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PERSONALMANAGEMENT<br />
Schwierige Berufssituationen erfordern professionelle Hilfe<br />
Führungskräfte mit der Rolle<br />
<strong>als</strong> Coach häufig überfordert<br />
AUTOR<br />
Günther Mohr<br />
ist Diplom-Psychologie und<br />
Diplom-Volkswirt. Er leitet das<br />
Institut für Coaching, Training<br />
und Consulting in Hofheim.<br />
Stehen Mitarbeiter vor wichtigen und einschneidenden Veränderungsprozessen im Berufsleben, wollen viele<br />
Institute einen kompetenten Coach zur Seite stellen. Der durchaus wohlmeinende und führungsstarke Vorgesetzte<br />
<br />
<br />
private Schwierigkeiten, Schicks<strong>als</strong>schläge oder Krankheiten aufgearbeitet werden müssen.<br />
Was charakterisiert eine moderne Führungskraft?<br />
Zu allererst eine Führungshaltung,<br />
die effizienzsteigernd und<br />
motivationsfördernd wirkt. Damit einher<br />
geht, dass Führungs-Kommunikationstechniken<br />
auch wirklich (vor)gelebt werden. Viele<br />
Führungskräfte haben Coaching-Methoden<br />
im Laufe ihrer Karriere schon kennengelernt.<br />
Unter Führungshaltung wird dabei verstanden,<br />
Mitarbeitern gegenüber eine fördernde<br />
Haltung einzunehmen.<br />
Dieser Gedanke ist nicht prinzipiell neu.<br />
Er hat schon die alten Handwerksmeister<br />
ihren Gesellen gegenüber ausgezeichnet,<br />
wie auch den fürsorglichen Sparkassen-<br />
Filialleiter seinen Mitarbeitern gegenüber.<br />
Früher hieß das nur nicht Coach. Sowohl<br />
Handwerksmeister <strong>als</strong> auch Filialleiter haben<br />
das intuitiv und aus der Lebenserfahrung<br />
heraus getan. Heute kommen spezielle<br />
Coaching-Techniken hinzu. Entwicklungsorientierte<br />
Führungskräfte lernen etwa, systemisch<br />
zu fragen. Darunter ist zu verstehen,<br />
gelernt zu haben, dem jeweiligen Gegenüber<br />
präzise, die Eigenressourcen stimulierende<br />
Fragen zu stellen. Genau das ist etwa für<br />
das Delegieren von Aufgaben hin zu einer<br />
selbstverantwortlicher Ausführung durch<br />
den Mitarbeiter sehr förderlich.<br />
Man sollte die Führungskraft aber damit<br />
noch nicht Coach nennen und sie sollte<br />
sich nicht <strong>als</strong> solchen bezeichnen. Denn<br />
Ausgangspunkt der Arbeit ist zunächst die<br />
Rolle, die Führungskräfte in erster Linie wahrnehmen<br />
müssen. Führung besteht heute im<br />
Wesentlichen aus drei Teilrollen:<br />
> Leistungsmanager<br />
> Teamleiter<br />
> Einzelgesprächspartner.<br />
Leitrolle und damit zentrale Aufgabe des<br />
Vorgesetzten, der eine Organisationseinheit<br />
oder sogar ein ganzes Institut führt, ist dabei<br />
die des Leistungsmanagers. Dabei muss<br />
stets die Leistung der geführten Gruppe und<br />
deren einzelne Mitglieder im Auge behalten<br />
sowie gesteuert werden. Ein professioneller<br />
Coach dagegen hat eine andere Rollenperspektive.<br />
Er entwickelt unter Einbezug auch<br />
sehr persönlicher Ressourcen eines Menschen<br />
dessen berufliche Kompetenzbasis.<br />
Führungskraft soll verändern<br />
Die Rollen <strong>als</strong> Führungskraft und Coach<br />
können sich in bestimmten Situationen „beißen“,<br />
wenn sie von ein und derselben Person<br />
eingenommen werden sollen – und zwar<br />
mit fatalen Folgen. Vom Leistungsmanager<br />
wird zudem seit etwa 20 Jahren verstärkt<br />
erwartet, das er auch eine Rolle <strong>als</strong> stetiger<br />
Veränderungsmanager übernimmt.<br />
Ein Vermischen von Coaching und Führung<br />
kann auch dazu führen, dass die<br />
Führungskraft mit einem üblicherweise<br />
leistungsschwächeren Mitarbeiter optimistisch<br />
ein Coaching beginnt. Dies müsste die<br />
Leistungsmanagerrolle, die den Mitarbeiter<br />
bezüglich seiner Leistung bewertet und ihm<br />
entsprechende Rückmeldungen gibt, durch<br />
eine die tieferen, persönlichen Ressourcen<br />
des Mitarbeiters ansprechende und ermutigende<br />
Beziehungsaufnahme ergänzen. Der<br />
Mitarbeiter muss dazu aber einen hohen<br />
Vertrauensvorschuss mitbringen, der Coach<br />
eine hohe ethische Verpflichtung haben.<br />
Kurze Zeit später erhält dann dieselbe<br />
Führungskraft den Auftrag, im Rahmen einer<br />
Restrukturierung das Personal in ihrem Bereich<br />
auf 80 Prozent zu reduzieren und dafür<br />
leistungsschwächere Mitarbeiter für Trennungsgespräche<br />
zu benennen. Offensichtlich<br />
ist, in welches Dilemma die Führungskraft<br />
gerät und in welche Vertrauenskrise der<br />
Mitarbeiter gestürzt werden könnte.<br />
Da ein solcher Rollenkonflikt häufiger <strong>als</strong><br />
gedacht auftritt, ist eine Führungskraft <strong>als</strong><br />
Coach äußerst problematisch. Oder die Führungskraft<br />
müsste die Vorgesetztenrolle für<br />
den Fall abgeben, dass sie Coach wird. Eine<br />
solche Vorgehensweise dürfte in der Praxis<br />
jedoch nur schwer umsetzbar sein.<br />
Coaching ist spezifische Kompetenz<br />
Ein Coaching durch den spezialisierten Profi<br />
ist deshalb heute meist eine professionelle,<br />
eigenständige Dienstleistung. Sie wird in<br />
der Praxis entprofessionalisiert, wenn Führungskräfte<br />
ebenfalls <strong>als</strong> Coach bezeichnet<br />
werden. Normalerweise haben Coaches eine<br />
mindestens dreijährige Fachausbildung und<br />
müssen zusätzlich mindestens eine fünfjährige<br />
Erfahrung in diesem Bereich vorweisen.<br />
Dazu muss eine größere Anzahl von Coachings<br />
pro Jahr durchgeführt werden. Nur so<br />
kann Erfahrung in der Coaching-Ausübung<br />
entstehen. Entsprechende Anforderungen<br />
stellt etwa der Deutsche Bundesverband<br />
Coaching für die Akkreditierung <strong>als</strong> Coach.<br />
Eine Führungskraft verfügt selten über<br />
eine solche Ausbildung, weil der berufliche<br />
Schwerpunkt einfach ein anderer ist.<br />
Führungskräfte coachen, wenn überhaupt,<br />
nebenbei. Sie können dadurch nicht die<br />
nötige Coaching-Erfahrung sammeln. Gute<br />
Gespräche, die man ansonsten noch geführt<br />
hat, werden gerne <strong>als</strong> sogenannte Coaching-<br />
Erfahrung bezeichnet. Ohne entsprechend<br />
vereinbarte Rahmenbedingungen sind sie<br />
es aber nicht wirklich.<br />
Führungskräfte-Coaching<br />
verschreckt Mitarbeiter<br />
Coaching wird, wenn man Führungskräfte<br />
zu Coaches umdefiniert, <strong>als</strong> professionelle<br />
Dienstleistung und Hilfe nicht mehr klar<br />
wahrgenommen. In der betrieblichen Praxis<br />
wird diese Unschärfe schnell zum Problem.<br />
Mitunter werden Mitarbeiter, die Schwierigkeiten<br />
im beruflichen Umfeld haben, durch<br />
intern geschulte Kräfte „gecoacht“. Doch<br />
84 Betriebswirtschaftliche Blätter 02|2012