Weiter im<br />
Text! Ich springe ans Ende. Okay, Leads und Kunden<br />
für Upgrades gibt es genug ... es gab auch schon eine<br />
500- und eine 100-Tage-Feier, ... hier, sehr gut: Also,<br />
ich halte ja nicht viel davon, in einer Startphase, wo<br />
so viele Fragezeichen im Raum stehen, einen detaillierten<br />
Businessplan zu machen. Wir haben gewusst,<br />
es gibt sehr viele Dinge, die passieren können oder<br />
die nicht passieren können. Und wir haben’s so grob<br />
gemacht: Worst Case: Das und das kommt sicher, mit<br />
dem und dem überleben wir. Passt. Best Case:<br />
Der und der Auftrag kommt, wir brauchen hier<br />
und hier die Ressourcen. Und wir haben uns für<br />
beides gewappnet. Ur-Leiwand! Start-up ohne<br />
Businessplan. So geht es auch. Aber jetzt will der<br />
vwa noch mal ran. Der, der da war.<br />
Schade, dass der Kollege ausgerechnet an diesem Wochenende krank sein<br />
musste. Denn der Österreicher und insbesondere der Wiener an sich, der in<br />
diesem Fall ein Südtiroler Wahlwiener war, ist als guter Gastgeber bekannt.<br />
So wurde für mich kurzerhand eine charmante Begleitung für eine Tour<br />
de Wien der besonderen Art organisiert. Na ja, war vielleicht doch nicht so<br />
schlecht, dass der Kollege krank war.<br />
„Wir haben’s so grob gemacht: Worst Case, Best<br />
Case: Das und das kommt sicher, mit dem und<br />
dem überleben wir.“<br />
www.mediamid.de
056 Firmenportrait<br />
entschieden, das Know-how zu verwerten und was Eigenes auf die Beine<br />
zu stellen. Schlussendlich hat sich Chrysler entschlossen mitzubieten. Nee,<br />
oder? So ist DaimlerChrysler zu der Version fünf von M@RS gekommen.<br />
Die Stuttgarter besitzen alle Rechte, bis heute. Und über die nahe Zukunft<br />
schweigen wir auf Wunsch von Peter M. Hofer.<br />
Das Produkt wurde re-engineered und gelauncht. Die Kunden wussten<br />
Bescheid und haben gewartet. Nach zwei Jahren war M@RS 6 da. Ich rekapituliere:<br />
Die Rechte für M@RS 5 und M@RS 6 liegen bei DaimlerChrysler,<br />
mediamid tritt als Dienstleister für M@RS auf und vertreibt exklusiv die<br />
Software. Hofer: Richtig. Und wir haben auch den exklusiven Vertrieb<br />
für M@RS 6. Das ist der Deal. Respekt. Übrigens: Daimler ist nicht an<br />
mediamid beteiligt oder so. Wir profitieren natürlich<br />
vom Namen DaimlerChrysler. Wir profitieren von<br />
dem Vertrauen, das sie uns gegeben haben. Davon,<br />
das sie uns mit der Entwicklung der Basismodule beauftragt<br />
haben. (Anm. d. Red.: Hört sich an wie ein<br />
Märchen aus tausend und einer Nacht.) Weiter im<br />
Text! Ich springe ans Ende. Okay, Leads und Kunden<br />
für Upgrades gibt es genug ... es gab auch schon eine<br />
500- und eine 100-Tage-Feier, ... hier, sehr gut: Also,<br />
ich halte ja nicht viel davon, in einer Startphase, wo<br />
so viele Fragezeichen im Raum stehen, einen detaillierten<br />
Businessplan zu machen. Wir haben gewusst,<br />
es gibt sehr viele Dinge, die passieren können oder<br />
die nicht passieren können. Und wir haben’s so grob<br />
gemacht: Worst Case: Das und das kommt sicher, mit<br />
dem und dem überleben wir. Passt. Best Case:<br />
Der und der Auftrag kommt, wir brauchen hier<br />
und hier die Ressourcen. Und wir haben uns für<br />
beides gewappnet. Ur-Leiwand! Start-up ohne<br />
Businessplan. So geht es auch. Aber jetzt will der<br />
vwa noch mal ran. Der, der da war.<br />
Schade, dass der Kollege ausgerechnet an diesem Wochenende krank sein<br />
musste. Denn der Österreicher und insbesondere der Wiener an sich, der in<br />
diesem Fall ein Südtiroler Wahlwiener war, ist als guter Gastgeber bekannt.<br />
So wurde für mich kurzerhand eine charmante Begleitung für eine Tour<br />
de Wien der besonderen Art organisiert. Na ja, war vielleicht doch nicht so<br />
schlecht, dass der Kollege krank war.<br />
„Wir haben’s so grob gemacht: Worst Case, Best<br />
Case: Das und das kommt sicher, mit dem und<br />
dem überleben wir.“<br />
www.mediamid.de
058 Alltag<br />
RFID und Datenspeicherung<br />
Datenflut im<br />
Internet der Dinge<br />
Nicht nur die Kanzlerin interessiert sich für RFID. Auch Industrie und Datenschützer<br />
befassen sich mit den Möglichkeiten der RFID-Chips. Die zentralen Fragen zielen auf<br />
das anfallende Datenvolumen und die Verwendung der Daten.<br />
Heinz-Paul Bonn<br />
“Wie geht das mit Möhren?”, fragte die Kanzlerin, als sie<br />
auf dem Messestand der Metro auf der CeBIT in Hannover<br />
mit Einkaufswagen auf die Leseschleuse zumarschierte.<br />
Dort wurde im Bruchteil einer Sekunde der Inhalt des Warenkorbs<br />
gecheckt, der Preis für den Einkauf ermittelt und<br />
die Bestandsführung im Lager im Hintergrund aktualisiert.<br />
Und wenn ein vorgegebener Schwellenwert unterschritten<br />
worden wäre, hätte es gleich eine Nachbestellung beim<br />
Hersteller gegeben. Angela Merkel hatte sich auf der CeBIT<br />
demonstrativ über die Möglichkeiten und Fortschritte beim<br />
Einsatz von RFID-Systemen informiert und radiofrequente<br />
Identifikationssysteme (Radio Frequency Identification Systems)<br />
als richtungsweisendeZukunftstechnologie gepriesen.<br />
Breites Nutzenpotenzial<br />
Bei Stückpreisen von gut 10 Cent pro RFID-Tag ist der<br />
Einsatz im Moment auf Paletten und Gebinde beschränkt.<br />
Mithilfe der Tags kann der Transport ganzer Lieferungen<br />
verfolgt werden. Der Nutzen zeigt sich dort, wo Rationalisierungseffekte<br />
entstehen. Wo Maschinen mit Maschinen,<br />
Waren mit Handhabungsautomaten oder Materialien mit<br />
Materialien kommunizieren. Werden die RFID-Tags an<br />
einer Empfangsstation vorbeigeführt, teilt die Palette nicht<br />
nur mit, welche Waren in welcher Stückzahl aufgepackt sind.<br />
Sie informiert gleichzeitig, wann und wo die Ware erwartet<br />
wird: eine Möglichkeit Fehllieferungen zu minimieren.<br />
Mit zusätzlicher Speicherkapazität ausgestattet geben<br />
RFID-Chips den Status über den Zustand einer Ware ab<br />
– etwa, ob Tiefkühlware versehentlich aufgetaut oder frische<br />
Ware zu lange unterwegs gewesen ist. RFID-Tags sind<br />
außerdem in der Lage, Informationen mit sich zu führen.<br />
Informationen, die Maschinen direkt beeinflussen – etwa<br />
ein Programm, durch das ein Rohling einem Roboter mitteilt,<br />
welche Fräsarbeiten als Nächstes auszuführen sind.<br />
RFID-Tags können aber auch dazu verwendet werden,<br />
Informationen über diejenigen zu sammeln, die Einkäufe<br />
tätigen. Es entstünde ein Profil von Einkaufsgewohnheiten:<br />
beispielsweise von Frau Merkel. Wer was wann und wo<br />
kauft, wäre nicht mehr Privatsache. Das Datenmaterial ist<br />
für Marktforscher, Werbetreibende und Disponenten eine<br />
wahre Goldgrube.<br />
Informationelle Selbstbestimmung<br />
Das gängige Recht verbietet die Übermittlung personenbezogener<br />
Daten außerhalb des von den Betroffenen erlaubten<br />
Nutzungsbereichs. Als Ordnungswidrigkeit eingestuft, gilt<br />
dies als Straftatbestand und wird mit Bußgeldern bis zu<br />
250.000 Euro oder Freiheitsstrafe geahndet.
059<br />
Doch was möglich ist, wird auch stattfinden, argumentiert<br />
der Verbraucherschutz. Er fordert eine Selbstverpflichtung<br />
der Wirtschaft Peter Schaar, Bundesbeauftragter für Datenschutz,<br />
steht grundsätzlich zur Selbstverpflichtung der<br />
Wirtschaft, aber: „Dies setzt aber voraus, dass die Selbstverpflichtung<br />
für alle Marktteilnehmer gilt und verbindlich ist.<br />
Bloße Absichtserklärungen sind nicht ausreichend. Wenn<br />
die Hersteller und der Handel nicht zu einer Selbstverpflichtung<br />
kommen, muss der Gesetzgeber die Rechte der<br />
Verbraucher bei der Anwendung der RFID-Technologie<br />
schützen.“<br />
Schaar wünscht sich mehr Transparenz für die Verbraucher<br />
und klare Spielregeln für die Wirtschaft. Eine schwache<br />
Absichtserklärung würde weder Datenschützer noch Verbraucherverbände<br />
zufrieden stellen. Das Grundrecht auf<br />
informationelle Selbstbestimmung durch RFID-gestützte<br />
Systeme ist dort gefährdet, wo die Person, deren personenbezogene<br />
Daten mit Nutzungsdaten verknüpft werden,<br />
gar nichts davon merkt und insofern keine ausdrückliche<br />
Einwilligung gegeben haben konnte. Die ist nach dem Bundesdatenschutzgesetz<br />
die Voraussetzung für die Erhebung<br />
und Weiterleitung personenbezogener Daten und bedarf<br />
der umfassenden Information über Art und Umfang.<br />
Daten ohne Grenzen<br />
Auch mit internationaler Perspektive zeichnet sich Klärungsbedarf<br />
ab. Angesichts länderübergreifender Unternehmensstrukturen<br />
ist es denkbar, dass Daten von Unternehmen<br />
und Organisationen innerhalb einer Wertschöpfungskette<br />
in Deutschland erhoben und in einem anderen Land gespeichert<br />
und genutzt werden. Denkbar ist das dort, wo die<br />
Niederlassung ihre Prozess- und Verkaufsinformationen<br />
an die Zentrale in den USA weiterleitet. Personenbezogene<br />
Daten würden mit RFID-Informationen zusammengefasst<br />
und verließen den hier geltenden Rechtsrahmen. Es gibt also<br />
Klärungsbedarf. Es ist zu erwarten, dass der Gesetzgeber angerufen<br />
wird, um einen wirksamen Schutz des Verbrauchers<br />
zu gewährleisten. Das dürfte angesichts der internationalen<br />
Verflechtungen im Wertschöpfungsszenario ebenso die EU-<br />
Kommission auf den Plan bringen, die eine entsprechende<br />
Initiative für Parlament und Rat bereits vorbereitet. Schon<br />
heute wird auf Verbandsebene – unter intensiver Beteiligung<br />
des Bundesverbands für Informationswirtschaft,<br />
Telekommunikation und neue Medien, BITKOM – über<br />
das Aussehen einer solchen EU-Richtlinie diskutiert. In der<br />
Diskussion steht nicht allein die Verknüpfung von Daten<br />
zur Materialbewegung mit persönlichen Informationen,<br />
sondern auch der Zeitrahmen, in dem ein RFID-Tag aktiv<br />
sein darf. Mit dem Kauf, so der Konsens, muss der Chip<br />
seine Arbeit einstellen, um nicht auch noch den weiteren<br />
Weg seines Trägers zu erfassen. Einige Hersteller haben hier<br />
bereits Lösungen angeboten. Neben einer Deaktivierungsschleuse,<br />
bei der – ähnlich den Diebstahlsicherungen im<br />
Kaufhaus – der Chip demontiert oder abgeschaltet wird,<br />
werden auch RFID-Tags vorgeschlagen, die der Verbraucher<br />
selbst deaktivieren oder demontieren kann.<br />
Datenflut durch „Real World Awareness“<br />
Softwaresysteme, die auf die bereitgestellten RFID-Daten<br />
reagieren sollen und Schlussfolgerungen für den Planungsprozess<br />
ziehen helfen, existieren in nächster Zukunft aller<br />
Wahrscheinlichkeit nach nicht. Als im Jahr 2004 erste Integrationsbeispiele<br />
aufgezeigt wurden, bei denen ERP-Systeme<br />
(Enterprise Resource Planing) Daten aus den RFID-<br />
Tags aufnehmen und in internen Tabellen speichern sollten,<br />
gingen die großen Softwareboliden in die Knie. Die traditionellen,<br />
monolithischen Unternehmenslösungen sind zu<br />
schwerfällig, um der Datenflut Herr zu werden. Es hilft<br />
nichts, wenn ganze Lastwagenladungen im Wareneingang<br />
in Sekundenbruchteilen erfasst werden, das ERP-System<br />
dann aber für einige Viertelstunden in Klausur geht, um die<br />
Daten in der Bestandsführung zu buchen. Dort, wo diese<br />
Buchungsläufe Gegenstand einer zwar bewährten, aber eben<br />
doch veralteten Stapelverarbeitung (Batch) sind, werden die<br />
Buchungen möglicherweise erst im nächsten Nachtlauf der
060 Alltag<br />
Software durchgeführt. Der wichtige Informations- und<br />
Zeitvorsprung, der durch das RFID-System im Materialfluss<br />
hätte erreicht werden sollen, wäre zerstört. Für viele<br />
Anwender wird sich deshalb im Zuge einer Materialflussoptimierung<br />
mithilfe von RFID auch die Notwendigkeit<br />
ergeben, das Bestandsführungssystem zuerneuern.<br />
Dabei ist der Bedarf für eine zentrale oder dezentrale, auf<br />
jeden Fall aber zeitnahe Speicherung von Materialflussinformationen<br />
– auch Real World Awareness genannt – durchaus<br />
vorhanden. Im Bereich Life Science zeigen die Erfahrungen,<br />
dass das Datenvolumen bei der gesetzlich verlangten Rückverfolgung<br />
der Waren über den gesamten Herstellprozess<br />
vom Rohstoff zum Endprodukt exponentiell ansteigt. Erste<br />
Lösungen, in denen Daten mit einer eigenen RFID-Middleware<br />
zwischenspeichern und für das ERP-System zusammenfassen,<br />
werden bereits entwickelt.<br />
Nach der EU-Verordnung 178/2002 beispielsweise sollen<br />
Unternehmen produktionsaufsteigend und -absteigend<br />
jeweils den Lieferanten und den Kunden für einen bestimmten<br />
Artikel benennen können. Da dabei mit Rezepturen<br />
gearbeitet wird, mehrere Ursprungsstoffe über<br />
einen mehrstufigen Produktionsprozess zu einem neuen<br />
Produkt zusammenkommen, stehen die Beteiligten vor der<br />
Aufgabe eines kontinuierlichen Chargenherkunfts- und<br />
Verwendungsnachweises. Erste Realisierungen einer RFIDgestützten<br />
Rückverfolgung sind auf der Produktionsstufe<br />
zu sehen. Auf Palettenebene werden die Daten im Lager<br />
des Herstellers, im Warenausgang des Herstellers, auf dem<br />
Transportweg durch den Logistiker und schließlich beim<br />
Wareneingang des Handels erhoben. Im typischen Fall sind<br />
bei diesem Verlauf mindestens vier Sammelstellen von Daten<br />
bei zwei beziehungsweise drei Unternehmen (Hersteller,<br />
Handelsorganisation und Transportunternehmen) involviert.<br />
Das anfallende Datenvolumen einer ganz normalen<br />
Prozesskette erhöht sich dramatisch, sobald eine weitere<br />
Fertigungsstufe hinzukommt und auch die Lieferanten der<br />
Vorprodukte mit einbezogen werden. Für jeden einzelnen<br />
Lieferanten gilt erneut: Lager des Lieferanten, Warenausgang<br />
des Lieferanten, Transport und Wareneingang des<br />
Herstellers. Bei angenommenen fünf Komponenten für<br />
einen einzigen Artikel sind etwa 20 Datensammelstationen<br />
bei bis zu zehn verschiedenen Unternehmen in den Informationsfluss<br />
eingebunden. Dabei sind allerdings bislang<br />
nur die Quellen der Daten, nicht jedoch die Daten selbst<br />
berücksichtigt und das auch nur in einer einfachen Wertschöpfungskette<br />
aus fünf Lieferanten, einem Hersteller und<br />
einem Handelskunden.<br />
Jedem RFID-Tag seine eigene Homepage<br />
Praktisch noch nicht endgültig ist das Szenario der Datenspeicherung.<br />
Unter dem griffigen Slogan „Jedem RFID-Tag<br />
seine eigene Homepage“ hat das Fraunhofer Institut für<br />
Autonome Intelligente Systeme (AIS) in Sankt Augustin<br />
Studien und erste Praxisprojekte gestartet, in denen Methoden<br />
zur Speicherung und Verwaltung der durch RFID<br />
erhobenen Daten im Materialfluss getestet werden. Dabei<br />
wird der elektronische Produktcode (EPC), der Identität,<br />
Ausgangs- und Bestimmungsort der Ware verschlüsselt, auf<br />
einer eigenen Internetseite abgelegt. Wird der EPC im System<br />
eingegeben, werden die entsprechenden Daten aus dem<br />
Internet abgerufen. Denkbar ist auch ein gigantisches Data<br />
Warehouse, in dem alle Systeme die ermittelten Daten ablagern.<br />
Das kann bei einer weltweiten Lieferkette zu einer Explosion<br />
der Telekommunikationskosten führen. Favorisiert<br />
wird, dass auf lokalen Servern die Daten aggregiert werden<br />
und nur Zusammenfassungen weitergeleitet werden. Ein<br />
drittes Szenario sieht vor, dass Daten lokal gespeichert bleiben<br />
und die Materialflusssysteme vor Ort mit der nötigen<br />
Intelligenz ausgestattet werden, um auf Informationen Aktionen<br />
folgen zu lassen. Auch SAP hat mit einem Projekt am<br />
MIT (Massachusetts Institute of Technology) eine RFID-fähige<br />
Middleware für seine NetWeaver-Plattform entwickelt,<br />
die Tag-Daten erfasst und mit den Geschäftsdaten der SAP-<br />
Lösungen verknüpfen kann.<br />
Die heutigen Materialflusssysteme sind aber mit der dafür<br />
benötigten Funktionalität noch kaum ausgestattet – und es<br />
ist nicht zu erwarten, dass entsprechende RFID-Module in<br />
den kommenden fünf Jahren zu der Standardausstattung<br />
von Lagerverwaltungssoftware oder ERP-Systemen gehören<br />
werden. Ähnlich ist dies bei der befürchteten Verknüpfung<br />
mit personenbezogenen Daten. Für eine entsprechende Gesetzesinitiative<br />
ist ausreichend Zeit. Sie gilt es zu nutzen, um<br />
eine zielgerichtete und nicht behindernde Regelung für die<br />
Wirtschaft zu formulieren. Der Einsatz von RFID steht erst<br />
in den Anfängen und liegt so erst in Insellösungen vor. Eine<br />
Durchgängigkeit des RFID-Datenflusses ist allerdings noch<br />
eine ferne Vision.<br />
Heinz-Paul Bonn<br />
Heinz-Paul Bonn, Jahrgang 1945, ist<br />
Vorstandsvorsitzender der GUS Group in Köln<br />
und Vizepräsident im Bundesverband für<br />
Informationswirtschaft, Telekommunikation und<br />
neue Medien (BITKOM e.V.).
061<br />
Outsourcing von Dienstleistungen<br />
Über den<br />
Tellerrand<br />
Nicht nur IT-Dienstleistungen lassen sich verlagern. Im Ausland gibt es auch<br />
Partner, mit denen das Outsourcing anderer wichtiger Leistungen möglich ist.<br />
In unserem Fall das Erfassen von Adressen – in Rumänien.<br />
Ralph Peter Rauchfuss<br />
Über Outsourcing – Nearshore oder Offshore – wird in<br />
den Medien seit Jahren heftig geschrieben und unter Lesern<br />
und Nutzern kräftig diskutiert. Doch in den überwiegenden<br />
Fällen geht es hierbei um Outsourcing von ITK-Projekten<br />
und –Dienstleistungen, z. B. in der Anwendungsentwicklung.<br />
Dass auch andere Tätigkeiten von externen Partnern<br />
erledigt werden können, wird oftmals außer Acht gelassen.<br />
Große wie mittelständische Unternehmen betreiben<br />
seit Jahren im Zusammenhang mit ITK-Anforderungen<br />
Outsourcing-Projekte im Ausland. Länder wie Indien können<br />
sich über diesen Zustrom freuen, wächst deren ITK-Industrie<br />
jährlich doch im hohen zweistelligen Bereich. Selbst<br />
die größte deutsche Softwareschmiede SAP vergrößert Jahr<br />
für Jahr den eigenen Personalbestand in Bangalore beträchtlich.<br />
Die Vergabe dieser Projekte in andere Länder, auf andere<br />
Kontinente und in andere Kulturkreise birgt Risiken und<br />
Chancen, die schon so häufig dargelegt wurden, dass es müßig<br />
ist, sie hier nochmals auszubreiten. Doch bei allem Engagement<br />
zur Diskussion über das Thema Outsourcing liefert<br />
immer nur die High-tech-Branche den Gesprächsstoff.<br />
Dass große und mittelständische Industrieunternehmen<br />
schon sehr viel länger ihre Produktion- und Fertigungsbe-<br />
reiche (zumindest zum Teil) in das entfernte Ausland verlagert<br />
haben, scheint offenbar vergessen oder aber ist nicht<br />
(mehr) relevant. Tatsache aber ist, dass bayerische Luxuslimousinen<br />
zum Teil in den Vereinigten Staaten gefertigt<br />
werden, dass exklusive Damen- und Herrenbekleidung im<br />
Mittelmeerraum geschneidert wird und dass hochpreisiges<br />
Reisegepäck aus dem südostasiatischen Raum kommt. Dies<br />
ist jedoch kaum eine Erwähnung wert, allenfalls wenn es um<br />
die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen, hiesigen Landes geht.<br />
Denn auch hier gilt: Die Unternehmen wollen Ihre Vorteile<br />
(ohne wieder die Chancen und Risiken aufzuzählen) aus<br />
den geringeren Lohnkosten, aus der hohen Bereitschaft der<br />
Mitarbeiter zu zeitlichen Mehrleistungen und aus der (angeblich)<br />
stets verfügbaren Arbeitskraft ziehen.<br />
Nun fallen aber in Unternehmen nicht nur unternehmenskritische<br />
Aufgaben wie die Informationstechnologie an, und<br />
nicht jedes Unternehmen benötigt eine Fabrikationshalle<br />
oder -stätte. In vielen, insbesondere kleineren und mittelständischen<br />
Betrieben müssen zahlreiche Aufgaben erledigt<br />
werden, die kein Expertenwissen oder aber Programmierungskenntnisse<br />
voraussetzen: Mengentexterfassung, Pflege<br />
von Datenbanken, Profilierung von Kundenadressen, tele-
062 Alltag<br />
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fonische Kundenbefragung oder -akquise. An dem Praxisbeispiel<br />
des Branchenportals www.verlagswelt.de lässt sich<br />
verdeutlichen, wie ein Outsourcing-Projekt für ein nicht<br />
IT-relevantes Feld erfolgreich realisiert werden kann.<br />
Selbst erfassen?<br />
Im Frühjahr 2004 wurde die unternehmerische Entscheidung<br />
für die Realisierung eines Branchenportals für und<br />
über die deutsche Verlagsindustrie getroffen. Zentraler<br />
Inhalt sollten die deutschen Medien sein, Darstellung des<br />
individuellen Mediums (Titelseite) mit seinen zentralen<br />
Kenndaten (ISSN-Nummer, Erscheinungsweise, Einzelverkaufspreis,<br />
Abonnementspreis) und vor allem Erfassung der<br />
Verlagsangaben und der verantwortlichen Personen. Nach<br />
ersten Tests hatte sich schnell ergeben, dass die Erfassung<br />
der verantwortlichen Personen über das Impressum der<br />
einzelnen Zeitschriften einen erheblichen Zeit- und damit<br />
Kostenaufwand bedeutet. Es stellte sich die Frage, ob diese<br />
Arbeiten auch in einer gegenüber dem Standort München<br />
lohnkostengünstigeren Region erledigt werden könnten. So<br />
bot sich das Umland von München an, bis hin zu grenznahen<br />
Gebieten. Grundlage der Erfassung der Grundinformationen<br />
waren die Impressen, die den Erfasserinnen oder<br />
Erfassern in Kopie zur Verfügung gestellt werden konnten.<br />
Doch in der Zeit der Informationstechnologie ist es unerheblich,<br />
ob ein anderer Unternehmensteil 20, 50 oder aber<br />
1.500 Kilometer von dem zentralen Unternehmensstandort<br />
entfernt ist. So entstand der Gedanke, die Arbeit der Erfassung<br />
tatsächlich deutlich von dem Unternehmensstandort<br />
München zu verlagern, etwa in das osteuropäische Ausland.<br />
Denn die eingescannten Dokumente (Impressen) können<br />
allerorts vom Intranet abgerufen werden. Wenige Wochen<br />
später konnte in Bukarest ein 60 qm großes Büro angemietet<br />
werden. Heute arbeiten dort acht (deutschsprachige)<br />
Mitarbeiterinnen mit modernem PC-Equipment und<br />
ständiger Online-Verbindung zum Unternehmensintranet.<br />
Die Kosten für diesen Unternehmensstandort inklusive der<br />
Personalkosten liegen bei ca. 30 Prozent im Vergleich zum<br />
Standort München.<br />
Entscheidung für Rumänien<br />
Entscheidend für den Standort Rumänien war die Tatsache,<br />
dass es in diesem Land (wie auch noch in Tschechien,<br />
Ungarn oder Polen) viele deutschsprachige Menschen gibt<br />
und zahlreiche junge, die sich an Schulen wie dem Goethe<br />
Institut die deutsche Sprache aneignen. Mit Hilfe eines<br />
landes- und ortkundigen Scouts wurden potenzielle Un-
063<br />
ternehmen identifiziert, die die angefragte Dienstleistung<br />
hätten erbringen können. Doch, nicht verwunderlich, die<br />
meisten Unternehmen hatten den Auftrag als Software-<br />
Entwicklungsauftrag aufgefasst. Womit wir wieder bei der<br />
Informationstechnologie wären. Eine Erkenntnis, die das<br />
gleiche Unternehmen schon früher in einem anderen Projekt<br />
in Polen erfahren hat.<br />
Eigenständige Ausgründung<br />
Letztendlich wurde dann die Entscheidung getroffen,<br />
dass der verpflichtete Scout ein eigenes neues Dienstleistungsunternehmen<br />
gründete, nach rumänischem Recht<br />
und einer vertraglichen Vereinbarung mit dem deutschen<br />
Auftraggeber. Nur so konnte gewährleistet werden, dass die<br />
relativ komplizierten Steuerregeln Rumäniens berücksichtigt<br />
werden, und dass der neue Outsourcing-Partner seine<br />
Dienste völlig auf die Anforderungen einstellen konnte.<br />
Dies beginnt mit der entsprechenden Bandbreite für die<br />
notwendige Internetverbindung bis hin zu banalen Dingen<br />
wie die Beschaffung von PC-Tastaturen, die der westdeutschen<br />
Tastenbelegung und dennotwendigen Sonderzeichen<br />
entsprechen.<br />
Wie in allen anderen Outsourcing-Projekten gilt jedoch<br />
auch hier: ständige Kommunikation mit den dort vor Ort<br />
tätigen Mitarbeitern; Information der Mitarbeiter über<br />
den Projektstatus und zukünftige Planung; Entlohnung der<br />
Mitarbeiter über der üblichen Norm des Landes, aber in<br />
angemessenem Rahmen.<br />
Ralph Peter Rauchfuss<br />
Der gelernte Verlagskaufman, Jahrgang 1954,<br />
hat über 30 Jahre bedeutende Fachverlage<br />
geleitet. Rauchfuss ist heute Herausgeber der<br />
Fachzeitschrift „verlagswelt“ und des<br />
Internetportals www.verlagswelt.de<br />
die "Gewissensfrage"<br />
„Mir hat ein Unternehmen eine Rechnung als PDF geschickt.<br />
Reicht diese Form?“<br />
Die kurze Antwort nach Radio Eriwan lautet: Im Prinzip<br />
ja, aber nur, wenn sie mit einer qualifizierten elektronischen<br />
Signatur versehen ist. Im § 14 Umsatzsteuergesetz sind die<br />
Formvorschriften für Rechnungen klar geregelt. Wenn Sie<br />
eine Rechnung als PDF akzeptieren, die keine elektronische<br />
Signatur hat, dürfen Sie keine Vorsteuer ziehen. Mit dieser<br />
Vorschrift sollten Sie nicht leichtfertig umgehen. Es kann<br />
Ihnen bei der Steuerprüfung sonst passieren, dass der Prüfer<br />
aufgrund einer Stichprobe den Umfang der entgangenen<br />
Steuer hochrechnet und Ihnen eine saftige Nachforderung<br />
stellt.<br />
Woran erkennt man überhaupt, dass die Rechnung elektronisch<br />
signiert ist? Zwei Formen sind möglich: die elektronische<br />
Signatur als separate Datei, typischerweise mit der<br />
Endung .cms oder .ads oder als in die PDF-Datei eingebettete<br />
Signatur. Der erste Fall ist offensichtlich, im zweiten Fall<br />
müssen Sie Ihren PDF-Reader bemühen, um zu sehen, ob die<br />
Datei eine Signatur enthält. Es reicht jedoch nicht zu prüfen,<br />
dass eine Signatur vorhanden ist, Sie müssen auch prüfen<br />
ob die Signatur gültig ist. Dazu verpflichten die Grundsätze<br />
zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen,<br />
?<br />
die unter dem Kürzel GDPdU bekannt wurden. Leider gibt<br />
es kein universelles Prüfverfahren, der Rechnungssteller<br />
muss Ihnen mitteilen, wie Sie die Rechnung prüfen können.<br />
Nicht unüblich ist es, ein Webportal anzubieten, auf<br />
das die Dokumente und die Signaturdatei geladen werden.<br />
Einfacher ist, wenn Sie zusammen mit Rechnung und Signatur<br />
noch einen Prüfbericht bekommen. Aber Vorsicht:<br />
Der Prüfbericht darf natürlich nicht vom Rechnungssteller<br />
stammen, das verstieße gegen das Selbstprüfungsverbot.<br />
All dies soll Sie nicht bange machen. Es gibt mittlerweile<br />
viele Produkte zum einfachen Umgang mit elektronischen<br />
Signaturen und auch viele Dienstleister, die Sie beauftragen<br />
können. Sie brauchen sich aber auf keinen Fall in Zugzwang<br />
setzen zu lassen. Wenn Sie lieber eine Papierrechnung haben<br />
wollen (z. B. weil Sie den Papierprozess mit einer Scan- und<br />
OCR-Lösung weitgehend automatisiert haben, z. B. mit Invoice<br />
CENTER von Océ Document Technologies :-)), können<br />
Sie Ihren Lieferanten auffordern, Ihnen eine konventionelle<br />
Rechnung zu schicken. Er muss dem nachkommen.<br />
Das aber sollten Sie umgehend tun, sonst leitet Ihr Lieferant<br />
aus konkludentem Handeln Ihr Einverständnis ab – und das<br />
gilt dann für die Zukunft.<br />
Johannes Schacht<br />
Leiter Marketing, Océ Document Technologies
064 Alltag<br />
Die „Marke“ Deutschland<br />
Was meint eigentlich<br />
„Made in Germany“?<br />
Nichts ist mehr, wie es war. Auch die „Marke“ Deutschland verändert sich. Wer<br />
heute international Geschäfte machen will, muss sich deshalb verstärkt auf sein<br />
Gegenüber einstellen. So kommt auch der Mittelstand zu seinen Chancen.<br />
Karl Heinz Mosbach<br />
Die Globalisierung der Märkte schreitet voran. Unternehmensaufkäufe<br />
und Fusionen sind an der Tagesordnung. So<br />
entstehen große Konzernstrukturen, die kontinuierlich<br />
weiter wachsen und in aller Welt die Märkte beherrschen<br />
wollen. Ob Automobilindustrie, Logistikunternehmen,<br />
Telekommunikation oder IT-Companys – sie alle kaufen<br />
Wachstum und Märkte stetig hinzu. Da stellt sich die Frage,<br />
wer in diesem weltweiten Spiel überhaupt noch bestehen<br />
kann. Welcher Raum bleibt etwa noch für ein mittelständisches<br />
Softwareunternehmen, wird doch dieses Feld von<br />
amerikanischen Playern wie Microsoft, Oracle, Sun usw.<br />
beherrscht. Aus dem Rahmen fällt einzig und alleine das<br />
deutsche Vorzeigeunternehmen SAP, das als Branchenprimus<br />
gilt, im globalen Business ganz vorne mitspielt und<br />
bislang den Übernahmeofferten der Branchengrößten<br />
trotzt. Im Gegensatz zu anderen Industriezweigen, wie der<br />
Automobil-, Pharma- oder Logistikbranche, scheint dies in<br />
der Informationstechnologie die rühmliche Ausnahme zu<br />
sein. Hier finden sich die deutschen IT-Anbieter weit abgeschlagen<br />
auf den hinteren Plätzen. Grund genug, einmal<br />
Ursachenforschung zu betreiben, die damit einhergehenden<br />
Gefahren, aber auch die Chancen aufzuzeigen.<br />
„Typisch deutsch“ im Wandel<br />
Hilfreich ist zunächst sicherlich einmal der Versuch, sich<br />
selbst von außen, sprich durch die Brille der anderen, zu<br />
betrachten. Wir Deutschen sollten uns hinterfragen. Und<br />
wir sollten in Erfahrung bringen, wie uns die anderen sehen<br />
oder mit welchen Vor- und/oder Nachteilen wir bei einer internationalen<br />
Vermarktung konfrontiert werden. Da sind in<br />
erster Linie unsere typisch deutschen Tugenden wie Gründlichkeit,<br />
Pünktlichkeit und Genauigkeit. Tugenden, die<br />
rund um den Globus ganz unterschiedlich aufgenommen<br />
werden. In den europäischen Nachbarstaaten schätzt man<br />
unsere Verlässlichkeit zwar sehr, doch bestehen noch immer<br />
Vorbehalte auf Grund der jüngsten Historie, die es zu widerlegen<br />
gilt. Dort herrscht noch immer das Bild des Deutschen<br />
vor, der stets als Sieger gefeiert werden möchte und der kalt<br />
und berechnend wie eine Maschine auftritt. Die Tatsache,<br />
dass diese Einschätzung heute offensichtlich nicht mehr<br />
zutrifft, löst häufig großes Erstaunen aus. Dieses Image ist<br />
zwar – nicht zuletzt auch dank der Fußballweltmeisterschaft<br />
– im Wandel begriffen. Dennoch charakterisiert die Deutschen<br />
ein gewisses Verhalten, das man im Ausland gerne
065<br />
Auch wenn also in Bezug auf deutsche Produkte das positive<br />
Image überwiegt, so stehen den Germanen dennoch<br />
die Türen nicht von selbst offen. Um den Absatz in neuen,<br />
expandierenden Märkten wie Osteuropa und Asien anzukurbeln,<br />
heißt es wie überall, zunächst das Vertrauen der<br />
Kunden und Geschäftspartner zu gewinnen. Um sich dort<br />
erfolgreich zu positionieren, reichen Achtung und Anerkennung<br />
alleine nicht aus. Zuerst gilt es, in jedem Land<br />
aufs Neue die Menschen und deren Kultur kennen und<br />
verstehen zu lernen. Nur wer sich hierfür die Zeit nimmt,<br />
kann die richtigen Akzente setzen, die passenden Strategien<br />
entwickeln und Fehler vermeiden. Zwar zeichnet uns beispielsweise<br />
im Vergleich mit den Amerikanern ein höheres<br />
Fingerspitzengefühl und ein weniger überhebliches Auftreten<br />
aus. Dennoch begehen wir gelegentlich den Fehler zu<br />
glauben, dass die bei uns bewährte Vorgehensweise eins zu<br />
eins in andere Länder übertragbar ist. Wenn einige unserer<br />
Grundprinzipien erstaunlicherweise in fremden Ländern<br />
funktionieren, müssen diese immer auf die jeweilige Kultur<br />
im Land abgestimmt und angepasst werden. Mitarbeiter,<br />
die mit der internationalen Vermarktung betraut werden,<br />
müssen dies verinnerlichen. Interkulturelle Schulungen<br />
und eine schrittweise Heranführung ebnen den Weg.<br />
Wichtig bei der „Eroberung“ fremder Kulturen sind nicht<br />
zuletzt die länderspezifischen Umgangsformen. Gerade wir<br />
Deutschen sprechen eine sehr kühle und direkte Sprache,<br />
die Geschäftspartner anderer Länder so manches Mal unbeabsichtigt<br />
vor den Kopf stößt. Der asiatische Markt ist<br />
hierfür ein Paradebeispiel, wird doch hier die direkte Konfrontation<br />
– und damit ein etwaiger Gesichtsverlust – in der<br />
Regel vermieden. Doch es geht nicht um hundertprozentige<br />
Perfektion. Vielmehr sind es die kleinen Bemühungen, die<br />
wohlwollend zur Kenntnis genommen werden und oftmals<br />
eine große Herzlichkeit und Offenheit auslösen.<br />
mit „typisch deutsch“ umschreibt: diszipliniert, fleißig und<br />
gewissenhaft – aber oft auch stur, rechthaberisch und wenig<br />
flexibel. Darüber hinaus wird uns nicht selten eine eher pessimistische<br />
Grundhaltung nachgesagt, die im Ausland gerne<br />
als „Jammern auf hohem Niveau“ belächelt wird.<br />
Die Engländer messen sich nicht nur im Fußball gerne<br />
mit uns, sondern suchen auch sonst die offene Auseinandersetzung.<br />
Dennoch schätzen sie unsere Produkte, das<br />
Label „Made in Germany“ überzeugt aufgrund der längeren<br />
Haltbarkeit und höheren Qualität der Waren. Trotz aller<br />
Ressentiments überwiegt bei den Engländern ihr pragmatischer<br />
Denkansatz. Ein Pragmatismus, der in vielen anderen<br />
(west)europäischen Nachbarländern dazu beiträgt, den Absatz<br />
unserer Produkte zu steigern, obwohl diese in der Regel<br />
wesentlich teurer sind. Doch es gibt andere Beispiele. So<br />
kommt im Umgang mit den Polen nicht selten das Gefühl<br />
auf, dass nationaler und persönlicher Stolz überwiegen und<br />
man gegen Windmühlen anrennt. Ganz anders wiederum<br />
die Asiaten: Sie sind stolz darauf, wenn sie sich deutsche<br />
Wertarbeit leisten können, und schätzen die Zuverlässigkeit<br />
und Qualität. Ja, es versetzt uns Deutsche geradezu in<br />
Erstaunen, wie viel Glanz die doch für uns schon reichlich<br />
abgenutzte Floskel „Made in Germany“ dort noch besitzt.<br />
Kulturelle Gegebenheiten verinnerlichen<br />
Eine gute Vorbereitung und intensive Schulungen sind<br />
aber aus Selbstschutz notwendig. Falsches und unprofessionelles<br />
Vorgehen hat bereits dem einen oder anderen Unternehmen<br />
auch hohe finanzielle Einbußen beschert, weil aus<br />
kultureller Unkenntnis Gefahren nicht richtig eingeschätzt<br />
wurden. Ausgehend von den eigenen Wertvorstellungen<br />
neigen wir Deutschen nicht selten zu Fehleinschätzungen.<br />
So ist es in manchen Kulturen Gang und Gäbe, sich auf<br />
nicht ganz legalem Wege Vorteile erschleichen zu wollen.<br />
Ein chinesischer Geschäftsführer erzählte mir beispielsweise<br />
während des Essens ganz frank und frei – und nicht ohne<br />
einen gewissen Stolz –, dass sein Vater beim An- und Verkauf<br />
eine besondere Fingerfertigkeit beherrschte, mit der er<br />
unbemerkt die Waage manipulieren konnte. Ob der Sohn<br />
diese Veranlagung geerbt und übernommen haben könnte,<br />
darüber lässt sich nur spekulieren. Doch davon auszugehen,<br />
dass diese Gepflogenheiten nicht in der zweiten Generation<br />
Anwendung finden, wäre naiv. Gefragt ist also neben der<br />
genauen Kenntnis der kulturellen Gegebenheiten insbesondere<br />
auch ständige Wachsamkeit.
066 Alltag<br />
Der richtige Mix macht’s<br />
Gezielte Schulungen und Vorbereitungen auf Auslandsaktivitäten<br />
sind also unentbehrlich. Doch der Schlüssel zum<br />
Erfolg ist die enge Zusammenarbeit mit den jeweiligen<br />
Landsleuten. Der richtige Mix aus eigenem und ausländischem<br />
Personal macht den Unterschied. Einen verlässlichen<br />
einheimischen Geschäftspartner an der Seite zu haben,<br />
ist daher ein Muss. Denn jede geschäftliche Tätigkeit ist<br />
mit einem erheblichen Know-how-Transfer verbunden.<br />
So mancher deutsche Unternehmer reagierte nicht wenig<br />
schockiert, als er auf Grund diverser Probleme seine Fertigungsstelle<br />
aufsuchte und feststellen musste, dass seine gut<br />
ausgebildeten neuen Mitarbeiter nun im Unternehmen gegenüber<br />
arbeiteten, einem Abbild seiner eigenen Fertigung.<br />
Denn im Kopieren sind die Asiaten bekanntermaßen Weltmeister.<br />
An dieser Stelle wird ein weiterer wichtiger Punkt deutlich:<br />
Die Erschließung neuer Märkte muss insbesondere<br />
bei einem mittelständischen Unternehmen Chefsache sein.<br />
Um langfristig erfolgreich zu sein, braucht es neben einem<br />
soliden Fundament Kontinuität und Ausdauer. Den meisten<br />
gescheiterten Ausflügen in die Internationalisierung hat es<br />
daran gemangelt. Jede Erschließung eines neuen Marktes<br />
kostet Geld. Solche Investitionen erstrecken sich über einen<br />
längeren Zeitraum, auch in Wachstumsmärkten wie<br />
Asien ist das schnelle Geld nicht zu machen. Die Bekanntmachung<br />
der eigenen Produkte, der Imageaufbau sowie<br />
der Aufbau von Service und Partnerstrukturen braucht<br />
nun einmal Zeit, und all dies sollte mit Weitsicht geplant<br />
werden. Außerdem sollte die Internationalisierung speziell<br />
eines mittelständischen Unternehmens mit einem internen<br />
Wandel einhergehen. Es genügt nicht, dass nur die mit den<br />
Auslandsaktivitäten betraute Abteilung die neue Unternehmenskultur<br />
repräsentiert. Dieser Wandel muss vom gesamten<br />
Unternehmen vollzogen und mitgetragen werden.<br />
Mit Innovationsfreude und Enthusiasmus ans Ziel<br />
Doch genau hier stoßen wir Deutschen an unsere Grenzen,<br />
denn in unserer Mentalität überwiegt das Misstrauen<br />
gegenüber Veränderungen. Wir neigen dazu, zuerst einmal<br />
alles in Frage zu stellen und als Besitzstandswahrer zu agieren.<br />
Um eine Internationalisierungsstrategie zum Erfolg zu<br />
führen, ist es im Interesse des gesamten Unternehmens, den<br />
Mitarbeitern ihre Ängste in Bezug auf ihren Arbeitsplatz zu<br />
nehmen. Dies ist mithilfe einer umfassenden, offenen Informationspolitik<br />
und mit deren Einbindung in die Unternehmensstrategie<br />
zu erreichen. Denn Arbeitsplatzsicherheit<br />
lässt sich nur gewährleisten, wenn das Unternehmen floriert<br />
und die Herausforderungen der Zukunft annimmt. Mit der<br />
Globalisierung geht sicherlich eine Verlagerung bestimmter<br />
arbeitsintensiver Tätigkeiten in so genannte Billiglohnländer<br />
einher. Gleichzeitig nimmt der Wettbewerb im eigenen<br />
Land zu. Hier können nur neue, innovative Konzepte dazu<br />
beitragen, am Markt zu bestehen.<br />
In diesem Zusammenhang hat Deutschland im europäischen<br />
Vergleich Nachholbedarf. Zu starr und unflexibel<br />
sind unsere Strukturen geworden, da man sich allzu lange<br />
auf den Lorbeeren der Ludwig-Erhard-Zeit ausgeruht hat.<br />
Gefragt ist hier neben der Wirtschaft die Politik. Nur mit<br />
konsequenten und sicherlich teilweise unbequemen Reformen<br />
können die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts<br />
gemeistert werden. Einige der EU-Nachbarländer sind uns<br />
in verschiedenen Bereichen um Nasenlänge voraus. Ob<br />
in der Bildungspolitik, dem Gesundheitswesen oder dem<br />
Steuerrecht. Der Veränderungsbedarf in unserem Land, der<br />
Gesellschaft wie der Wirtschaft, ist enorm. Bisher hat das<br />
Unternehmen Deutschland seine Möglichkeiten sicherlich<br />
noch nicht ausgeschöpft. Den Erfolg machen viele Faktoren<br />
aus, darunter so manche „soft facts“ wie Enthusiasmus.<br />
Begeisterung trägt dazu bei, vieles besser zu machen und<br />
sich zu differenzieren. Mit qualitativ hochwertigeren und<br />
intelligenteren Produkten, mehr Kundennähe und besserem<br />
Service.<br />
Auch gegen übermächtig erscheinende Global Player,<br />
denen es gerade in der Softwareindustrie schwer fällt, ihre<br />
immer umfangreicheren Produktpaletten zu beherrschen,<br />
insbesondere wenn es um anspruchsvolle Businesslösungen<br />
geht. Während sich die Großen intern mit der Konsolidierung<br />
ergänzender und überlappender Produktpaletten und<br />
verschiedener Unternehmenskulturen beschäftigen, sollten<br />
sich mittelständische Unternehmen konsequent auf ihre<br />
Stärken fokussieren. Auch sie haben die Chance, mithilfe<br />
von Begeisterung, Beharrlichkeit und Innovationsfreude<br />
auf internationalem Parkett zu reüssieren. Hierfür steht eine<br />
Vielzahl von deutschen und nicht zuletzt von schwäbischen<br />
Mittelständlern. Es liegt an uns, dem Siegel „Made in Germany“<br />
neuen Glanz zu verleihen.<br />
Karl Heinz Mosbach<br />
Der diplomierte Ingenieur, Jahrgang 1960,<br />
startete seine Karriere bei der Lous Leitz KG.<br />
Anfang 1996 übernahm er den Aufbau des Bereiches<br />
DMS und Archivierung, den er heute als<br />
Geschäftsführer der nunmehr eigenständigen<br />
ELO Digital Office GmbH leitet.
066 Alltag<br />
Der richtige Mix macht’s<br />
Gezielte Schulungen und Vorbereitungen auf Auslandsaktivitäten<br />
sind also unentbehrlich. Doch der Schlüssel zum<br />
Erfolg ist die enge Zusammenarbeit mit den jeweiligen<br />
Landsleuten. Der richtige Mix aus eigenem und ausländischem<br />
Personal macht den Unterschied. Einen verlässlichen<br />
einheimischen Geschäftspartner an der Seite zu haben,<br />
ist daher ein Muss. Denn jede geschäftliche Tätigkeit ist<br />
mit einem erheblichen Know-how-Transfer verbunden.<br />
So mancher deutsche Unternehmer reagierte nicht wenig<br />
schockiert, als er auf Grund diverser Probleme seine Fertigungsstelle<br />
aufsuchte und feststellen musste, dass seine gut<br />
ausgebildeten neuen Mitarbeiter nun im Unternehmen gegenüber<br />
arbeiteten, einem Abbild seiner eigenen Fertigung.<br />
Denn im Kopieren sind die Asiaten bekanntermaßen Weltmeister.<br />
An dieser Stelle wird ein weiterer wichtiger Punkt deutlich:<br />
Die Erschließung neuer Märkte muss insbesondere<br />
bei einem mittelständischen Unternehmen Chefsache sein.<br />
Um langfristig erfolgreich zu sein, braucht es neben einem<br />
soliden Fundament Kontinuität und Ausdauer. Den meisten<br />
gescheiterten Ausflügen in die Internationalisierung hat es<br />
daran gemangelt. Jede Erschließung eines neuen Marktes<br />
kostet Geld. Solche Investitionen erstrecken sich über einen<br />
längeren Zeitraum, auch in Wachstumsmärkten wie<br />
Asien ist das schnelle Geld nicht zu machen. Die Bekanntmachung<br />
der eigenen Produkte, der Imageaufbau sowie<br />
der Aufbau von Service und Partnerstrukturen braucht<br />
nun einmal Zeit, und all dies sollte mit Weitsicht geplant<br />
werden. Außerdem sollte die Internationalisierung speziell<br />
eines mittelständischen Unternehmens mit einem internen<br />
Wandel einhergehen. Es genügt nicht, dass nur die mit den<br />
Auslandsaktivitäten betraute Abteilung die neue Unternehmenskultur<br />
repräsentiert. Dieser Wandel muss vom gesamten<br />
Unternehmen vollzogen und mitgetragen werden.<br />
Mit Innovationsfreude und Enthusiasmus ans Ziel<br />
Doch genau hier stoßen wir Deutschen an unsere Grenzen,<br />
denn in unserer Mentalität überwiegt das Misstrauen<br />
gegenüber Veränderungen. Wir neigen dazu, zuerst einmal<br />
alles in Frage zu stellen und als Besitzstandswahrer zu agieren.<br />
Um eine Internationalisierungsstrategie zum Erfolg zu<br />
führen, ist es im Interesse des gesamten Unternehmens, den<br />
Mitarbeitern ihre Ängste in Bezug auf ihren Arbeitsplatz zu<br />
nehmen. Dies ist mithilfe einer umfassenden, offenen Informationspolitik<br />
und mit deren Einbindung in die Unternehmensstrategie<br />
zu erreichen. Denn Arbeitsplatzsicherheit<br />
lässt sich nur gewährleisten, wenn das Unternehmen floriert<br />
und die Herausforderungen der Zukunft annimmt. Mit der<br />
Globalisierung geht sicherlich eine Verlagerung bestimmter<br />
arbeitsintensiver Tätigkeiten in so genannte Billiglohnländer<br />
einher. Gleichzeitig nimmt der Wettbewerb im eigenen<br />
Land zu. Hier können nur neue, innovative Konzepte dazu<br />
beitragen, am Markt zu bestehen.<br />
In diesem Zusammenhang hat Deutschland im europäischen<br />
Vergleich Nachholbedarf. Zu starr und unflexibel<br />
sind unsere Strukturen geworden, da man sich allzu lange<br />
auf den Lorbeeren der Ludwig-Erhard-Zeit ausgeruht hat.<br />
Gefragt ist hier neben der Wirtschaft die Politik. Nur mit<br />
konsequenten und sicherlich teilweise unbequemen Reformen<br />
können die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts<br />
gemeistert werden. Einige der EU-Nachbarländer sind uns<br />
in verschiedenen Bereichen um Nasenlänge voraus. Ob<br />
in der Bildungspolitik, dem Gesundheitswesen oder dem<br />
Steuerrecht. Der Veränderungsbedarf in unserem Land, der<br />
Gesellschaft wie der Wirtschaft, ist enorm. Bisher hat das<br />
Unternehmen Deutschland seine Möglichkeiten sicherlich<br />
noch nicht ausgeschöpft. Den Erfolg machen viele Faktoren<br />
aus, darunter so manche „soft facts“ wie Enthusiasmus.<br />
Begeisterung trägt dazu bei, vieles besser zu machen und<br />
sich zu differenzieren. Mit qualitativ hochwertigeren und<br />
intelligenteren Produkten, mehr Kundennähe und besserem<br />
Service.<br />
Auch gegen übermächtig erscheinende Global Player,<br />
denen es gerade in der Softwareindustrie schwer fällt, ihre<br />
immer umfangreicheren Produktpaletten zu beherrschen,<br />
insbesondere wenn es um anspruchsvolle Businesslösungen<br />
geht. Während sich die Großen intern mit der Konsolidierung<br />
ergänzender und überlappender Produktpaletten und<br />
verschiedener Unternehmenskulturen beschäftigen, sollten<br />
sich mittelständische Unternehmen konsequent auf ihre<br />
Stärken fokussieren. Auch sie haben die Chance, mithilfe<br />
von Begeisterung, Beharrlichkeit und Innovationsfreude<br />
auf internationalem Parkett zu reüssieren. Hierfür steht eine<br />
Vielzahl von deutschen und nicht zuletzt von schwäbischen<br />
Mittelständlern. Es liegt an uns, dem Siegel „Made in Germany“<br />
neuen Glanz zu verleihen.<br />
Karl Heinz Mosbach<br />
Der diplomierte Ingenieur, Jahrgang 1960,<br />
startete seine Karriere bei der Lous Leitz KG.<br />
Anfang 1996 übernahm er den Aufbau des Bereiches<br />
DMS und Archivierung, den er heute als<br />
Geschäftsführer der nunmehr eigenständigen<br />
ELO Digital Office GmbH leitet.
068 Alltag<br />
WLAN im Englischen Garten<br />
Drahtlos in München<br />
Viele gute Ideen entstehen aus einer Laune des Zufalls heraus. So auch<br />
der „E-Garten“, das WLAN im Englischen Garten in München. Man muss nur<br />
lange genug zusammen sitzen.<br />
Jimmy Schulz<br />
Eines Abends im Frühjahr 2002 saßen nach dem Treffen<br />
eines Arbeitskreises des FIWM e.V. (Förderkreis IT- und<br />
Medienwirtschaft München) drei Leute zusammen und<br />
fantasierten bei ein paar Bier über die Möglichkeiten der<br />
gerade in den Kinderschuhen steckenden drahtlosen Vernetzung.<br />
Plötzlich stand die Frage im Raum, was damit<br />
alles möglich wäre, und vor allem, wo. Und da nichts das<br />
bayerische Lebensgefühl besser verkörpert als die grüne<br />
Lunge eines der größten Stadtparks der Welt sowie dessen<br />
Biergärten, der Chinesische Turm und das Seehaus, musste<br />
ein Wireless LAN her. Denn es ist einfach schlichtweg cool,<br />
zum Arbeiten in den Biergarten zu gehen.<br />
Surfen im Allerheiligsten?<br />
Als problematisch stellte sich heraus, überhaupt im Heiligtum<br />
der bayerischen Staatskanzlei der Schlösser- und<br />
Seenverwaltung eine Genehmigung zu bekommen. Einzig<br />
die Tatsache, dass es sich hierbei um ein nicht auf Gewinn<br />
ausgerichtetes Forschungsprojekt handelte ermöglichte die<br />
Sondergenehmigung, an den unter Denkmalschutz stehenden<br />
Gebäuden die Antennen anzubringen.<br />
Nach langen Nächten und Herumklettern in Bäumen<br />
konnten wir im Juli 2002 mit einer großen Pressekonferenz<br />
den Startschuss zum vermutlich ersten WLAN in einem<br />
Biergarten weltweit geben. Die Presseresonanz überraschte<br />
uns. Mehrere Fernsehsender und nahezu allen wichtigen<br />
Printmedien berichteten an prominenter Stelle über E-<br />
Garten.Net und über die Verwirklichung des Slogans „Laptop<br />
und Lederhose“. Im größten Biergarten der Welt, dem<br />
Chinesischen Turm, werden etwa 80 Prozent aller Sitzplätze<br />
abgedeckt und im Seehaus alle Sitzplätze sowie der gesamte<br />
See. So wäre auch bei einer Bootsfahrt die Grundversorgung<br />
mit Internetzugang sichergestellt. Mittlerweile ist aus dem<br />
Pilotprojekt eine Selbstverständlichkeit geworden, hunderte<br />
von Usern schätzen die Möglichkeit, mal eben schnell in der<br />
Mittagspause E-Mails zu lesen. Studenten nutzen die Möglichkeit,<br />
dem Dunkel der Bibliotheken zu entfliehen und an<br />
der frischen Luft zu recherchieren.<br />
Und so funktionierts<br />
Die Benutzung ist ebenso einfach wie problemlos: An der<br />
Kasse der Biergärten einfach „Brez´n, Bier und Internet“<br />
bestellen und für 3 Euro einen Voucher für eine Stunde<br />
Nutzung lösen. Laptop oder PDA mit WLAN-Zugang einschalten,<br />
einfach den Browser der Wahl starten und die<br />
Homepage des E-Garten.Net aufrufen (www.e-garten.net).<br />
Dort auf der rechten Seite den Button ‚anmelden‘ anklicken<br />
und die Daten vom Voucher eingeben, und schon kanns<br />
losgehen. Wer die Sache erst einmal testen will, kann dies<br />
tun, denn eine ganze Reihe von Webseiten ist kostenfrei und
069<br />
ohne Voucher erreichbar. So zum Beispiel die Seiten der<br />
beteiligten Firmen sowie der Sponsoren. Wer nicht aufstehen<br />
und zur Kasse gehen will, um einen Voucher zu kaufen,<br />
kann auch per Kreditkarte online sein Online-Guthaben<br />
aufladen. Doch Vorsicht: offenes Netz! Eine Verschlüsselung<br />
der Daten wie im heimischen WLAN findet nicht statt. Wer<br />
also vertrauliche Daten zu verschicken hat, sollte lieber per<br />
VPN oder per E-Mail-Verschlüssellung arbeiten. Eine Personal<br />
Firewall ist in öffentlichen Hotspots sowieso Pflicht,<br />
damit der eigene Rechner vor den Zugriffen anderer geschützt<br />
bleibt.<br />
Liebenswertes E-Garten.Net<br />
WLAN-Hotspots im öffentlichen Raum gibt es mittlerweile<br />
jede Menge. Das besondere an E-Garten.Net ist jedoch<br />
das einmalige Flair und die über die Jahre gewachsene Gemeinschaft,<br />
die sich regelmäßig im Seehaus oder am Chinesischen<br />
Turm zum Stammtisch trifft. Dort wird gefachsimpelt<br />
oder Neueinsteigern geholfen, den ersten Kontakt zum<br />
Netz aufzubauen. Am Chinesischen Turm geschieht das am<br />
einzigen genehmigten Stammtisch im Englischen Garten.<br />
Ein riesiger runder Tisch mit eigens angefertigter Plakette.<br />
Neben den Stammtischen finden eine Reihe von Firmenveranstaltungen<br />
statt, die das Netz gerne nutzen. Zu manchen<br />
besonderen Anlässen wie dem traditionellen Kocherlball<br />
wurden vom Team auch Video-Liveübertragungen in alle<br />
Welt organisiert.<br />
Eine Attraktion der besonderen Art war der Stand des<br />
E-Garten.Net-Teams auf der SYSTEMS 2002: dort wurde<br />
die Biergartensaison bis in den späten Oktober hinein<br />
verlängert. Einem Biergarten nachempfunden mit Biertischen,<br />
Maibaum und Schänke, konnten sich die erschöpften<br />
Messebesucher bei einer Brez´n und einer Maß Bier erholen<br />
und nebenher in angenehmer Atmosphäre per WLAN im<br />
Internet surfen. Auf vielen weiteren Messen wie CeBIT und<br />
Systems war das Team vom E-Garten.Net immer präsent. In<br />
vielen Vorträgen berichten wir über die vielen technischen<br />
und nichttechnischen Aspekte von E-Garten.Net. Besonders<br />
oft werden wir nach dem Funktionieren eines virtuellen<br />
Unternehmens gefragt. Auch dazu halten wir mittlerweile<br />
Vorträge. Das ist der Aspekt, der allen Beteiligten fast am<br />
meisten Spaß gemacht hat. Aus vielen Einzelteilen ein großes<br />
Ganzes zu machen, das größer ist als die Summe der<br />
Einzelteile. Für technisch orientierte Unternehmen war es<br />
eine neue Erfahrung, gemeinsam mit einer PR-Agentur wie<br />
mit Kollegen zu arbeiten, und für die Marketing-Agentur<br />
war der Einblick in die Arbeitsweise einer Softwareschmiede<br />
eine ungewöhnliche Erfahrung.<br />
Die Zukunft des E-Garten.Net<br />
Natürlich ist WLAN heute keine revolutionär neue Technologie<br />
mehr. E-Garten.Net versteht sich selbst eher als<br />
Plattform für neue Technologien, als Experimentierfeld<br />
mit gesicherter Umgebung. Viele Unternehmen nutzen den<br />
wohl bekanntesten Hotspot der Welt für Produkteinführungen<br />
Vorträge und Pressekonferenzen. Innovative Ideen<br />
werden hier ausprobiert und der Öffentlichkeit vorgeführt.<br />
Beispielsweise Voice over IP over WLAN mit einem PDA.<br />
E-Garten.Net wird sich technisch weiterentwickeln und<br />
sicherlich in Zukunft Träger neuer innovativer Ideen sein.<br />
Eines bleibt aber im Mittelpunkt die zwischenmenschliche<br />
Kommunikation in einem Biergarten und die gemeinsame<br />
Lust am Experimentieren.<br />
Jimmy Schulz<br />
Der diplomierte Politologe, Jahrgang 1968, ist<br />
Mitgründer des E-Garten.Net. Unter seiner Regie<br />
wurde das WLAN installiert und konfiguriert.
070 Alltag<br />
News Unternehmen<br />
presse@hw-medien.de<br />
Oracle mit Gewinn im vierten Geschäftsquartal<br />
Galileo-Satellitenforschung in<br />
Rostock gefördert<br />
Der Bund wird die Forschung und Entwicklung<br />
des europäischen Satellitennavigationssystems<br />
Galileo in Rostock mit 2,5 Millionen<br />
Euro fördern. Das Rostocker Unternehmen<br />
RST wird im Hafen vier Sender aufstellen,<br />
mit denen sich punktgenau der Standort<br />
errechnen lässt. Der Bundesminister Aufbau<br />
Ost, Wolfgang Tiefensee (SPD) wörtlich bei<br />
seinem Besuch in Rostock: „Wir erwarten<br />
uns viele Folgeaufträge, das ist ein gigantisch<br />
explodierender Markt“.<br />
Die Oracle Corporation verbuchte im vierten Quartal bei einem GAAP-<br />
Umsatz von 4,9 Mrd. US-Dollar eine Steigerung von 25 Prozent. Der<br />
GAAP-Gewinn stieg um 27 Prozent auf 1,3 Mrd. US-Dollar. Das entspricht<br />
einem Gewinn pro Aktie von 0,24 US-Dollar (plus 24 Prozent). Die Software-Erlöse<br />
nach GAAP stiegen um 28 Prozent auf 4,0 Mrd. US-Dollar. Der<br />
Non-GAAP-Gewinn pro Aktie betrug 0,29 US-Dollar im vierten Quartal;<br />
eine Steigerung um elf Prozent. Der Reingewinn nach Non-GAAP erhöhte<br />
sich um 13 Prozent auf 1,5 Milliarden US-Dollar verglichen mit dem vierten<br />
Quartal des Vorjahres.<br />
Oracle wächst – aber das stürmische Wachstum der 90er-Jahre<br />
scheint vorbei zu sein. Der Oracle-Kurs ist seit nunmehr fast vier Jahren in<br />
einer Seitwärtsbewegung gefangen. Im weitesten Sinne ähnlich sieht die<br />
Situation auch bei anderen Marktführern wie Microsoft, Cisco oder IBM<br />
aus. Trotz Übernahmen lässt sich nur normales Neugeschäft generieren.<br />
Es sieht so aus, dass die Neuinvestitionszyklen der Kunden weiterhin in<br />
einem längeren Zeitraum verbleiben.<br />
GoYellow braucht mehr Geld<br />
Nach erneuten Verlusten will die Internetauskunft GoYellow über<br />
eine Kapitalerhöhung frisches Geld beschaffen und im Oktober<br />
2,3 Millionen neue Aktien ausgeben. Die Finanzlage von Go-<br />
Yellow sei aber nicht angespannt. In der ersten Jahreshälfte 2006<br />
machte das Unternehmen vor Steuern und Zinsen einen Verlust<br />
von 8,9 Millionen Euro. Damit fiel das Minus zwar kleiner als im<br />
Vorjahreszeitraum aus, aber weiterhin höher als der Umsatz von<br />
zuletzt 1,3 Millionen Euro (2005: 1,7 Millionen Euro).<br />
Der neue GoYellow-Vorstand Klaus Harnisch hat es also innerhalb<br />
weniger als zwei Jahre geschafft, die proppenvolle Kasse<br />
der früheren Varetis (jetzt: GoYellow) zu verpulvern. Vermutlich<br />
bekommt er für neue Aktien noch mal Geld, aber bestenfalls zu<br />
Ramschpreisen. Die Finanzlage dürfte Ende des Jahres klar angespannt<br />
sein.<br />
Pixelpark und Elephant Seven fusionieren<br />
Zwei ehemalige Schwergewichte der New Economy<br />
wollen fusionieren: Pixelpark und Elephant Seven. 2007<br />
soll der fusionierte Konzern über 50 Mio. Euro Umsatz<br />
erwirtschaften. Die beiden Unternehmen wiesen im letzten<br />
Geschäftsjahr einen operativen Gewinn aus, schrieben<br />
unterm Strich jedoch rote Zahlen: Pixelpark minus<br />
185.000 Euro, Elephant Seven minus 246.000 Euro.<br />
Kaum wurde das Platzen der Fusion mit Springer +<br />
Jacoby bekannt, schon zieht die Elephant Seven AG das<br />
nächste Ass aus dem Ärmel. Und das war ganz sicher<br />
schon lange vorbereitet, zumal die Probleme bei dem<br />
ursprünglichen Wunschobjekt S+J nicht ganz neu sind.<br />
Mit dem Wegfall von DaimlerChrysler als Werbekunden<br />
brach die Grundlage der Fusion weg, jedenfalls zu den<br />
verhandelten Konditionen – schließlich stand das Autohaus<br />
für ein Drittel des Umsatzes. Ob’s in der jetzigen<br />
Konstellation besser wird? Schließlich treffen sich jetzt<br />
zwei ehemalige Fast-Pleite-Kandidaten aus dem neuen<br />
Markt, die aber beide knapp die Kurve gekriegt haben.<br />
Da beide zuletzt nur mehr kleine rote Zahlen schrieben,<br />
ist mit dem Wegfall diverser Administrations- und<br />
Overhead-Kosten eigentlich der Weg in die schwarzen<br />
Zahlen vorgezeichnet. Aber das war er früher auch schon<br />
mal …<br />
Bundesnetzagentur will Wimax-Frequenzen versteigern<br />
Noch in diesem Jahr sollen Frequenzen für den Breitband-Funkstandard<br />
Wimax versteigert werden. Die Zahl der Anträge übersteige die verfügbaren<br />
Frequenzen um ein Vielfaches, so die Bundesnetzagentur. Mit Wimax sollen<br />
vor allem Regionen mit Breitband versorgt werden, in denen schnelles Internet<br />
noch nicht verfügbar ist oder Versorgungslücken geschlossen werden.<br />
Die Bundesnetzagentur unterteilte die zu vergebenden Frequenzpakete auf 16<br />
Regionen, die das gesamte Bundesgebiet abdecken. Die Auktion wird für jedes<br />
Gebiet einzeln erfolgen, wobei sich Unternehmen auch zu Konsortien zusammenschließen<br />
können. Der Funkstandard Wimax ermöglicht die kabellose<br />
Datenübertragung über theoretisch bis zu 50 Kilometer.
071<br />
<br />
kommentiert von Engelbert Hörmannsdorfer, Börsen-Infodienst BetaFaktor, www.betafaktor.de<br />
News Unternehmen<br />
EMC übernimmt RSA Security<br />
Der Storage-Hersteller EMC erweitert mit der Übernahme<br />
RSA Security sein Angebotsportfolio. Nach<br />
Insidern galt EMC als der erste Kandidat für den Kauf<br />
von RSA. Der Storage-Hersteller wird 28 US-Dollar<br />
je RSA-Aktie zahlen. Insgesamt beträgt der Kaufpreis<br />
knapp 2,1 Milliarden US-Dollar. RSA Security wird<br />
nach dem Abschluss der Übernahme als Information<br />
Security Division von EMC agieren.<br />
Der Trend, dass zur Datensicherung und -speicherung<br />
auch Datensicherheit gehört, hat sich in den<br />
letzten Jahren enorm schnell durchgesetzt. EMC füllt<br />
damit jetzt eine Lücke auf ihrem Weg zum ganzheitlichen<br />
ILM-Portfolio. Dabei geht es um mehr als das<br />
Erfüllen von Compliance-Vorgaben: Risk-Management,<br />
Informationssicherheit und Informationsschutz<br />
sind die neuen Anforderungen. Der Preis mag<br />
etwas hoch sein, aber bereits mit den Übernahmen<br />
Documentum, Legato und Captiva hat EMC gezeigt,<br />
dass man alles zu einem sinnvollen Gesamtprojekt<br />
integrieren kann.<br />
Storage-Anbieter EMC bleibt beim Umsatz unter<br />
den Erwartungen<br />
Mit 2,57 Mrd. blieb der US-amerikanische Storage-Anbieter EMC<br />
unter den angepeilten 2,66 Mrd. US-Dollar. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum<br />
stieg der Umsatz dennoch um 10 Prozent – zum<br />
zwölften Mal in Folge zweistellig. Der Gewinn schrumpfte im Vergleich<br />
um 5 Prozent auf 279,1 Mio. US-Dollar. EMC-Chef Joe Tucci<br />
räumte ein, man hätte sich verkalkuliert, gerade bei den neueren<br />
Speichersystemen vom Typ Symmetrix DMX-3.<br />
Ein veränderter Nachfragemix – und schon passt das Resultat<br />
nicht mehr zu den Prognosen. Fakt ist trotzdem, dass EMC<br />
nach wie vor zweistellig wächst. EMC-Chef Joe Tucci ist bekannt<br />
dafür, dass er sich auf eine veränderte Produktnachfrage schnell<br />
einstellt und an den entsprechenden Stellschrauben dreht, um<br />
auch die Gewinnsituation wieder zu verbessern.<br />
HP zieht sich aus Optical-Disk-Geschäft zurück<br />
Stellent schraubt Gewinn nach oben<br />
Stellent, der Anbieter von Content-Management-Systemen,<br />
hat im ersten Fiskalquartal (30. Juni) den Umsatz um 13<br />
Prozent auf 32,3 Millionen US-Dollar gesteigert. Auf GAAP-<br />
Basis stieg der Nettogewinn um 91 Prozent auf 2,1 Millionen<br />
US-Dollar bzw. 7 Cent pro Aktie. Außerdem meldete Stellent<br />
die Übernahme von zwei Unternehmen: Mit SealedMedia<br />
wird ein Anbieter von Digital-Rights-Management-Lösungen<br />
übernommen, Bitform ist Anbieter von Produkten zur<br />
Content-Filterung. Beide Lösungen sollen in Stellents ECM-<br />
Plattform integriert werden.<br />
Kommentar: Die Ergebnisse lagen in etwa im Korridor<br />
der Analystenschätzungen, insofern tat sich nicht viel<br />
am Aktienkurs. Die beiden übernommenen Unternehmen<br />
bringen Technologien mit, die es Organisationen erlauben,<br />
ihre Dokumente noch besser zu schützen (Content Security)<br />
und so Geschäftsrisiken zu minimieren. Insofern eine gute<br />
Abrundung.<br />
Retten Downloads die Musikindustrie?<br />
Der Marktforscher Screen Digest aus UK glaubt in<br />
seiner neuen Studie, dass die legalen Musik-Downloads<br />
den Abwärtstrend der Musikindustrie stoppen.<br />
So soll sich der Online-Umsatz von 2005 bis Ende<br />
2006 auf mehr als 280 Mio. Euro verdoppelt haben.<br />
2010 dann wird ein Marktvolumen in Europa von<br />
über einer Milliarde Euro prognostiziert. Das Wachstum<br />
sei eine Folge der zunehmenden Verbreitung<br />
von Breitband-Internetzugängen und MP3-Playern.<br />
Der IT-Konzern HP hat mit einem „End-of-Life“-Schreiben an seine Kunden mitgeteilt, dass die Produktion seiner<br />
gesamten Jukebox-Linie mit MO/WORM- und UDO-Laufwerken eingestellt wurde. Man werde sich aus dem<br />
Geschäft für optische Speichermedien zurückziehen. Hauptsächlich macht HP die RoHS-Richtlinien (Restriction<br />
of Hazardous Substances) der EU für den Rückzug verantwortlich. Das allerdings scheint nicht der alleinige<br />
Grund zu sein: Information-Lifecycle-Management (ILM) habe den Markt in den letzten Jahren stark verändert.<br />
Jukeboxen seien in einem einfachen ILM-System deshalb „zu einem Datengrab verkommen“.<br />
Eine ähnliche Entscheidung mit ähnlicher Begründung vor allem im Hinblick auf das aufkommende<br />
ILM-Thema traf IBM schon mal vor rund zwei Jahren. Mittlerweile kehrt aber Big Blue wieder in den Jukebox-<br />
Markt zurück, siehe die jüngsten IBM-Neuankündigungen wie beispielsweise das 3996-System. IBM lässt ihre<br />
Systeme komplett von Plasmon zuliefern, natürlich RoHS-konform.<br />
C//MAG NEWS
072 Alltag<br />
Individualisierung von Websites<br />
Individueller<br />
Informationszugriff<br />
statt „Website für alle“<br />
Das Industrieunternehmen Bernecker+Rainer bietet<br />
seinen Kunden nicht nur Automatisierungslösungen,<br />
sondern über ein Web-Portal individuellen Zugriff auf<br />
Informationen zu Produkten und Service-Leistungen.<br />
Die Produktdaten aus SAP R/3 werden automatisiert in<br />
eine RedDot-Portallösung übernommen. Dort werden<br />
sie mit vertriebs- und marketingrelevanten Daten angereichert.<br />
Eine Schnittstelle zur Übersetzungssoftware<br />
von SDL/Trados ermöglicht die kostengünstige Bereitstellung<br />
in mehreren Sprachen. Eine Anbindung des<br />
Lotus-Notes-basierten Usermanagements gewährleistet<br />
den sicheren und maßgeschneiderten Zugriff auf den<br />
Datenbestand. Integrierte Services wie Seriennummern<br />
abfragen runden das Portalangebot ab.<br />
Bernecker+Rainer – kurz B&R – gehört zu den größten<br />
Privatunternehmen im Bereich der Automatisierungs- und<br />
Prozessleittechnik. B&R zählt Maschinenbauunternehmen<br />
auf der ganzen Welt zu seinem Kundenstamm. Das Unternehmen<br />
bietet von der frei gestaltbaren Bedienoberfläche<br />
über Spezialentwicklungen von Elektronikkomponenten<br />
bis hin zu Standardprodukten verschiedenste Automatisierungslösungen.<br />
Wie viele andere Produktionsbetriebe steht<br />
B&R in einem internationalen Konkurrenzkampf. Einem<br />
Wettbewerb, in dem nicht nur effiziente Produktionsprozesse<br />
entscheidend sind, sondern zunehmend der Umgang<br />
mit der Ressource ‚Information’. Entsprechend wichtig ist<br />
die Bereitstellung von Informationen rund um das erklärungsbedürftige<br />
Portfolio.<br />
Eine Website für alle reicht nicht<br />
Um unternehmenskritische Geschäftsprozesse deutlich<br />
zu beschleunigen und durch eine verbesserte Kommunikation<br />
die Kundenzufriedenheit zu erhöhen, ist es das<br />
Ziel die Website www.br-automation.com effizienter zur<br />
Kundenansprache zu nutzen. Bislang wurden die Produktinformationen<br />
in SAP R/3 und anderen internen Systemen<br />
verwaltet. Der Internetauftritt war nicht daran gekoppelt, so<br />
dass Informationen in dem Web-Redaktionssystem Typo3<br />
separat gepflegt werden mussten. Gänzlich ungeeignet war<br />
die Open Source Web-Software, um die geplante Integration<br />
der IT-Systeme und die personalisierte Auslieferung<br />
der Inhalte zu realisieren. Ein neues System war gefragt:<br />
„Die übliche ´Website für alle´ reichte uns nicht mehr.<br />
Wir suchten eine Lösung, mit der wir im ersten Schritt die<br />
enorme Menge an Informationen zu unseren Produkten aus<br />
unterschiedlichen Systemen zusammenführen konnten. Im<br />
zweiten Schritt sollten diese Informationen webbasiert den<br />
Kunden und Geschäftspartnern gezielt verfügbar gemacht<br />
werden“, resümiert Josef Raschhofer, IT-Leiter bei B&R, das<br />
strategische Projektziel.<br />
Kommunikation erfordert Integration<br />
Die Anforderungen an ein neues System waren hoch: Neben<br />
der Abfrage detaillierter Produktinformationen sollten<br />
alltägliche Service-Dienstleistungen – wie die Abwicklung<br />
von Garantieansprüchen – über das neue Portal möglich
073<br />
RedDot Solutions AG, Markus Steidl, info@reddot.de • Bernecker + Rainer Industrie Elektronik Ges.m.b.H., office@br-automation.de<br />
sein. Die erforderlichen Informationen liegen zusammen<br />
mit den Produktdaten in SAP R/3 vor und zeichnen sich<br />
durch ein hohes Datenvolumen aus. Eine Direktanbindung<br />
der Content-Management-Lösung an das SAP-System war<br />
unumgänglich. Für mehrsprachige Produktinformationen<br />
und -dokumentationen sollte die vorhandene Übersetzungslösung<br />
der Firma SDL/Trados in den redaktionellen<br />
Workflow des Content-Management-Systems integriert<br />
werden. Des Weiteren stand die Integration des Usermanagement-Systems<br />
Lotus Notes auf dem Wunschzettel. B&R<br />
betreut weltweit mehr als 3.000 Kunden mit verschiedenen<br />
Ansprechpartnern für deren Produktbereiche. Aufbauend<br />
auf Lotus Notes, sollte die neue Lösung diese User und ihre<br />
Berechtigungen leicht verwalt- und nutzbar machen, so<br />
dass individuelle Anfragen im Portal möglich sind. Zur Realisierung<br />
des Projekts holte B&R den Internet-Dienstleister<br />
ecom.IT an Bord.<br />
Software „made in Oldenburg“ als Lösung<br />
In der Konzeptionsphase definierten die Projektverantwortlichen<br />
die Abläufe im Detail und spezifizierten die<br />
Schnittstellen zu den vorhandenen IT-Systemen. Auf Basis<br />
dieses Gesamtkonzepts mit diversen technischen Spezifikationen<br />
wurden verschiedene Anbieter von Content-Management-<br />
und Portal-Software begutachtet, von denen viele an<br />
der gewünschten Personalisierungsfunktionalität scheiterten<br />
und nicht flexibel genug die gewünschten Integrationen<br />
abbildeten. Am Ende der Testphase entschied sich das Projektteam<br />
für den Content Management Server (CMS) und<br />
den LiveServer von RedDot Solutions. Ausschlaggebend<br />
waren die vorhandene Schnittstelle zum Übersetzungstool<br />
von SDL/Trados, die offene Architektur und die einfache<br />
Bedienung. Die Tests zeigten, dass die Integration der vorhandenen<br />
IT-Landschaft nur mit der „Software made in Oldenburg“<br />
ohne großen Programmieraufwand möglich war.<br />
Strukturierte Daten aus SAP einfach veredeln<br />
Die Spezialisten von ecom.IT integrierten die strukturierten<br />
Produktdaten aus SAP R/3 über den SAP Business<br />
Connector. Die Daten werden jetzt direkt in das Content-Management-System<br />
importiert und lassen sich anschließend<br />
von den Mitarbeitern der Fachabteilungen mit<br />
marketing- und vertriebsrelevanten Informationen wie<br />
Texten, Bildern und Grafiken anreichern. Die Struktur des<br />
Produktkatalogs wird dabei direkt aus SAP übernommen,<br />
so dass keine weiteren Anpassungen notwendig sind. Auch<br />
die direkte Anbindung an das SAP-System für Services wie<br />
die Seriennummernabfrage erfolgt reibungslos mit RedDot<br />
und dem SAP Bussiness Connector.<br />
Informationen individuell und sicher bereitstellen<br />
Im nächsten Schritt wurde an das bestehende Userverzeichnis<br />
(Lotus Notes) ein webbasiertes, dezentrales<br />
Usermanagementsystem angebunden, mit dem die Kunden<br />
von B&R die Zugangsdaten ihrer eigenen Mitarbeiter<br />
selbstständig pflegen können – bislang lediglich durch B&R-<br />
Mitarbeiter möglich. Die eigentliche Authentifizierung der<br />
vielen tausend Ansprechpartner bei den Kunden im Portal<br />
erfolgt über den Abgleich des RedDot LiveServers mit dem<br />
zentralen Userverzeichnis. Die Abfrage liefert im Falle einer<br />
erfolgreichen Authentifizierung die User ID, Firmen ID,<br />
Username, Vorname und Nachname des Nutzers, die für<br />
alle weiteren Schritte gespeichert werden. Diese Daten sind<br />
nötig, um im Portal individuell auf Informationen zugreifen<br />
zu können. Zudem erhöht sich durch diesen Authentifizierungsprozess<br />
die Sicherheit der Zugriffe.<br />
Schließlich musste noch das vorhandene Übersetzungs-<br />
Tool in den redaktionellen Workflow eingebunden werden.<br />
Dank der vorhandenen Schnittstelle zwischen RedDot CMS<br />
und SDL/Trados verlief die Integration quasi auf Knopfdruck.<br />
Der Übersetzungsprozess läuft seitdem effizient und<br />
für die Mitarbeiter einfach ab: Aus dem Content-Management-System<br />
wird ein „Übersetzungsauftrag“ mit dem Text,<br />
der Quellsprache sowie die Zielsprache generiert.<br />
Schneller individuelle Informationen liefern<br />
Innerhalb weniger Monate hatte B&R mit seinen Partnern<br />
das Projekt erfolgreich umgesetzt. „Mit der Ablösung von<br />
Typo 3 durch RedDot ist der Mehrwert unseres Internetangebots<br />
für alle Nutzer gestiegen. Die Qualität und Aktualität<br />
der Produktdarstellung ist heute wesentlich besser.<br />
Die laufenden Kosten für Wartung und Content-Pflege<br />
konnten deutlich gesenkt werden“, so Josef Raschhofer. Die<br />
Site www.br-automation.com umfasst mittlerweile mehr als<br />
50.000 HTML-Seiten und wächst kontinuierlich. Derzeit arbeitet<br />
das Projektteam an weiteren Sprachvarianten: Neben<br />
zahlreichen europäischen Sprachen wird es eine chinesische<br />
Projektvariante geben.<br />
Jacklin Montag<br />
freie Autorin
074 Alltag<br />
Kommunaler Schadensausgleich<br />
Elektronische Schadensbearbeitung<br />
– unbürokratisch<br />
und effizient<br />
Mit der Einführung der elektronischen Schadenbearbeitung<br />
sind die Aktenberge von den Schreibtischen der<br />
Sachbearbeiter verschwunden, die einzelnen Prozessschritte<br />
der Schadenbearbeitung weitestgehend automatisiert<br />
und optimiert.<br />
Das papierlose Büro verwirklichen<br />
Je nach Schadenaufkommen des Kommunalen Schadenausgleich<br />
(KSA) der Länder Brandenburg, Mecklenburg-<br />
Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen<br />
fallen jährlich bis zu mehrere Millionen ein- und ausgehende<br />
Dokumente an. Um eine revisionssichere und<br />
gleichzeitig Platz sparende Aufbewahrung der Dokumente<br />
zu gewährleisten, führte der KSA bereits im Jahr 2000 ein<br />
elektronisches Archiv von SER ein. Die Behörde löste das<br />
Papierarchiv auf. Die Bearbeitungsprozesse in der Schadenbearbeitung<br />
blieben jedoch papiergebunden, da die Akten<br />
erst archiviert wurden, nachdem die Vorgänge abgeschlossen<br />
waren. 2001 entschieden sich die Verantwortlichen dann<br />
auch für die Einführung einer elektronischen Vorgangsbearbeitung,<br />
dem sogenannten „Schaden-Workflow“.<br />
Integrierte Lösung überzeugt<br />
„Das reibungslose Zusammenspiel zwischen den Softwarelösungen<br />
für Dokumenten-Eingangsbearbeitung und<br />
Workflow überzeugte uns. Insbesondere durch die Nutzung<br />
der intelligenten SERbrainware-Technologie, die auf der<br />
Technik neuronaler Netze basiert, ist es möglich, maschinengeschriebene<br />
Eingangspost zu erfassen, zu erkennen,<br />
zu klassifizieren und dem richtigen Schadensachbearbeiter<br />
zuzuordnen“, beschreibt Jörn Poerschke, EDV-Gruppenleiter<br />
KSA, den Entscheidungsprozess. Hinzu kam die positive<br />
Erfahrung aus der Zusammenarbeit mit SER-Mitarbeitern<br />
im bereits erfolgreich durchgeführten SER-Archiv- und<br />
-DMS-Projekt. Die Anforderungen des KSA:<br />
(1) Automatische Erfassung der gesamten Eingangspost<br />
mit revisionssicherer Archivierung.<br />
(2) Weitgehend automatisierte Erkennung des Inhaltes der<br />
Eingangspost und darauf basierend Weiterleitung der Post<br />
an den entsprechenden Schadensachbearbeiter.<br />
(3) Zentraler Ausdruck der Briefe mit revisionssicherer<br />
Archivierung.<br />
(4) Höchstverfügbarkeit des Systems nach Abschluss des<br />
Projektes.<br />
(5) Für die Anwender sollte sich an der gewohnten Kommunikationsplattform<br />
nichts ändern. Anstatt eines neuen<br />
Clients mit zusätzlichem Schulungsbedarf sollten die Prozesse<br />
in Outlook abgebildet werden.<br />
„Die SER-Mitarbeiter haben uns von Anfang an hervorragend<br />
betreut“, erinnert sich Jörn Poerschke. „Nach der<br />
Erstellung detaillierter Feinkonzepte begannen wir mit<br />
dem Inbound-Projekt zur Erkennung und Klassifizierung<br />
des Posteingangs. Hierfür wurden vorhandene Dokumente<br />
eingescannt und dem System zum „Lernen“ gegeben.“
075<br />
SER Solutions Deutschland GmbH, Dirk Sveistrup, dirk.sveistrup@ser.de • KSA Kommunaler Schadensausgleich, Jörn Poerschke, info@ksa.de<br />
Im zweiten Schritt entwarfen die Projektverantwortlichen<br />
den eigentlichen Workflow. Er ermöglicht die elektronische<br />
Kommunikation zwischen Posteingang, Registratur, Sachbearbeiter,<br />
Schreibbüro, Abteilungsleiter, Mitglieder des KSA,<br />
Gutachter und dem Postausgang sowie die Einbindung des<br />
Output-Managements für die Druckausgabe. Bei der Konzeption<br />
der elektronischen Akte musste die unterschiedliche<br />
Aktenstruktur der drei Abteilungen Allgemeine Haftpflicht,<br />
Kraftfahrt und Heilwesen berücksichtigt werden. Der komplette<br />
Datenbestand des KSA, pro Jahr ca. 60.000 Akten mit<br />
chronologischem Aktenteil und Farbfoto-Register, wird<br />
seitdem vollständig in das System übernommen. Dabei<br />
erfüllt die elektronische Akte alle Anforderungen bezüglich<br />
Vollständigkeit, Integrität und Authentizität wie die herkömmlichen<br />
Papierakten. Geplant ist, diese Akten auch im<br />
Internet im nur für Mitglieder des KSA zugänglichen Online-<br />
Mitgliederservice (OMS) bereitzustellen.<br />
Die neue Schadenbearbeitung: alles elektronisch!<br />
Vor Einführung des SER-Workflows wurde der Dokumenteneingang<br />
von der Poststelle in die entsprechenden<br />
Registraturen gebracht. Diese legten entweder Neuschäden<br />
mit entsprechenden Akten an oder brachten die Schreiben<br />
(Nachgänge) zum Sachbearbeiter und zogen ihm die entsprechende<br />
Akte dazu. Die Zustellung der Post dauerte innerhalb<br />
des KSA schon mal ein bis zwei Tage. Anschließend<br />
diktierte der Sachbearbeiter zu dem Vorgang ein Schreiben.<br />
Wenn das Band voll war, brachte der Schreibdienst das Band<br />
in den Schreibdienst, wo die Schriftstücke geschrieben,<br />
ausgedruckt und mit Anlagen versehen über die Poststelle<br />
wieder dem Sachbearbeiter vorgelegt wurden. Hatte dieser<br />
noch Änderungen, wiederholte sich das Prozedere.<br />
Sachbearbeitung am Telearbeitsplatz<br />
Heute sind die Prozesse des internen Postverkehrs vollständig<br />
abgeschafft. Die Poststelle bringt die Post zur<br />
IMG (Input-Management-Group). Dort werden die Briefe<br />
geöffnet, entklammert, eingescannt und revisionssicher archiviert.<br />
Automatisch erkannte Post wird in Realtime dem<br />
zuständigen Sachbearbeiter zugestellt. Dabei spielt es keine<br />
Rolle mehr, wo sein Schreibtisch tatsächlich steht. Sachbearbeitung<br />
am Telearbeitsplatz ist nun genauso effizient wie<br />
Sachbearbeitung im KSA in Berlin. Automatisch klassifiziert<br />
wird die Eingangspost nach Sparten und Risiko. Nicht erkannte<br />
Dokumente gelangen zur Registratur, die die Dokumente<br />
manuell der entsprechenden elektronischen Akte<br />
zuordnet.<br />
Schnellere Durchlaufzeiten<br />
Mittlerweile 50 Schadenbearbeiter öffnen die elektronischen<br />
Akten im DOXiS Outlook-Client von SER und<br />
nehmen anhand der Schadenmeldung die Bearbeitung vor.<br />
Zumeist wird der Sachbearbeiter eine Mitteilung an den Anspruchsteller<br />
diktieren. Der Schreibdienst erstellt zum digitalen<br />
Diktat ein digitales Dokument, das der Sachbearbeiter<br />
der elektronischen Akte hinzufügt. Um das Dokument an<br />
den Anspruchsteller zu versenden, leitet der Sachbearbeiter<br />
das Dokument per Knopfdruck weiter. Sekunden später ist<br />
das Schreiben in der Druckstelle. Dort werden die Dokumente<br />
zentral gesammelt und gedruckt - täglich bis zu 1.500<br />
Schreiben. „Für den KSA heißt Fortschritt im Büro heute,<br />
die papiergebundene Organisation zu überwinden. Die<br />
elektronische Verteilung von Dokumenten und Vorgängen<br />
führt zu einer erheblichen Steigerung der Produktivität,<br />
Effizienz und Geschwindigkeit von Geschäftsprozessen. Die<br />
Durchlaufzeiten werden durch den Wegfall der Transport-,<br />
Liege- und Wartezeiten erheblich beschleunigt, was auch einen<br />
wesentlichen Vorteil im Bereich der Telearbeit darstellt“,<br />
erläutert Dr. Bernd Kathe, Abteilungsleiter KSA, den Nutzen<br />
der SER-Lösung.<br />
Durch die Einführung des Workflows kann der KSA<br />
außerdem die Telearbeit (Homeworking) ausweiten, was<br />
weitere Bürofläche einspart und somit einem Anstieg der<br />
Verwaltungskosten entgegenwirkt. Die Mitarbeiter können<br />
noch flexibler mit ihrer Zeit umgehen. Vordergründig ist<br />
jedoch die Verbesserung der Schadenbearbeitung in qualitativer<br />
und quantitativer Hinsicht, die bessere Betreuung<br />
der Mitglieder, die sich in der Endausbaustufe ihre Akten<br />
sogar im Online-Mitgliederservice ansehen können.<br />
Vollintegrierte Lösung<br />
Bei dem KSA hat SER eine ganzheitliche, integrierte Lösung<br />
geschaffen, die den gesamten Prozess vom Posteingang bis<br />
zur Druckausgabe der Ausgangspost umfasst. Die Lösung<br />
integriert die Module der DOXiS iECM-Suite von SER zur<br />
Dokumentenerfassung, Posteingangsbearbeitung, Archivierung<br />
und Vorgangsbearbeitung mit verschiedenen KSA-<br />
Systemen wie die Diktiersoftware und die KSA-Datenbank<br />
zur Schadenbearbeitung. Über den DOXiS Outlook Client<br />
erreichen die Sachbearbeiter alle benötigten Funktionen.<br />
Bärbel Heuser-Roth<br />
SER Solutions Deutschland
veranstaltungen@hw-medien.de <br />
076 Alltag<br />
News Veranstaltungen<br />
26.-28.09. Der Betriebsrat in der IT-Branche, Sindelfingen<br />
Outsourcing und Offshoring, Flexibilisierung der Arbeitszeiten und neue<br />
Vergütungsmodelle stehen im Vordergrund. Zu diesen u. a. Themen konnten<br />
Betriebsräte von IBM, T-Systems, Oracle und anderen für ein Intensiv-<br />
Seminar gewonnen werden.<br />
www.iir.de/betriebsrat-it<br />
16.10. Die Umsetzung des ERA in mySAP HCM, München<br />
Das Intensiv-Seminar informiert darüber, wie die bislang umfangreichste<br />
Tarifreform (ERA-TV) der deutschen Metall- und Elektroindustrie in<br />
SAP-Systeme umgesetzt wird.<br />
www.management-forum.de<br />
21.-22.09. WCC Websphere Community Conference 2006, Frankfurt<br />
Alles über IBM Websphere plus einer Zertifizierung vor Ort. Die Tagung wird in Kooperation<br />
mit der Usergroup Common Deutschland e. V. veranstaltet.<br />
www.dnug.de<br />
Adlershofer Business Talk:<br />
Media meets Technology<br />
Best-Practise-Beispiele von innovativen Medien- und<br />
IT-Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb<br />
stehen. Keynotes von renommierten Medienmachern<br />
und Vordenkern, die über die neuen Medientrends und<br />
Marktentwicklungen berichten.<br />
10. Oktober 2006, Berlin<br />
www.adlershof.de/business-talk, Fon 0 30 - 63 92 39 24,<br />
heidrun.wuttke@adlershof-projekt.de.<br />
Anzeige<br />
www.adlershof.de<br />
18.-19.10. voice days 2006, Bonn<br />
Die Initiative VOICE BUSINESS setzt sich<br />
für Sprachtechnologien und -anwendungen<br />
ein. Mit ihrem Aktionsprogramm will die<br />
Initiative dazu beitragen, Marktentwicklung<br />
und -potenziale positiv zu beeinflussen<br />
und zu fördern.<br />
www.voiceaward.de<br />
15./16.11.06. MAM-Forum Frankfurt/München<br />
Unternehmen müssen ihre unstrukturierten digitalen<br />
Inhalte (E-Mail, Text, Bild, Grafik, Audio- und Videokomponenten)<br />
zentral verwalten, global verfügbar machen und<br />
strukturiert distribuieren. Die Veranstaltung zeigt die Anund<br />
Herausforderungen für das Management in Marketing<br />
& Kommunikation.<br />
www.marketinghub.ch<br />
28.-29.09. Elektronisches Dokumenten Management, München<br />
Zweitägiges Intensiv-Seminar über Grundlagen, Architekturen, Begriffe, Technologien<br />
und Markt. Plus praktische Aspekte im operativen Einsatz, Wirtschaftlichkeit,<br />
rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen sowie Evaluation von Systemen.<br />
www.zoeller.de
077<br />
News Veranstaltungen<br />
09.10. Elektronisches Dokumenten Management, Frankfurt<br />
Zweitägiges Intensiv-Seminar über Grundlagen, Architekturen, Begriffe,<br />
Technologien und Markt. Plus praktische Aspekte im operativen Einsatz,<br />
Wirtschaftlichkeit, rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen<br />
sowie Evaluation von Systemen.<br />
www.vereon.ch<br />
11.-12.10. OSS2006, Esslingen<br />
Ziel des Symposiums ist es, Entscheidungshilfen<br />
zur Ausrichtung zukünftiger<br />
IT-Strategien in Unternehmen und<br />
öffentlichen Verwaltungen zu geben.<br />
Der Fokus liegt auf offenen Software-<br />
Systemen und Technologien.<br />
www.tae.de/kolloquien-symposien.html<br />
19.-21.09. DSAG Jahreskongress 2006, Leipzig<br />
Auf dem Jahreskongress geht es um die SAP-Business-Process-Plattform<br />
und die entsprechenden Plattformstrategien.<br />
Frei nach dem Motto: Auf dem Weg zur Geschäftsprozess-<br />
Plattform - was bedeutet das für Sie?<br />
www.dsag.de<br />
5. Contentmanager.days<br />
Der führende Fachkongress zum Thema Content<br />
Management zeigt in zwei parallelen Vortragsreihen<br />
den strategischen Einsatz von Content-Management-<br />
Systemen in Unternehmen. Eine hochkarätige Abendveranstaltung<br />
sorgt für den informellen Austausch der<br />
Content-Management-Anwender und -Experten.<br />
23.-24. November 2006, Leipzig<br />
www.contentmanagerdays.de, 0 89 - 78 06 07 17.<br />
Anzeige<br />
www.contentmanagerdays.de<br />
28.-29.09. ECR-Tag, München<br />
Deutschlands Branchentreff zu ECR-<br />
Themen wie RFID/EPC, Supply<br />
Chain und Category Management<br />
erwartet rund 1.400 Entscheider aus<br />
Industrie, Handel und IT. Neben der<br />
Konsumgüterindustrie wird dieses<br />
Jahr auch die Bau- und Textilbranche<br />
angesprochen.<br />
www.gs1-germany.de<br />
25.-27.09. European EXPP-Summit 2006, Berlin<br />
Like in 2005 at the European EXPP Summit you will meet<br />
the market-insiders, experts, pioneers as well as the newbies.<br />
The most important solution and service providers will have<br />
the opportunity to show competence in the exhibition and<br />
to network with valueable future customers from IT and<br />
Finance divisions.<br />
www.expp-summit.com<br />
20.09. Rechtliche Aspekte der elektronischen Archivierung, Zürich<br />
Seit der Revision der Vorschriften des OR über die kaufmännische Buchführung dürfen<br />
geschäftsrelevante Dokumente auch elektronisch archiviert werden. Informieren<br />
Sie sich in diesem Seminar darüber, welche grundlegenden gesetzlichen Anforderungen<br />
Sie bei der Umstellung vom Papierarchiv auf ein elektronisches Archiv erfüllen<br />
müssen.<br />
www.vereon.ch/rea.htm<br />
C//DATE<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
<br />
Schicken Sie uns Ihre Veranstaltungstermine!
078 Alltag<br />
nachgefragt<br />
nachgefragt@hw-medien.de<br />
Grundlage Workflow<br />
‚Dokumentenmanagement und elektronische Archivierung’<br />
hat unter dem Kürzel DOMEA in der öffentlichen<br />
Verwaltung eine wechselvolle Vergangenheit. Einst als Rahmenkonzept<br />
für DMS-Lösungen gedacht, durften in der<br />
Folge auch die Hersteller ein DOMEA-Zertifikat auf ihre<br />
Systeme kleben. Wirklich wichtige Komponenten blieben<br />
von der Zertifizierung jedoch unberührt. Heute weiß niemand<br />
so recht, was DOMEA jetzt und in der Zukunft leisten<br />
kann und soll.<br />
Dennoch hat DOMEA in der Vergangenheit durchaus<br />
seinen Sinn gehabt, so wie beim Bundesamt für Migration<br />
und Flüchtlinge in Nürnberg. Im Rahmen größerer Infrastrukturmaßnahmen<br />
wurden dort ab 2001 die Mitarbeiter<br />
flächendeckend mit PCs ausgestattet. Das gesamte Projekt<br />
war einen zweistelligen Millionenbetrag schwer und beinhaltete<br />
unter anderem die Einführung von Workflows für die<br />
Bearbeitung der Akten.<br />
Von Asylon zu DOMEA<br />
„Das war das größte Projekt, das wir jemals durchgeführt<br />
haben“, sagt Marc Niedenzu, der heute Referatsleiter für<br />
Softwareproduktion und -weiterentwicklung ist. Als man<br />
1998 entschied, das Altprodukt ‚Asylon’ abzulösen, war<br />
Niedenzu als Referatsleiter IT-Services an der Evaluation<br />
und Implementierung des neuen Systems beteiligt. Asylon<br />
war veraltet und ließ sich nicht mehr ausbauen, geschweige<br />
denn warten. „Asylon hatte eine zentrale Struktur, wir<br />
aber sind dezentral organisiert“, beschreibt Niedenzu einen<br />
wesentlichen Nachteil des alten Systems. Da ab 1993 die Bearbeitung<br />
der Anträge flächendeckend in die Außenstellen<br />
verlagert wurde, war eine strukturelle Änderung dringend<br />
notwendig. „Es gab eine rein elektronische Akte, die sehr<br />
rudimentär gestaltet war. Das war´s. Das System war parallel<br />
zur gesamten Bürokommunikation entstanden.“<br />
Kunde ... Bundesamt für Migration und Flüchtlinge<br />
Dienstleister ... Siemens Business Service<br />
System ... Open Text<br />
Projektdauer ... ca. 4 Jahre<br />
.<br />
Anzahl Anwender ... ca. 1.500 Arbeitsplätze<br />
Kontakt ... www.sbs.de<br />
‚Soft-Start‘ für die Außenstellen<br />
DOMEA wurde damals nicht als Rahmenkonzept gewählt,<br />
sondern es ging um die Suche nach einem zertifizierten<br />
Produkt. Insbesondere das Workflow-Modul stand im<br />
Vordergrund. Die Ausschreibung des Projektes ging an<br />
Siemens Business Service (SBS), das Workflow-Modul<br />
kam, DOMEA-zertifiziert, von Open Text, frisch von SER<br />
eingekauft. Stellvertretend für die gesamte Organisation<br />
ließ das Bundesamt eine seiner Außenstellen ihre Verfahren<br />
beschreiben.<br />
Heraus kam ein Pflichtenheft, das SBS als Grundlage für<br />
einen Prototypen der Anwendung diente, der wiederum in<br />
der Außenstelle getestet wurde. „Nach diesem Soft-Start haben<br />
wir schrittweise das System in den anderen Außenstellen<br />
implementiert“, sagt Niedenzu. „Zwar war angedacht, zu<br />
einem Zeitpunk x einfach nur einen roten Schalter umzulegen,<br />
doch diese Variante war die bessere.“<br />
Dass die Workflow-Komponente von Open Text eigene<br />
Modifikationen zuließ, kam dem Bundesamt entgegen. „Es<br />
war damals das einzige Produkt, was diese Möglichkeit bot.<br />
Und genau das haben wir später gebraucht, denn die Außenstellen<br />
haben aufgrund ihrer örtlichen Gegebenheiten<br />
ihre eigenen Ausprägungen in den Abläufen.“<br />
Workflow, der bleibt<br />
2003 war der flächendeckende Einsatz, zurzeit werden die<br />
Gerichte online in die Abläufe mit eingebunden. 2004 dann<br />
wurde das neue System, für das es zum damaligen Zeitpunkt<br />
keine Vorlage gab, auf der CeBIT vorgestellt. In der Folge<br />
kamen sogar ausländische Delegationen nach Nürnberg,<br />
um sich die Lösung vorführen zu lassen. Grundlage dafür<br />
ist weiterhin das von SBS entwickelte System mit der Workflow-Komponente<br />
von Open Text. Marc Niedenzu über den<br />
Verlauf des Projektes: „Im Nachhinein hätte sicher einiges<br />
einfacher gelöst werden können, in der Summe aber ist das<br />
Resultat positiv. Wir können heute auch viele Bausteine<br />
selbst programmieren, ein Gewinn für unsere Mitarbeiter.<br />
Aus unserer Sicht ist das Produkt zukunftsfähig. Deshalb<br />
wollen wir von DOMEA 3.1 auf 4.0 umstellen.“<br />
Die Verbesserungen, die mit der Einführung des Systems<br />
kamen, sind bis heute geblieben: ein beschleunigtes Verfahren,<br />
Akteneinsicht über die Außenstellen hinweg und generell<br />
mehr Information über die Vorgänge. Marc Niedenzu:<br />
„Das Projekt hat insgesamt vier Jahre gedauert. Es gab den<br />
einen oder anderen Rückschlag. Aber wir hatten keinen Datenverlust,<br />
keinen Ausfall während der Implementierung.<br />
Und die Mitarbeiter arbeiten produktiv mit dem System.“
079<br />
Forschung<br />
myOpenFactory<br />
Als erfolgreiche Strategie deutscher Maschinen- und<br />
Anlagenbauer gilt seit vielen Jahren die Konzentration auf<br />
die Kernkompetenzen. Dadurch ist eine Vielzahl von Unternehmen<br />
in die Entwicklung und Produktion eingebunden.<br />
Nur so entsteht ein Kompetenznetzwerk, welches die hohe<br />
Qualität der Erzeugnisse sicher stellt.<br />
Lückenhafte Bestellabwicklung<br />
Obwohl die Effizienz der unternehmensübergreifenden<br />
Zusammenarbeit einen hohen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit<br />
des Standorts Deutschland hat, mangelt es in<br />
Bezug auf Kommunikationsprozesse und -hilfsmittel im Informationszeitalter<br />
noch oft an den erforderlichen organisatorischen<br />
und informationstechnischen Voraussetzungen<br />
für einen effizienten Austausch der zentralen Nachrichten<br />
zur Bestellabwicklung.<br />
Wie eine aktuelle Studie des Forschungsinstituts für Rationalisierung<br />
(FIR) an der RWTH Aachen zeigt, stellen<br />
aufgrund der fehlenden Kompatibilität unterschiedlicher<br />
ERP-Systeme Telefon, Fax und Briefpost nach wie vor die<br />
wichtigsten Kommunikationsmittel im Maschinen- und<br />
Anlagenbau dar. Durch die papierbasierte Auftragsabwicklung<br />
entstehen Medienbrüche. Medienbrüche, die durch<br />
nicht wertschöpfende Routinetätigkeiten mit hohem Zeitund<br />
Personalaufwand bezahlt werden. Darüber hinaus ist<br />
die niedrige Transparenz des Auftragsfortschritts eine wesentliche<br />
Ursache mangelhafter Termintreue.<br />
Lösungsansätze<br />
In den vergangenen Jahren propagierte Lösungsansätze<br />
wie EDI (Electronic Data Interchange) erfordern in der Regel<br />
einen hohen Zeit- und Kostenaufwand allein schon für<br />
eine einzelne Kunden-Lieferanten-Beziehung. In typische<br />
Projekte des Maschinen- und Anlagenbaus sind jedoch häufig<br />
mehrere hundert Lieferanten und Kooperationspartner<br />
eingebunden. Gerade der Mittelstand benötigt daher eine<br />
Lösung, die zu minimalem Investitionsaufwand eine effiziente<br />
Auftragsabwicklung auch in kurzfristigen Geschäftsbeziehungen<br />
ermöglicht.<br />
Ziel der Initiative myOpenFactory und dems gegründeten<br />
Konsortiums war und ist es daher, einen entsprechenden<br />
Lösungsansatz bereitzustellen. Dem Konsortium gehören<br />
neben den beiden Aachener RWTH-Instituten, FIR und<br />
WZL u. a. renommierte Unternehmen wie Siemens, Burkhardt<br />
oder Otto Junker als Anwender an. Das Konsortium<br />
wird ergänzt von den ERP-Anbietern Infor, proALPHA und<br />
PSIPENTA. Die Aufgabe: Einen Daten- und Ablaufstandard<br />
für die speziellen Anforderungen des Maschinen- und<br />
Anlagenbaus zu entwickeln. Einen Quasi-Standard, der in<br />
Zukunft den effizienten Datenaustausch zwischen verschiedenen<br />
ERP-Systemen unterstützen soll.<br />
Auch als Web-Cockpit gedacht<br />
Für Unternehmen ohne eigenes ERP-System bildet ein<br />
internetbasiertes Koordinationsinstrument (Web-Cockpit)<br />
die zentrale Einheit. Es stellt die erforderliche Basisfunktionalität<br />
bereit wie das Erstellen und Versenden von Anfragen<br />
oder Angeboten. Der entwickelte Quasi-Standard, dessen<br />
zweites Release im Juli 2006 veröffentlicht wurde, wird eine<br />
kostengünstige und einfache Partizipation an der integrierten<br />
überbetrieblichen Auftragsabwicklung ermöglichen. Ein<br />
innovatives Geschäftsmodell sichert die Anwendung ohne<br />
Anfangsinvestition und zu niedrigen Gebühren, so dass sich<br />
Anwender die schnelle Realisierung hoher Nutzenpotenziale<br />
von der Lösung versprechen.<br />
Projektzeitraum<br />
Das Projekt myOpenFactory wird im Zeitraum vom<br />
01.04.2004 bis 31.03.2007 mit Mitteln des Bundesministeriums<br />
für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und<br />
vom Projektträger Forschungszentrum Karlsruhe (PTKA)<br />
betreut. Schon heute ist die Marktfähigkeit und Verbreitung<br />
des entwickelten Daten- und Prozess-Standards nach<br />
Ende der Projektlaufzeit sichergestellt. In diesem Zusammenhang<br />
wird derzeit zur Verbreitung, Weiterentwicklung<br />
und Pflege des Standards eine Genossenschaft gegründet, in<br />
der in Zukunft über die Anbieter des Konsortiums hinaus<br />
weitere ERP-Anbieter zusammenarbeiten. In verschiedenen<br />
Anbieter-Arbeitskreisen und viel versprechenden Kooperationsgesprächen<br />
haben außerdem zahlreiche ERP-Systemanbieter<br />
ihr Interesse bekundet, so dass eine hohe Durchdringung<br />
des ERP-Marktes mit dem neuen Quasi-Standard<br />
myOpenFactory zu erwarten ist.<br />
Dipl. Ing. Benedikt Schweicher<br />
Der studierte Maschinenbauer, Jahrgang 1978,<br />
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Projektleiter<br />
am Forschungsinstitut für Rationalisierung<br />
(FIR) in Aachen.
080 Alltag<br />
in die Nesseln<br />
im Sinne aller Staatsdiener sein: Bruttosozialprodukt qua Erlass<br />
verbrennen und dafür sogar noch neue Sachbearbeiter<br />
einstellen. Diese Klientel hat schon bei der Einführung von<br />
Dokumenten-Management-Systemen den Gott-sei-bei-uns<br />
gesehen. Innovativ ist diese Idee allenfalls unter dem Aspekt,<br />
was einem so alles beim Kantinenessen einfallen kann.<br />
Die Anwender mit verschenkter Software anfixen und später,<br />
wenn das System läuft, Gebühren zu erheben, ist weder<br />
neu noch besonders originell. Wird aber immer wieder gern<br />
gemacht, um überhaupt in den Markt zu kommen. Auch<br />
Imperia hat Lizenzen ‚verschenkt‘, auch wenn das anders<br />
hieß. Allerdings mit mäßigem Erfolg, wenn man dem Flurfunk<br />
glaubt. Okay, das System hat sich weiterentwickelt und<br />
eine erkennbare Verbreitung. Aber haben die Imperianer<br />
nach der Übernahme von Pironet ihr Reich nicht überdehnt?<br />
Ein Vertriebler erzählt, dass Imperia auf einmal auch<br />
nichts mehr zu verschenken habe. Gerüchte und Gehörtes<br />
zusammengezählt – spürt da ein alter Imperator den heißen<br />
Atem der Verfolger im Nacken?<br />
Das kleine 1&1 des Ärgerns<br />
Im August 2005 eine 6 Mbit/DSL-Leitung bei 1&1 bestellt.<br />
Im November eine 1 Mbit-Leitung bekommen. Wer<br />
von ISDN auf DSL umsteigt, freut sich über leidlich bessere<br />
Performance, bemerkt die Leistungsdrosselung jedoch nie.<br />
Es sei denn, der Kunde kennt sich aus, so wie in diesem Fall.<br />
Aber hier hilft Wünschen auf gar keinen Fall: Im Zuge der<br />
Umstellung wurde die Leitung sogar dreimal abgeklemmt.<br />
Oder: Die Fritz-Box „trainiert“ sich einen Wolf, wie es im<br />
Journal der Ereignisse heißt. Der Grund: DSL-Down. Alle<br />
3 Wochen 3-4 Tage Ausfall. Dann schickt der Herrgott den<br />
Jockel aus: Der Kunde an 1&1, 1&1 an Telekom, Telekom<br />
an 1&1, 1&1 an Kunden. Beim vierten Ausfall in 3 Monaten<br />
ruft die Telekom an: Man habe den Fehler jetzt gefunden.<br />
Und die defekte Platine ausgewechselt. Dann ruft wieder der<br />
1&1-Kundenservice an: Ob man zufrieden sei?<br />
Gedoptes IOC?<br />
Nach der WM ist vor den Olympischen Spielen. Hatte die<br />
FIFA versucht, den Werbetreibenden sogar den Gebrauch<br />
des nun harmlosen Kürzels „WM“ mit einstweiligen Verfügungen<br />
zu vermiesen, kümmert sich jetzt das IOC um<br />
seine Schätze. Mit durchaus vergleichbarer Humorlosigkeit,<br />
wie man bei einem großen Unternehmen feststellen<br />
musste. Während Peking als Ausrichter der nächsten Spiele<br />
in immer neue Dimensionen staatlich geduldeter Produktpiraterie<br />
vorstößt, nötig das Olympische Komittee einen<br />
Weltkonzern zu einem Kotau in Sachen Markenschutz.<br />
Man habe den Begriff ‚Olympische Spiele‘ irgendwo in irgendwelchen<br />
Publikationen unberechtigterweise verwendet.<br />
Nun ist die Metro gerade in Hamburg mit ihrem Begehr abgeschmettert<br />
worden, die dort verkehrenden ‚Metro‘-Busse<br />
namentlich verbieten zu wollen. Wer aber richtet über das<br />
jahrelang von Samaranchs Hand gefütterte Aufsichtspersonal<br />
der Olympioniken? Und: Hat sich mal irgendwer<br />
überlegt, dass es gerade die Intelligenz ist, die einem gewisse<br />
Dinge verbieten sollte, selbst wenn man dafür einen ebenso<br />
fähigen wie haltungsarmen Juristen mieten kann?<br />
Geldscheine zu Heizbriketts<br />
Wenn der Staat die qualifizierte Signatur salonfähig machen<br />
will, sollte er bald beginnen. Am besten da, wo der<br />
ein oder andere Euro nicht so ins Gewicht fällt: Bei den<br />
Bundesministerien für Gesundheit und für Arbeit. Deren<br />
Aufsichtsorgane wollen die Sozialversicherungen anscheinend<br />
zwingen, qualifizierte Signaturen in allen möglichen<br />
bürokratischen Prozessen einzusetzen. Natürlich gerne auch<br />
dort, wo die Signatur gar nicht geeignet ist. Das dürfte ganz
081<br />
der Beobachter<br />
Vor dem heißen Herbst<br />
Am 13. Juli schlossen die siebenten Mailingtage. Die Geschäftsleitung<br />
verkündet mit 36 Prozent Plus einen neuen<br />
Ausstellerrekord, davon waren 53 Prozent Fachbesucher.<br />
Vor dem Hintergrund, dass der Deutsche Direktmarketing<br />
Verband (DVV) nach 30 Jahren die Direktmarketing-Messe<br />
DIMA aufgibt, steht der Rekord in einem anderen Licht.<br />
Schließlich brauchen die Direktmarketing-Strategen ein<br />
Dach über dem Kopf. Eines wie die NürnbergMesse. Viele<br />
Aussteller gaben sich positiv und sprachen dem Veranstalter<br />
ihr Vertrauen aus. Von den zuletzt überzogenen Methoden<br />
des DVV war in Nürnberg nichts zu spüren. Die Aussteller<br />
erhielten auf Wunsch gar ein Extra-Kontigent an Eintrittskarten:<br />
gratis. „Das war nicht wirklich üblich“, so ein<br />
Aussteller, der sich über die Abzocke zuletzt in Düsseldorf<br />
verärgert Luft macht. Wie es weitergeht: vielversprechend.<br />
Die Vorbereitungen für die achten Mailingtage haben bereits<br />
begonnen.<br />
Event Deutschlands stellten sich vier Softwarehersteller<br />
der Modellierung einer speziellen und zuvor unbekannten<br />
Aufgabe zum Thema prozessorientierte Unternehmensabläufe<br />
in einem Live-Vergleich. Unter den Augen von etwa 50<br />
Besuchern ... Zu den vier Teilnehmern gehörten Dr. Binner<br />
Consulting & Software aus Hannover (Team 4), die Emprise<br />
Process Management GmbH aus Berlin (Team 1), die intellior<br />
AG aus Stuttgart (Team 2) sowie die Firma Corel iGrafx<br />
(Team 3) aus Unterschleißheim.<br />
In geschlossenen Räumen zum Ziel<br />
Die AGIT EXPO 2006 war mit mehr als 60 ausstellenden<br />
Unternehmen, Verbänden und Behörden wieder Treffpunkt<br />
für Anwender von raumbezogenen Informationstechnologien.<br />
Geoinformatik steht ganz oben auf der Tagesordnung.<br />
Das um die EXPO Time erweiterte Konzept fand Anklang<br />
bei allen Besuchern. Besonderes Highlight: die Fußgängernavigation<br />
Inhouse. Anders als bekannte Technologien, mit<br />
denen die Navigation zu Fuß, im Auto und mit anderen<br />
Fortbewegungsmitteln funktioniert, leiten nach Vorstellungen<br />
von Experten künftig so genannte ‚Beacons‘ den<br />
Fußgänger in geschlossenen Gebäuden zum Ziel. Beacons<br />
sind kleine Bluetooth-Sender, teuer und aufwändig im<br />
Einsatz. Gebäude, in denen Beacons installiert sind, müssen<br />
extra vermessen werden. Noch stehen Aufwand und Nutzen<br />
in einem recht klaren Missverhältnis einander gegenüber.<br />
Aber es wäre nicht das erste Mal, dass neue Technologien<br />
mit einem Entwicklungsschub marktreif werden. Und falls<br />
nicht, liebe Entwickler, könnte man ganz in der kulturellen<br />
Tradition des Abendlandes sich des hergebrachten Zeichensystems<br />
bedienen und einfach ein Schild aufstellen.<br />
BPM-Shootout<br />
Im Juni fand in Karlsruhe im Rahmen der IT-Messe<br />
Midvision der erste BPM-Shootout statt: nur am Rande<br />
wahrgenommen, doch sicher mit Modellcharakter. Bei<br />
diesem ersten offiziellen Prozessmodellierungs-Shootout-<br />
Publisher<br />
Ein Nachtrag für die Publisher: Ende Mai und Anfang Juni<br />
stellte Quark weltweit die Version 7 von QuarkXPress vor,<br />
auch im Palais im Zoo, Frankfurt am Main. Wir waren dabei<br />
und beindruckt von der verbesserten Maßtabelle und<br />
den Palettengruppen. Grafiker machen die Farben jetzt in<br />
der gewohnten Arbeitsumgebung transparent, auch Verläufe<br />
und vieles mehr ist möglich. Neu ist die mitgelieferte<br />
Produktschulung via VHS-Video: Das freut vor allem den,<br />
der seinen Videorekorder noch nicht ausgemistet hat. Mal<br />
sehen, ob das reicht, InDesign Paroli zu bieten ...
082<br />
Ausblick / Impressum<br />
Ausblick Ausgabe #4-2006:<br />
„E-Government“<br />
Titelthema des nächsten Heftes: E-Govermnent. Wo steht<br />
Deutschland im internationalen Vergleich? BundOnline<br />
2006 – was passiert danach? Das Fraunhofer eGovernment<br />
Zentrum berichtet über den Umbruch in der Verwaltung<br />
und die Strategien zur Modernisierung. Aus dem Bundesministerium<br />
des Inneren erfahren wir, welche Projekte im<br />
Rahmen der Bundesverwaltung besonders interessant sind.<br />
In der Galerie sind wir auf den Spuren der Computer unterwegs.<br />
c//mag berichtet über die Modalitäten bei öffentlichen Ausschreibungen<br />
und Vergabeverfahren.<br />
Die „Gewissensfrage“ lautet diesmal: „Kann ich am PC<br />
rechtsgültig unterschreiben? Und was ist meine elektronische<br />
Unterschrift wert?“<br />
Die Lernprozesse in Unternehmen verlagern sich zu den<br />
Mitarbeitern. Lernarchitekturen helfen, Bildungsmaßnahmen<br />
zu organisieren und messbar zu machen.<br />
Wie die elektronische Personalakte in großen Unternehmen<br />
die Arbeit der HR-Manager umgekrempelt hat, lesen<br />
Sie ebenfalls im c//mag.<br />
Df, AttitudesPlain, 50 pt, Taste w<br />
w<br />
Errata Ausgabe #2-06<br />
Wir entschuldigen uns für die Fehler der letzten Ausgabe:<br />
Im Brief an den IT-Leiter lautet die korrekte Schreibweise<br />
des Unternehmens „TRUMPF Werkzeugmaschinen GmbH<br />
& Co. KG“.<br />
Impressum<br />
hw medien OHG, Hagenring 39, 63303 Dreieich<br />
fon +01 70. 31 05 849 / +01 72. 82 34 994<br />
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Herausgeber: Uwe Hentschel (uwe.hentschel@hw-medien.de)<br />
Chefredaktion: Volker Watschounek (volker.watschounek@hw-medien.de)<br />
Anzeigenleitung: Stefan Pierre-Louis (anzeigen@hw-medien.de)<br />
Redaktionelle Mitarbeit: Heinz-Paul Bonn, Prof. Dr. Klaus Greve, Dr. Görres<br />
Grenzdörffer, Christian Günster, Bärbel Heuser-Roth, Engelbert Hörmannsdorfer,<br />
Carsten Leininger, Jacklin Montag, Karl Heinz Mosbach, Ralph Peter Rauchfuss,<br />
Dr. Achim Reuther, Johannes Schacht, Benedikt Schweicher, Christian Stammel,<br />
Joachim Walter, Prof. Dr. Berbeli Wanning.<br />
Schlussredaktion: Jochen Wilhelm, www.kwick-box.de<br />
Druck: SDV die Medien AG www.sdv.de<br />
Bildnachweise: aboutpixel.de (Seite 43, 70, 71). DLR (Seite 27), E-Garten.Net (Seite<br />
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Volker Watschounek (Seite 3, 6, 8, 38, 39, 40, 41, 54, 55, 65, 81)<br />
Beirat: Dr. Harald Gerlach, Lehrstuhl „Technische Dokumentation“, Fachhochschule<br />
Neu-Ulm, Prof. Jürg Häusermann, Lehrstuhl Medienpraxis, Medienanalyse und Medienproduktion,<br />
Universität Tübingen, Dr. Ulrich Kampffmeyer, Unternehmensberater,<br />
Analyst, Autor und langjähriger Vorstand von DMS-Branchenverbänden wie IMC,<br />
AIIM und VOI e.V., Prof. Dr. Hermann Maurer, Institut für Informationsverarbeitung<br />
und Computergestützte neue Medien (IICM), Technische Universität Graz, Prof. Dr.<br />
Sonja-Maria Salmen, Professorin für Betriebswirtschaftslehre sowie Relationship Management<br />
im Studiengang Electronic Business an der Hochschule Heilbronn<br />
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Ausland: 6 Ausgaben jährlich 48,60 EUR inkl. Versandkosten zzgl. Mehrwertsteuer.<br />
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verlängert sich das Abonnement um ein weiteres Jahr.<br />
Disclaimer: Die in dieser Ausgabe veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich<br />
geschützt und liegen in der Verantwortung des betreffenden Autors. Die Haftung<br />
für die Richtigkeit der Veröffentlichung kann trotz Prüfung durch die Redaktion und<br />
vom Herausgeber nicht übernommen werden. Alle Angaben erfolgen nach bestem<br />
Wissen, jedoch ohne Gewähr. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung<br />
des Verlages gestattet.<br />
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Neu-Ulm, Prof. Jürg Häusermann, Lehrstuhl Medienpraxis, Medienanalyse und Medienproduktion,<br />
Universität Tübingen, Dr. Ulrich Kampffmeyer, Unternehmensberater,<br />
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