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„Die multikulturelle Gesellschaft – Konsequenzen für die Diakonie ...

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Zippert <strong>„Die</strong> <strong>multikulturelle</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>–</strong> <strong>Konsequenzen</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Diakonie</strong>“ (Vortrag <strong>Diakonie</strong> RWL 19.3.2013 2<br />

Meist bestimmen patchwork und bricolage bzw. Halbdistanz das Bild. Das gilt inzwischen<br />

auch <strong>für</strong> das Verhältnis zum Arbeitgeber: Lebenslange Bindungen sind allenfalls<br />

noch Realität <strong>für</strong> Beamte und Angestellte, <strong>die</strong> das 50. Lebensjahr hinter sich haben;<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong> anderen nicht mehr. Für <strong>die</strong> jungen Menschen, <strong>die</strong> wir ausbilden, erst<br />

recht nicht. Es werden Patchworkbiografien.<br />

Das gilt auch <strong>für</strong> Familien: Es gibt patchworkfamilien und zu konfessionsverschiedenen<br />

Familien kommen religionsverschiedene dazu. Menschen wachsen in zwei Religionen<br />

auf, fühlen sich möglicherweise beiden zugehörig und verändern beide unter<br />

der Hand <strong>–</strong> ein Phänomen, das uns Theologen zutiefst unheimlich und fremd ist und<br />

erst langsam erforscht wird.<br />

All das ist Markt, aber nicht der, auf dem <strong>die</strong> Preise gebildet werden, sondern der von<br />

wechselnden Angeboten, Optionen und Nachfragen als „alles bestimmender Wirklichkeit“<br />

(Bultmann). Leben wird riskant und kann schiefgehen. Die Menschen sind<br />

auf sich selbst zurückgeworfen und immer auf der Suche nach neuen Anschluss-,<br />

Knoten- oder Schnittstellen.<br />

Und in <strong>die</strong>sen Strudel schwindenden Vertrauens und fehlender Verlässlichkeit werden<br />

alle Bindung und Halt gebenden Institutionen mit hineingerissen und unter Druck<br />

gesetzt: <strong>die</strong> Familien, der Nahraum, <strong>die</strong> alten Institutionen, auch <strong>die</strong> Kirchen und <strong>die</strong><br />

<strong>Diakonie</strong>. Die Kirchen haben ihren Vertrauensvorschuss <strong>für</strong> <strong>die</strong> politischen Eliten<br />

schon 1648 verspielt, <strong>die</strong> andern folgten, nicht erst jetzt, mit dem anstehenden Generationenwechsel<br />

in Politik und Verwaltung.<br />

Umgekehrt zeigt <strong>die</strong>ser kurze Ritt: Multikulturalität ist in Deutschland eine uralte Realität.<br />

Das soll akute Entwicklungen, wie das rasante Anwachsen muslimischer bzw.<br />

türkischstämmiger Bevölkerungsanteile nicht bagatellisieren. Aber es könnte einen<br />

auf <strong>die</strong> Spur bringen, dass möglicherweise mehr Ressourcen als gedacht vorhanden<br />

sind, um mit <strong>die</strong>ser Vielfalt konstruktiv umzugehen.<br />

2. Leben mit Pluralismus <strong>–</strong> <strong>für</strong> den Protestantismus nicht neu<br />

Vielfalt ist insbesondere dem Protestantismus nicht fremd. Ihn gibt es nur im Plural:<br />

von lutherisch bis reformiert, von pietistisch bis liberal, von städtisch-selbstbewusst<br />

bis ländlich-treu. Verliebt in <strong>die</strong> jeweils eigene Orthodoxie, <strong>die</strong> sich schon in geringem<br />

Abstand als kultivierter Individualismus zeigt. Was ist das <strong>für</strong> eine lutherische „Orthodoxie“,<br />

in der jeder Dogmatiker seine eigene Dogmatik schreiben muss, weil <strong>die</strong> der<br />

anderen nicht orthodox genug ist? Bestenfalls doch eine behauptete, oder eine

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