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Orkus! VNV Nation (Vorschau)

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„In gewisser Weise<br />

bin ich den Drogen sogar dankbar.“<br />

Endlich lernt es laufen... Das jüngste Placebo-Album Loud Like Love ist offiziell erhältlich, die Band wieder da, wo sie hingehört –<br />

auf dem Thron der hedonistischen Indie Rock-Szene, an der Spitze aller androgynen Weltstars. Mit einem Unterschied: Neuerdings<br />

ist man bescheiden geworden, vorbei sind die Tage der narzisstischen Grenzerfahrung. Dass das dem Material nicht geschadet hat,<br />

legten wir bereits in unserer letzten Ausgabe dar. Dunkle Spuren seien jedoch auch auf diesem Werk zu finden, bekennt Brian Molko.<br />

<strong>Orkus</strong>: Bei allem Optimismus auf Loud Like<br />

Love: Ein Lied wie Bosco mit seinem erschütternd<br />

intimen Text aus der Perspektive eines Alkoholikers<br />

entwirft ein sehr morbides Liebesbild. War<br />

es befreiend, solch ein persönliches Stück zu<br />

schreiben?<br />

Brian Molko: In gewisser Weise war es das<br />

tatsächlich, ja. Jeder Künstler träumt davon, das<br />

hinter sich zu lassen, was die Leute in ihm sehen.<br />

Ein solches Stück zu schreiben, erfordert ein<br />

großes Maß an Verwundbarkeit, und Bosco ist der<br />

verletzlichste Moment unserer gesamten Karriere.<br />

Dieser Song transzendiert uns und wird zu etwas<br />

Allgemeingültigem, zu etwas, das die weitere<br />

Karriere von Placebo definiert.<br />

O: Du singst nicht zum ersten Mal offen über<br />

Sucht und Abhängigkeit, hast diese Themen<br />

aber selten in derart unmissverständliche Worte<br />

gekleidet. Fällt es dir schwer, Alkohol und Drogen<br />

in deinen Lyrics anzusprechen?<br />

BM: Mir ist es wichtig, all meine persönlichen<br />

Erfahrungen durch das Prisma des Songwritings zu<br />

schicken. Dazu gehören auch Alkohol und Drogen.<br />

Das Album ist im Grunde eine lose Sammlung<br />

von zehn Kurzgeschichten, die aus meinem<br />

Seelenleben erzählen. Es ist allerdings nötig, dass<br />

ich diese Erfahrungen in der künstlerischen Form<br />

eines Liedtexts wiedergebe. Einfach eine Seite<br />

aus meinem Tagebuch zu reißen, würde nicht<br />

funktionieren. Das würde sich nur anfühlen,<br />

als wollte ich meine schmutzige Wäsche in der<br />

Öffentlichkeit waschen. Viele dieser Erlebnisse<br />

sind einfach zu emotional, also muss ich eine Story<br />

um sie herum spinnen.<br />

O: Ihr habt alle vor Jahren aufgehört, Drogen zu<br />

konsumieren. Kann Liebe ein Ersatz dafür sein?<br />

BM: Als ich mich entschied, eine spirituelle<br />

Dimension in mein Leben zu lassen, geschah<br />

der Rest von ganz allein. Wenn du wirklich zu<br />

dir selbst vordringen willst, ist es nicht gerade<br />

hilfreich, nächtelang am Stück durchzufeiern. Als<br />

ich das einsah, war es plötzlich ganz leicht.<br />

O: Wann genau war das?<br />

BM: Das kann ich nicht mehr genau sagen.<br />

Vieles aus dieser Phase ist für mich nur noch<br />

verschwommen wahrnehmbar. Auch deshalb bin<br />

ich froh, da rausgekommen zu sein. Trotzdem wäre<br />

es schädlich, jene Zeit einfach zu ignorieren. Damit<br />

würde ich es mir zu leicht machen, außerdem<br />

konnte ich sehr viel daraus lernen.<br />

O: Demnach betrachtest du diese Erfahrungen<br />

nicht als Fehler?<br />

BM: Absolut nicht. In gewisser Weise bin ich all<br />

den Drogen sogar dankbar.<br />

O: Deswegen dieses Emotionskaleidoskop auf<br />

dem Album? Von himmelhoch jauchzend bis zu<br />

Tode betrübt ist wahrlich alles dabei...<br />

Steve Forrest: Das stimmt. Auch ich sehe<br />

das Album wie eine Skala von eins bis zehn. Mit<br />

Loud Like Love beginnt es sehr erhebend und<br />

endet bei Bosco ganz tief unten. Die Ehrlichkeit<br />

dieses Albums war für uns alle eine gewaltige<br />

Herausforderung, weil es ungemein schwer war,<br />

sich nicht wieder abzuschotten. Wir halfen uns<br />

gegenseitig dabei, unsere bequemen Ecken zu<br />

verlassen, um etwas wirklich Neues zu erschaffen.<br />

Das bedeutete Blut, Schweiß und Tränen... aber<br />

auch ein überwältigendes Triumphgefühl.<br />

O: Warum war es ausgerechnet jetzt Zeit für diesen<br />

Schritt hinaus aus den bequemen Ecken?<br />

SF: Eigentlich ist es immer Zeit für diesen Schritt,<br />

jedoch hat man nicht immer die Kraft dazu. Hier<br />

hatten wir aber das nötige Durchhaltevermögen,<br />

um diesen teils sehr schmerzhaften Prozess<br />

durchzustehen. Das geschafft zu haben, ist ein<br />

äußerst glorreiches Gefühl.<br />

O: Mittlerweile ist das Album erschienen. Habt ihr<br />

dem Releasetermin entgegengefiebert?<br />

BM: Das kannst du laut sagen! Allerdings war die<br />

Spanne zwischen der Fertigstellung des Materials<br />

und seiner Veröffentlichung auch eine Zeit des<br />

Schreckens, die viel Raum für die schlimmsten<br />

Befürchtungen ließ. Klar, wir lieben das Album<br />

und sind stolz darauf, doch was wäre, wenn es<br />

plötzlich unseren Fans nicht gefällt? Ich fühlte mich<br />

wie in einer Art Vorhölle, einer Blase. Sobald das<br />

Werk herauskommt, gehört es eh nicht mehr uns,<br />

und wir können nichts mehr an ihm ändern. Aber<br />

diese Spanne dürfte gerne ein wenig kürzer sein.<br />

<strong>Orkus</strong>! - 25

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