Thalia Magazin
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THALIA | Reiseziele 35<br />
aufkommenden Moderne empfand. Dabei<br />
war Scheffel nur nach außen hin so konservativ.<br />
Als alleinerziehender Vater, der nach der<br />
Trennung von seiner Frau kurzerhand den<br />
gemeinsamen Sohn entführte, zeigte Scheffel,<br />
dass er nicht an Konventionen klebte. Und seine<br />
„Reisebilder“, das bestätigt Carl Zuckmayer,<br />
erkennen die kulturhistorische Bedeutung<br />
des Oberrheins und sind lesenswert geblieben.<br />
Im Museum für Literatur am Oberrhein<br />
ist der ebenfalls offene Scheffel-Raum das<br />
Gegenstück zum Hebel-Zimmer und lässt mit<br />
altväterlichem Mobiliar und einer Dichterbüste<br />
erahnen, wie wohlhabend der „Dichterfürst“<br />
gewesen ist, der nur 60 Jahre alt wurde.<br />
Olympische<br />
Winterspiele<br />
2014<br />
Fotos: © Bildstelle Stadt Karlsruhe, Dirk Heißerer<br />
Oben: Das Hebel-Denkmal (1835) im Schlossgarten<br />
Bloch hat erkannt, dass in diesen Geschichten<br />
ein Aufklärer und ein Freigeist spricht, der die<br />
höchste Kunstform, die Einfachheit, beherrsche,<br />
und dass „ein feiner Tao-Grundton …<br />
lebensfromm“ diese Texte über Zeit und Raum<br />
hinweg lebendig halte.<br />
Hebel ist einer der beiden Hausgötter im<br />
Museum für Literatur am Oberrhein. In der auf<br />
einer Etage angelegten Dauerausstellung ist<br />
ihm ein eigener offener Raum gewidmet. Dort<br />
steht sein kostbar schlichter Schreibtisch aus<br />
der Karlsruher Zeit inmitten all der Dokumente,<br />
die zeigen, wie aus dem „Badischen Landeskalender“,<br />
den ab 1750 jeder badische Haushalt<br />
erwerben musste, durch Hebels Ingenium ein<br />
literarischer Schatz hat werden können.<br />
Dichterfürst …<br />
Wirkungen ganz anderer Art haben Leben<br />
und Werk des einstigen Bestsellerautors<br />
Joseph Victor von Scheffel (1826-1886) nach<br />
sich gezogen. Im Todesjahr Hebels kam er in<br />
Karlsruhe als ein Junge zur Welt, der später<br />
eine Doppelbegabung als Maler und Dichter<br />
zeigte. Mit restaurativer Prosa wie dem Versepos<br />
„Der Trompeter von Säckingen“ (1854),<br />
einem „Sang vom Oberrhein“ aus dem 17.<br />
Jahrhundert, und dem „Ekkehard“ (1855), der<br />
vielgelesenen „Geschichte aus dem 10. Jahrhundert“<br />
aus der Gegend zwischen Bodensee<br />
und Hohentwiel, sowie den Studentenliedern<br />
„Gaudeamus“ (1868) eroberte er sich einen<br />
festen Platz beim deutschen Großbürgertum,<br />
das solch eine Literatur als Bollwerk vor der<br />
… mit Nachruhm<br />
Was der Scheffel-Ruhm alles bewirkte, zeigt<br />
sich nach einem kurzen Gang die Bismarckstraße<br />
hinunter. Vier Jahre nach seinem<br />
Tod – er starb unweit vom Museum im Haus<br />
Stephanienstraße 16, woran dort eine Gedenktafel<br />
erinnert – wurde im November 1892<br />
am heutigen noch immer als eigene Anlage<br />
erhaltenen Scheffelplatz das von Hermann<br />
Volz gestaltete Scheffel-Denkmal eingeweiht.<br />
Nachdem allegorische Figuren, Reliefs und<br />
sonstiger Dekor im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen<br />
wurden, sind am Sockel heute<br />
Nachbildungen der bronzenen Reliefplatten<br />
zu sehen, die Szenen aus dem „Ekkehard“<br />
wiedergeben. Die nachhaltigste Wirkung hat<br />
Scheffel aber durch die Gründung des Deutschen<br />
Scheffel-Bundes 1924 in Karlsruhe. Die<br />
daraus entstandene Literarische Gesellschaft<br />
Karlsruhe e. V. ist mit fast 5.800 Mitgliedern<br />
nicht nur die größte ihrer Art in Mitteleuropa;<br />
vielmehr ist ihr auch das umfangreiche Scheffel-<br />
Archiv und eine ständig wachsende Oberrheinische<br />
Bibliothek anvertraut. Vor allem<br />
aber unterhält der Scheffelbund Karlsruhe das<br />
Museum für Literatur am Oberrhein, so dass<br />
der Dichter hier sozusagen Hausherr ist. Man<br />
braucht zwar seine Zeit, um die reichhaltige<br />
Dauerausstellung vom Beginn der Buchkultur<br />
bis in unsere Tage in Bildern, Texten und Katalogen<br />
auch nur halbwegs aufzunehmen, bietet<br />
sich dort doch ein literaturgeschichtliches<br />
Panorama aus vier Ländern, von Bregenz über<br />
Basel und Straßburg nach Karlsruhe, unterstrichen<br />
noch durch die „Straße der Demokratie“<br />
(Info Verlag, Regio Guide) zwischen Bruchsal<br />
und Rastatt. Aber das hat eben Gründe: Hier<br />
kommt Europa politisch und literarisch zu sich,<br />
und man versteht, was den ADAC sogar mit<br />
drei Landesverbänden dazu bewogen hat, die<br />
„Literaturregion Oberrhein bis Bodensee“ in<br />
einem eigenen Reisebuch vorzustellen.<br />
VERLAG DIE WERKSTATT<br />
U. Kühne-Hellmessen / D. Vetten (Hrsg.)<br />
Sotschi 2014<br />
Die olympischen Winterspiele<br />
160 S., A4, Hardcover, Fotos<br />
ISBN 978-3-7307-0041-9, € 19,90<br />
ERSCHEINT AM 28. FEBRUAR 2014<br />
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Winterspiele auf<br />
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