AUDIO Yamahas großer Coup (Vorschau)
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Spezial › DSD<br />
Rainer Finck<br />
Marantz, Boston<br />
Lothar Wiemann<br />
T+A<br />
Daniel Weiss<br />
Weiss Engineering<br />
Hochauflösende Audio-Dateien sind zunehmend<br />
verfügbar, die anbietenden Download<br />
Plattformen werden immer populärer.<br />
Gleiches gilt für das Angebot an netzwerkfähigen<br />
Audioprodukten und USB-DACS. Möglich<br />
gemacht hat diese Entwicklung nicht zuletzt<br />
die deutlich gestiegene Geschwindigkeit<br />
des Internets.<br />
Am Ende sollte das Klangerlebnis und der<br />
bestmögliche Musikgenuss stehen. Vielfältige<br />
Hörtests und Vergleiche in unserem Haus<br />
haben zu dem Ergebnis geführt, dass DSD zur<br />
Zeit in der Regel besser klingt als PCM.<br />
DSD-Wiedergabe klang in unseren Experimenten<br />
überraschenderweise sogar dann<br />
besser, wenn die entsprechenden Dateien aus<br />
PCM, ja sogar aus CD-Material hervorgingen.<br />
Mit kostenloser Konvertierungs-Software wie<br />
Audiogate (siehe auch Seite 48) kann das jeder<br />
Interessierte problemlos zuhause ausprobieren.<br />
Seit Ende der 80 Jahre wurde die Wandlertechnik<br />
durch Einführung der Philips Bitstream<br />
Wandler grundlegend verändert. Bis zu diesem<br />
Zeitpunkt wurden nur Mehrbit-Wandler<br />
eingesetzt – heute ist es genau umgekehrt.<br />
Egal welcher Hersteller, und egal, ob A/Doder<br />
D/A-Wandler – es gibt nur noch Wandler<br />
mit sogenannten Sigma-Delta-Modula toren.<br />
Bei A/D-Wandlern wird aus dem überabgetasteten<br />
Bitstream durch Filterung und Dezimation<br />
PCM erzeugt. Umgekehrt wird bei der<br />
D/A-Wandlung aus PCM durch Interpolation<br />
und Überabtastung wieder ein Bitstream im<br />
Chip erzeugt.<br />
Dieser letzte Schritt wird bei DSD nicht vollzogen,<br />
weil diese Verarbeitung schlicht entfällt.<br />
Mögliche Rechenungenauigkeiten werden<br />
so vermieden und könnten der Grund für<br />
den klanglichen Mehrwert sein.<br />
Als Pioniere in der Anwendung von<br />
Sigma-Delta-Wandlern und im Bau von<br />
SACD Playern beschäftigen wir uns bei<br />
T+A schon seit vielen Jahren mit DSD.<br />
Als es noch kein hochaufgelöstes PCM<br />
gab, ergab DSD auch durchaus Sinn. In<br />
Zeiten von HD-PCM kann ich aber keine<br />
Überlegenheit der DSD-Technik mehr erkennen.<br />
Um die DSD-Überlegenheit ranken sich aber<br />
auch heute noch hartnäckig einige Legenden:<br />
„DSD bringt mehr Information“: Der DSD-Informationsgehalt<br />
ist nicht höher als bei PCM.<br />
Die SACD liefert pro Kanal und Sekunde 2,8224<br />
Millionen Datenbits. Das liegt knapp über PCM<br />
96/24 (2,304 MBd) und weit unter PCM 192/24<br />
(4.608 MBd). Bereits PCM in 192/24 kann also<br />
einen höheren Informationsgehalt speichern<br />
und transportieren als ein SACD-DSD-Signal.<br />
„DSD kommt ohne analoge Filter aus“: Das<br />
ist völliger Blödsinn. Ein DSD Signal hat aufgrund<br />
des unabdingbaren DSD-Noiseshapings<br />
oberhalb 20kHz einen so gewaltig ansteigenden<br />
Rauschteppich, dass es ungefiltert<br />
kaum auf Verstärker, geschweige denn auf<br />
Lautsprecher losgelassen werden kann. In der<br />
Praxis ist also zumindest ein Filter 2. Ordnung<br />
bei einer Einsatzfrequenz irgendwo zwischen<br />
60 und 90 kHz erforderlich. Mehr Filterung<br />
braucht es aber bei PCM 192/24 auch nicht.<br />
„Bandbreite und Dynamik von DSD sind<br />
besser“. Die nutzbare DSD-Bandbreite<br />
liegt bei maximal 100kHz. Das schafft<br />
auch PCM192/24. DSD erreicht ca.120dB<br />
Rauschabstand – das aber nur bei tiefen Frequenzen.<br />
PCM mit 24 Bit erreicht 144dB, und<br />
das homogen über den gesamten Frequenzbereich<br />
und ohne Tricks wie Noiseshaping.<br />
Ich sehe zudem einige indirekte Nachteile<br />
in der DSD-Technik. Da aufgrund der hohen<br />
Verbreitung von PCM Aufnahmen kaum jemand<br />
vollständig auf PCM verzichten<br />
kann, würden Kombigeräte für<br />
PCM und DSD benötigt. Technisch<br />
ist das natürlich machbar. Die Geräte<br />
werden aber komplexer, Signalwege<br />
länger, die Taktaufbereitung<br />
schwieriger und weniger effektiv.<br />
Das Gesamtergebnis wird dadurch<br />
sicher nicht besser.<br />
Bei der Formatvielfalt wäre weniger<br />
meiner Meinung nach mehr.<br />
Mehr Sicherheit mit langfristiger<br />
Konstanz würde Medienanbietern,<br />
Geräteherstellern und den Nutzern<br />
Vorteile bringen. Jedes Jahr<br />
eine neue Sau durchs Dorf zu treiben,<br />
hilft dagegen niemandem.<br />
DSD zeigt den Stand der Technik der 90er Jahre,<br />
die 1 Bit Sigma-Delta A/D und D/A Wandler<br />
waren zu der Zeit weit verbreitet. Die Wandlertechnik<br />
ist seither fortgeschritten. Heute<br />
sind die modernen Sigma-Delta Wandler in<br />
Multi-Bit (z.B. 6 Bit statt 1 Bit) realisiert. Das<br />
hat gute Gründe: Ein 1 Bit Wandler birgt inhärente<br />
Probleme mit ungenügendem Dithering<br />
und Idle Tones. Würde die SACD heute erfunden,<br />
wäre sie ein 6-Bit-Format geworden...<br />
Um eine in DSD gemachte Aufnahme bearbeiten<br />
zu können - Lautstärke, Equalizing - muss<br />
das DSD- in ein PCM-Signal gewandelt werden,<br />
z.B. in 88.2kHz/24 Bit. Im PCM Format kann<br />
es dann beliebig bearbeitet, geschnitten, eben<br />
„produziert“ werden. Das heißt, es ergibt keinen<br />
Sinn eine Aufnahme in DSD zu machen,<br />
wenn man weiss, dass die Aufnahme nachbearbeitet<br />
werden wird. Mit einem modernen<br />
A/D Wandler z.B. mit 88.2 kHz/24Bit fährt man<br />
besser. Nach der Produktion kann man die fertige<br />
Fassung immer noch in DSD konvertieren.<br />
Zu den Eigenschaften eines DSD-Signals gehört<br />
auch, dass oberhalb 20kHz der Rauschpegel stark<br />
ansteigt. Dieses Noiseshaping ist notwendig,<br />
um im Audioband einen kleinen Rauschpegel zu<br />
haben, kann aber in den nachfolgenden Verstärkern<br />
und Lautsprechern Probleme verursachen,<br />
muss also mit einem Tiefpassfilter bedämpft<br />
werden. In einem DSD D/A Wandler geschieht<br />
dies im Analogbereich, vor dem Ausgang des<br />
Wandlers. In einer Kette mit einem DSD/PCM<br />
Wandler und PCM-D/A Wandler geschieht dies<br />
im DSD/PCM-Wandler, also im Digitalbereich.<br />
Ich denke, eine Diskussion DSD vs. PCM erübrigt<br />
sich. DSD ist eine weitere Variante Musik<br />
zu speichern, neben PCM, Schallplatte,<br />
Magnetband, MP3, usw. Alle Formate haben<br />
ihre Berechtigung solange es Leute gibt,<br />
die ein Format aus welchen Gründen auch<br />
immer favorisieren. Geschmacksache oder<br />
auch praktische Gründe wie im Fall von MP3.<br />
Vom technischen Standpunkt her gesehen ist<br />
PCM, so ab 88.2kHz / 24 Bit, definitiv besser als<br />
DSD. Die wahren Baustellen in der Audiotechnik<br />
sind Lautsprecher und -Platzierung, Raumakustik<br />
und -korrektur, neue Paradigmen bei der<br />
Audiowiedergabe (etwa Crosstalk Cancelling)<br />
usw. Die „schneller, höher, weiter“ Entwicklung,<br />
auch bei PCM, ist komplett überflüssig.<br />
www.audio.de ›08 /2013<br />
37