Interview Heidi! (Vorschau)
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Eine Viertelstunde vor <strong>Interview</strong>beginn ist Joaquin<br />
Phoenix bereits da – und den Zigarettenstummeln im<br />
Aschenbecher nach zu urteilen sogar schon länger.<br />
Der 38-jährige Schauspieler feiert gerade mit Paul<br />
Thomas Andersons epischem Werk The Master seine<br />
Rückkehr ins Kino, nachdem er seine Karriere mit der<br />
Mockumentary I’m Still Here erfolgreich zerstört hatte.<br />
In The Master spielt Phoenix den einigermaßen<br />
orientierungslosen Weltkriegsveteranen Freddie Quell,<br />
der wieder in die Spur zu kommen versucht. Er trifft<br />
den charismatischen Autor Lancaster Dodd, dessen<br />
rhetorische Fähigkeiten derart herausragend sind,<br />
dass er beinahe Gefahr läuft, sich mit seinen Worten<br />
selbst zu hypnotisieren – etwaige Ähnlich keiten zwischen<br />
Lancaster Dodd und dem Sciento logy-Gründer<br />
L. Ron Hubbard sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.<br />
Der Film folgt Freddie auf seiner Sinnsuche<br />
durchs Nachkriegs amerika, wobei Regisseur Paul<br />
Thomas Anderson die innere Unruhe seines Schauspielers<br />
zu beanspruchen weiß. Wahrscheinlich gibt<br />
es keinen anderen Filmemacher, der aus der Unsicherheit<br />
seiner Schauspieler so gnadenlos Nutzen zieht.<br />
Wenn Phoenix jemals ein Tagebuch über den Dreh<br />
von The Master schreiben sollte, wird wohl jeder Tag<br />
mit folgendem Eintrag beginnen: „Heute werde ich<br />
wahrscheinlich gefeuert …“<br />
IntervIew: Warst du eigentlich überrascht, als du das<br />
Drehbuch gelesen hast, diese Aneinanderreihung von<br />
Szenen und Szenen und Szenen?<br />
JoaquIn PhoenIx: Ich war vor allem verwirrt.<br />
Nein, ich war überrascht. Ich meine, es war seltsam,<br />
dass ich plötzlich das Angebot für den Film hatte. In<br />
der Regel ist es so, dass man mit der Arbeit an einem<br />
Film beginnt, dass man das Drehbuch liest und ganz<br />
nervös wird, weil man dem Regisseur unbedingt gefallen<br />
will. Aber als ich dann das erste Mal mit Paul<br />
(Thomas Anderson) und Philip (Seymour Hoffman) zusammensaß<br />
und wir gemeinsam eine Szene durchgegangen<br />
sind, war ich fest davon überzeugt, dass sie<br />
mich nicht nehmen. Ich war mir sicher, dass es nichts<br />
wird. Ich dachte nur: Ich glaub’s einfach nicht! Einmal<br />
bin ich morgens um fünf aufgestanden und habe diese<br />
eine verdammte Szene auf dem Boot einstudiert, weil<br />
ich wusste, dass wir die proben würden. Ich musste es<br />
einfach hinkriegen. Also bin ich in die nächste Probe<br />
gegangen und kam mir vor wie bei einem beschissenen<br />
Vorsprechen. Ich war mir sicher, dass Philip sagt:<br />
“<br />
Wahrscheinlich<br />
dachte er sich: Der<br />
Typ hat offensichtlich<br />
’nen Knall. Den<br />
nehme ich. Der Affe<br />
macht nämlich alles,<br />
was ich von ihm verlange.<br />
Am Ende der<br />
Dreharbeiten nannte<br />
er mich Bubbles<br />
rIder on the storm: JoaquIn PhoenIx sPIelt FreddIe quell In The MasTer …<br />
”<br />
– Joaquin Phoenix<br />
„Das funktioniert nicht.“ Und dass Paul denkt: Ich<br />
weiß. Aber ich weiß nicht, was ich tun soll. – Das mag<br />
komisch klingen, aber, hey, das ist kein Witz. Denn<br />
die Sache ist die: Philip ist ein gottverdammtes Genie.<br />
Der Typ könnte einen blöden Einkaufszettel vorlesen,<br />
und du würdest denken: Wow, wie faszinierend. Es ist<br />
einfach unglaublich, mit ihm zu arbeiten. Also war ich<br />
nur so: Scheiße, Mann. Die fragen mich, ob ich in ihrem<br />
Film mitmachen will, wir proben, und ich bin so<br />
mies, dass Paul Zweifel bekommt. Aber dann haben<br />
wir einfach weitergeprobt und am nächsten Tag darüber<br />
geredet, und dann hat Paul wahrscheinlich gedacht:<br />
Okay, lass es uns mit ihm versuchen.<br />
IntervIew: Findest du auch, dass deine Figur<br />
Freddie Quell keinen Schimmer hat, was mit ihm und<br />
um ihn herum passiert?<br />
PhoenIx: Absolut. Anfangs hab ich noch versucht,<br />
mit Paul über Freddies Motivation zu reden,<br />
um herauszufinden, warum er die Sachen macht, die<br />
er macht, aber er gab nie eine Antwort. Das war echt<br />
frustrierend. Hinzu kommt, dass ich kein Schnell-<br />
checker bin, ehrlich gesagt, habe ich eine ziemlich<br />
lange Leitung. Manchmal brauche ich einen halben<br />
Film, um herauszufinden, wovon er eigentlich handelt.<br />
Es gibt doch diese Szene, in der davon geredet<br />
wird, mit einem Drachen zu ringen. Irgendwann hatte<br />
ich kapiert, dass ich der Drache bin, da war es dann<br />
leichter, die Szene zu spielen. Ich meine, es ist wie mit<br />
meinem Hund. Mein Hund liebt mich, wir haben ein<br />
gutes Verhältnis. Aber wenn ich das blöde Tor aufmache,<br />
dann haut er einfach ab. Nicht, weil er von mir<br />
fort will, sondern weil noch immer etwas Wildes in<br />
ihm steckt. Das passiert nicht absichtlich, das ist nur<br />
Impuls. Und Impuls bedeutet auch, dass man nicht<br />
weiß, warum man etwas macht und warum man etwas<br />
gemacht hat. Freddie ist auch gar nicht klar, was ihn<br />
treibt und zieht und wohin und warum. Also, sobald<br />
mir das klar war … Deswegen meinte ich vorhin auch,<br />
dass der Film perfekt für mich war, weil er genau meinem<br />
derzeitigen Ansatz als Schauspieler entspricht.<br />
IntervIew: Und was für ein Ansatz ist das?<br />
PhoenIx: Ich will einfach offen und empfänglich<br />
für das sein, was in dem Moment passiert, ich will<br />
nichts erzwingen. Unehrlichkeit auf der Leinwand ist<br />
so hässlich. Leuten dabei zuzusehen, wie sie nur so<br />
tun als ob, ist hässlich. Damit will ich nichts zu tun<br />
haben. Alles, was sie dir als Anfänger über das Schauspielern<br />
beibringen, ist so was von falsch. Sie erzählen<br />
dir, dass du deinen Text auswendig lernen sollst, dass<br />
du dem Licht folgen musst, dass du dich immer auf<br />
die Markierungen stellst, die man für dich festgelegt<br />
hat. Aber genau das sollte man auf keinen Fall tun. Du<br />
solltest deinen Text nicht lernen, du solltest dich<br />
nicht auf deine Markierungen stellen, und du solltest<br />
nie dem Licht folgen. Meine Meinung ist: Finde das<br />
Licht!<br />
IntervIew: Seit wann arbeitest du so?<br />
PhoenIx: Kurz bevor wir mit I’m Still Here angefangen<br />
haben. Danach hat es sich verfestigt. Um<br />
Walk The Line herum habe ich eine Menge Filme gedreht,<br />
aber diese konventionelle Art von Schauspielerei<br />
hat mich einfach nicht mehr interessiert.<br />
IntervIew: Du suchst nach Aufrichtigkeit?<br />
PhoenIx: In der Schauspielerei?<br />
IntervIew: Ja … Willst du mit dieser unorthodoxen<br />
Herangehensweise vielleicht auch vermeiden,<br />
dich zu wiederholen?<br />
PhoenIx: Mir geht es darum, etwas Wahrhaf tiges<br />
zu tun, und wenn das bedeutet, dass es einer anderen<br />
Arbeit ähnelt, die ich bereits gemacht habe, ist das<br />
kein Problem. Das ist mir sogar scheißegal. Mir ist<br />
wichtig – ach, wenn ich nur wüsste, was mir wichtig<br />
ist. Es ist eher ein Gefühl, dem ich hinterherjage. Und<br />
ich glaube, dass ich diesem Gefühl näherkomme,<br />
wenn es so wenig Kontrolle wie möglich gibt, aber<br />
dafür eine gewisse Dosis Gefahr. Ansonsten würde ich<br />
eine Szene zigmal wiederholen, dies und das verändern,<br />
mit dem Ergebnis, dass es unglaublich clever<br />
und klugscheißermäßig wirken würde. Aber das kann<br />
ich bei Schauspielern nicht ausstehen. Das kann ich<br />
auch an mir selbst nicht ausstehen. Wenn ich mir alte<br />
Filme von mir anschaue, denke ich: Du machst doch<br />
dieses komische Gesicht nur, um zu zeigen, dass du<br />
irre wütend bist, und dieses komische Gesicht hältst<br />
du jetzt direkt in die Kamera. Es ist beschämend. Ich<br />
habe Paul gleich zu Beginn gesagt: „Ich werde mein<br />
Spiel nicht verfeinern, ich werde nicht versuchen, es<br />
anzupassen. Ich werde versuchen, ein Gefühl für die<br />
Szene zu finden, und du musst mir sagen, ob ich Gas<br />
geben kann oder ob das alles zu viel ist.“ Manchmal<br />
hat man zu viel Energie, dann klappt es nicht.<br />
IntervIew: Und das ist kein Problem?<br />
Fotos (2): Senator Entertainment AG<br />
Phoenix: Ich habe natürlich Glück, weil ich mit<br />
diesen großartigen Regisseuren arbeiten kann, die mir<br />
ermöglichen, das zu tun, was ich tue. Nämlich die<br />
Wahrheit in etwas zu finden, und genau darum geht es<br />
ihnen auch. Wenn es Regisseuren um etwas anderes<br />
geht, dann kann man es vergessen. Regisseure sind alles,<br />
Schauspieler sind egal. Es ist so lustig, wenn Leute<br />
von großartigen Schauspielern sprechen und die<br />
Schauspieler dann anfangen, an ihre Großartigkeit zu<br />
glauben. Als Schauspieler ist man nur die Geisel des<br />
Regisseurs. Der Regisseur ist die wichtigste Person<br />
für mich, für ihn arbeite ich, mein Job ist es, seine<br />
Vision zum Leben zu erwecken. Mir gefällt es, Angestellter<br />
zu sein. Ich mag es, andere Leute glücklich zu<br />
machen. Wenn es mir nicht gelingt, bin ich am Boden<br />
zerstört.<br />
interview: Geht es dir darum, den Regisseur<br />
glücklich zu machen, oder um dein eigenes Glück?<br />
Phoenix: Ich werde wahrscheinlich nie glücklich<br />
sein … Obwohl, das ist natürlich Quatsch. Es ist so:<br />
Wenn ich mit einer Sache, die ich gemacht habe, richtig<br />
glücklich bin, dann ist sie wirklich schlimm. Ohne<br />
Ausnahme. Wenn ich eine Szene gespielt habe und<br />
denke: Super, das hat gesessen! – dann war das garantiert<br />
die schlimmste Szene überhaupt.<br />
interview: Ach so.<br />
Phoenix: Es steckt natürlich immer viel Geld in<br />
den Filmen, weshalb jeder auf Nummer sicher gehen<br />
und alles unter Kontrolle haben will. „Wir wollen<br />
wissen, dass an dieser Stelle der dritte Akt beginnt und<br />
dass der Typ eine Rede vor den Geschworenen hält,<br />
und diese Rede muss knallen, die muss einfach sitzen.“<br />
Genau das hasse ich so sehr: Das etwas sitzen<br />
muss. Natürlich beeindruckt es mich, wenn einer so<br />
spielen kann, dass es sitzt. Aber so will ich nicht sein.<br />
Ich will in den Gerichtssaal gehen und das Gefühl haben,<br />
dass ich den Fall möglicherweise verliere. Ich will<br />
Angst haben. Und diese Angst habe ich auch immer<br />
noch. Ich bin jetzt 38 und spiele seit 30 Jahren. Aber<br />
am Tag vor Drehbeginn wird mir immer noch<br />
schlecht, und die Wochen davor habe ich panische<br />
Angst. Man muss mir beschissene Schwämme unter<br />
die Achselhöhlen kleben, damit der Schweiß nicht die<br />
Klamotten nass tropft. Und zwar für die ersten drei<br />
Wochen des Drehs.<br />
interview: Kann es sein, dass du in deinen letzten<br />
Filmen Two Lovers, I’m Still Here und jetzt The<br />
Master vorzugsweise Typen spielst, die keine Ahnung<br />
haben, wohin sie gehen? Steckst du in einer Phase der<br />
Ahnungslosigkeit?<br />
Phoenix: Vielleicht, keine Ahnung. Für mich als<br />
Schauspieler sind diese Filme einfach interessanter.<br />
interview: Hat die Arbeit mit Casey Affleck an<br />
I’m Still Here Spaß gemacht?<br />
Phoenix: Ja und nein. Wir haben uns oft gestritten.<br />
Es ist ziemlich schwer, mit jemandem zu arbeiten,<br />
mit dem man so gut befreundet ist – und er ist mein<br />
bester Freund. Ich respektiere das, was er macht. Als<br />
wir jung waren, war es mein Traum, mit ihm gemeinsam<br />
zu drehen. Aber bei dem Film war es schwierig,<br />
weil Casey die Sache geheim halten wollte und ich<br />
manchmal zu feige war und meinte: „Kann ich nicht<br />
wenigstens meinen Freund anrufen, der schon seit einem<br />
Monat versucht, mich zu erreichen? Nur um ihm<br />
zu sagen, dass er sich keine Sorgen machen muss?“<br />
Deswegen gab es zum Beispiel Streit. Eigentlich war<br />
der Film ja nur als grandioser, schlechter Saturday<br />
Night Live-Sketch gedacht. Aber Casey wollte, dass<br />
ich in die Öffentlichkeit trete und mich so schlimm<br />
blamiere, wie es geht. Casey liebt Peinlichkeiten, das<br />
ist sein Humor. Also hat er mich ständig gedrängt. Oft<br />
sagte ich: „Keine Chance. Ich werde mich nicht in Las<br />
Vegas auf die Bühne stellen.“ Dann habe ich es doch<br />
getan. Anschließend kamen die <strong>Interview</strong>anfragen,<br />
also habe ich auch diese komischen <strong>Interview</strong>s gegeben.<br />
Um die Sache am Laufen zu halten.<br />
interview: Mit dem Auftritt bei Letterman zum<br />
Beispiel?<br />
Phoenix: Ja, aber auch für Zeitungen und Magazine.<br />
Ich habe wirklich die schlimmsten Dinge gesagt.<br />
Hinterher dachte ich nur: Das wird mir noch Ewigkeiten<br />
nachhängen. Andererseits war die Arbeit an<br />
dem Film großartig. Casey hat mich immer weiter<br />
angespornt, ohne ihn hätte ich das nicht machen können.<br />
Und der Film hat mir viel Aufmerksamkeit beschert,<br />
so viel Aufmerksamkeit hatte ich noch nie.<br />
interview: Du bist offenbar der Typ, der sich in<br />
ein Auto setzt und Spaß daran hat, mit hundert Sachen<br />
rückwärts zu fahren.<br />
Phoenix: Es war toll. Wir haben Sachen gemacht,<br />
die nicht wiederholbar wären. Es gibt da diese Szene,<br />
wo ich mit 500 Leuten in einem Club bin. Und da war<br />
dieser eine Typ, ein Freund von Casey, den haben wir<br />
im Publikum platziert. Ich meinte zu ihm: „Bleib in<br />
der Nähe der Bühne, sonst finde ich dich nie.“ – Ich<br />
stand auf der Bühne, es war stockdunkel, und dann<br />
musste ich mit dem Song anfangen. Hinterher sollte es<br />
noch eine Schlägerei mit diesem Typen, dem Freund<br />
von Casey, geben. Du kannst dir meine Panik vorstellen.<br />
Ich habe gezittert, aber es war ein unglaubliches<br />
Gefühl. Dummerweise wäre der Typ, mit dem ich<br />
mich schlagen sollte, beinah nicht an den Türstehern<br />
vorbeigekommen. Er musste sich den Weg bis zur<br />
ersten Reihe freikämpfen. Fast wäre er zu spät gekommen.<br />
Auch die Szene mit Diddy war großartig.<br />
interview: Wusste Diddy, dass es sich um eine<br />
fiktive Dokumentation handelt?<br />
Phoenix: Ja, er wusste es von Anfang an. Wir sind<br />
nach Miami gefahren und haben ihm von unserer Idee<br />
erzählt und er meinte: „Du solltest nicht nur so tun,<br />
als ob du rappen würdest, du solltest tatsächlich versuchen,<br />
Songs zu schreiben. Versuche, die Sache ernst<br />
zu nehmen.“ Die Songs haben wir ihm dann vorgespielt.<br />
Beim Dreh hat er so getan, als hätte er von<br />
der ganzen Sache noch nie gehört. Er ist ein verdammtes<br />
Genie.<br />
interview: Es muss schwer sein, wieder einen<br />
herkömmlichen Film zu drehen, wenn man vorher etwas<br />
gedreht hat, bei dem man eigentlich alles spontan<br />
erfunden hat.<br />
Phoenix: Ja, aber genau das ist die Idee, dass man<br />
das auch bei einem herkömmlichen Film versucht.<br />
interview: Weißt du, ob Paul I’m Still Here gesehen<br />
hat?<br />
Phoenix: Ja, deswegen habe ich die Rolle in The<br />
Master ja bekommen. Wir haben bei unserem ersten<br />
Treffen darüber geredet.<br />
interview: Weißt du noch, was er damals gesagt<br />
hat?<br />
Phoenix: Nicht so genau. Wahrscheinlich dachte<br />
er sich: Der Typ hat ganz offensichtlich ’nen Knall.<br />
Den nehme ich. Der Affe macht nämlich alles, was ich<br />
von ihm verlange. Toll, ich werde ihm sagen, dass er<br />
sich mit Scheiße bewerfen soll. Das wird toll. – Und<br />
genau das ist auch passiert. Gegen Ende der Dreharbeiten<br />
hat er mich nur noch Bubbles genannt. Er<br />
war nur so: „Mal sehen, was mein kleiner Affe sonst<br />
noch für mich macht“ (macht Affengeräusche).<br />
interview: Wie war es, als du den Leuten erzählen<br />
musstest, dass du von der Schauspielerei die<br />
Schnauze voll hast?<br />
Phoenix: Nun ja, zu einem gewissen Teil war es<br />
ja auch wahr. Ich mag es nicht, am Set zu sein, ich mag<br />
die Warterei nicht, ich mag es nicht, den ganzen Tag<br />
Smalltalk zu führen, weil man ständig von mehr als 60<br />
Leuten umgeben ist. Ein Grund, warum wir den Film<br />
gemacht haben, war ja, dass sowohl Casey als auch ich<br />
jedes Mal von einem Dreh nach Hause kamen und wir<br />
dachten: Es reicht. In der Hinsicht war I’m Still Here<br />
der ultimative Erfolg, weil ich meine Karriere damit<br />
komplett zerstört habe. Aber das war Absicht. Der<br />
Film war das Beste und wird das Beste sein, was ich<br />
mache.<br />
interview: Und was passiert, wenn jetzt die Oscar-Saison<br />
beginnt?<br />
Phoenix: Du spinnst.<br />
interview: Ich dachte, wir reden die ganze Zeit<br />
darüber, dass du derjenige bist, der spinnt. Abgesehen<br />
davon: Du bist für The Master nominiert.<br />
Phoenix: Ach, das ist alles Bullshit, damit will ich<br />
nichts zu tun haben. Die Zeit, als ich mit Walk The<br />
Line für alle möglichen Dinge nominiert war, ist eine<br />
der schlimmsten Phasen meines Lebens gewesen. An<br />
einer Wiederholung besteht keinerlei Bedarf. Ich bin<br />
nicht der 20-Millionen-Dollar-Schauspieler. Ich habe<br />
Angst. Wenn du mir den Ring geben würdest, keine<br />
Ahnung, ob ich ihn nehmen würde und ihn nach<br />
Ozamorph tragen könnte, oder wie auch immer man<br />
diesen Ort nennt.<br />
… einen ziemlich verwirrten weltkriegsveteran und transzendental-obdachlosen<br />
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