Pelé - FIFA.com
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TURNING POINT<br />
“Die Flucht gab<br />
mir Perspektiven”<br />
Im Alter von vier Jahren flüchtete sie<br />
mit ihrer Familie aus dem Kosovo.<br />
Der Neuanfang war hart, gab Fatmire<br />
Alushi aber Perspektiven. Heute ist<br />
die 25-Jährige eine Leaderin in der<br />
deutschen Nationalmannschaft.<br />
Im Tor war ich als Mädchen am besten aufgehoben.<br />
Dies empfanden zumindest die<br />
anderen Kinder so. Aber ich hatte keinen<br />
Spass daran, immer nur nach dem Ball zu<br />
hechten. Ich wollte dribbeln, flanken, Tore<br />
schiessen. Es dauerte eine Weile, bis ich<br />
mich bei den Jungs durchsetzen konnte. Als sie<br />
dann merkten, dass es gar nicht so schlecht<br />
stand um meine Qualitäten am Ball, wurde ich<br />
als Feldspielerin eingesetzt. Es kam sogar so<br />
weit, dass sich die Jungs stritten, wer mich im<br />
Team haben durfte.<br />
Warum gerade Fussball? Viele Leute denken,<br />
das hätte sich so ergeben, weil ich einen<br />
jüngeren und einen älteren Bruder habe. Aber<br />
das ist nicht so. Fussball war von Anfang an<br />
meine grosse Leidenschaft, so wie ich es liebte,<br />
auf Bäume zu klettern oder herumzutollen. Ich<br />
bin in einer Sportlerfamilie aufgewachsen, meine<br />
Mutter spielte Volleyball, mein Vater Fussball.<br />
Es ist mein Naturell, mich viel zu bewegen.<br />
Als Wendepunkt in meinem Leben sehe ich<br />
unsere Flucht aus dem Kosovo im Jahr 1992.<br />
Damals war ich vier Jahre alt. Obwohl ich meine<br />
Heimat im Herzen trage, ist es schwer vorstellbar,<br />
dass ich an meinem Geburtsort Gjurakovc<br />
auch eine wirkliche Chance bekommen<br />
hätte, was den Fussball angeht. Sicher hätte ich<br />
irgendwo gekickt und Spass gehabt. Aber die<br />
Möglichkeit, mich zu entwickeln und mein Potenzial<br />
auszuschöpfen, gab mir Deutschland.<br />
Der Neustart nach der Flucht war schwierig<br />
und hart. Zunächst wohnten wir in einem Asylheim<br />
in Remscheid und kannten fast niemanden.<br />
Meine Eltern mussten sich von Verwandten<br />
Geld leihen, damit wir über die Runden<br />
kamen. Erst als sie Arbeit fanden, suchten wir<br />
einen Ort, um uns niederzulassen. Der Ort<br />
hiess Mönchengladbach. Dort legte ich das<br />
Fundament für meine Laufbahn.<br />
Meine Eltern leben noch in Mönchengladbach<br />
und besuchen regelmässig meine Spiele.<br />
Wenn ich zurückdenke, fällt es mir schwer,<br />
einen Höhepunkt in meiner Karriere hervorzuheben.<br />
Der WM-Titel 2007 ist unvergesslich.<br />
Aber auch die Triumphe an den Europameisterschaften<br />
(2009, 2013) oder die Erfolge mit Turbine<br />
Potsdam (zwei Meistertitel und ein Champions-League-Titel)<br />
sind wertvoll für mich.<br />
Ich bin erst 25 Jahre alt und möchte nach meinem<br />
Comeback letzten Sommer (nach einem<br />
Kreuzbandriss 2012, die Red.) noch mehr erreichen<br />
– mit dem 1. FFC Frankfurt und dem Nationalteam.<br />
Meine Vergangenheit war erlebnisreich.<br />
Vielleicht kann ich eines Tages meinen eigenen<br />
Kindern weitergeben, was ich als Mädchen bekommen<br />
habe. Die Chance auf eine Zukunft<br />
mit Perspektiven. Å<br />
Aufgezeichnet von Alan Schweingruber<br />
Name:<br />
Fatmire “Lira” Alushi<br />
Geburtsdatum, Geburtsort:<br />
1. April 1988, Gjurakovc<br />
Position:<br />
Offensives Mittelfeld<br />
Stationen:<br />
1996–1997 DJK/VfL Giesenkirchen (Jugend)<br />
1997–2004 Mönchengladbach (Jugend)<br />
2004–2009 FCR 2001 Duisburg<br />
2009–2011 1. FFC Turbine Potsdam<br />
seit 2011 1. FFC Frankfurt<br />
Nationalteam:<br />
67 Einsätze, 15 Tore<br />
Persönlichkeiten des Fussballs<br />
erzählen von einem wegweisenden<br />
Moment in ihrem Leben.<br />
THE <strong>FIFA</strong> WEEKLY<br />
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