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PDF-Datei - Karl-May-Gesellschaft

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Er war, da er schnell ritt, unsern Augen längst entschwunden. Wir sattelten, stiegen auf und ritten östlich<br />

davon, ich mit dem Führer neben mir voran und die Asaker in der bekannten, bei Karawanen gebräuchlichen<br />

Einzelreihe hinterdrein. Diese letzteren hatten in unserer Nähe gesessen und alles gehört. Sie waren<br />

neugierig, ob meine Voraussetzungen sich bewähren würden, und brannten, falls dies der Fall sein sollte,<br />

darauf, ihren guten Flinten Arbeit zu geben.<br />

Wir verließen den Brunnen auf der Fährte, welche der Dschelabi bei seinem Kommen gemacht hatte.<br />

Schon nach einer halben Stunde sahen wir eine andere Fährte von rechts herüberkommen und sich mit der<br />

ersten vereinigen. Ich stieg ab, um sie zu untersuchen. Der Führer gesellte sich mir aus Wißbegierde zu. Ich<br />

hatte sie in gebückter Haltung betrachtet; als ich mich aufrichtete, erklärte ich:<br />

„Es war der Dschelabi, ganz so, wie ich vermutet habe.“<br />

„Wie kannst du das behaupten, Effendi? Es kann doch auch ein anderer sein.“<br />

„Nein, er ist es. Sieh auf der ersten Fährte das Gras! Es sind einzelne Halme ausgerauft. Bei der zweiten<br />

Spur kannst du genau dasselbe beobachten.“<br />

[23] „Das ist richtig, aber - -“<br />

„Es giebt kein aber dabei. Das Kamel des Dschelabi hat empfindliche Ballen, und ‚rupft‘. Die zweite Fährte<br />

zeigt deutlichere und nach hinten ausgeschleuderte Eindrücke. Daraus ist zu schließen, daß er jetzt viel<br />

schneller reitet, als er vorher geritten ist; er ist umgekehrt und hat Eile.“<br />

Der Führer schüttelte den Kopf, sagte aber nichts. Wir stiegen wieder auf und ritten weiter, der jetzt<br />

doppelten Fährte nach. Als vielleicht eine Stunde vergangen war, kamen wir an eine Stelle, an welcher der<br />

Reiter gehalten hatte. Das Gras war in einem beträchtlichen Umkreise niedergetreten und niedergelagert.<br />

Geradeaus führte eine alte Spur von drei Kamelen und eine neue von einem Tiere nach Osten; rechts und<br />

links wich je eine Einzelfährte nach Süden und Norden ab. Als meine Begleitung die Sache nicht begreifen<br />

konnte, erklärte ich:<br />

„Was ihr hier seht, ist der vollste Beweis dafür, daß meine Vermutungen ganz richtig gewesen sind. Da<br />

weit vor uns im Cassiawald liegen unsere Gegner, und der Anführer hat eine Postenlinie vorgeschickt. Drei<br />

Mann kamen hierher; zwei von ihnen lagerten sich, während einer, nämlich der Dschelabi, welcher am<br />

unternehmendsten war, weiterritt. Als er zurückkehrte, teilte er ihnen mit, daß er uns gefunden hatte, und ritt<br />

auf der dreifachen Fährte nach dem Walde zurück, um seinem Anführer dieselbe Meldung zu machen. Die<br />

beiden andern aber eilten, einer nördlich und der andere südlich davon, um die übrigen Posten nach dem<br />

Walde zu beordern. Seht euch diesen Platz mit dem niedergedrückten Grase an! Müssen die Kerle nicht<br />

denken, daß wir entweder blind oder Dummköpfe sind? Wenn sich hier ein Posten von drei Männern befand,<br />

so steht zu erwarten, daß die [24] andern Posten ebenso stark gewesen sind. Da der eigentliche<br />

Kriegerhaufen stets größer ist als die sämtlichen Posten zusammen, so können wir auf die Anzahl der<br />

Männer schließen, mit denen wir es zu thun haben werden. Wir haben es mit einem zwar unvorsichtigen, wie<br />

die Spur beweist, aber auch sehr zahlreichen Feinde zu thun. Aus diesem Grunde will ich meine eigenen<br />

Wünsche zurückhalten und euch um eure Meinung befragen. Wollt ihr den Kampf aufnehmen, oder wollen<br />

wir demselben ausweichen, was nun, da die Gegner sich alle an einem Punkte versammelt haben, sehr<br />

leicht sein würde?“<br />

„Kämpfen, kämpfen!“ lautete die allgemeine Antwort.<br />

„Gut, so gehen wir links ab, um von Norden her an den Wald zu kommen, während wir von Westen her<br />

erwartet werden. Da dies einen Umweg ergiebt, werden wir schneller als bisher reiten müssen.“<br />

Jetzt ging es weiter, und zwar so schnell, wie unsere Kamele laufen konnten; die weniger raschen wurden<br />

mit den Stäben angetrieben. Nach einiger Zeit stießen wir abermals auf eine Fährte, dann auf eine zweite,<br />

dritte, vierte und fünfte. Die Spuren hatten alle eine mehr oder weniger südöstliche Richtung und liefen auf<br />

den Wald zu. Ich konnte, auch ohne abzusteigen, sehen, daß jede derselben aus den Hufeindrücken von<br />

drei Kamelen bestand.<br />

„Ob das lauter Vorposten gewesen sind?“ fragte der Führer, welcher wieder an meiner Seite ritt.<br />

„Natürlich!“ antwortete ich. „Du siehst, daß ich recht gehabt habe. Angenommen, daß die Spur des<br />

Dschelabi in der Mitte der Kundschafterlinie gelegen hat, so giebt es in Summa elf Fährten, jede von drei<br />

Reitern; das ergiebt dreiunddreißig Mann. Wie viele mögen da im [25] Walde geblieben sein? Es ist<br />

anzunehmen, daß wir es wenigstens mit der doppelten Anzahl, also mit sechzig Gegnern zu thun haben<br />

werden.“<br />

„Dann dürfen wir uns auf einen harten Kampf gefaßt machen.“<br />

„Auf gar keinen; wir werden so klug sein, ihnen gar keine Zeit zur Gegenwehr zu lassen.“<br />

„Du meinst, daß wir sie umzingeln und niederschießen, ehe sie dazu kommen, ihre Waffen zu<br />

gebrauchen?“<br />

„Umzingeln werden wir sie wahrscheinlich, töten aber nicht. Ich will kein Blut vergießen. Ueberhaupt dürfen<br />

wir sie nicht eher angreifen, als bis wir ihnen beweisen können, daß sie es auf uns abgesehen haben.“<br />

„Wie sollen wir diesen Beweis liefern?“<br />

„Das laß meine Sache sein! Und selbst dann, wenn wir ihnen ihre feindlichen Absichten in das Gesicht<br />

sagen können, haben sie dieselben noch nicht ausgeführt, und wir sind nicht berechtigt, einem von ihnen<br />

das Leben zu nehmen. Selbst für den Fall, daß wir dieses Recht besäßen, würde ich sie möglichst schonen,<br />

um sie dem Reïs Effendina ausliefern zu können.“<br />

GR 17 / Im Lande des Mahdi 2 – Seite 8

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