Jahresheft 2013 Jahresbericht 2012 - Klinik Sonnenhof
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«Null Bock», auf alles!<br />
32<br />
Das Förderprogramm<br />
Bei Eintritt von Jugendlichen legen wir grossen<br />
Wert darauf, dass sie so rasch wie möglich wieder<br />
einen Zugang zu einem geregelten Tagesablauf<br />
finden. Jugendliche, die aus gesundheitlichen, persönlichen<br />
oder pädagogischen Gründen nicht am<br />
Schulprogramm teilnehmen können, werden in<br />
drei Blöcken von jeweils einer Stunde auf der Station<br />
im Förderprogramm beschäftigt. Dafür steht<br />
auf jeder Gruppe ein für diesen Zweck konzipierter<br />
Raum mit unterschiedlichen Arbeitsmaterialien zu<br />
Verfügung.<br />
Das Förderprogramm wird von den Stationsmitarbeitern<br />
geleitet, zusammen mit den Jugendlichen<br />
individuell und inhaltlich gefüllt. Dadurch haben<br />
die Jugendlichen die Möglichkeit, ihren Alltag mitzugestalten<br />
und oft verborgene Talente zu entdecken<br />
oder aber wieder aufleben zu lassen.<br />
Ziel und Zweck<br />
Im Vordergrund steht die zielgerichtete Förderung<br />
der kreativen, handwerklichen und sportlichen Fähigkeiten<br />
der Jugendlichen. Ziel des Förderprogramms<br />
ist es weiter, den Jugendlichen geregelte<br />
Tagesstrukturen zu bieten. Die Jugendlichen sollen<br />
bei ihrer Aktivierung unterstützt werden und ihren<br />
Tagesablauf selbst gestalten. Sie sollen auch lernen,<br />
dass es Spass, Freude und Abwechslung bringen<br />
kann, wenn sie über ihre Lebensgestaltung<br />
mitbestimmen und damit auch mehr Verantwortung<br />
tragen können. Die Förderung sowie die Steigerung<br />
des Selbstwertes können im Förderprogramm<br />
trainiert werden.<br />
Zusammenarbeit mit der Schule/Werken<br />
Immer wieder kommt es vor, dass Jugendliche<br />
nicht am Schulunterricht teilnehmen können. Die<br />
Gründe dafür sind vielfältig und Bestandteil des<br />
Abklärungsauftrags. Die Jugendlichen zeigen dann<br />
teilweise ein vermeidendes bis hin zu einem dissozialen<br />
Verhalten, welches eine Teilnahme an den<br />
Schulstunden erschwert oder gar verunmöglicht.<br />
In solchen Situationen wird eng mit dem Lehrerteam<br />
zusammengearbeitet, welches den Jugendlichen<br />
die Aufgaben der Schule auf die Station vorbeibringt<br />
und diese dann einmal täglich auch mit<br />
dem Jugendlichen zusammen überprüft. In den<br />
jeweiligen Blöcken werden dann die Jugendlichen<br />
von den Stationsmitarbeitern begleitet und unterstützt.<br />
Das interdisziplinäre Team arbeitet in solchen<br />
Situationen konstruktiv zusammen und<br />
verfolgt das gemeinsame Ziel, die betroffenen<br />
Jugendlichen so schnell und so gut wie möglich<br />
wieder in den geregelten Schulunterricht der <strong>Klinik</strong><br />
zu integrieren.<br />
Aller Anfang ist schwer!<br />
Bei der Umsetzung im Alltag verlangt die Begleitung<br />
durch das Förderprogramm den Mitarbeitern<br />
auf der Station eine hohe Professionalität, Geduld<br />
und Ausdauer ab. Stellt man zu Beginn des Aufenthalts<br />
den Jugendlichen die Frage, was sie im Förderprogramm<br />
unternehmen möchten, erhalten<br />
wir oft die Antwort: «Musik hören und hängen, auf<br />
etwas anderes habe ich null Bock.» Dabei nehmen<br />
sie eine passive Haltung ein.<br />
Die Phase der Motivation und Kreativität setzt ein.<br />
Die Mitarbeiter zählen Möglichkeiten auf, womit<br />
man sich beschäftigen kann. Um einmal aufzuzeigen,<br />
was alles angeboten wird, unten stehend ein<br />
kleiner Musterkatalog an Förderangeboten:<br />
– Achtsamkeitsübungen<br />
– Störungsspezifische Trainingsprogramme<br />
am Computer<br />
– Zimmer- und/oder Stationsgestaltung<br />
– Buch lesen<br />
– Geschichten schreiben<br />
– Malen<br />
– Perlenketten herstellen<br />
– Liedertexte schreiben<br />
– Gemeinsamer Einkauf tätigen<br />
– Gesellschaftsspiel spielen<br />
– Backen<br />
– Fussball spielen<br />
– Jogging<br />
– Drachen fliegen lassen<br />
– Sudoku lösen<br />
– Kreuzworträtsel lösen<br />
Sicherlich könnte jeder Mitarbeiter noch einige<br />
weitere Beispiele aufzählen und doch kommen keine<br />
ausgeprägten Glücksgefühle bei den Jugendlichen<br />
auf. Als Antwort kommt dann oft: «Das ist<br />
doch alles langweilig!»<br />
Strategiewechsel. Nach vielen Angeboten vonseiten<br />
des Betreuungsteams wird jetzt der Ball dem<br />
Jugendlichen wieder zurückgeschoben. Es wird<br />
ihnen aufgezeigt, dass wir die Förderprogrammzeit<br />
aktiv gestalten und eine Teilnahme daran auch obligatorisch<br />
ist. Widerwillig, lustlos und total unmotiviert<br />
stimmen sie dann in der Regel einer Teilnahme<br />
am Programm zu.<br />
Gemeinsam oder aber für sich wird dann an den<br />
genannten Vorschlägen gearbeitet. Die Stimmung<br />
in der Gruppe verbessert sich von Minute zu Minute<br />
wieder. Das «ätzende» Programm entpuppt sich<br />
als nicht so «ätzend», und als angenehmer Nebeneffekt<br />
vergeht auch die Zeit rascher. Zum Abschluss<br />
wird dann oft noch ein Match im Tischfussball<br />
gespielt, wo das oberste Ziel, die Betreuer zu<br />
schlagen, verfolgt wird.<br />
Schritt um Schritt dem Ziel näher!<br />
Aus diesen Erfolgserlebnissen heraus probiert das<br />
Pflege/Pädagogik-Team zusammen mit dem Jugendlichen<br />
im Förderprogramm weiter an dem<br />
Ziel, die Tagesstrukturen selbstständiger zu bewältigen.<br />
Die Jugendlichen lernen oft während des<br />
Aufenthalts, sich zu beschäftigen. Mit der Zeit befassen<br />
sie sich dann schon vor dem Förderprogramm<br />
mit entsprechenden Themen und bringen<br />
gute Ideen in die Stunde mit.<br />
Das selbstständige Gestalten der Tagesstrukturen<br />
zeichnet sich dann auch in der Gestaltung<br />
der Freizeit ab. Die erlangte Autonomie und die<br />
Stärkung der Selbstständigkeit bedeutet für die<br />
Jugendlichen oft auch mehr Freiheit. Die Jugendlichen<br />
wirken ausgeglichener, entspannter und<br />
sind für das Leben nach dem <strong>Klinik</strong>aufenthalt<br />
gut «gerüstet».<br />
Marcel Peterer<br />
Stv. Stationsleiter, Station 3<br />
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