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Neue Bücher - Instytut Książki

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WIESŁAW<br />

MYŚLIWSKI<br />

ENDSPIEL<br />

Wiesław Myśliwski (geb. 1932), Schriftsteller, Essayist,<br />

Dramaturg. Er debütierte 1967 mit dem<br />

Roman „Nagi sad”, drei Jahre später veröffentlichte<br />

er „Pałac”. Er ist der Autor eines der wichtigsten<br />

polnischen Nachkriegsromane „Kamień na<br />

kamieniu“ (1984). Er veröffentlicht selten, meistens<br />

im Abstand von 10 Jahren. Er erhielt zweimal<br />

den renommierten Nike-Preis – für die Romane<br />

„Widnokrąg“ (1996) und „Traktat o łuskaniu fasoli“<br />

(2006).<br />

In seinem Roman „Endspiel” verwendet der Schriftsteller erneut<br />

seine bevorzugte narrative Form: den sich über den ganzen<br />

Text erstreckenden inneren Monolog eines namenlosen<br />

Protagonisten, der am Ende seines Lebens mit seiner Biographie<br />

abzurechnen versucht. In diesen weitläufigen Monolog<br />

schneiden sich Reminiszenzen hinein, Bilder und Szenen aus<br />

der Vergangenheit, die ohne Rücksicht auf die Chronologie<br />

eingebaut werden. Diese zerstreuten Stücke sind meist dramatisiert,<br />

in dialogischer Form.<br />

Ein Novum ist das Auftauchen eines Liebesmotivs. Der<br />

Monolog wird ergänzt durch Briefe, die die alte Jugendliebe<br />

des Protagonisten, Maria, ihm durch die Jahrzehnte geschrieben<br />

hat. Eigentümlich ist, dass der Protagonist des „Endspiels“<br />

auf keinen dieser Briefe geantwortet hat – obwohl sie alle voller<br />

Emotionen und Leidenschaft waren, obwohl ihm Maria<br />

ewige Liebe geschworen hat.<br />

Während der Lektüre entdeckt der Leser, dass diese Grausamkeit<br />

Maria gegenüber eine tiefere Motivation hat: Der<br />

Protagonist hängt obsessiv an der Idee der Freiheit. Er hatte<br />

mehrmals und absichtlich Berufe und Wohnorte gewechselt,<br />

nie ein Haus oder Möbel besessen (aus freier Entscheidung<br />

lebte er lediglich in möblierten, gemieteten Wohnungen) und<br />

war niemals eine längere Beziehung eingegangen.<br />

Er spricht davon, dass er „sich selbst freiwillig von allem<br />

enterbt hatte”, und stellt sich die Frage: „Im Namen wessen?<br />

Der Freiheit? Unsinn. Es sei denn, man begreift die Freiheit<br />

als eine permanente Flucht vor sich selbst.” Die grausamste<br />

seiner Fluchten war die vor Maria – die dümmste die Flucht<br />

vor der Malerei und seinem Talent.<br />

Er war ein vielversprechender Maler, doch er gab sein Studium<br />

an der Akademie der Schönen Künste auf und begann<br />

eine Lehre als Schneider. Diese Wahl war, wie alles in seinem<br />

Leben, zufällig und flüchtig. Aber liegt dem Leser hier eine<br />

Erzählung über ein schlimmes Schicksal, ein verpfuschtes<br />

Leben vor? Mitnichten.<br />

Was bedeutet denn ein gelungenes oder nicht gelungenes<br />

Leben? Was ist das Leben an sich? Solcher Art Fragen – elementare,<br />

endgültige, mit philosophischem Anspruch – findet<br />

man in diesem Buch viele. Auch wenn es pathetisch klingt:<br />

Myśliwski versucht, den Sinn des Lebens und das Geheimnis<br />

der menschlichen Existenz zu durchdringen, ohne dabei jedoch<br />

endgültige Wahrheiten zu formulieren oder eindeutige<br />

Antworten zu geben.<br />

Es wäre wichtig, auf den Titel des Romans einzugehen.<br />

Der Held des Buches ist leidenschaftlicher Kartenspieler; am<br />

liebsten spielte er Poker mit dem Schuster Mateja; doch seine<br />

wichtigste Partie spielt er auf dem Friedhof – man kann es gar<br />

nicht anders verstehen – mit dem Geist Matejas.<br />

Im gewissen Sinne hebt der Autor die bedrohliche Bedeutung<br />

des Wortes „Ende“ im Titel wieder auf, was seine völlige<br />

Bestätigung im Finale des Werkes finden wird:<br />

Der letzte Brief Marias, einer lebensmüden alten Dame,<br />

informiert den Protagonisten über ihre Absicht, Selbstmord<br />

zu begehen. Dieser Abschiedsbrief ist jedoch keinesfalls der<br />

letzte – was sich nicht nur dadurch erklärt, dass Maria von<br />

ihrem Plan zurückgetreten war. Woher sie ihn abschickte, ist<br />

leicht zu erraten.<br />

Es ist schwer, eine schönere Coda für ein ergreifendes Liebeslied<br />

zu finden, als sie Myśliwski im „Endspiel“ anstimmt:<br />

Das Paar, das im Leben keine Erfüllung fand, findet sich im<br />

Jenseits, unter ungleich angenehmeren Bedingungen; dort,<br />

wo die vergehende Zeit keine Bedeutung hat, wo Jugend und<br />

Schönheit keine Rolle spielen.<br />

WIESŁAW MYŚLIWSKI<br />

„OSTATNIE ROZDANIE”<br />

ZNAK, KRAKÓW 2013<br />

140×205, 448 PAGES<br />

ISBN: 978-83-240-2780-4<br />

TRANSLATION RIGHTS:<br />

ZNAK<br />

Dariusz Nowacki

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