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Wenn Tote in der Totenwelt ein weiteres Mal sterben,<br />
„ersprießen“ sie zu prächtigen Blumenbeeten.<br />
Der hünenhafte Dämon Glottis wird im<br />
Spielverlauf zu Mannys bestem Freund.<br />
Plan geht nicht auf: Die herzensgute<br />
Dame wird vom DOD um ihr Zugticket<br />
betrogen und dazu verdammt,<br />
einsam durch die gefährliche Totenwelt<br />
zu reisen. Ein Skandal, der<br />
Manny wachrüttelt: Beherzt nimmt<br />
der Knochenkopf Meches Fährte<br />
auf, um sie sicher ans Ziel zu bringen.<br />
Dabei schließt er sich nicht nur<br />
einer Rebellentruppe an, sondern<br />
lernt auch den liebenswerten Glottis<br />
kennen – ein lautstarker Dämon<br />
und Mechaniker mit einer brennenden<br />
Leidenschaft für alles, was Sprit<br />
verbraucht. Auf ihrer Suche nach<br />
Meche treten die zwei Freunde eine<br />
epische, vierjährige Reise kreuz und<br />
quer durch die Totenwelt an, trotzen<br />
dabei Riesenkraken und brennenden<br />
Biebern, erleben Abenteuer auf<br />
und unter dem Meer, steigen zwischendurch<br />
sogar zu erfolgreichen<br />
Besitzern eines feinen Nachtclubs<br />
auf. Es ist eine der verrücktesten,<br />
besten Geschichten, die Tim Schafer<br />
je geschrieben hat: Die bizarre<br />
Totenwelt fühlt sich vom ersten Moment<br />
an vertraut und – ironischerweise<br />
– lebendig an. Charaktere sind<br />
bis in die Nebenrollen glaubhaft und<br />
liebevoll ausgearbeitet, die ausführlichen<br />
Dialoge werden außerdem<br />
von motivierten Sprechern vertont,<br />
die vor allem im englischen Original<br />
begeistern. Zusammen mit einem<br />
fabelhaften Soundtrack, der mexikanische<br />
Klänge mit lässigem Jazz<br />
verbindet, entsteht von der ersten<br />
Minute an eine Atmosphäre, die nur<br />
Ausnahmetiteln vorbehalten ist.<br />
Selbst als die Story in der zweiten<br />
Spielhälfte dramaturgisch etwas<br />
ins Straucheln gerät, scheinen den<br />
Entwicklern nie die Ideen auszugehen.<br />
Grim Fandango ist Komödie,<br />
Abenteuer, Romanze und Krimi in<br />
einem – Manny flirtet mit skelettierten<br />
Ladys, nimmt es mit Gaunern,<br />
Monstern und Verrätern auf und löst<br />
seine Probleme (obwohl er sich nie<br />
von seiner treuen Sense trennen<br />
kann) so oft wie möglich mit Charme<br />
und nicht mit Gewalt. Denn Grim<br />
Fandango ist ein klassisches Rätselspiel<br />
– auch wenn es bei Release mit<br />
vielen Konventionen brach.<br />
Film noir zum anfassen<br />
Grim Fandango war das erste Adventure<br />
von Lucas Arts, das mit einer<br />
3D-Engine betrieben wurde. Das<br />
brachte grundlegende Änderungen<br />
mit sich. Anders als etwa bei The<br />
Curse of Monkey Island (1997) sind<br />
die Umgebungsgrafiken nicht handgezeichnet,<br />
sondern aufwendig in<br />
640 x 480 Pixeln vorgerendert und<br />
setzen auf einen realistischen Look.<br />
Umso ungewöhnlicher wirken die<br />
Charaktere, die in den detailreichen<br />
Umgebungen agieren: Alle Figuren<br />
bestehen aus groben 3D-Modellen<br />
und sind eher spärlich animiert – ein<br />
bewusster Kontrast zu den realistisch<br />
gestalteten Schauplätzen. Das<br />
Design der Verstorbenen ist deutlich<br />
an die Calaveras angelehnt – so werden<br />
die stilisierten Schädel genannt,<br />
die in Mexiko traditionell zum Tag der<br />
Toten (siehe Kasten unten) als Dekoration<br />
verwendet werden.<br />
Der Einsatz einer 3D-Engine gab<br />
den Designern viele Möglichkeiten.<br />
Im zweiten Akt, der in der Hafenstadt<br />
Rupacava spielt, ist beispielsweise<br />
wunderbar weich animiertes Wasser<br />
zu sehen, das vorgerendert in den<br />
Hintergründen schwappt. Um solche<br />
stimmigen Szenen noch besser<br />
einzufangen, wählten die Grafiker<br />
hin und wieder weit herausgezoomte<br />
Perspektiven, die dem Spiel einen<br />
filmähnlichen Look verleihen. Diese<br />
Schönheit hat aber auch ihren Preis:<br />
Manche Laufwege fallen in Grim Fandango<br />
sehr weit aus, sodass man etwas<br />
zu viel Zeit damit verbringt, Manny<br />
von einem Rätsel zum nächsten<br />
zu befördern. Ein Problem, das durch<br />
die ungewöhnliche Steuerung noch<br />
deutlicher zutage tritt – denn auch in<br />
dieser Hinsicht wich Grim Fandango<br />
kräftig vom Genre-Standard ab.<br />
rätseln ohne Maus-unterstützung<br />
Grim Fandango ist zwar ein klassisches<br />
Adventure, allerdings ohne<br />
den Zusatz „Point and Click“. Denn<br />
eine Maussteuerung gibt es nicht,<br />
das Spiel wird untypisch mit der<br />
Tastatur bedient. Mit den Pfeiltasten<br />
scheucht man Manny durch die<br />
Gegend, weitere Tasten lassen ihn<br />
Dia De los Muertos – Der tag Der toten<br />
Für Grim Fandango ließ sich tim schafer von einem mexikanischen Feiertag inspirieren.<br />
Vom 31. Oktober bis 2. November wird in Mexiko traditionell der Dia de Los Muertos<br />
gefeiert, der Tag der Toten, der auf alte Bräuche der Azteken zurückgeht. Anders als<br />
es der Name vermuten lässt, handelt es sich dabei aber nicht um eine reine Trauerveranstaltung<br />
– der Tag der Toten ist vielmehr ein fröhliches Fest, mit Paraden, Musik und<br />
farbenfrohen Kostümen. Dabei soll der Verstorbenen gedacht werden, die nach altmexikanischem<br />
Glauben zu dieser Zeit aus dem Jenseits zurückkehren, um ihre lebenden<br />
Verwandten zu besuchen. Straßen, Geschäfte und Schaufenster werden zu diesem Anlass<br />
mit Skeletten und Schädeln – den sogenannten Calaveras – verziert, Gabentische<br />
und Altäre für die Toten werden mit verschiedensten Speisen gedeckt, an denen sich die<br />
Verstorbenen stärken sollen. Beispielsweise wird zu dem Fest das Pan de Muerto (Totenbrot)<br />
gebacken, eine traditionelle Süßspeise, die auch im ersten Akt von Grim Fandango<br />
eine kleine Rolle spielt. Die wohl bekannteste Figur des Totenfestes ist heutzutage La<br />
Catrina – die Darstellung einer Skelett-Dame in herrschaftlicher Kleidung.<br />
03 | 2014<br />
Solche Calavera-Puppen (in der Mitte eine Figur der La Catrina)<br />
dienten Tim Schafer als Inspiration für Grim Fandango.<br />
sunsinger / Shutterstock.com<br />
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