Geoinformationssysteme
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031<br />
Gesundheitsversorgung einer Region zu sichern: für solche<br />
Kliniken sollen Zuschläge fließen. In einem Projekt mit der<br />
Universität Bonn wurde untersucht, wie sich mit GIS solche<br />
Krankenhäuser methodisch nachvollziehbar bestimmen<br />
lassen. Dabei werden Entfernungsradien um Krankenhausstandorte<br />
mit einem bestimmten Versorgungsangebot<br />
gezogen und deren Überdeckung mit Bezug auf Bevölkerungsstatistiken<br />
geprüft. In einem weiteren Projekt mit dem<br />
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung wurde dieser<br />
Ansatz weiter verfeinert, indem die Luftlinienentfernungen<br />
durch Straßenkilometer ersetzt wurden.<br />
Daten werden zu Karten<br />
Seit 2005 bietet die AOK zwei Internetportale für die Recherche<br />
an: den AOK Krankenhaus-Navigator (www.aok.de)<br />
und das Klinik-Konsil (www.klinik-konsil.de). Im Krankenhaus-Navigator<br />
können Patienten nach Kliniken mit ausgewählten<br />
Leistungen suchen. Die Postleitzahl-basierte regionale<br />
Suche gibt Trefferlisten nach Entfernung zum Wohnort<br />
oder Behandlungshäufigkeit aus. Die Besonderheit des<br />
AOK-Portals besteht darin, dass die AOK-Fallzahlen der<br />
Kliniken je Behandlungsgruppe vollständig in aggregierter<br />
Form offengelegt sind. Die Kliniken werden dabei in Klassen<br />
nach der Häufigkeit von Eingriffen eingeteilt. Auf AOK-<br />
Versicherte entfallen knapp 40 Prozent aller Krankenhausleistungen.<br />
Umfangreiche Leistungsdaten von 26 Millionen<br />
Versicherten werden hier mit Geokoordinaten der 2.000<br />
Krankenhäuser kombiniert. Das Klinik-Konsil ermöglicht<br />
differenziertere Recherchen einzelner Krankheitsdiagnosen<br />
und Operationen. Dazu müssen Grundkenntnisse in den<br />
Schlüsselkatalogen für Diagnosen und Operationen vorhanden<br />
sein. Hauptzielgruppe des Klinik-Konsil sind Ärzte,<br />
die eine Krankenhauseinweisung ihres Patienten planen.<br />
Eine AOK-interne GIS-Anwendung steht den Mitarbeitern<br />
über das Intranet zur Verfügung. Das vom Wissenschaftlichen<br />
Institut der AOK (WIdO) entwickelte WIdO-<br />
GIS bereitet Abrechnungsdaten von Krankenhäusern in<br />
kartographischer Form auf. Ein Benchmarkingvergleich<br />
der 16 einzelnen AOKs kann als Kartendarstellung oder<br />
in tabellarischer Form abgerufen werden. Sachverhalte<br />
lassen sich visuell meist rascher erfassen. Umso sorgfältiger<br />
muss das Layout der Karten entworfen werden, um keine<br />
vorschnellen Urteile zu fördern. Case Manager nutzen die<br />
Krankenhauseinzugsstatistiken (Flächenkarten nach Postleitzahlbezirken),<br />
die zeigen, woher die Patienten eines<br />
Krankenhauses kommen genauso wie den entgegengesetzten<br />
Blickwinkel der Wanderungsanalysen (Standortkarten),<br />
die aufzeigen, welche Krankenhäuser von Patienten einer<br />
Wohnortregion aufgesucht werden. Ein Highlight sind die<br />
Verlegungsdiagramme mit Pfeildarstellungen von Verlegungen<br />
zwischen Krankenhäusern. Offenes oder „verdecktes“<br />
Zusammenarbeiten einzelner Krankenhäuser wird damit<br />
offensichtlich. Weiterhin werden epidemiologische und<br />
versorgungspolitische Sachverhalte für die medizinischen<br />
Grundsatzabteilungen der AOK aufbereitet. Welche regionalen<br />
Unterschiede zeigen sich beispielsweise im Einsatz laparoskopischer<br />
Verfahren bei Blinddarmoperationen? Welche<br />
Disparitäten bestehen dabei zwischen den Kliniken? Ein<br />
anderer Analyseansatz steht im Kontext der Zentralisierung<br />
von Leistungen durch die Vorgabe von Mindestmengen. Wo<br />
lassen sich elektive (planbare) Leistungen wohnortnah bündeln,<br />
um Effizienz und Behandlungsqualität zu steigern?<br />
Auch hier ist Open Source möglich<br />
Im Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) konzipiert,<br />
wurde das WIdO-GIS von einem externen Softwarehaus<br />
realisiert. Zur Kartenerzeugung wird der am häufigsten<br />
verwendete Open-Source-Kartenserver eingesetzt, der<br />
UMN MapServer (mapserver.gis.umn.edu und www.umnmapserver.de).<br />
Der UMN MapServer ist eine einfache, stabile<br />
und vor allem kostengünstige Lösung, um dynamische<br />
Karten im Intra- oder Internet bereit zu stellen. Der Map-<br />
Server ist eine CGI-basierte Anwendung um dynamische<br />
GIS-Funktionen über das Web durchzuführen. Die Software<br />
selbst ist in erster Linie ein Werkzeug zur Erstellung<br />
geographischer Bildkarten. Die Sachdaten liegen in einer<br />
Oracle-Datenbank. Zur Konfiguration der Auswertungen<br />
und deren Layout dient eine XML-Datei, die AOK-intern<br />
modifiziert werden kann. Die Geodatengrundlage wurde<br />
zugekauft.<br />
<strong>Geoinformationssysteme</strong>n bieten sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten<br />
im Gesundheitswesen: planerisch und<br />
analytisch, vom Case Management bis zur Bevölkerungsepidemiologie,<br />
im Controlling und bei Grundsatzfragen.<br />
GIS-Methoden sind immer dann nützlich, wenn versorgungsplanerische<br />
Entscheidungen mit räumlichem Bezug<br />
getroffen werden. Für eine optimierte und transparente<br />
Planung sind sie im Grunde unabdingbar.<br />
Christian Günster<br />
Der diplomierte Mathematiker, Jahrgang 1966,<br />
leitet den Forschungsbereich Integrierte<br />
Analysen im Wissenschaftlichen Institut der AOK<br />
(WIdO), wo er für die AOK <strong>Geoinformationssysteme</strong><br />
zur stationären Versorgung aufbaut.