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Isabella von Ägypten - Universität Heidelberg

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nim die Juden als negatives Prinzip stilisiert.<br />

Der Golem ist also als Zerrbild der göttlichen Schöpfung konzipiert, die durch die Unzuläng-<br />

lichkeit des Schöpfers und der Mittel, die ihm zur Verfügung stehen, pervertiert wird. Die inne-<br />

re Leere, die sich beim Golem noch weit deutlicher manifestiert als beim Alraun, ist Ausdruck<br />

seiner Künstlichkeit: Die Golem-Bella wollte „nichts Eignes, als was in des jüdischen Schöp-<br />

fers Gedanken gelegen [...]; daß diese [Laster] hier ohne die geistige Richtung in ihr sich zeig-<br />

ten, unterschied sie auch vom Juden, überhaupt aber <strong>von</strong> allen Menschen [...].“ (IÄ, S. 688f.)<br />

Golem-Bella ist im Grunde eine leere Hülle, ein seelenloser Automat wie die Maschi-<br />

nenmenschen, ein typisches Motiv der Romantik. 100<br />

Die Erklärung, was ein Golem ist, verbildlicht auch die Gefahr der phantastischen Wesen: Er ist<br />

dem Menschen zu Diensten geschaffen, wächst aber ständig, bis er nicht mehr kontrolliert wer-<br />

den kann (siehe IÄ, S. 686). Genauso werden Alraun und Golem erschaffen, um hilfreich zu<br />

sein, die phantastischen Wesen aber ergreifen Besitz <strong>von</strong> ihren Schöpfern.<br />

3.3.2.2 Integration des Golems - <strong>Isabella</strong>s Doppelgänger<br />

Die Rolle des Golems in der Erzählung ist klar: Er ist ein Doppelgänger 101 , eine Kopie <strong>Isabella</strong>s,<br />

die wegen der „rasende[n] Eifersucht“ (IÄ, S. 686) Karls auf den Alraun explizit zum Zweck<br />

der Täuschung geschaffen wird. Das Gegensatzpaar <strong>von</strong> <strong>Isabella</strong> und Golem-Bella verkörpert<br />

dieselbe Gegensätzlichkeit wie die doppelte Natur des Bärnhäuters. Diese Gegenüberstellung<br />

betont nochmals <strong>Isabella</strong>s Status als lebendiger Mensch im Gegensatz zur künstlichen, widerna-<br />

türlichen Existenz des Golems.<br />

Die Motivation und Umstände der Eingliederung des Golems in die Normrealität sind weniger<br />

komplex als beim Alraun: Entsprechend seiner Rolle empfinden die anderen Figuren ihn nicht<br />

als phantastisch, denn sie unterliegen ja dem Irrtum, es handele sich um <strong>Isabella</strong>. In dem<br />

Moment, wo der Golem durchschaut wird, ist sein Existenzrecht verwirkt, da er nur zum<br />

Zwecke der Täuschung existiert.<br />

Der Täuschung durch den Golem erliegen die Figuren aufgrund ihrer mangelnden Fähigkeit,<br />

hinter den äußeren Schein zu blicken. Sowohl der Alraun als auch Braka akzeptieren den Go-<br />

lem zunächst ohne Zögern (siehe IÄ, S. 689). Als sie mit zwei <strong>Isabella</strong>s konfrontiert werden,<br />

100. Die wohl bekannteste Gestaltung dieses Motivs ist die mechanische Frau Olimpia in E.T.A. Hoffmanns<br />

„Der Sandmann“.<br />

101. Neumann weist für diesen Aspekt der Golem-Figur auf Anlehnungen an Veriphantos „Betrogenen<br />

Frontalbo“ hin, ein Romanfragment vom Ende des 17. Jahrhunderts, das Arnim als „Frontalbo und<br />

die beyden Orbellen“ in der „Zeitung für Einsiedler“ (Nr. 11) veröffentlichte (siehe Zeitung für Einsiedler,<br />

Sp. 85-88). In diesem Werk wird der heimkehrende Frontalbo statt mit einer mit zwei Frauen<br />

konfrontiert, die beide vorgeben, seine Geliebte Orbella zu sein. Er ist, wie Karl, unfähig, die<br />

richtige Entscheidung zu treffen und erschlägt die echte Orbella (Neumann: Legende, Sage und<br />

Geschichte, S. 719 und Arnim: Werke in 6 Bänden (Bd. 3), S. 1258).<br />

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