Pressetext_Bayerische Staatsoper 2013_14_lang
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Beteiligten besonders auch auf der handwerklichen Ebene fordern wird. Es ist sicherlich eine der<br />
komplexesten Partituren des 20. Jahrhunderts, in deren stilistischer Vielfalt – die Anklänge<br />
reichen von Bach bis zum Jazz – alles zu einem Plädoyer für Humanität und Frieden verschmilzt.<br />
Mit allen diesen drei Werken breche ich – um Mussorgsky zu zitieren – sozusagen „zu neuen<br />
Ufern“ auf. Ich hoffe auf eine wunderbare Saison und viele inspirierende Abende an der<br />
<strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong>!“<br />
Krzysztof Warlikowski zu Die Frau ohne Schatten<br />
„Die Geschichte der Frau ohne Schatten gleicht einer kollektiven Erinnerung – in die Gestalt eines<br />
artifiziellen Märchens und merkwürdiger Symbole gekleidet. Das deckt sich mit dem Fakt, dass<br />
man es anlässlich eines so wichtigen Jubiläums spielt. Dabei interessiert mich weniger eine<br />
humanistische Botschaft der Hoffnung. Erinnern und Gedächtnis meine ich nicht in einem<br />
moralischen Sinne, auch wenn es in diesem Stück viel um Schuld geht. Der Weg der Kaiserin mit<br />
ihren Schuldgefühlen dem Kaiser gegenüber, mit ihrer Suche nach einem Schatten, nach ihrem<br />
Menschsein, nach ihrer Geschichte gleicht einer Art New-Age-Therapie, dem Prozess einer<br />
Reinigung. Von etwas aus der Vergangenheit? Von einem Trauma? Ich habe den Eindruck, es geht<br />
nicht nur um die Entwicklung von zwei Frauen, der Kaiserin und der Färberin. Diese Oper mit<br />
ihren komplexen Fragen, was Menschsein ausmacht, betrifft uns alle auf eine merkwürdige Art und<br />
Weise.<br />
Was bedeuten die Stimmen ungeborener Kinder, die mehrfach in dem Stück erklingen? Ist das<br />
moralisch gemeint? Eine Behauptung, die die Gesellschaft anklagt? „Chor der ungeborenen Kinder“<br />
ist eine sehr scharfe Formulierung, die, auf die Wirklichkeit bezogen, verstört: Zeugen und gebären<br />
wir alle zu wenig Kinder? Ist es unsere Aufgabe, daran zu denken, was nach unserem Leben auf der<br />
Erde passiert? Was bedeutete der Gesang ungeborener Kinder 1919? Was 1963? Zeugt Kinder,<br />
denn wir brauchen nach den Kriegen eine neue Generation?<br />
Auf der anderen Seite steht die Reflexion über die Beziehung zwischen Mann und Frau, die<br />
Geschichte zweier Ehepaare: Die Kaiserin und der Kaiser, zwischen denen eine merkwürdige<br />
körperliche Distanz besteht, als gäbe es eine Verletzung oder eine sexuelle Enttäuschung. Das<br />
spiegelt sich dann mit Baraks Frau, die sich ihr Leben ganz anders vorgestellt hat, als ihr Mann,<br />
der dringend Kinder haben will. Die aber am Ende einsieht, dass sie ihren Mann lieben kann, wenn<br />
auch nicht im Sinne ihrer absoluten, unkontrollierten Phantasien und Phantasmen. Diese<br />
Fixierung auf das, was einem am nächsten ist, auf den Partner, war sicher eine wichtige Spur von<br />
Hofmannsthal und Strauss.“<br />
Pressekonferenz, 19. März <strong>2013</strong> - Spielzeitvorschau <strong>2013</strong>/<strong>14</strong>; Stand: 18. März <strong>2013</strong>, Änderungen vorbehalten<br />
Pressekontakt: annette.baumann@staatsoper.de, Tel. 089/ 2185-1021 Seite 23 von 24