18.03.2014 Aufrufe

PDF-Datei - Karl-May-Gesellschaft

PDF-Datei - Karl-May-Gesellschaft

PDF-Datei - Karl-May-Gesellschaft

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Gefährten nach dem Leben getrachtet, und diese sind Moslemin. Ferner weißt du, daß der Reïs Effendina<br />

vernichtet werden soll. Das kannst du nicht vor Allah verantworten, und ich fordere dich auf, diese Schuld<br />

von dir fernzuhalten, indem du mir sagst, in welcher Gefahr er schwebt.“<br />

Da ging ein höhnisches Grinsen über sein Gesicht. Er spuckte aus und antwortete:<br />

„Ich speie dich und den Tod an, denn ich fürchte weder dich noch ihn. Meine Tage sind bei Allah<br />

verzeichnet, und ohne seinen Willen kannst du mir nicht eine Minute meines Lebens rauben; hat er<br />

bestimmt, daß ich jetzt, hier sterben soll, so kannst du es nicht verhüten. Es wird mir also nicht einfallen, dir<br />

ein Wort von dem zu sagen, was du wissen willst."<br />

„Ich kann dich zum Sprechen zwingen.“<br />

„Versuche es doch! Wie ich dich verlache, werde ich dir beweisen, indem ich eingestehe: ja, der Reïs<br />

Effendina befindet sich in einer großen Gefahr. Er ist verloren und mit ihm alle, die sich bei ihm befinden.<br />

Nun weißt du genug!“<br />

„Er wird der Gefahr zu entgehen wissen, wie wir euch entgangen sind.“<br />

„Nein. Eine Rettung ist für ihn unmöglich. Er und seine Leute werden dafür vernichtet werden, daß er<br />

unsere Gefährten am Brunnen des Wadi el Berd niederschießen ließ. Ja, wenn du wüßtest, was ihm droht,<br />

du würdest ihm vielleicht helfen, denn du bist ein frecher Satan, der nur von Gefahren zu leben scheint. Aber<br />

du wirst es eben nicht erfahren.“<br />

„Wie nun, wenn ich dich so lange peitschen lasse, bis du redest?“<br />

[83] „Ich werde dennoch schweigen.“<br />

„O, die Schmerzen öffnen selbst den verschlossensten Mund!“<br />

„Diesmal läßt dich deine berühmte Klugheit im Stiche. Lässest du mich schlagen, so werde ich dir irgend<br />

eine Antwort geben. Kannst du aber wissen, ob sie wahr ist oder nicht?“<br />

„Ich denke, daß ich dies gar wohl zu beurteilen vermöchte; aber ich werde dennoch darauf verzichten, dich<br />

schlagen zu lassen. Ich würde mich schämen, einen alten, gebrechlichen Mann zu peinigen, welcher schon<br />

am Rande des Grabes steht.“<br />

„Schmähe mich nicht! Ich bin nicht gebrechlich, und wenn ich nicht dein Gefangener wäre, so würde ich dir<br />

das beweisen. Tötet mich, ihr Hunde; aber ich werde schweigen!“<br />

„Gut, er soll seinen Willen haben,“ meinte Ben Nil. „Zu erfahren, was dem Reïs Effendina droht, dazu sind<br />

wir auch ohne die Mitteilung dieses alten Mörders klug genug. Er mag also zur Hölle fahren.“<br />

Der Jüngling kniete neben ihm nieder, öffnete ihm vorn das Gewand und setzte ihm die Spitze des<br />

Messers auf die Brust. Abd. Asl schien nicht erwartet zu haben, daß man doch Ernst machen werde; er<br />

schrie jetzt freilich in erschrockenem Tone:<br />

„Halt ein! Bedenke, daß ich ein heiliger Fakir bin, an dem sich niemand vergreifen darf! Allah würde diesen<br />

Mord mit den ewigen Qualen der Hölle an dir rächen.“<br />

„Ein Heiliger willst du sein?“ antwortete Ben Nil. „Ein Ungeheuer bist du, tausendmal schlimmer als der<br />

Löwe, welchen wir erlegt haben! Und wie kann Allah deinen Tod an mir rächen, da du gesagt hast, daß du<br />

nur mit seiner Erlaubnis sterben würdest? Wenn ich dich [84] jetzt ersteche, so geschieht es mit seinem<br />

Willen und auf seinen Befehl. Also fahre hinab in die Hölle, wo alle Millionen Teufel dich mit Freude<br />

erwarten!“<br />

Er stach ihm die Spitze des Messers langsam, langsam - nur durch die Haut, wie ich sah. Der Alte wälzte<br />

sich auf die Seite und heulte, nun seine ganze bisher verhaltene Todesangst zeigend:<br />

„Nein, nein! Ich mag nicht sterben; ich will und kann nicht sterben. Verschone mich, verschone mich!“<br />

„Schau, alter Feigling, wie du dich verstellen konntest! Jetzt bricht das Entsetzen über dich herein,“ sagte<br />

Ben Nil.<br />

„Gnade, Gnade! Laß mich leben!“<br />

„Vielleicht schenke ich dir das Leben. Nenne mir aber die Gefahr, welche dem Reïs Effendina droht!“<br />

„Ich sage es dir - ich sage es!“<br />

„Dann schnell, heraus damit, sonst stoße ich zu!“<br />

„Er wird in Chartum vergiftet.“<br />

„Von wem?“<br />

„Von - von - - von dem Muza'bir.“<br />

„Von dem Gaukler also, der unserm Effendi wiederholt nach dem Leben trachtete? Wie will er die That<br />

ausführen?“<br />

„Er hat einen Askeri, welcher bei den Leuten des Reïs Effendina Farran 1 ) [ 1 ) Bäcker.] ist, bestochen. Er giebt<br />

ihm Gift, welches der Farran in den Teig thut, wenn er für den Reïs Effendina Kisrah 2 ) [ 2 ) Brötchen aus<br />

Negerhirsenmehl.] bäckt.“<br />

„Willst du schwören, daß du damit die Wahrheit sagst?“<br />

„Bei Allah, beim Propheten und bei dem Leben und Lehren aller Kalifen.“<br />

„Sieh, wie schnell ich erfahren habe, was du uns nicht sagen wolltest! Nun werden wir sofort einen Eil- [85]<br />

boten absenden, um den Kommandanten zu warnen. Die Todesangst hat dir den verschlossenen Mund<br />

geöffnet. Aber ich will dir nun zu deinem Aerger sagen, daß du mir dieses Geständnis eigentlich gar nicht zu<br />

machen brauchtest, da es mir nicht einfällt, meine Ehre zu beschmutzen, indem ich einen alten, gefesselten<br />

Mann, der noch dazu ein solcher Feigling ist, ersteche. Ja, ich will Rache nehmen, aber den Gegner nicht<br />

GR 17 / Im Lande des Mahdi 2 – Seite 26

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!