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„Keine Ahnung, was die Nachbarn davon halten...“<br />
Die spanischen Symphonic Metaller zeigen sich auf ihrem dritten Album so bombastisch und selbstbewusst wie noch nie. Dabei stand<br />
die Band kurz vor ihrer Auflösung, erzählen Sängerin Zuberoa Aznárez und ihr Ehemann Gorka Elso im Interview.<br />
<strong>Orkus</strong>: Ich würde behaupten, Argia ist euer bisher pompösestes und<br />
bombastischstes Werk. Würdet ihr mir da zustimmen?<br />
Zuberoa Aznárez: Erst mal danke, denn wir nehmen das als<br />
Kompliment. Es kann schon stimmen, auch wenn die Klassik immer eine<br />
sehr große Rolle bei uns gespielt hat. Viel wichtiger finde ich allerdings,<br />
dass es unser persönlichstes Album geworden ist. Das spiegelt sich sowohl<br />
in den Texten als auch in der Musik wider. Gorka und ich standen unter<br />
einem großen Schock, als uns 2012 alle anderen Bandmitglieder verließen.<br />
Wir waren ziemlich sicher, dass dies das Ende für Diabulus in Musica<br />
bedeuten würde. Doch dann fingen wir an, neue Stücke zu komponieren,<br />
die uns selbst die Augen geöffnet haben. Diese Band ist ein Teil unseres<br />
Lebens und darf nicht einfach sterben.<br />
Gorka Elso: Wir haben von den Aufnahmen bis hin zum Cover alles in<br />
Eigenregie gemacht und sind sehr stolz darauf, dass es geklappt hat. Durch<br />
die erzwungene Fokussierung sehen wir plötzlich viel klarer, in welche<br />
Richtung die Band gehen muss.<br />
O: Behandeln die Texte eine durchgehende Geschichte?<br />
ZA: Nein, das nicht. Aber sie lassen sich ganz gut unter dem Wort<br />
„Katharsis“ zusammenfassen. Es gibt drei oder vier Stücke, die sich direkt<br />
mit der Situation der Band befassen. Ein weiteres Stück schrieb ich für<br />
meine Großmutter, die im letzten Jahr verstorben ist. Das sind die<br />
persönlichen Elemente, die ich bereits angesprochen habe. Aber ich habe<br />
auch einen Song über Religionen verfasst. Es ist wieder ein sehr privater<br />
Blick auf das Thema. Ich versuche zu beschreiben, wie es sich anfühlt, wenn<br />
du auf den Erlöser wartest, dieser aber nicht erscheint.<br />
O: Deutsche Worte verwendet ihr nicht, oder?<br />
ZA: Nein, bisher nicht. Die Sprache ist sehr schwer zu lernen. Außerdem<br />
fehlt uns die Erfahrung, denn wir sind mit Diabulus in Musica noch nie in<br />
Deutschland aufgetreten. Keine Ahnung, warum es ausgerechnet bei Euch<br />
nie klappt. In Frankreich oder der Schweiz sind wir regelmäßig unterwegs.<br />
O: Die Konzertveranstalter lesen hoffentlich aufmerksam mit! Zurück zu<br />
dem spanischen Song, der auf den Titel Furia de Libertad hört. In diesem<br />
Stück tritt mit Ailyn Giménez von Sirenia eine prominente Gastsängerin<br />
auf.<br />
ZA: Ich kenne Ailyn schon lange, sie kommt ja auch aus Spanien.<br />
Witzigerweise aber nur übers Internet. Wir sind uns letztes Jahr beim Metal<br />
Female Voices Fest in Belgien zum ersten Mal im echten Leben begegnet.<br />
Als wir das Stück schrieben, habe ich gleich an sie gedacht. Bei Thomas<br />
Vikström, der bei Encounter at Chronos’ Maze zu hören ist, gestaltete es<br />
sich etwas schwieriger. Ich wollte eigentlich einen Duettpartner aus der<br />
Klassik haben, doch ein gemeinsamer Freund empfahl mir Thomas. Er<br />
singt ja nicht nur bei Therion, sondern hat einerseits sehr viel Erfahrung<br />
mit klassischem Stoff, andererseits aber auch das richtige Gefühl für Metal.<br />
O: Interessant, denn dem Titel Argia folgend, hätte ich auf eine Geschichte<br />
aus der griechischen Mythologie getippt. Schließlich taucht der Name dort<br />
gleich mehrfach auf, unter anderem heißt eine Okeanide so.<br />
GE: (fällt lachend ein) Was zudem perfekt zu unserem Cover passt, wo ja<br />
auch eine Frau aus dem Wasser zu sehen ist. Aber ich schwöre, wir haben<br />
erst nach der Fertigstellung von dieser Sage erfahren. Tatsächlich kann das<br />
Wort „Argia“ in unserer baskischen Heimatsprache sowohl „neu“ als auch<br />
„Licht“ bedeuten. Wir fanden diese Doppelung sehr passend für unsere<br />
momentane Situation. Aber den Verweis auf die Mythologie nehmen wir<br />
natürlich auch gerne noch mit.<br />
O: Ihr habt schon angemerkt, wie wichtig der klassische Einfluss auf<br />
Diabulus in Musica ist. Wer sind eure Lieblingskomponisten?<br />
ZA: Das ist ein ewiges Streitthema zwischen uns. Ich bin ein ganz großer<br />
Fan der altertümlichen Musik, vom frühen Mittelalter bis hin zum Barock.<br />
Komponisten wie Bach oder Händel stehen bei mir ganz weit vorne.<br />
GE: Ich bin eher ein Anhänger der Romantik, also der Musik des 19.<br />
Jahrhunderts. Dazu zählen Komponisten wie Franz Schubert oder Robert<br />
Schumann. Davon abgesehen, höre ich oft auch Filmsoundtracks – von<br />
John Williams und anderen. Wenn ich mit dem Auto unterwegs bin, läuft<br />
wesentlich häufiger dieser Stoff als zum Beispiel Metal.<br />
ZA: Wir machen auch zusammen Hausmusik, ich singe sogar Arien. Keine<br />
Ahnung, was die Nachbarn davon halten... Beschwert hat sich jedenfalls<br />
noch niemand.<br />
O: So kreativ, wie ihr zwischen den einzelnen musikalischen Epochen<br />
wandelt, verwendet ihr auch Sprache. Die Lieder sind in Englisch, Spanisch,<br />
Baskisch und Latein gesungen. Was hat es mit dieser Vielfalt auf sich?<br />
GE: Für uns hat jede Sprache ihren ganz eigenen Klang. Baskisch und<br />
Latein eignen sich zum Beispiel hervorragend, um eine mystische<br />
Stimmung zu erzeugen. Wenn wir komponieren, schreiben wir alle Texte<br />
für die Chöre in Latein und ändern es teils später um. Durch Englisch<br />
lassen sich Inhalte sehr gut transportieren. Und Spanisch haben wir zum<br />
ersten Mal benutzt. Es gab einige Fans, die es schade fanden, dass wir bis<br />
jetzt nie ein Stück in dieser Sprache geschrieben haben. Also änderten wir<br />
das. In dem Stück befassen wir uns übrigens mit der Wirtschaftskrise, die<br />
hier in unserer Heimat herrscht. Allerdings ein wenig verklausuliert.<br />
Also eine perfekte Wahl. Ich habe ihm letztes Jahr eine ellenlange Mail<br />
geschrieben, mich und die Band vorgestellt und eine vorproduzierte<br />
Version des Stückes angehängt. Seine Antwort war genau drei Sätze lang:<br />
„Super Song. Ich bin dabei. Wie machen wir es?“ (lacht)<br />
O: Bleibt abschließend nur die Frage, was zur Hölle ein „Spoilt Vampire“<br />
ist. Über diesen Liedtitel dürfte wohl jeder stolpern.<br />
GE: Ja, er ist ziemlich auffällig. Es gibt in der baskischen Sprache einen<br />
Ausdruck für Menschen, die vordergründig sehr nett zu dir sind, dich aber<br />
emotional aussaugen. Eine richtige Übersetzung gibt es dafür nicht. Also<br />
haben wir es mit diesem Begriff versucht.<br />
www.diabulusinmusica.com<br />
Marc Halupczok<br />
Photos: Stefan Heilemann<br />
Discographie (Alben):<br />
Secrets (2010)<br />
The Wanderer (2012)<br />
Argia (2014)<br />
Line-Up:<br />
Zuberoa Aznárez – Gesang<br />
Gorka Elso – Keyboard, Gesang<br />
Alexey Kolygin – Gitarre<br />
Odei Ochoa – Bass<br />
David Carrica – Schlagzeug<br />
<strong>Orkus</strong>! - 45