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Internet Magazin Web and the City (Vorschau)

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internet magazin 2014 » 03<br />

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Haltung heraus geboren sind. Die ist weit weg vom Steinewerfen. Die Bitcoin-Pioniere<br />

berufen sich ja auf August von Hayek und Ludwig van Mises,<br />

das ist also eher ein staatsferner Ansatz.<br />

IM Die Vorteile von Bitcoins sind recht offenkundig: Geschwindigkeit, Anonymität<br />

und geringe Transaktionskosten. Existiert da ein Marktbedarf? Wie<br />

steht es mit Paid Content, also Kleinstbeträgen für Artikelabrufe und ähnliches.<br />

Da gibt es noch kaum akzeptable Mechaniken.<br />

AH Das ist genau das, was im ganzen Gegenwind, den der BVDW mit seiner<br />

Warnung geerntet hat, untergegangen ist. Grundsätzlich begrüßt der BVDW<br />

Neuentwicklungen im Bereich digitale Währungen und Bezahlsysteme. Die<br />

Nachteile der aktuellen Systeme, vor allem Kosten und Zeit, begleiten uns ja<br />

seit Jahren. Das sind hässliche Dinge. Jede neue Währung, die entsprechende<br />

Vorteile mit sich bringt, wird sehnsüchtig erwartet und – das sehen Sie<br />

richtig – vor allem im Bereich Paid Content. Die konsolidierte Verb<strong>and</strong>sposition<br />

ist, dass die Vorteile, die Bitcoin mitbringt, als Signal in die Bezahlwelt<br />

hinausgehen. Und dann gibt es zwei mögliche Weiterentwicklungen: Entweder<br />

gelingt es dem Bitcoin-System, seine Defizite zu beheben, oder es gibt<br />

etablierte oder ganz neue Marktteilnehmer, die die Bitcoin-Vorteile adaptieren.<br />

Das ist ein Weckruf. Allerdings wird St<strong>and</strong> heute auch mehr über Bitcoins<br />

geredet als damit bezahlt wird.<br />

IM Sieht der BVDW H<strong>and</strong>lungsbedarf seitens Politik und Gesetzgebung?<br />

AH Nein, zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. H<strong>and</strong>lungsbedarf entsteht,<br />

wenn Bitcoins super erfolgreich werden, und dann kümmert sich die EZB<br />

automatisch darum. Die EZB ist verantwortlich für die in Umlauf befindliche<br />

Geldmenge. Sobald Bitcoins einen nennenswerten Einfluss auf die Geldmenge<br />

haben, wird sich die EZB damit befassen.<br />

Herr Himmelreich, vielen Dank für dieses Gespräch.<br />

ten Finanzwebsites wie Finanzen.net prüfen. Und<br />

auch die Europäische Zentralbank wird mittelfristig<br />

kaum die Währungshoheit verlieren. Man geht<br />

aktuell in Frankfurt von 70.000 täglichen Bitcoin-<br />

Transaktionen weltweit aus, im Vergleich zu 25<br />

Millionen Überweisungen allein in Deutschl<strong>and</strong>.<br />

Freilich wird es spannend sein zu beobachten, wie<br />

die etablierten Institutionen und Großunternehmen<br />

mit dem Thema auf Dauer umgehen. Ebay<br />

hat die Integration schon angekündigt, die großen<br />

Telekommunikationsunternehmen arbeiten mit<br />

Nachdruck an Implementierungen in deren eigene<br />

mobile Wallet-Lösungen und die innovative Fidor-<br />

Bank hat bereits eine Kooperation mit der deutschen<br />

Börse Bitcoin.de verkündet. Wenn alles klappt,<br />

können Fidor-Kunden dort auch Bitcoin-Bestände<br />

verwalten. Fidor übernimmt eine Gewährleistung,<br />

verlangt dafür aber die Identifizierung der Nutzer.<br />

der autor<br />

Frank Puscher ist<br />

freier Journalist in<br />

Hamburg und Autor<br />

mehrerer IT-Fachbücher<br />

sowie eines Golf-<strong>City</strong>guides.<br />

Er twittert unter @spielfigur.<br />

Währenddessen streiten sich die Experten munter<br />

weiter. Bundesbankvorst<strong>and</strong> Carl-Ludwig Thiele<br />

warnt vor dem »Privatgeld« Bitcoin, da es hochspekulativ<br />

sei und der Wert keinen Fundamentalfaktoren<br />

folgt. Auch die europäische Bankenaufsicht<br />

EBU warnt vor Bitcoins und der Chefvolkswirt<br />

der Commerzbank gibt dem System schlicht keine<br />

Zukunft. Thorsten Polleit dagegen bemüht die volkswirtschaftliche<br />

Geld<strong>the</strong>orie. Danach ist Währungswettbewerb<br />

grundsätzlich eine gute Sache, weil<br />

sich die Anbieter Mühe geben müssen, um gute<br />

Qualität anzubieten. Polleit ist Chefvolkswirt der<br />

Investmentbank Barclays Capital. Ein Problem für<br />

die Währung könnte sein, wenn die Konzentration<br />

des Bitcoin-Best<strong>and</strong>es auf einige wenige Teilnehmer<br />

im Netzwerk weiter zunimmt. Der Online-Nachrichtendienst<br />

Telepolis zitiert eine Studie, die besagt,<br />

dass 28 Prozent des nominellen aktuellen Bitcoinbest<strong>and</strong>s,<br />

also 3,5 Millionen Bitcoins in den Wallets<br />

von gerade einmal 47 Personen liegt.<br />

Fakt ist: Wer Bitcoins als Wertanlage sammelt,<br />

der spekuliert riskant. Bei Plattencrash, Diebstahl<br />

des Rechners oder drastischem Kursverlust ist das<br />

Ersparte futsch. Aber genau das ist ja der Reiz der<br />

Spekulation. Wer vor einer Woche einen Bitcoin sein<br />

eigen nannte, hat heute 15 Euro mehr im Wallet.<br />

Wer gleichzeitig Apple-Aktien erwarb, verdiente die<br />

Hälfte. Aber morgen kann das schon wieder ganz<br />

<strong>and</strong>ers aussehen.<br />

Durch niedrige Transaktionsgebühren konkurriert<br />

Bitcoins direkt mit Western Union.

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