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30 <strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS E-COMMERCE<br />

20. Januar 2014 2/14<br />

Du sollst nicht duzen<br />

Ein Urteil des Bundesgerichtshofs sorgt für Aufregung in der Spielebranche<br />

Abmahnfallen,<br />

aktuelle Urteile,<br />

neue Gesetze:<br />

Auf Online-Recht<br />

spezialisierte Fachleute<br />

helfen Ihnen weiter.<br />

Andreas Lober<br />

leitet den Bereich IT/IP/Medien in<br />

der Sozietät Schulte Riesenkampff.<br />

Er ist insbesondere im <strong>Internet</strong>und<br />

Mobile-Bereich tätig.<br />

■ www.schulte-lawyers.com<br />

uzen wie auch die informelle An-<br />

sind nach einer aktuellen<br />

Dsprache<br />

Entscheidung des Bundesgerichtshofs<br />

(Az.: I ZR 34/12) im E-Commerce problematisch.<br />

Das Urteil erging gegen<br />

Gameforge, den Anbieter des Spiels<br />

„Runes of Magic“, der für einen Shop<br />

geworben hatte, in dem Spieler virtuelle<br />

Zusatzausrüstung für das<br />

Spiel kaufen können.<br />

Hintergrund des Urteils ist<br />

das im Gesetz gegen den<br />

unlauteren Wettbewerb<br />

(UWG) verankerte Verbot,<br />

Kinder unmittelbar<br />

zum Kauf von beworbenen<br />

Produkten aufzufordern. Zulässig<br />

ist dagegen eine an jedermann<br />

gerichtete Werbung, von der sich auch<br />

Minderjährige angesprochen fühlen.<br />

Imperativ ist heikel<br />

Eine Kaufaufforderung liegt nach dem<br />

BGH immer dann vor, wenn der Imperativ<br />

verwendet wird (z. B. „Hol es dir!“).<br />

Die Vorinstanzen hatten die Werbung<br />

dennoch für zulässig angesehen, weil<br />

dort kein Produkt genau bezeichnet<br />

wurde – weder Produkteigenschaften<br />

noch Preis enthalten waren –, also keine<br />

unmittelbare Kaufaufforderung für ein<br />

konkretes Produkt erfolgte. Der BGH<br />

bewertete Werbung und beworbenen<br />

Shop als Einheit. Ein Kunstgriff, um das<br />

gesetzliche Verbot sehr weit zu interpretieren,<br />

den das Gericht auch ausdrücklich<br />

damit begründete, dass die Gefahr<br />

Kinder sind für direkte<br />

Ansprache tabu<br />

Foto: Fotolia / Igor Dutina<br />

der Beeinflussung von Kindern bei <strong>Internet</strong>-Werbung<br />

größer sei als bei Printwerbung,<br />

weil diese im <strong>Internet</strong> ihren<br />

Kaufentschluss sogleich in die Tat umsetzen<br />

können.<br />

Daraus resultiert eine drastische Benachteiligung<br />

von Werbung im E-Commerce<br />

gegenüber anderen<br />

Werbeformen. Denn auch<br />

die Begründung dafür, dass<br />

mit der Werbung gezielt Kinder<br />

angesprochen werden, ist<br />

dünn. Laut BGH sei „nach<br />

der gesamten Art und Weise<br />

der Ansprache“ davon auszugehen,<br />

dass in erster Linie<br />

Minderjährige, und darunter<br />

auch solche, die das 14.<br />

Lebensjahr noch nicht vollendet haben,<br />

gezielt angesprochen werden. Für diese<br />

Beurteilung genüge „für sich allein<br />

genommen zwar nicht schon die mittlerweile<br />

auch bei der werblichen Ansprache<br />

von Erwachsenen nicht mehr unübliche<br />

Anrede mit ‚Du‘“, die beanstandete Werbung<br />

sei jedoch sprachlich „von einer<br />

durchgängigen Verwendung der direkten<br />

Ansprache in der zweiten Person<br />

Singular und überwiegend kindertypischen<br />

Begrifflichkeiten einschließlich<br />

gebräuchlichen Anglizismen“ geprägt.<br />

Charakteristisch für Kinder sollen damit<br />

wohl die Begriffe „aufmotzen“, „schnappen“<br />

und „das gewisse Etwas“ und<br />

gebräuchliche Anglizismen „pimpen“<br />

und „Dungeon“ (bezeichnet<br />

bei Online-Spielen ein Verlies)<br />

sein. Der BGH setzt die Hürden<br />

für die Annahme einer gezielten<br />

Ansprache von Kindern<br />

also sehr niedrig. Das im<br />

E-Commerce weitverbreitete<br />

„Du“ sowie wenige weitere<br />

informelle Formulierungen<br />

genügen.<br />

Einspruch eingelegt<br />

Im Ergebnis heißt das: Wer potenzielle<br />

Käufer duzt und sich locker ausdrückt,<br />

läuft Gefahr, wettbewerbswidrig<br />

zu handeln – vor allem, wenn die Werbung<br />

Aufforderungscharakter hat. Das<br />

Urteil erging als Versäumnisurteil, ist also<br />

(atypisch für ein BGH-Urteil) nicht<br />

rechtskräftig. Gameforge hat inzwischen<br />

Einspruch eingelegt. Zumindest bis über<br />

diesen entschieden ist, wird man sich an<br />

dem BGH-Urteil zu orientieren haben.<br />

Sonst drohen Abmahnungen von Wettbewerbern<br />

oder Wettbewerbszentralen. ■<br />

ANDREAS LOBER<br />

Das müssen Sie beachten<br />

■ Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb<br />

(UWG) verbietet Werbung, die<br />

gezielt Kinder anspricht und sie zum<br />

Kauf von Produkten auffordert.<br />

■ Wer im <strong>Internet</strong> potenzielle Käufer duzt<br />

und sich in Werbebotschaften locker ausdrückt,<br />

läuft Gefahr, wettbewerbswidrig<br />

zu handeln.<br />

■ Wenn die Werbung Aufforderungscharakter<br />

hat, ist das Risiko besonders hoch.<br />

■ Das vorliegende BGH-Urteil können neben<br />

Wettbewerbern auch Verbraucher- oder<br />

Wettbewerbszentralen zum Anlass für<br />

eine Abmahnung nehmen.<br />

Der E-Shop-Rechtstipp<br />

Sabine Heukrodt-<br />

Bauer LL.M., Rechtsund<br />

Fachanwältin für<br />

Informationstechnologierecht<br />

in Mainz<br />

■ www.legalershop.de<br />

BGH: „Fleurop“ als Adwords<br />

Keyword ist verboten<br />

Werden fremde Markennamen als Keywords<br />

in einer Google-Adwords-Werbung<br />

gebucht, so stellt dies keine Markenrechtsverletzung<br />

dar, wenn dadurch die<br />

Herkunftsfunktion der fremden Marke<br />

nicht beeinträchtigt wird. Die Buchung<br />

des Keywords „Fleurop“ durch einen Blumenversender,<br />

der nicht dem Vertriebssystem<br />

von Fleurop angeschlossen ist,<br />

verletzt jedoch das Markenrecht (BGH,<br />

Urteil vom 27.6.2013, Az.: I ZR 53/12).<br />

Werde eine Anzeige aufgrund eines<br />

mit einer fremden Marke identischen<br />

oder verwechselbaren Keywords gezeigt,<br />

sei das zulässig, wenn sie als Werbung<br />

gekennzeichnet sei und die Marke nicht<br />

im Anzeigentext erscheine, so der BGH,<br />

der damit seiner bisherigen Rechtsprechung<br />

folgte (Urteil vom 13.12.12,<br />

Az.: I ZR 217/10 – „MOST“). Beim im Juni<br />

2013 verhandelten Fall sei dies anders:<br />

Aufgrund des bekannten Fleurop-Vertriebssystems<br />

liege beim Nutzer die Vermutung<br />

nahe, dass es sich bei dem Werbenden<br />

um ein Fleurop-Partnerunternehmen<br />

handle. Damit sei die Herkunftsfunktion<br />

der Marke verletzt, denn die Anzeige<br />

habe keinen Hinweis auf das Fehlen der<br />

wirtschaftlichen Verbindung enthalten.<br />

Marken-Keywords, die beim Verbraucher<br />

aufgrund besonderer Umstände eine<br />

wirtschaftliche Verbindung zum Markeninhaber<br />

nahelegen, die tatsächlich nicht<br />

vorhanden ist, müssen bei Adwords ausgeschlossen<br />

werden.<br />

Aktuelle Kurzmeldungen zum Thema <strong>Internet</strong>-Recht<br />

FILESHARING<br />

Kinder nicht belehren<br />

INTERNET-STANDARDS<br />

Grundrecht auf Anonymität<br />

DOMAINS<br />

.eu wird größer<br />

EINSTWEILIGE VERFÜGUNG<br />

Sauber arbeiten spart Geld<br />

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass<br />

Eltern ihren volljährigen Kindern zwar den<br />

gemeinsamen Netzanschluss zur Nutzung<br />

überlassen können, diese aber nicht darüber<br />

belehren müssen, was im <strong>Internet</strong> erlaubt und<br />

verboten ist. Sie haften nicht für eventuelle Gesetzesverstöße<br />

ihrer volljährigen Kinder, solange<br />

sie keine Kenntnis von diesen haben. In dem Urteil<br />

ging es um die illegale Verbreitung urheberrechtlich<br />

geschützten Materials via Filesharing.<br />

Eine Einschränkung machte das Gericht: Erhält<br />

ein Elternteil Kenntnis von den illegalen Tauschaktivitäten<br />

des volljährigen Nachwuchses, muss<br />

er geeignete Maßnahmen ergreifen, um diese<br />

zu unterbinden (Az.: I ZR 169/12). fk<br />

■<br />

Eine Arbeitsgruppe der <strong>Internet</strong> Engineering<br />

Task Force (IETF) hat Kontakt zu den Architekten<br />

des TOR-Projekts aufgenommen. Ziel der Konsultationen<br />

ist die Überlegung, die Technik hinter<br />

dem TOR-Anonymisierungsserver als einen<br />

allgemeinen <strong>Internet</strong>-Standard zu übernehmen.<br />

TOR bewirkt, dass Website-Betreiber die<br />

IP-Adressen der Nutzer nicht mehr erfassen<br />

können. So lässt sich technisch nicht mehr<br />

nachvollziehen, wer im <strong>Internet</strong> welche Seiten<br />

besucht hat. Sollte sich diese Anonymisierungstechnik<br />

zu einem allgemeinen Web-Standard<br />

entwickeln, wäre dies für einige Geschäftsmodelle<br />

im <strong>Internet</strong> problematisch, zum Beispiel<br />

für Location Based Services. fk<br />

■<br />

EURid, die Registry hinter der Europa-Domain<br />

.eu, hat ihr Geschäftsgebiet erweitert. Seit dem<br />

Jahreswechsel können auch Firmen und Privatpersonen<br />

eine .eu-Domain registrieren, die<br />

ihren Sitz in Norwegen, Liechtenstein oder<br />

Island haben. Obwohl formaljuristisch kein Teil<br />

der Europäischen Union sind die drei Länder auf<br />

Grundlage eines Abkommens von 1992 Mitglied<br />

der Europäischen Freihandelsassoziation<br />

(EFTA). Laut einer EU-Direktive aus dem Jahr<br />

2002 sollen die EFTA-Länder in vielen Bereichen<br />

den EU-Staaten gleichgestellt werden. Deshalb<br />

stimmte die EU-Kommission kurz vor dem Jahreswechsel<br />

der Erweiterung des Einzugsgebiets<br />

für .eu zu. fk<br />

■<br />

Teuer zu stehen kam das Online-Portal einer<br />

Tageszeitung eine technische Schlamperei: Das<br />

Portal hatte ein Video veröffentlicht, das fünf<br />

Polizisten bei einem Einsatz zeigte. Das Landgericht<br />

Aurich hatte dem Betreiber daraufhin im<br />

Zuge einer einstweiligen Verfügung auferlegt,<br />

das Video offline zu nehmen oder die Personen<br />

unkenntlich zu machen. Als das Video wenig<br />

später immer noch unverändert online war, verhängte<br />

das Gericht eine Ordnungsstrafe von<br />

10.000 Euro. Die Beteuerung des Betreibers, er<br />

habe das Video vom Netz genommen, und ein<br />

Versuch, beim OLG Oldenburg die Strafe auf<br />

2.000 Euro zu senken, fruchteten nichts: Das<br />

Ordnungsgeld bleibt (Az.: 13 W 32/13). fk ■

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