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Einleitung – Kapitel 1.4.<br />

Abweichend davon gibt es auch Allele, die sich in ihrer Länge nicht um eine ganze<br />

Wiederholungseinheit unterscheiden, sog. Interallele. In ihrer repeat-Struktur befinden<br />

zusätzliche Basen, die nicht in das eigentliche Schema passen. Die Benennung<br />

der Interallele richtet sich nach der Anzahl der vollständigen Wiederholungseinheiten<br />

und der Anzahl zusätzlicher Basen, die mit einem Punkt getrennt sind. Als Beispiel<br />

ist das Allel 9.3 des Systems TH01 gezeigt, das 9 vollständige Wiederholungseinheiten<br />

[AATG] und die drei zusätzliche Basen [ATG] aufweist:<br />

5‘-AGACTCCATGGTGAATGAATGAATGAATGAATGAATGATGAATGAATGAATGAGGGAAATAAGG-3‘<br />

Grundsätzlich werden heutzutage STRs für zwei verschiedene Fragestellungen genutzt:<br />

die eindeutige Identifizierung von Personen, z.B. im forensischen Bereich, und<br />

der Verwandtschaftsrekonstruktion, etwa im Bereich der Vaterschaftsanalyse (z.B.<br />

Goodwin et al. 2011). Um für diese Anwendungen geeignet zu sein, müssen die<br />

STR-Systeme gewisse Eigenschaften aufweisen: Zunächst müssen sie einen hohen<br />

Grad an Polymorphie in der Bevölkerung aufweisen und die Häufigkeit der Allele<br />

sollten möglichst gleichmäßig in der Bevölkerung verteilt sein. Bei nur wenigen Allelen<br />

oder einem stark dominierenden Allel ist die Aussagekraft des Systems stark<br />

eingeschränkt. Weiterhin darf das System keinem Selektionsdruck unterliegen, das<br />

heißt z.B. nicht mit Krankheiten assoziiert sein. Liegt ein STR beispielsweise in einem<br />

proteinkodierenden Gen, so ist seine Länge für die korrekte Funktion des Proteins<br />

wichtig. Abweichungen davon können mitunter schwere Krankheiten auslösen<br />

und unterliegen somit einem Selektionsdruck. Das klassische Beispiel für eine solche<br />

Krankheit ist Chorea Huntington, welche durch eine Expansion des Trinukleotids<br />

CAG im Huntingtin-Gen entsteht: Während gesunde Menschen zwischen 9 und 35<br />

CAG-Tripletts besitzen, bricht die Krankheit bei mehr als 40 Wiederholungen aus,<br />

die Betroffenen sterben in der Regel innerhalb von 15 Jahren nach Ausbruch (z.B.<br />

Roos 2010). Auch STRs, die in Introns von Genen lokalisiert sind, können Erkrankungen<br />

auslösen (z.B. Friedreich Ataxie, GAA-Triplett-Expansion im Intron 1 des<br />

FXN-Gens, Koeppen 2011). Für verwandtschaftliche oder forensische Untersuchungen<br />

müssen STRs nach der Gesetzgebung völlig neutrale Marker sein, das heißt sie<br />

dürfen keine Rückschlüsse auf irgendwelche Eigenschaften des Trägers zulassen<br />

(mehr zu STRs z.B. in Butler 2005).<br />

Bei einer ausreichenden Anzahl an untersuchten Systemen ist das erhaltene Allelprofil<br />

statistisch gesehen einmalig in der Weltbevölkerung, d.h. es gibt keine zweite unverwandte<br />

Person, die genau dieselben Allele besitzt (Goodwin et al. 2011). Man<br />

spricht daher auch von einem genetischen Fingerabdruck, welcher in der Forensik<br />

bereits zu einer Routineuntersuchung geworden ist. In Europa hat sich ein Standard<br />

von zwölf STR-Systemen etabliert (D1S1656, D2S411, D3S1358, D8S1179,<br />

D10S1248, D12S391, D18S51, D21S11, D22S1045, TH01, vWA, FGA), wobei in<br />

Deutschland vier weitere Systeme (D2S1338, D16S539, D19S433, SE33) zusätzlich<br />

untersucht werden (Tab. 1.1). Die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit, dass eine<br />

unverwandte Person dasselbe Allelprofil aufweist, beträgt etwa 6x10 -21 (van Oers<br />

2012).<br />

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