Download Ausgabe 1 2014 - Wiener Seniorenbund
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12 Leben<br />
ab5zig Wissen & Lebensfreude<br />
Vom Journalismus zur Schriftstellerei<br />
Einmal Wien – und nicht retour<br />
Erfolgsautor Dietmar Grieser, in Deutschland geboren, kam schon in jungen Jahren<br />
nach Wien – und blieb. Viele Jahre lang war er Kulturjournalist, die Schriftstellerei<br />
übte er zusätzlich aus. Demnächst feiert er seinen 80. Geburtstag.<br />
Dietmar Grieser ist ein versierter<br />
Autor. Seine Bücher, darunter<br />
„Eine Liebe in Wien“ oder „Die<br />
böhmische Großmutter“ sind sicher<br />
vielen Leserinnen und Lesern bekannt.<br />
Mehr als vierzig Bände hat er in den<br />
vergangenen vierzig Jahren geliefert, einige<br />
von ihnen wahre Bestseller. Meist<br />
standen Personen und Namen der jüngeren<br />
Geschichte im Mittelpunkt seiner<br />
Bände, nur in zweien hat er auch über<br />
sich selbst berichtet. Im jüngsten Werk<br />
„Landpartie“, erschienen 2013, war es<br />
wieder so. Das und sein im März bevorstehender<br />
80. Geburtstag waren für<br />
ab5zig Anlass, den Autor zu einem Gespräch<br />
über sich selbst zu treffen.<br />
„Ich bin ein Musterbeispiel für Integration,“<br />
sagt Dietmar Grieser über sein<br />
Leben in Österreich. Er ist 1934 in Hannover<br />
geboren und in Schlesien und in<br />
der Saarpfalz aufgewachsen, sein Vater<br />
war Gymnasiallehrer. Die Familie<br />
hat, wie der Name „Grieser“ verrät,<br />
auch Tiroler Wurzeln. Dietmar Grieser<br />
kam 1957 nach dem Studium der Publizistik<br />
und Sozialwissenschaften nach<br />
Wien. Dieses Ziel war ungewöhnlich in<br />
jener Zeit: „Mein Professor an der Uni<br />
in Münster sagte, geh nach Wien.“ Es<br />
hatte für ihn „total funktioniert“. Die<br />
erste Zeit finanzierte er mit einer Waisenrente,<br />
sein Vater war früh verstorben.<br />
Bald fand er Mitarbeit bei einem<br />
damals existierenden Frauenblatt. Von<br />
Wien, so sagt er, hatte er sofort das Gefühl<br />
„das ist mein Platz“. Konsequent<br />
wurde er später auch österreichischer<br />
Staatsbürger. Auf das Frauenblatt folgte<br />
eine jahrzehntelange Tätigkeit als<br />
Kulturberichterstatter für verschiedene<br />
deutsche Medien.<br />
Es begann mit Schauplätzen der<br />
Weltliteratur<br />
1973 ist sein erstes Buch „Von Schloss<br />
Gripsholm zum River Kwai“ erschienen.<br />
„Der Journalismus war mir zu<br />
flüchtig“, erklärt er seine Ambition<br />
zum Bücherschreiben. Gleich mit diesem<br />
ersten Buch hatte er überraschend<br />
„Ich bin ein Musterbeispiel<br />
für Integration“.<br />
Dietmar Grieser<br />
großen Erfolg. Es führte zu einer Reihe<br />
von Schauplätzen der Weltliteratur,<br />
die er dafür alle selbst bereisen musste.<br />
„Wie habe ich das finanziert?“, fragt<br />
er sich heute dazu. In seinen ersten<br />
Werken hatte er versucht, noch wissenschaftlich<br />
zu bleiben. Erst später<br />
erwarb er die Leichtigkeit, die ihn befähigte,<br />
historische Themen leicht fasslich<br />
und unterhaltsam aufzubereiten.<br />
„Eine Liebe in Wien“, erschienen 1989<br />
und viele nachfolgende Bände lohnten<br />
es mit entsprechenden Auflagen. „Der<br />
Onkel aus Preßburg“ (2009) stieß auch<br />
in der Slowakei auf großes Interesse,<br />
erzählt er: „Innerhalb eines halben Jahres<br />
war die slowakische Übersetzung<br />
auf dem Markt.“ Mit der „Böhmischen<br />
Großmutter“, erschienen 2005, war der<br />
Brückenschlag zu den dortigen Nachbarn<br />
weniger gut gelungen.<br />
Spät, erst Anfang der Neunziger Jahre,<br />
als er nach seiner journalistischen<br />
Tätigkeit eine Pension beziehen konnte,<br />
erlaubte er es sich, nur mehr der<br />
Schriftstellerei zu leben. „Die Erlöse<br />
waren am Anfang nicht so toll.“ Viele<br />
Vollblutschriftsteller, so weiß er, haben<br />
neben dieser Tätigkeit noch eine<br />
bürgerliche Existenz. Er selbst war<br />
in finanziellen Dingen immer vorsichtig<br />
– und damit erfolgreich: „Ich<br />
wäre viel zu ängstlich, um Schulden<br />
zu machen.“ Eine Auftragsarbeit für<br />
die Bundesrepublik Deutschland vor<br />
rund 30 Jahren hatte es ihm ermöglicht,<br />
seine Dachwohnung in Wien zu<br />
erwerben.<br />
Grieser sieht sich selbst als Stadtmensch<br />
– und als Genießer. Er fährt<br />
kein Auto, versucht aber regelmäßig<br />
längere Spaziergänge zu machen. Eigene<br />
Landpartien sind für ihn, da autolos,<br />
eher mühsam. Seine journalistische<br />
Tätigkeit hat ihm aber trotzdem<br />
gute Kenntnisse über Land und Leute<br />
beschert. Er bezeichnet sich als „großen“<br />
Weintrinker und als „kleinen“<br />
Whiskey-Genießer, zudem raucht<br />
er: „Alle Laster, die man nur haben<br />
kann.“ Kulturell ist Grieser dem Musikleben<br />
sehr verbunden, obwohl sein<br />
eigenes Spiel einst als Kind an einer<br />
überstrengen Klavierlehrerin gescheitert<br />
war. Durch seinen Partner und<br />
Lebensmenschen, einen aus Taiwan<br />
gebürtigen Komponisten, der ebenso<br />
wie er in Wien „hängen geblieben“<br />
ist, hat er doppelten Bezug zur Musik.<br />
Sein Leben war ein Erfolg, auch materiell,<br />
räumt er auf Nachfrage ein. Krisen<br />
waren aber auch ihm nicht fremd.<br />
Sein „Nervenkostüm“, so meint er, sei<br />
nicht das beste, wohl ein Erbteil seiner<br />
Herkunftsfamilie.<br />
Welche Pläne hat er für die nächste<br />
Zeit? Erst einmal zahlreiche Lesungstermine<br />
zu seinem neuesten Buch.<br />
Das viele Herumfahren gesteht er,<br />
mache ihn ein „bissel“ müde: „Es<br />
sieht alles so locker aus, ist aber mit<br />
Anstrengungen verbunden.“ Dazwischen,<br />
man ist beruhigt, es zu hören,<br />
denkt er bereits über ein nächstes<br />
Buch nach.