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Einleitung – Kapitel 1.2.<br />
1.2. Das Leben in der napoleonischen Armee<br />
„Die folgenden Tage führten uns in bitteren Märschen durch<br />
eisige Gewässer und über die steilen Höhen von Guyangos,<br />
und am 18. November erreichten unsere Truppen endlich Reynosa<br />
am Ebro. Meine Kräfte waren erschöpft und ich kämpfte<br />
oft einen bösen Streit in mir gegen die Versuchung, diese unerträglich<br />
gewordenen Leiden durch eine Kugel vor den Kopf zu<br />
enden.“<br />
(v. Holzing (1937), S.46)<br />
Auch wenn die Identität der Individuen grundsätzlich unsicher ist, deuten die durchgeführten<br />
Analysen auf einen militärischen Kontext im frühen 19. Jahrhundert hin.<br />
Diese Periode ist geprägt durch die napoleonischen Kriege, welche über einen Zeitraum<br />
von etwa 15 Jahren in ganz Europa geführt wurden und erst mit Napoleons<br />
endgültigem Machtverlust 1815 endeten. Im Laufe dieser Kriege kam es zu enormen<br />
Truppenbewegungen, alleine im Russlandfeldzug 1812 umfasste die Grande Armée<br />
über 600.000 Männer (Rothenberg 2000). Das Leben der einfachen Soldaten ist<br />
durch überlieferte Berichte nachvollziehbar, welche ein beschwerliches, entbehrungsreiches<br />
und gefährliches Leben skizzieren. Die folgenden Schilderungen stützen<br />
sich, wenn nicht anders angegeben, auf die von Mayer (2008) rekonstruierten<br />
Informationen, die auf Originalberichten von Soldaten basieren:<br />
Grundsätzlich wurden die napoleonischen Kriege wie andere Kriege der vorhergehende<br />
Jahrhunderte geführt. Neu allerdings war, dass durch die Einsetzung einer allgemeinen<br />
Wehrpflicht die Soldaten nicht Söldner waren, sondern zum Großteil normale<br />
Bürger. Durch die Möglichkeit, einen Stellvertreter für sich selbst in der Armee<br />
schicken, wurde diese Pflicht jedoch häufig auf ärmere Bevölkerungsschichten weitergeben<br />
und wohlhabende Bürger waren deutlich unterrepräsentiert. Im Allgemeinen<br />
waren Männer ab dem 20. Lebensjahr wehrpflichtig, das Hauptkontingent stellten<br />
Männer zwischen 18 und 30 Jahren (Mayer 2008). Nicht zu vergessen ist dabei,<br />
dass auch Frauen ein fester Bestandteil der Armee waren und sich um die Grundversorgung<br />
der Soldaten kümmerten. Anders als zu früheren Zeiten, in denen die Trosse,<br />
die den Soldaten folgten, größere Dimensionen wie die eigentliche Armee annehmen<br />
konnten, war die Anzahl der Frauen unter Napoleon genau festgelegt: Um die Beweglichkeit<br />
der Truppen nicht zu gefährden, waren seit 1793 pro Bataillon (500 –<br />
700 Mann) nur vier Wäscherinnen und zwei Marketenderinnen erlaubt (Mayer<br />
2008). Die Soldaten erhielten meist nur eine rudimentäre Ausbildung, bevor sie auf<br />
die Regimenter verteilt wurde, da oft die Zeit für eine lange Ausbildung fehlte.<br />
Napoleons Siege basierten zum Teil durch die große Mobilität der Truppen. Ständiges<br />
Marschieren, teilweise auch nachts, gehörte daher zum Alltag. Die Truppen gehörten<br />
damit zu schnellsten der Epoche, die bis zu 160 Kilometer in 36 Stunden zu-<br />
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