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E-COMMERCE<br />
28 <strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS<br />
20. Januar 2014 2/14<br />
SHOP-PORTRÄT: POLLOZEK<br />
Wahrnehmungseffekt vor Profit<br />
Im niederbayerischen Pfarrkirchen kämpft ein mittelständisches Modehaus online gegen Zalando und Co.<br />
ie Konkurrenz aus dem Web kostet<br />
Ddem stationären Modehandel richtig<br />
viel Umsatz, das spürt man selbst auf dem<br />
Land. Im niederbayerischen Pfarrkirchen<br />
gelang es dem mittelständischen Modehaus<br />
Pollozek zwar in den vergangenen<br />
Jahren, trotz Konsumkrise Profite und<br />
eine überdurchschnittliche Umsatzrentabilität<br />
zu erzielen, dennoch wirken sich<br />
die Aktivitäten Venture-Capital-gestützter<br />
Anbieter wie Zalando auch bei dem<br />
regionalen Mode-Platzhirsch aus.<br />
Webshop für Bestandskunden<br />
Um die Kunden nicht kampflos der Konkurrenz<br />
zu überlassen, entschied sich das<br />
Familienunternehmen im Jahr 2010, für<br />
die eigenen Bestandskunden im Web einen<br />
zusätzlichen Vertriebs- und Kom-<br />
■ Webshop-Launch: 2010<br />
■ Shop-Software: Magento<br />
■ Warenwirtschaft: Prohandel<br />
■ Agentur Technik: Mediawave, HDNET<br />
■ Agentur Vermarktung: Inhouse<br />
■ Callcenter: Inhouse<br />
■ Versand: DHL<br />
■ Zahlungsmittel: Visa, Mastercard, Paypal,<br />
Vorkasse, Rechnung<br />
Im Pollozek-Webshop war das Sortiment zunächst auf Heimtextilien<br />
und Wohnaccessoires beschränkt<br />
munikationskanal aufzubauen.<br />
„Uns ist klar, dass unsere Kunden<br />
nicht 20 bis 60 Kilometer Anfahrt<br />
in Kauf nehmen, wenn sie nur ein<br />
paar Strümpfe oder Unterwäsche<br />
brauchen“, schildert Nikolas<br />
Kohlars, E-Commerce-Leiter bei<br />
Pollozek, die Strategie hinter dem<br />
Web shop. „Doch bevor Kundschaft,<br />
die seltener ins Haus<br />
kommt, zu Zalando abwandert,<br />
soll sie Produkte des täglichen Bedarfs<br />
schnell und bequem bei uns<br />
bestellen können.“ Außerdem, so<br />
das damalige strategische Kalkül,<br />
sollte durch den Webshop auch<br />
die regionale Marktbegrenzung<br />
aufgehoben werden.<br />
Obwohl das stationäre Sortiment<br />
von Pollozek zu 90 Prozent<br />
aus Mode besteht, beschränkte der<br />
Mittelständler sein Online-Angebot<br />
im ersten Schritt auf Heimtextilien<br />
und Wohnaccessoires – aus zwei<br />
Gründen, wie Kohlars erklärt: „Natürlich<br />
wussten wir um die hohen Retourenquoten<br />
im Online-Handel mit Mode, deshalb haben<br />
wir unsere ersten Schritte ohne Mode<br />
gemacht. Es sollte nicht die einzige Herausforderung<br />
bleiben, denn auch die Artikelaufbereitung<br />
entpuppte sich als Flaschenhals.“<br />
Schnell merkte man, dass es zu<br />
viel Zeit und Geld kostet, wenn – wie ursprünglich<br />
vorgesehen – bei der Produktbeschreibung<br />
und Produktfotografie auf zu<br />
hohem Niveau gearbeitet wird. Auch stellte<br />
sich bald heraus, dass die Kunden den Verzicht<br />
auf Mode im Webshop nicht goutierten.<br />
„Wir lernten, dass unser Cross-Channel-Ansatz<br />
nur aufgeht, wenn der Shop einen<br />
hohen Akzeptanzgrad bei unseren Bestandskunden<br />
erlangt. Ohne die beiden<br />
Säulen Damen- und Herrenmode<br />
ist das aber nicht möglich“, so der<br />
Händler.<br />
In diesem Jahr soll das Sortiment<br />
entsprechend erweitert werden.<br />
Dabei muss der Mittelständler allerdings<br />
noch einige Stolpersteine<br />
aus dem Weg räumen: Denn<br />
längst nicht jede Marke, mit der<br />
Pollozek seit Jahren stationär vertrauensvoll<br />
zusammenarbeitet, gibt<br />
für den Online-Vertrieb ihr Einverständnis.<br />
Manche Hersteller boykottieren<br />
den E-Commerce komplett,<br />
manche setzen nur auf ihren<br />
eigenen Webshop und manche wollen<br />
ihr Corporate Design wiederfinden.<br />
Die Cross-Channel-Verknüpfung<br />
hatte bei Pollozek unterdessen<br />
schon vom Start weg eine hohe strategische<br />
Bedeutung. Schließlich<br />
Mit 8.000 Quadratmetern Ladenfläche<br />
ist Pollozek in Pfarrkirchen der Platzhirsch<br />
war das primäre Ziel des Webshops,<br />
den 25.000 Familien aus der Kundendatenbank<br />
über das Web einen Mehrwert<br />
zu bieten. Besitzer einer Kundenkarte<br />
können etwa versandkostenfrei<br />
im Webshop bestellen, wenn<br />
sie ihre Kartendaten im Benutzerkonto<br />
hinterlegen. Online bestellte Ware<br />
kann zudem innerhalb von 24 Stunden<br />
kostenlos vor Ort abgeholt werden.<br />
Aufsteller im stationären Geschäft<br />
und Gutscheine für den Webshop,<br />
die an der Ladenkasse verteilt<br />
werden, bewerben den Online-Auftritt,<br />
ebenso Newsletter und Print-<br />
Aussendungen.<br />
Mehr überregionale Kundschaft<br />
„Der Effekt lässt sich nicht so einfach messen,<br />
aber wir haben erlebt, dass Kunden in<br />
unser stationäres Geschäft gekommen sind,<br />
weil sie im Shop etwas gesehen haben, was<br />
ihnen gefällt“, erzählt Kohlars. Trotzdem<br />
zeigt sich, dass bislang mehr über regionale<br />
Bestellungen eingehen als von Bestandskunden.<br />
Gut funktioniere der Verkauf von<br />
Nicht jeder Markenartikler genehmigt den Online-<br />
Vertrieb, ohne Zicken zu machen<br />
Bei der Produktpräsentation gibt sich Pollozek<br />
stationär und online viel Mühe<br />
Geschenkkarten, der durch den Webshop<br />
spürbar angezogen habe.<br />
In Sachen Werbung setzt Pollozek vor<br />
allem auf das organische Google Ranking.<br />
„Bei anderen Werbeformaten ist die Kosten-Umsatz-Relation<br />
nicht zufriedenstellend“,<br />
so die Bilanz des Mittelständlers. Bei<br />
einer Adwords-Kampagne für das Weihnachtsgeschäft<br />
2012 merkte Kohlars, dass<br />
man hier sehr schnell sehr viel Geld verbrennen<br />
kann. „Das Einzige, was da funktioniert<br />
hat, waren sehr preisgünstige Artikel“,<br />
bilanziert der E-Commerce-Leiter.<br />
Auch wenn es für den Mittelständler eine<br />
Herausforderung ist, sich mit vergleichsweise<br />
geringem Kapitaleinsatz und Standardware<br />
gegen mächtige Konkurrenten<br />
wie Zalando und Amazon zu positionieren<br />
– bei Pollozek ist man guter Dinge, dass<br />
dies gelingen und der Webshop in Zukunft<br />
einen wichtigen Beitrag für die Stammkunden<br />
und damit für das gesamte Unternehmen<br />
leisten kann. Profitabilität steht also<br />
nicht unbedingt an erster Stelle: „Auch der<br />
Wahrnehmungseffekt sowie der Servicegedanke<br />
mit Blick auf unsere<br />
Kunden spielt online<br />
für unser Haus eine<br />
wichtige Rolle“, so<br />
Kohlars. dz ■<br />
<strong>Internet</strong><br />
<strong>World</strong><br />
Messe<br />
Mehr zum Thema<br />
Modehaus Pollozek<br />
Was „Multichannel beim Modehaus Pollozek“<br />
so mit sich bringt, verrät Nikolas Kohlars auf<br />
dem „<strong>Internet</strong> <strong>World</strong> Kongress“ vom 25. bis<br />
26. Februar im Münchner ICM. Sein Vortrag<br />
„Multichannel oder<br />
Cross-Channel? Strategische<br />
und operative<br />
Herausforderungen für<br />
den stationären Einzelhändler“<br />
findet am 26.<br />
Februar von 14.15 bis<br />
14.45 Uhr statt.<br />
Foto: Pollozek