28.02.2014 Aufrufe

Internet Magazin Web and the City (Vorschau)

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

internet magazin 2014 » 03<br />

27<br />

sant. Schon die Zahl der Journalisten sinkt ja, die<br />

Nachrichtenagenturen liefern alles Wichtige in die<br />

Redaktionssysteme. Blogger sind da nur mit interessanten<br />

Gesprächen zu ködern – nicht über Zahlen,<br />

sondern über Innovationen und Ideen.<br />

»Dabei bieten wir ein Setup, das Blogger vielleicht<br />

gar nicht auf die Beine stellen können«, sagt Huh.<br />

Zwar lässt sich heute schon viel anstellen mit<br />

einem iPhone mit Mikro und Stativ, doch Daimler<br />

fährt mehrere Kameras und gute Ausleuchtung<br />

auf. Und der Sound, das Wichtigste bei jedem<br />

Video, wird nicht durch Nebengeräusche gestört.<br />

Trotz dieses Aufw<strong>and</strong>s sagt der Daimler-Kommunikator:<br />

»Das Finanzielle hält sich in Grenzen.«<br />

Eben weil die Satellitenschaltung ohnehin stattfände.<br />

»Würden wir nur diese Interviews machen,<br />

würden wir sicher auf ein Tool wie Google Hangout<br />

zurückgreifen«, glaubt Huh.<br />

Dieses aber sei eben auch nicht unproblematisch<br />

bei Produktneuvorstellungen auf Messen – denn<br />

dann werden die Datenleitungen, die sich die Messestände<br />

teilen, zum Engpassfaktor.<br />

Mit dieser Idee erfinden die Stuttgarter die digitale<br />

Welt nicht neu. Doch sie demonstrieren,<br />

dass selbst Großkonzerne einfach mal machen<br />

können. Viel zu häufig verhindert vor allem der<br />

Rechtfertigungsdruck auf Digitalverantwortliche<br />

die Umsetzung neuer Ideen. Munter werden da<br />

TV-Einschaltquoten und Zeitschriftenreichweiten<br />

mit Youtube-Abrufen und Facebook-Fanzahlen<br />

verglichen. Gerade so, als ob jeder Fernsehschauer<br />

und jeder <strong>Magazin</strong>leser tatsächlich einen Werbespot<br />

oder eine gedruckte Anzeige wahrnimmt.<br />

Dieser Rechtfertigungsdruck sorgt für Hektik und<br />

für Fehlgriffe wie bei der Bayer AG. Die hatte<br />

2012 einige inhaltlich gute Videos produziert. Um<br />

deren Abrufzahlen nach oben zu drücken, schaltete<br />

sie diese jedoch bei halbseidenen, asiatischen<br />

Seiten, bei denen Nutzer fürs Videogucken honoriert<br />

werden. Gleichzeitig hatte Bayer vergessen,<br />

bei Youtube die Statistiken auf privat zu stellen,<br />

wie der Videojournalist Markus Hündgen in seinem<br />

Blog dokumentierte. Damit entwerteten die<br />

Leverkusener ihre eigentlich prima gemachten<br />

Bewegtbildinhalte.<br />

Natürlich müssen auch in den USA die Digitalisten<br />

in Konzernen für den Erfolg ihrer Arbeit einstehen.<br />

Doch scheint es, dort gibt es mehr Geduld für das<br />

Thema. Und jene Kultur des Scheiterns, die in jedem<br />

Bericht aus dem Silicon Valley auftaucht, scheint<br />

auch in klassischen Konzernen ein wenig verankert:<br />

Ein Projekt darf schief gehen – nicht ständig, aber<br />

eben auch mal. In Deutschl<strong>and</strong> dagegen ist selbst<br />

einmaliges Scheitern oft ein Karrierekiller (oder<br />

wird so wahrgenommen).<br />

Bis sich diese Mentalität ändert, wird es noch eine<br />

ganze Zeit brauchen. Projekte wie die Daimler-Interviews<br />

zeigen, dass die Beinfreiheit für Digitalverantwortliche<br />

zumindest bei einigen Unternehmen<br />

größer wird. Fast immer wird dies mit Wohlwollen<br />

und Interesse aus dem Kreis der digitalen Multiplikatoren<br />

begleitet.<br />

Als ich das Mikro beiseite lege, wartet schon der<br />

nächste Fragensteller: Martin R<strong>and</strong>elhoff, der<br />

junge Macher des viel beachteten Blogs »Zukunft<br />

Mobilität«, für das er 2012 den Grimme Online<br />

Award erhielt. Und auch er wäre nicht hier ohne<br />

das Live-Interview.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!