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Einleitung – Kapitel 1.5.<br />
1.5. Fragestellung und Zielsetzung der Arbeit<br />
In dieser Arbeit wurden die menschlichen Überreste des Massengrabs aus Kassel<br />
zum ersten Mal in ihrer Gesamtheit anthropologisch untersucht. Aufgrund der suboptimalen<br />
Bergungsbedingungen, mangelnder Dokumentation und nachfolgender<br />
Durchmischung aller Skelettelemente mussten zunächst vorbereitende Maßnahmen<br />
durchgeführt werden, um eine weitere wissenschaftliche Untersuchung abzusichern.<br />
Dazu zählte nach der Säuberung die Beschreibung und Katalogisierung jedes Knochens<br />
in einer Datenbank, um einen Überblick über den Gesamtfund zu erhalten. Im<br />
Folgenden wurden verschiedene Daten über die Individuen erhoben, wobei je nach<br />
Fragestellung sich ergänzende Methodenansätze zum Einsatz kamen.<br />
Die morphologischen Arbeiten begannen mit der Bestimmung der Mindestindividuenzahl<br />
sowie der Zuordnung der einzelnen Skelettelemente zu Individuen. Die morphologische<br />
Zuordnung wurde stichprobenartig genetisch überprüft. Dazu wurden<br />
autosomale STR-Profile (=genetische Fingerabdrücke) der Skelettelemente erstellt<br />
und gegeneinander abgeglichen. Nach der Rekonstruktion von Individuen wurden<br />
die anthropologischen Basisdaten erhoben, um den Kontext der Bestatteten eingrenzen<br />
können sowie Hinweise auf Lebens- und Todesumstände zu erhalten. Dazu zählten<br />
die Ermittlung der Alters- und Geschlechterverteilung, die Körperhöhenrekonstruktion<br />
sowie die Erfassung pathologischer und degenerativer Veränderungen.<br />
Auch nicht zugeordnete Skelettelemente wurden dabei entsprechend ihres Aussagewertes<br />
mit berücksichtigt. Die morphologischen Methoden wurden dabei um histologische<br />
und genetische Analysen erweitert.<br />
Um eine Aussage über die geographische Herkunft der Individuen treffen zu können,<br />
wurden die Y-Haplotypen der Individuen analysiert. Dazu wurde eine Multiplex-<br />
PCR entwickelt, die speziell für die Kriterien von aDNA ausgelegt ist. Durch statistische<br />
Auswertung wurde untersucht mit welcher rezenten Population die Individuen<br />
die größten Ähnlichkeiten aufweisen. Des Weiteren wurde das postulierte Seuchengeschehen<br />
näher untersucht. Dazu wurde in den Knochen auf Anwesenheit von humanpathogenen<br />
Bakterien getestet, die im Zusammenhang mit einer historischen<br />
„Typhus“- bzw. Nervenfieber-Epidemie stehen könnten.<br />
Die Ergebnisse wurden mit der Historie kontextualisiert bzw. mit den aufgestellten<br />
Theorien abgeglichen. Letztendlich wurde eine endgültige Klärung über die Frage<br />
der Identität der Individuen als mögliche französische Soldaten sowie deren Lebensund<br />
Todesumstände angestrebt.<br />
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