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Einleitung – Kapitel 1.4.<br />
1.4. aDNA-Forschung und Authentizitätssicherung (STR-Systeme)<br />
Etwa zwei Jahrzehnte sind seit den ersten erfolgreichen Nachweisen von DNA aus<br />
menschlichem Skelettmaterial (Hagelberg et al. 1989; Hummel und Herrmann 1991)<br />
vergangen. Nach den anfänglichen Nachweisen der Überdauerungsfähigkeit genetischen<br />
Materials entwickelte sich die Paläogenetik schnell zu einem Instrument, das<br />
als Grundlage für die Bereitstellung biologischer Basisdaten dient. Neben den überwiegend<br />
naturwissenschaftlich ausgerichteten Forschungsgebieten der Evolutionsbiologie<br />
und Conservation Genetics (z.B. Gilbert et al. 2008, Hofreiter et al. 2007)<br />
können besonders in den Bereichen der Archäologie (z.B. Haak et al. 2005, Khairat<br />
et al. 2013, Fehren-Schmitz et al. 2010), der Anthropologie (z.B. Lassen et al. 2000)<br />
und der Umweltgeschichte (z.B. Willerslev et al. 2007) molekulargenetische Ansätze<br />
zur Klärung von kultur- und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen beitragen.<br />
Eine zentrale Rolle in der aDNA-Analytik nimmt die Frage nach der Authentizitätssicherung<br />
von Ergebnissen und den daraus entwickelten Bearbeitungsstandards ein.<br />
Hintergrund der Bemühung um Analysestandards ist die Tatsache, dass altes Probenmaterial<br />
meist nur geringste Mengen an indigener DNA enthält, so dass bereits<br />
kleine Mengen kontaminierender DNA zu fehlerhaften Ergebnissen führen können.<br />
Grundsätzlich wurden im letzten Jahrzehnt der Forschung an degradierter DNA zwei<br />
Konzepte zur Bewältigung der Problematik verfolgt. Das eine Vorgehen fordert die<br />
Einbindung eines zweiten Labors zur unabhängigen Replikation der Untersuchung<br />
(Cooper und Poinar 2000, Hofreiter et al. 2001). Diese Herangehensweise bietet sich<br />
an, wenn vergleichsweise konservative (= wenig variable) DNA-Sequenzen untersucht<br />
werden, etwa bei Untersuchungen zur Phylogenie und zur Evolution von Organismen.<br />
Werden dagegen hochpolymorphe (= variable) Sequenzen untersucht, so hat<br />
sich das Verfahren des genetischen Fingerprintings (s.u.) als besonders geeignet erwiesen,<br />
mögliche Kontaminationen zu identifizieren (Alonso et al. 2001, Bouakaze<br />
et al. 2009, Capelli et al. 2003, Hummel 2003).<br />
In den letzten Jahren wurde durch die Einführung der neuen Methodiken des Next-<br />
Generation-Sequencings die Möglichkeiten der Datengewinnung und der Authentizitätssicherung<br />
entscheidend erweitert. Durch die Sequenzierung kürzester DNA-<br />
Abschnitte können Analysen auch an Proben mit sehr fortgeschrittener DNA-<br />
Degradierung durchgeführt werden. Gleichzeitig werden genomweit enorme Datenmengen<br />
generiert, die eine Authentifizierung zulassen. Die Anwendung dieser kostenintensiven<br />
Methode in der routinemäßigen Bearbeitung von aDNA-Proben ist<br />
derzeit noch zu aufwendig. Zusätzlich ist die Generierung großer Datenmengen für<br />
eine Vielzahl von Fragestellungen, z.B. genealogischer Verwandtschaftsrekonstruktionen,<br />
nicht erforderlich. Andere Fragestellungen profitieren von den großen Datenmengen<br />
erheblich i.S. großer Erkenntnisgewinne, wie etwa eine Borrelia-<br />
Infektion bei der Gletschermumie vom Ötztal (Keller et al. 2012), die Untersuchungen<br />
großer Pandemien (Schuenemann et al. 2011) oder stammesgeschichtlicher Rekonstruktionen<br />
(Reich et al. 2010).<br />
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