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Fräulein Sophie Auster (Vorschau)

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antifräulein<br />

Illustration: Katrin Funcke, Text: Wäis Kiani<br />

Asma al-Assad<br />

Karriere als Bankerin in London. Doch dann heiratete<br />

die Arzttochter Syriens Diktator Baschar al-Assad und entschied sich, eine moderne<br />

Eva Braun zu werden: Sie weicht nicht von der Seite ihres Mannes, während dieser Männer,<br />

Frauen und Kindern schlachten, foltern und vergewaltigen lässt – sondern bestellt<br />

eiskalt Designerklamotten im Internet.<br />

S<br />

tand by your man“ heißt der<br />

Titel eines Welthits aus den<br />

Sixties, nie aus der Mode gekommen<br />

und vielfach gecovert.<br />

Er ist, wie uns scheint, das Motto unseres<br />

diesmaligen Antifräuleins Asma al-Assad,<br />

Ehefrau des syrischen Massenmörders<br />

Baschar al-Assad. Wir konnten Asma verstehen<br />

(die als hochwohlgeborene<br />

Akademikertochter in London aufwuchs,<br />

Informatik und Französisch studierte,<br />

es sogar zu einer Bankerinnen-Karriere<br />

gebracht hatte), dass sie dem Werben eines<br />

der mächtigsten Männer des Nahen<br />

Ostens nicht widerstehen konnte und zu<br />

seiner Ehefrau wurde. Wir haben es begrüßt,<br />

als sie nach ihrer Hochzeit im Jahr<br />

2000 erfolgreich das Bild eines modernen<br />

Syriens verkaufte. Wir freuten uns über<br />

ihre gepflegte und durchaus solide Erscheinung,<br />

ebenso über ihre teuren, wenn<br />

auch nicht unbedingt geschmackvollen<br />

Designer-Outfits.<br />

Wir finden, eine Präsidentengattin hat es<br />

durchaus verdient, teuer angezogen zu<br />

sein, auch wenn nicht jede über den<br />

unvergessenen Stil einer Farah Diba, der<br />

Ex-Kaiserin Persiens, verfügen kann.<br />

Aber die liberale Schabanu auf dem Pfauenthron<br />

hat nicht nur mit ihrer Kleidung<br />

Stil bewiesen, sondern auch in dem<br />

Moment, als das Volk, als islamistische<br />

und maoistische Bewegungen gegen den<br />

Monarchen aufbegehrten. Sie zog einen<br />

eleganten cremefarbenen Cashmeremantel<br />

mit einem breiten Fuchschwanzkragen<br />

an und verließ 1979 mit ihrem<br />

Gatten traurig und gefasst das Land.<br />

Eiskalt zuzusehen, wie ihr Mann Tausende<br />

von Männern, Frauen und Kindern auf<br />

grausamste Art abschlachtet, viele von<br />

ihnen in Gefängnissen foltern und vergewaltigen<br />

oder verschleppen lässt, damit<br />

sie auf ihrem Thron sitzen bleiben und<br />

sich weiterhin an Haute Couture von<br />

Ungaro erfreuen kann, hätte auch nicht zu<br />

ihrem umwerfenden Vogue-Titelbild-<br />

Look gepasst.<br />

Nun, Asma al-Assad kam zwar nie auf<br />

dem Vogue-Titel, aber wurde immerhin in<br />

einem ausführlichen Porträt in der US-<br />

Ausgabe als die frischeste und modernste<br />

aller First Ladies verklärt. Als der Artikel<br />

„Die Rose in der Wüste“ im Februar 2011<br />

erschien, waren die Massaker in Syrien jedoch<br />

schon in vollem Gange.<br />

Mittlerweile wurde Asma in mehreren<br />

internationalen Petitionen aufgefordert,<br />

etwas gegen die Zustände in ihrem Land<br />

zu unternehmen, dem sinnlosen Schlachten<br />

ein Ende zu bereiten oder zumindest<br />

die Kinder zu retten, die wirklich für nichts<br />

etwas können. Mehrere Ehefrauen wichtiger<br />

UN-Botschafter haben sogar ein aufwändiges<br />

Video produziert, in dem Asma<br />

mit Worten und Bildern dazu aufgefordert<br />

wird, endlich gegen das Blutvergießen<br />

anzugehen.<br />

Wir wissen, dass Asmas Wort nicht einflussreich<br />

genug ist, um die Gewalt in<br />

Syrien zu beenden. Aber wir sind uns auch<br />

sicher, dass sie eine Veränderung erreichen<br />

kann - wenn sie es nur versuchen<br />

Wir wissen, dass Asmas Wort nicht einflussreich<br />

genug ist, um die Gewalt in Syrien zu beenden. Aber<br />

wir sind uns auch sicher, dass sie eine Veränderung<br />

erreichen kann - wenn sie es nur versuchen würde.<br />

würde. Aber wir wissen, dass sie es gerade<br />

nicht versucht, weil sie derselben Ansicht<br />

ist wie ihr machtbesessener Mann: Dass<br />

nämlich Störenfriede, die an der Autorität<br />

des Erb-Präsidenten rütteln wollen, wie<br />

lästige Insekten vernichtet werden<br />

müssen. Denn es geht nicht allein um die<br />

Autorität ihres Gatten, sondern auch um<br />

ihren eigenen Status und die Angst vor der<br />

Guillotine. Asma möchte um alles in der<br />

Welt nicht zu der Liga der verschmähten<br />

und vertriebenen Sippschaft von Ex-Diktatoren<br />

gehören, sich mit Frau Gaddafi, Frau<br />

Saddam Hussein und bald Frau Ahmadinejad<br />

in eine Reihe stellen und ihr restliches<br />

Leben verstecken müssen. Denn wer würde<br />

sie dann ansehen, wie sie ihre Net-a-porter-Bestellungen,<br />

die sie unter falschem<br />

Namen bezahlt hat, hochmütig und trotzig<br />

trägt? Niemand. Und das ist die Antwort<br />

auf die Frage, warum sie nichts unternimmt,<br />

sondern es vorzieht, als eine Art<br />

moderne Eva Braun in die Geschichte<br />

einzugehen. Ende<br />

Asma al-Assad wurde 1975 in London geboren und ist seit<br />

2000 mit dem syrischen Diktator Baschar al-Assad<br />

verheiratet. Zuvor studierte sie am King’s College London<br />

Informatik und arbeitete als Finanzanalystin für die<br />

Deutsche Bank und JPMorgan Chase&Co. Mit ihrem Mann<br />

hat sie drei Kinder, der älteste ist zehn Jahre alt. Ihr einstiges<br />

Image als „Lady Di des Ostens“ ist schwer angeschlagen,<br />

weil sie zu Folter und Massakern in Syrien schweigt.<br />

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