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„Wir wären alle<br />
auf dem elektrischen Stuhl gelandet...“<br />
Mal ehrlich: Was soll nach einem Songtitel wie DSDS (Deutschland<br />
sucht die Superleiche) eigentlich noch kommen? Deutschlands Bastion<br />
des schlechten Geschmacks scheint sich über derlei Einschränkungen<br />
allerdings keinerlei Gedanken zu machen und musiziert sich auch im<br />
19. Bestehensjahr taktlos, respektlos, politisch inkorrekt und eklig durch<br />
ihren Wust aus melodischem Black Metal und düsterem Rock. Wenige<br />
Monate nach Todestage legen die Thüringer Indexfreunde nun die Mini-<br />
CD Flötenfreunde vor. Schon der Titel zeigt: Ebenso wenig wie ihr Faible<br />
für Geschmacklosigkeiten haben Eisregen ihren pechschwarzen Humor<br />
verloren. Flötenfreunde ist all jenen gewidmet, die den Flöterich auf<br />
dem letzten Albumcover so schön fanden und enttäuscht reagierten,<br />
als er samt einem gewissen Track vom Tonträger verschwand. „Es gab<br />
bereits im Vorfeld der Veröffentlichung von Todestage massive rechtliche<br />
Schwierigkeiten, Unterlassungsklagen und all diese unschönen<br />
bürokratischen Verwicklungen“, gibt Michael „Blutkehle“ Roth zu<br />
Protokoll. Damit kennen sich Eisregen zwar aus, entsprechend reagieren<br />
müssen sie natürlich dennoch. „Wir waren gezwungen, sowohl das<br />
Cover zu ändern als auch ein Lied vorerst zu entfernen. Hätten wir<br />
das nicht getan, wären wir alle auf dem elektrischen Stuhl gelandet,<br />
und Thüringen wäre einem Atomangriff zum Opfer gefallen. Unsere<br />
patriotische Pflicht gebot uns, diesem entgegenzuwirken.“<br />
Besser also, wir erwähnen den Namen des besagten Stückes nicht und<br />
einigen uns auf die unverfängliche Bezeichnung „Flötenlied“. Jetzt hat<br />
es diese brisante Nummer doch an die Öffentlichkeit geschafft – in<br />
einer entschärften Variante. „Die alte Version verschwand in digitalen<br />
Giftgruben, die erste Auflage der Todestage wurde deswegen komplett<br />
eingestampft“, erfahren wir von Roth. Eisregen eben! „Da ich das Lied<br />
aber trotz allem sehr nett finde, haben wir es etwas umgearbeitet, und<br />
ich habe auch gleich ein neues Flötensolo für den Mittelteil beigesteuert,<br />
da mir das alte zu gut gespielt war. Das neue Solo entspricht eher<br />
dem Charakter des Tausendschweiners, wie auch der neue Titel des<br />
Flötensongs lautet. Auf die thüringische Legende des Tausendschweiners<br />
wird übrigens im Booklet ausführlich eingegangen, alle Fragen werden<br />
dort beantwortet.“ Humor ist bei Eisregen, wenn man lacht, obwohl<br />
das Lachen eigentlich in der Kehle stecken bleiben müsste. Oder, im<br />
Falle von Sänger Roth, in der „Blutkehle“. Drei weitere Stücke gibt es<br />
auf Flötenfreunde; Rotes Meer und Blut saufen wurden sogar extra für<br />
das Minialbum komponiert. „Und Mordlust ist die Neueinspielung eines<br />
alten Bandhits, die nach Beanstandung des Originals auf einer vorherigen<br />
MCD notwendig wurde.“ Verbote, Indexlistings und Querelen, wohin<br />
man blickt. Alles beim Alten also für Eisregen, die Ende letzten Jahres<br />
auf einer größtenteils ausverkauften Tournee unterwegs waren. Ähnlich<br />
umtriebig geht es weiter: Neben einigen Festivals wollen sie sich um ihr<br />
neues Werk Marschmusik kümmern, das rechtzeitig zum 20. Jubiläum<br />
2015 erscheinen soll. Mal sehen, wer dann wieder weint.<br />
www.fleischhaus.de<br />
Björn Springorum<br />
Discographie (Alben):<br />
Zerfall (1998)<br />
Krebskolonie (1998)<br />
Leichenlager (2000)<br />
Farbenfinsternis (2001)<br />
Wundwasser (2004)<br />
Blutbahnen (2007)<br />
Knochenkult (2008)<br />
Buehnenblut (live, 2009)<br />
Schlangensonne (2010)<br />
Rostrot (2011)<br />
Krebskollektion (Compilation, 2012)<br />
Der Tod ist ein Meister aus Thüringen (Compilation, 2013)<br />
Todestage (2013)<br />
Line-Up:<br />
Michael „Blutkehle“ Roth – Gesang<br />
Michael „Bursche“ Lenz – Gitarre<br />
„West“ – Bass<br />
Franziska „Dr. Franzenstein“ Brink – Keyboard<br />
Ronny „Yantit“ Fimmel – Schlagzeug<br />
24 - <strong>Orkus</strong>!