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PSC 3-12 - FSP

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sächlichen Anwendungsgebiete dar. Wie im Ersten<br />

Weltkrieg geht es auch heutzutage noch darum, mithilfe<br />

spezifischer Tests eine grobe Triage zwischen Diensttauglichen<br />

und -untauglichen sowie die Zuteilung zu<br />

bestimmten Truppengattungen vorzunehmen.<br />

Bis 2003 diente vor allem die physische Fitness als<br />

Gradmesser. Mit der Armeereform im Jahre 2004 wurde<br />

der Rekrutierungsprozess von einem auf zwei Tage<br />

ausgedehnt. Mit eigens dazu entwickelten psychologischen<br />

Tests werden seither die psychische Diensttauglichkeit,<br />

die Eignung für bestimmte Funktionen sowie<br />

das Kaderpotenzial abgeklärt (siehe Artikel auf S. 4).<br />

Um eine professionelle Durchführung und Auswertung<br />

der psychologischen Eignungsprüfungen sicherzustellen,<br />

wurden in den sechs Rekrutierungszentren<br />

zahlreiche Stellen für Psychologinnen und Psychologen<br />

geschaffen. Gleichzeitig war das der bedeutsamste personelle<br />

Zuwachs in der Geschichte der Schweizer Militärpsychologie.<br />

Eine besondere Herausforderung für Rekrutierungspsychologinnen<br />

und -psychologen stellt die Identifikation<br />

fähiger Milizkader dar. Bekanntlich bringt die Übernahme<br />

einer Kaderposition in der Schweizer Armee<br />

einen erheblichen Mehraufwand mit sich, und auch<br />

durchaus fähige Stellungspflichtige versuchen dies zu<br />

umgehen. Dementsprechend zeigen sie in den psychologischen<br />

Tests absichtlich schlechte Leistungen. Dieses<br />

Phänomen des «negative faking» unterstreicht die<br />

Wichtigkeit einer eigenständigen militärpsychologischen<br />

Forschung.<br />

Das oben genannte Problem stellt sich beim militärischen<br />

Berufspersonal nicht. Sie stellen sich dem Selektionsprozess<br />

mit der klaren Absicht, zum anspruchsvollen<br />

Studium an der Militärakademie an der ETH<br />

Zürich (MILAK/ETHZ) zugelassen zu werden. Das Assessment-Center<br />

für angehende Berufsoffiziere<br />

(ACABO) ist dabei der wichtigste Bestandteil. Hier<br />

geht es darum, zusätzlich zu den beruflichen und militärischen<br />

Qualifikationen die sozialen Kompetenzen<br />

und die kognitive Leistungsfähigkeit der Kandidatinnen<br />

und Kandidaten abzuklären. Für die Durchführung<br />

des ACABO ist seit 1996 die Dozentur Militärpsychologie<br />

und Militärpädagogik an der MILAK<br />

zuständig. In diversen praxisnahen Aufgaben und unter<br />

Einhaltung eines streng systematisierten Beurteilungsprozesses<br />

werden die Teilnehmenden von militärischen<br />

und zivilen Assessoren und Assessorinnen hinsichtlich<br />

ihrer Persönlichkeitsmerkmale und ihres sozialen Verhaltens<br />

eingeschätzt. Kandidatinnen und Kandidaten,<br />

welche die Anforderungen nicht erfüllen, dürfen das<br />

ACABO frühestens nach zwei Jahren nochmals absolvieren.<br />

Bei einem weiteren negativen Entscheid haben<br />

sie keine Möglichkeit mehr, Berufsoffizier zu werden.<br />

Entsprechend gross ist die Verantwortung, dieses Assessment-Center<br />

professionell durchzuführen und regelmässig<br />

auf die relevanten Gütekriterien hin zu überprüfen.<br />

Zahlreiche Studien bescheinigen dem ACABO<br />

eine gute prognostische Validität. Das Verfahren wird<br />

zudem von allen Beteiligten als fair wahrgenommen<br />

und generell sehr gut akzeptiert. Die umfassenden Einsichten,<br />

die durch Vorbereitung, Durchführung und<br />

wissenschaftliche Evaluation des ACABO gewonnen<br />

wurden, macht man auch für vergleichbare Selektionsprozesse<br />

nutzbar. So basiert mittlerweile die Auswahl<br />

der Berufsunteroffiziere, der Generalstabsoffiziere und<br />

die der Verteidigungsattachés auf dieser Methodik beziehungsweise<br />

auf dem entsprechenden militärpsychologischen<br />

Know-how.<br />

Motivation<br />

Eine Armee, die zur überwiegenden Mehrheit aus<br />

Wehrpflichtigen besteht, muss sich grundlegende Gedanken<br />

zur Motivation machen. In der Schweiz wird<br />

zwischen Wehr-, Dienst-, Einsatz- und Kampfmotivation<br />

unterschieden. Die Wehrmotivation ist die Einstellung<br />

des Bürgers oder der Bürgerin zur Armee. Sie<br />

wird durch die Bedrohungswahrnehmung und die Haltung<br />

gegenüber Staat und Gesellschaft bestimmt. Seitens<br />

der Armee gilt es zur Kenntnis zu nehmen, dass<br />

die Wehrmotivation weitgehend vor Beginn des Militärdienstes<br />

in der Familie, Schule und unter den Peers<br />

geprägt wird.<br />

Mehr Einfluss nehmen lässt sich hingegen auf die sogenannte<br />

Dienstmotivation. Diese wird definiert durch<br />

die Leistungsbereitschaft des Einzelnen im militärischen<br />

Alltag. Wehrpflichtige leisten ihren Dienst nicht<br />

freiwillig. Also ist es eine Hauptaufgabe der Führungskräfte<br />

der Schweizer Armee, die Soldaten für die Ausbildung<br />

und die spezifischen Aufgaben zu motivieren.<br />

Bislang stützte man sich dabei ausschliesslich auf Erfahrungen.<br />

Mit Blick auf die arbeits- und organisationspsychologische<br />

Literatur bot sich als angemessene<br />

Operationalisierung das Konstrukt des Organizational<br />

Citizenship Behavior (OCB) an. Gemeint ist damit die<br />

Bereitschaft, mehr als nur die minimale Pflicht zu leisten<br />

sowie mit- und vorauszudenken. Vor diesem Hintergrund<br />

wurde erforscht, wodurch das OCB von Rekruten<br />

positiv beeinflusst wird. Wenig überraschend: Der<br />

Vorgesetzte spielt eine zentrale Rolle. Wird er als unterstützend<br />

und fair wahrgenommen, sind die Rekruten<br />

eher bereit, sich überdurchschnittlich zu engagieren.<br />

Damit legt man auch die Basis für die Einsatz- und<br />

Kampfmotivation. Diese wird verstanden als der Wille<br />

des einzelnen Armeeangehörigen, in physischen und<br />

psychischen Extremsituationen – gegebenenfalls unter<br />

Lebensgefahr – seinen Auftrag zu erfüllen. Kriegslehren<br />

zeigen (die Faktoren der Kampfmotivation werden<br />

seit dem Zweiten Weltkrieg untersucht), dass hier die<br />

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