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TOOLS & TECHNIK<br />
34 <strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS<br />
20. Januar 2014 2/14<br />
SEPA-UMSTELLUNG<br />
EU zieht die Notbremse<br />
Shop-Betreiber bekommen eine Schonfrist bis August dieses Jahres. Dennoch heißt die Devise „dranbleiben“<br />
eit Jahren steht das Datum dick in den<br />
SKalendern vieler Online-Händler: Am<br />
1. Februar 2014 ist Stichtag für die SEPA-<br />
Umstellung. Doch nun hat die EU-Kommission<br />
kurz vor knapp die Notbremse<br />
gezogen und die Einführung des einheitlichen<br />
Euro-Zahlungsverkehrsraums<br />
(Single European Payment Area, kurz<br />
SEPA) um sechs Monate verschoben. Damit<br />
bekommen Vereine, Unternehmen<br />
und eben auch Shop-Betreiber, die bislang<br />
Vorkasse<br />
Zahlart im Shop angeboten<br />
noch nicht auf das neue SEPA-Format vorbereitet<br />
sind, eine Schonfrist bis 1. August.<br />
Gerechnet hatte mit einem solchen<br />
Schritt wohl kaum jemand, auch die Banken<br />
nicht. So erklärte die Deutsche Kreditwirtschaft<br />
in einer Stellungnahme, man<br />
habe die Entscheidung „mit Überraschung<br />
zur Kenntnis genommen“. Selbst<br />
Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele<br />
erklärte noch im Dezember, dass niemand<br />
die Illusion haben solle, der 1. Februar als<br />
Starttermin könne verschoben werden.<br />
Dass die EU-Kommission sich nun doch<br />
dazu gezwungen sah, lag vor allem in der<br />
schleppenden Umstellung auf das neue<br />
Zahlungssystem. Der Deutschen Bundesbank<br />
zufolge lagen im November erst rund<br />
ein Drittel der Überweisungen und ein<br />
Zehntel der Lastschriften im SEPA-Format<br />
vor. Leicht gefallen ist dem zuständigen<br />
EU-Kommissar Michel Barnier die<br />
Entscheidung nicht: „Ich bedauere sehr,<br />
dass dies nötig ist, aber dies ist der einzige<br />
Weg, wie wir die konkrete Gefahr von<br />
Zahlungsunterbrechungen und nachteilige<br />
Folgen für einzelne Verbraucher und insbesondere<br />
kleine und mittlere<br />
Unternehmen bannen können“,<br />
so seine Begründung. g.<br />
Dem Vernehmen nach war es<br />
wohl vor allem politischer<br />
Druck aus Frankreich, der für<br />
die Verschiebung gesorgt hat.<br />
Noch ist nicht abschließend end<br />
g eklärt, ob die Schonfrist tatesächlich<br />
sechs Monate betragen<br />
wird. Bislang hat die EU-Kom-<br />
„Shop-Betreiber sollten sich jetzt nicht zurücklehnen<br />
und die Hände in den Schoß legen“<br />
STEFFEN VON BLUMRÖDER<br />
Bereichsleiter Banking & Finacial Services beim Bitkom<br />
Die Bedeutung der Lastschrift im Online-Handel<br />
Paypal<br />
Sofortüberweisung<br />
Rechnung<br />
Kreditkarte<br />
Nachnahme<br />
Lastschrift<br />
© INTERNET WORLD <strong>Business</strong> 2/14<br />
Zahlart von Shoppern genutzt<br />
mission diesen Zeitraum<br />
lediglich vorgeschlagen, der<br />
Ministerrat der Finanzminister<br />
und das EU-Parlament<br />
müssen nun eine entsprechende<br />
Änderung der Ver-<br />
Foto: Fotolia / Stefan Rajewski<br />
ordnung beschließen. Demnach<br />
wäre auch eine Verschievier<br />
bung von nur drei oder<br />
Monaten denkbar. Allerdings würde<br />
der Starttermin dann zeitlich nahe<br />
Tempo rausgenommen: Für die Unternehmen wird<br />
die Migration auf SEPA nun entspannter<br />
an den Wahlen zum EU-Parlament<br />
im Mai liegen und es ist unwahrscheinlich,<br />
h h<br />
dass die Verantwortlichen das Risiko eingehen<br />
wollen, zu diesem Zeitpunkt mit<br />
negativen Schlagzeilen wegen der SEPA-<br />
Umstellung konfrontiert zu sein. Offiziell<br />
bleibt der Stichtag für die Umstellung der<br />
1. Februar, die bestehenden nationalen<br />
Formate sollen lediglich weiterhin Bestand<br />
haben.<br />
Was bedeutet die Verschiebung konkret<br />
für die Händler? „Shop-Betreiber, die die<br />
Umstellung bis jetzt noch nicht vollzogen<br />
haben, sollten sich auch nach dieser Entscheidung<br />
in keinem Fall einfach zurücklehnen<br />
lh und ddie Häd Hände in den Shßl Schoß legen“,<br />
mahnt Steffen von Blumröder, Bereichsleiter<br />
Banking & Financial Services beim<br />
Branchenverband Bitkom. Denn kommen<br />
wird SEPA in jedem Fall, nur eben ein bisschen<br />
später als geplant. Laut einer Studie<br />
der Unternehmensberatung Pricewaterhouse<br />
Coopers dauert die Umstellung auf<br />
SEPA durchschnittlich sechs Monate.<br />
„Wer also bisher spät dran ist, für den ist<br />
die Einhaltung des Zeitplans noch immer<br />
sportlich“, betont von Blumröder. Zudem<br />
geht er davon aus, dass es nach Ablauf der<br />
Schonfrist kein Pardon mehr geben wird:<br />
„Im Februar hätten vermutlich etliche<br />
Stellen noch mit Kulanz<br />
auf Probleme bei SEPA-<br />
Überweisungen und<br />
87,7 % -Lastschriften reagiert,<br />
64,4 %<br />
60,8 %<br />
57,6 %<br />
49,7 %<br />
59,6 %<br />
47,7 %<br />
45,9 %<br />
40,7 %<br />
72,9 %<br />
79,2 %<br />
80,4 %<br />
82,1 %<br />
40 Prozent der Händler bieten bisher Lastschrift an, 82 Prozent der Shopper haben sie bereits genutzt<br />
93,7 %<br />
n = 901 Händler, n = 978 Konsumenten, Quelle: ECC „Payment im E-Commerce“, Stand Januar 2014<br />
im August wird das wohl<br />
nicht mehr der Fall sein.<br />
Er rät den Händlern, sich<br />
in Kürze mit der Hausbank<br />
zusammenzusetzen,<br />
um zu klären, wo<br />
das eigene Unternehmen steht und was<br />
nun weiter zu tun ist.<br />
Shop-Betreiber, die den Übergang zu<br />
SEPA noch nicht vollzogen haben, und ihn<br />
gegebenenfalls zum Stichtag 1. Februar<br />
geplant hatten, können nun entscheiden,<br />
wie sie weiter vorgehen wollen. „Sie können<br />
entweder an ihrer bisherigen Terminplanung<br />
festhalten und das Altverfahren<br />
als Backup-Strategie betrachten, falls die<br />
Umstellung schiefläuft, oder sie können<br />
an der geplanten Umstellung festhalten,<br />
das Altverfahren aber ganz bewusst weiterhin<br />
als Alternative unterstützen“, um-<br />
reißt Michael Titsch, Senior Consultant<br />
SEPA beim Beratungsunternehmen<br />
Steria Mummert Consulting,<br />
zwei Möglichkeiten. Als dritte Variante<br />
können Händler den Umstellungstermin<br />
jetzt auch bewusst nach<br />
hinten verschieben, um die Umstellung<br />
sorgfältiger vorbereiten und ihren<br />
Kunden gleichzeitig das vertraute<br />
alte Verfahren mit Kontonummer<br />
und Bankleitzahl noch einige Monate<br />
lang anbieten zu können. Für Händler,<br />
die die Migration auf SEPA<br />
schon komplett und erfolgreich vollzogen<br />
haben, sieht er letztlich keinen<br />
Grund, von der Schonfrist<br />
Gebrauch zu machen und das alte<br />
Verfahren nochmals anzubieten.<br />
Auch wenn die Banken in Deutschland<br />
von der Kommissionsentscheidung<br />
eher kalt erwischt wurden und<br />
nun klären müssen, wie sie die Vertragsbeziehung<br />
zu ihren Kunden für<br />
die Übergangszeit gestalten wollen –<br />
die Verträge mit den Regelungen für<br />
die alten Überweisungs- und Lastschriftverfahren<br />
wurden in der<br />
Regel bereits gekündigt –, überwiegt<br />
der positive Effekt der Verschiebung. „Es<br />
ist zwar verwunderlich, dass die Kommission<br />
den Vorschlag erst am 9. Januar unterbreitet<br />
hat, es hat aber dazu beigetragen,<br />
dass in den vergangenen Monaten viele mit<br />
Hochdruck an dem Thema gearbeitet<br />
haben“, erklärt Ernst Stahl, SEPA-Experte<br />
beim Institut Ibi Research der Universität<br />
Regensburg. Der große Vorteil sei, dass die<br />
Umstellung nun deutlich entzerrt werde.<br />
Die Unternehmen, die sich auf eine Migration<br />
zum 1. Februar vorbereitet haben,<br />
können den Starttermin nun problemlos<br />
um einige Wochen verschieben, um in<br />
Ruhe testen zu können. „Wenn nicht alle<br />
im Rahmen eines Big Bangs mit dem<br />
neuen System arbeiten, entspannt dies die<br />
Umstellung deutlich. Denn jetzt ist ein<br />
kontrolliertes Umschwenken möglich“, so<br />
seine Einschätzung. Das sieht auch von<br />
„Händler können das Altverfahren<br />
als Backup-Strategie betrachten,<br />
falls etwas schiefläuft“<br />
MICHAEL TITSCH<br />
Senior Consultant bei Steria Mummert Consulting<br />
Blumröder vom Bitkom so: „Wir haben<br />
jetzt faktisch eine Testphase, in der beide<br />
Systeme parallel laufen können. Wenn Fehler<br />
auftreten, können diese sehr viel leichter<br />
noch behoben werden“, betont auch er.<br />
Und Fehlerquellen sieht Ernst Stahl<br />
genügend, und seien es nur Umlaute, die<br />
im neuen System für Ärger sorgen. Für ihn<br />
steht fest: „Kinderkrankheiten sind nützlich<br />
und positiv, wenn man sie als Kind<br />
bekommt. Im Erwachsenenalter können<br />
sie jedoch fatale Auswirkungen haben. Es<br />
gilt jetzt die Zeit zu nutzen, um die Kinderkrankheiten<br />
auszukurieren.“ cf<br />
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