PDF 4,4 MB - Kreuzberg Museum
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den Stadtvätern verlangt.<br />
Er nennt zunächst den unannehmbaren Preis und<br />
bekräftigt seine Forderung mit der Berufung auf einen angeblichen Befehl vom<br />
abwesenden Fermor, um auf diese Weise den erwünschten Betrag sicher aus-<br />
zuhandeln. Dadurch, dass er zum Schein Einsicht zeigt,<br />
und die<br />
Kontributionssumme ermäßigt, bricht er keinerlei Anweisungen seiner Vorgesetzten ,<br />
er hält sich in der Tat strikt an die Vorgabe von Tschernyschew.<br />
47<br />
jüdischen Bevölkerung der Stadt einzutreiben,<br />
Itzig und Ephraim als Geisel nehmen wollen,<br />
wobei die Russen die reichsten jüdischen Kaufleute<br />
solange die Kontribution nicht vollständig ausgezahlt<br />
wird.<br />
Er rettet einige Fabriken vor der Vernichtung.<br />
Er verteilt großzügig Schmiergelder und<br />
Geschenke unter den russischen Generälen,<br />
um auf diese Weise seinen Gesuchen mehr Gewicht zu<br />
verleihen. Die beachtlichen Summen, die er dafür ausgibt,<br />
stellt er der Stadt später niemals in<br />
Rechnung.<br />
Leider kommt ihm sein Engagement während der Besatzung später teuer zu stehen:<br />
um die<br />
Schulden aus den Bürgschaften vor den Russen bezahlen zu können, ist er gezwungen,<br />
seine<br />
hervorragende Sammlung holländischer Malerei an die russische Zarin Katharina die Große<br />
abzutreten. Diese Sammlung bildet heute das Kernstück der Holländer-<br />
Sammlung in der Eremitage in<br />
Sankt Petersburg. Und er stirbt wenige Jahre später verarmt.<br />
In seiner<br />
„Geschichte<br />
Patriotischen Kaufmanns " aus dem Jahr 1768 lamentiert er über die Undankbarkeit der Welt : “Dieses<br />
war das Schicksal desjenigen,<br />
eines<br />
der so oft vor die Stadt und seine Mitbürger sein Vermögen und<br />
Leben gewaget, und dem man einige Jahre vorher das Zeugniß gegeben hatte,<br />
daß es ein Exempel<br />
ohne Exempel wäre,<br />
daß ein ehrlicher Mann ohne allen Eigennutz dasjenige ausgestanden und<br />
unternommen,<br />
was ich als ein redlicher Patriot für meine Mitbürger ausgestanden und übernommen<br />
hatte. Man würde mich sogar des andern Tages nach dem öffentlichen Gefängniß gebracht haben ,<br />
wenn nicht ein redlicher Mann,<br />
dem ich niemalen die geringste Gefälligkeit zu erweisen Gelegenheit<br />
gehabt,<br />
so großmüthig gehandelt und d i e Bürgschaft bis nach ausgemachter Sache für mich<br />
geleistet hätte. Ich kann diese Geschichte mit Recht aus der alten bekannten Fabel schließen:<br />
So<br />
lohnet die Welt" ( Duwe, S.71).<br />
47. Die Ermäßigung der Kontributionssumme bezahlt der Berliner Magistrat mit 65875 Talern,<br />
von<br />
denen 50000 auf das Konto von Tottleben gehen.<br />
Der Rest wird für die Geschenke an Tottlebens<br />
Leute und an Fermor, dem ein mit Brillanten verzierter Stock im Wert von 6000 Talern später<br />
überreicht wird, ausgegeben.<br />
General Tottleben war nach der Beschreibung von Hermann Granier ein<br />
Mensch , „der ziemlich skrupellos seinen eigenen Vorteil suchte und zu finden wußte“ ( Granier ,<br />
S.123). Auf die Vorzüge seiner Stellung in Berlin in diesem Sinne zu verzichten,<br />
wäre sicherlich nicht<br />
in seinem Naturell.<br />
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