26.02.2014 Aufrufe

Orkus! VNV Nation (Vorschau)

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Augenaufschlag<br />

Wie lange mag es her sein, seit die letzten Töne von Unverwandt<br />

verklungen sind? Tage? Jahre? Übermorgen? Sind wir zurückgesprungen<br />

oder nach vorn? Sind die eiskalten urbanen Legenden der fremd nur ein<br />

böser Traum gewesen, oder erwacht der Protagonist – wie oft zuvor – nur<br />

wieder in einer anderen, aber nicht minder grausamen Wirklichkeit? Sein<br />

erneutes Auftauchen ist nicht nur metaphorisch zu sehen, sondern als<br />

tatsächliches Durchs-Wasser-an-die-Oberfläche-Gleiten. Fühlst Du Dich<br />

nicht auch oft so, wenn Du morgens aus den tiefen Wäldern (oder von<br />

eiskalten Stränden) der Traumlande zurückkehrst, als würde Dein Geist<br />

zurück in Deine Haut schlüpfen? Doch Vorsicht ist angebracht, sonst<br />

wirst Du alsbald von der Realität eingeholt und wirst wieder zur<br />

Kreatur mit der stählernen Maske<br />

Die leicht „Dumasierte“ Titelgebung ist das komplette Vorspiel und<br />

zeichnet mit der kollektiven Erzählungserfahrung das Bühnenbild für<br />

unseren Kerker. Ein theatralisch augenzwinkerndes „Schockschwerenot!“<br />

erschallt und zeigt uns gleich zu Beginn, dass trotz aller Melancholie<br />

und Tristesse der geschundene Protagonist genauso wie der Hörer nicht<br />

ganz ohne Galgenhumor „ans Werk gehen“ sollte. Schwermetall in der<br />

Erzählung und als musikalische Ausdrucksform. Vom Tragen der Maske<br />

alleine kann doch der Nacken nicht so schmerzen?<br />

Aufbruchstimmung<br />

Ausbruchsstimmung oder Aufbruchstimmung? Hat nicht irgendein<br />

zweitklassiger Songschreiber mal getextet: „Nur wer sich öffnet für den<br />

Schmerz, lässt auch die Liebe mit hinein“ (oder „herein“, wenn er sich<br />

selbst meint)? Hier kommt die böse Überraschung: Nur wer sich unter<br />

Schmerzen aufmacht, lässt sie auch heraus (oder eben „hinaus“, wenn sie<br />

sich im Zickzack davonmacht). Eigentlich ein echter Schocker, diese ganze<br />

Selbstzerfleischung. Da kommt noch was nach, wart’s nur ab!<br />

Wanderer<br />

Und nun? Wandert er nun ganz ohne Herz durch die Welt? Fragt sich<br />

das denn keiner? Der ein oder andere mag an den „ewigen Wanderer“<br />

denken. Darf er. Muss er aber nicht. Fast auf dem gesamten Album konnte<br />

ich mir offensichtliche Sozialkritik verkneifen, als Präventivschutz gab es<br />

dafür ja die GeistErfahrer. Aber wer mit offenen Augen durch die Welt<br />

wandert, der kann einfach nicht anders, der muss die Öfen erkennen und<br />

nennen. Der Song ist schuld, dass wir nun die Akustikklampfe mit auf<br />

Tour nehmen müssenwollendürfen.<br />

Schneefall in der Hölle<br />

Da ist die Romantik bis zur äußersten Kitschgrenze mit mir<br />

durchgegangen, und nur die bleierne Schwere der Gitarren konnte uns<br />

vorm Zuckergussfall in der Hölle bewahren, haha. Anmerkung: Dies hätte<br />

der einzige englische Titel werden können auf dem Album, denn die<br />

englische Sprache verschleiert ja gerne viel textliche Schmerzgrenzen. Aber<br />

ich wollte lieber dazu stehen. Eigentlich ist dies das traurigste Lied auf<br />

dem ganzen Album. Der Erzähler darf gar nicht selbst am romantischen<br />

Geschehen teilnehmen [okay, manche Leute stört das nicht, aber es geht<br />

hier nicht um diese Art Beobachter], sondern freut sich nur mit einem<br />

lachenden und einem weinenden Auge beinah postalisch entfernt über<br />

das kurze Glück der Liebenden, die sich nur für eine einzige Nacht lieben<br />

dürfen und dann getrennte Wege gehen müssen. Aber ist es nicht bei uns<br />

allen so? Währt die Liebe nicht eigentlich immer nur eine Nacht? Oder,<br />

besser gesagt: Sollte man nicht stets so hemmungslos lieben, als wäre alles<br />

am nächsten Morgen schon vorüber?<br />

Die Löcher in der Menge<br />

Allgemein bekannt sein dürfte ja bereits die Tatsache, dass ich mich von<br />

einer Szene aus dem Roman Arkadien erwacht von meinem Freund Kai<br />

Meyer inspirieren ließ. Ich fand die Stelle im Roman wirklich gruselig<br />

und konnte mich danach beim Lesen kaum noch auf die eigentliche<br />

Handlung konzentrieren, weil das Gesagte noch lange in meinem Kopf<br />

herumspukte. Es passte wunderbar in das MASKENHAFT-Konzept. Die<br />

Idee, den Menschen die Welt mit einer zweiten, parallel existierenden,<br />

mächtigen und intelligenten Spezies teilen zu lassen, die darauf lauert, im<br />

richtigen Moment zuzuschlagen und die Vorherrschaft zu übernehmen,<br />

mag zwar nicht ganz neu sein, aber für mich barg das Thema eine Fülle<br />

108 - <strong>Orkus</strong>!

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!