Jahresbericht - Jugendwohlfahrt
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Was uns alle betrifft<br />
Der Bericht, den Sie in Händen halten, gibt ein gutes Bild über die Arbeit<br />
der <strong>Jugendwohlfahrt</strong> in Oberösterreich. Gezielte präventive Maßnahmen,<br />
individuelle Hilfen, rechtliche Vertretung – das Leistungsspektrum für<br />
die Kinder, Jugendlichen und Familien ist vielfältig. Immer wieder bin ich<br />
beeindruckt vom fachlichen und persönlichen Einsatz der Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter.<br />
Die Leistungsbilanz soll aber über eines nicht hinwegtäuschen: Die professionelle<br />
Unterstützung für Eltern und die Maßnahmen der <strong>Jugendwohlfahrt</strong><br />
zum Schutz der Kinder und Jugendlichen reichen alleine nicht aus.<br />
Familien in belasteten Situationen sind oft auf das Engagement von Menschen<br />
angewiesen, die ihre Not erkennen und ihnen eine helfende Hand<br />
reichen. Kinder und Jugendliche in Not sind auf die Zivilcourage ihres<br />
sozialen Umfelds angewiesen. Keine Institution ist alleine in der Lage, die<br />
Rahmenbedingungen für ein sicheres Aufwachsen der Kinder in unserem<br />
Bundesland zu sichern. So gesehen ist Kinderschutz eine gesamtgesellschaftliche<br />
Aufgabe.<br />
In der Praxis gestaltet sich das nicht so einfach. Niemand möchte sich<br />
zu sehr in das Leben einer anderen Familie einmischen. Wie werden die<br />
Eltern reagieren, wenn ich sie auf offensichtliche Probleme anspreche?<br />
Was wird die <strong>Jugendwohlfahrt</strong> unternehmen, wenn ich ihr meine Wahrnehmungen<br />
mitteile?<br />
Eine Situation am Linzer Hauptplatz. Ein Vater schreit auf seine jugendliche Tochter<br />
ein und gibt ihr eine schallende Ohrfeige. Sie sitzt am Kopfsteinpflaster und<br />
schluchzt. Betretenes Schweigen bei den Menschen an der Straßenbahnhaltestelle<br />
daneben. Ein Mann, der vorbeigeht, bleibt stehen, sieht den Vater an: „Sie müssen<br />
sich gewaltige Sorgen machen um ihre Tochter, wenn sie so heftig reagieren.“ Er<br />
setzt sich neben das Mädchen. „Keine Ahnung, ob ich Ihnen helfen kann, aber so<br />
wird es auf Dauer nicht gehen.“<br />
Ich kenne diese Geschichte, weil der Vater mit seiner Frau, dem Mädchen und<br />
dem jüngeren Bruder einige Tage später in eine unserer Beratungsstellen gekommen<br />
ist. Es hat nur einiger Gespräche bedurft, bis die Familie wieder besser<br />
zueinander gefunden hat.<br />
Diese Geschichte hat sich mir eingeprägt als Beispiel für respektvollen Umgang<br />
und gelungene Hilfe. Jede und jeder von uns kann im Rahmen der eigenen Möglichkeiten<br />
Hilfe anbieten bzw. organisieren. Jede und jeder von uns hat die Pflicht<br />
die <strong>Jugendwohlfahrt</strong> rechtzeitig zu informieren, wenn der Schutz eines Kindes oder<br />
Jugendlichen gefährdet ist.<br />
Ein afrikanisches Sprichwort sagt: „Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes<br />
Dorf.“ Abgewandelt für die öffentliche <strong>Jugendwohlfahrt</strong> könnten wir sagen: „Um<br />
Familien zu stützen und Kinder zu schützen, braucht es die Bürgerinnen und<br />
Bürger eines ganzen Landes.“ So ermöglichen wir gemeinsam ein sicheres<br />
Aufwachsen unserer Kinder und Jugendlichen.<br />
Reinhold Rampler<br />
Jugend<br />
Wohlfahrt<br />
OBERÖSTERREICH