31.10.2012 Aufrufe

Isabella von Ägypten - Universität Heidelberg

Isabella von Ägypten - Universität Heidelberg

Isabella von Ägypten - Universität Heidelberg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Erzählung bei. Wie bei den unheimlichen Szenen gilt: Nicht alles Poetische und Phantasievolle<br />

ist wahr und es gibt keine Regel dafür, welches übernatürliche Element ‚Realität‘ ist und wel-<br />

ches nicht.<br />

3.3 Die phantastischen Figuren<br />

Die Sagengestalten Alraun, Bärnhäuter und Golem sind die offensichtlichsten phantastischen<br />

Elemente der Erzählung. Daneben gibt es noch einige phantastische Objekte, doch diese sind<br />

vergleichsweise unbedeutend und stehen eng mit Erschaffung und Entwicklung der Figuren in<br />

Beziehung, sodass sie nur in diesem Zusammenhang behandelt werden.<br />

Völkers Aussage „Alles an Phantastischem, Märchenhaftem, Übernatürlichem, was in der Er-<br />

zählung zum Vorschein kommt, verweist auf <strong>Isabella</strong> als die Verkörperung der Phantasie.“ 78<br />

wird der komplexen Struktur der Erzählung nicht gerecht, denn Arnims phantastische Wesen<br />

können ebenso auf der Karl-Ebene wie auf der <strong>Isabella</strong>-Ebene ihren Ursprung haben. Ihr über-<br />

natürliches Wesen unterscheidet sich zudem spürbar <strong>von</strong> <strong>Isabella</strong>s Phantasiebegabung und ist<br />

<strong>von</strong> einer anderen, gradezu gegenläufigen Natur. Darum sind sie nicht <strong>Isabella</strong> zuzuordnen, son-<br />

dern verkörpern Kräfte, die zusätzlich zu ihrem poetischem Wesen auf die historische Welt<br />

Einfluss ausüben.<br />

Dass die phantastischen Gestalten alle aus der Volksüberlieferung übernommen sind, gehört zu<br />

Arnims poetischem Programm, denn in den Sagen sieht er jene tiefere Wahrheit verborgen, die<br />

er bei seiner Interpretation der Historie darstellen möchte. In der Erzählung „Angelika, die Ge-<br />

nueserin“, die ebenfalls Teil der „Novellensammlung <strong>von</strong> 1812“ ist, erklärt er: „[Die Sagen]<br />

sind, wenngleich ganz unwahr, doch das Wahrste, was ein Volk zur Darstellung seiner liebsten<br />

Gedanken hervorbringt.“ 79<br />

Alraun und Bärnhäuter gehören zur <strong>Isabella</strong>-Ebene, der Golem jedoch wird auf Karls Geheiß<br />

geschaffen. Die Verknüpfung der beiden Ebenen der Normrealität wird dadurch noch verstärkt,<br />

dass Golem und Alraun einige Gemeinsamkeiten aufweisen.<br />

Als erstes soll jedoch der Bärnhäuter behandelt werden, der sich <strong>von</strong> den beiden anderen Figu-<br />

ren in seiner Natur und Funktion unterscheidet und außerdem als eine Art Kommentarfigur ex-<br />

emplarisch die Technik Arnims bei der Integration <strong>von</strong> Sagenelementen sichtbar macht.<br />

3.3.1 Der Bärnhäuter<br />

Der Bärnhäuter ist diejenige unter den phantastischen Figuren, die die geringste Funktion für<br />

den Handlungsverlauf hat. Er ist als Diener <strong>Isabella</strong>s, Brakas und des Alrauns zwar häufig ge-<br />

genwärtig, seine Handlungen beeinflussen jedoch die Geschehnisse nicht entscheidend. Neu-<br />

mann spricht <strong>von</strong> einem „Anschein fabulöser Zufälligkeit, den sie [i.e. die Gestalt des Bärnhäu-<br />

78. Völker: Naturpoesie, Phantasie, Phantastik, S. 127.<br />

79. Arnim: Werke in 6 Bänden (Bd. 3), S. 877.<br />

- 34 -

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!