Isabella von Ägypten - Universität Heidelberg
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und „Zukunft“ (IÄ, S. 653) ist ebenfalls eine Zutat Arnims.<br />
Die Geschichte des Bärnhäuters wird im Stil des mündlichen Erzählens vorgetragen, es werden<br />
Metakommentare („[...] – ich hatte es zu erzählen vergessen – [...]“ IÄ, S. 654) sowie Hinweise<br />
auf die Reaktionen der Zuhörer eingeschoben (IÄ, S. 652) und die Erzählung endet mit der Un-<br />
terbrechung durch den Alraun (IÄ, S. 656). Während des durch die Geschichte angeregten Ge-<br />
sprächs erscheint der Bärnhäuter plötzlich in der Stube, scheint also im wahrsten Sinne des<br />
Wortes aus seiner Geschichte herauszutreten. Auffallend ist, dass beim Auftritt des Bärnhäuters<br />
durch den Erzähler keinerlei Beschreibung seiner äußeren Erscheinung gegeben wird. Seine<br />
Präsenz ist auf die „rauhe Stimme“ (IÄ, S. 656) und seine Dialogbeiträge reduziert. Dennoch ist<br />
er für die anderen Figuren offenbar sichtbar, denn deren Blickrichtung ist entscheidend dafür,<br />
dass sie auf ihn reagieren: „[Braka] sah auch hin, wohin er [i.e. der Alraun] gesehen und warf<br />
sich schreiend über den Geldkasten [...].“ (IÄ, S. 656) Zudem spielt der Bärnhäuter selbst dar-<br />
auf an, dass gerade sein Anblick Schrecken hervorruft: „Lebende Menschen [...] sind doch rech-<br />
te Toren, da hören sie mit großer Freude meine schreckliche Geschichte an, und mich selbst<br />
mögen sie nicht sehen.“ (IÄ, S. 656) Durch diese Erzähltechnik ist der Leser gezwungen, die<br />
plastische Beschreibung des Bärnhäuters aus der Binnenerzählung in die Haupterzählung zu<br />
übertragen. Aktiviert wird die Vorstellung <strong>von</strong> dem verwilderten Aussehen, das sein Marken-<br />
zeichen ist. Dass dieser assoziative Sprung richtig ist, wird bestätigt, als der Alraun den Bärn-<br />
häuter mit „unsaubrer Gast“ (IÄ, S. 656) anspricht. Die Bärnhäuterfigur befindet sich also in ih-<br />
rer ersten Szene in einem Übergangsstadium. Sie ist noch halb Erinnerung aus der eingebetteten<br />
Geschichte oder, in der Bildlichkeit der Erzählung, ein „Geist“, der verspricht, später mit sei-<br />
nem „wirklichen Körper“ (IÄ, S. 657) wiederzukommen. Beim nächsten Auftritt des Bärnhäu-<br />
ters gibt es dann Hinweise auf sein Aussehen (siehe IÄ, S. 660), ein Indiz dafür, dass er nun als<br />
vollwertige Figur in die Haupterzählung übergetreten ist.<br />
Das Erscheinen des Bärnhäuters löst bei allen drei anderen Figuren, auch beim Alraun, spontan<br />
Furcht aus. Dies ist ein Signal dafür, dass sein Auftauchen als störendes Element empfunden<br />
wird. Die Irritation wird jedoch überwunden, als der Alraun einen Dialog mit dem Bärnhäuter<br />
beginnt, der diesen in die Haupterzählung einbindet. Man erfährt, dass der Bärnhäuter aus dem<br />
Grab auferstanden ist, um seinen Schatz zurückzufordern, den der Alraun kurz zuvor im Spuk-<br />
haus gefunden hat. Auf diese Weise wird die neue Figur in die Kausalität des Handlungszusam-<br />
menhangs eingegliedert und den Erfordernissen der Haupterzählung angepasst.<br />
Arnims Bärnhäuter ist nur bedingt eine logische Fortführung des Helden der Binnenerzählung:<br />
Weder seine Verbindung zu dem Geist noch die Ehe mit der Zukunft, der Tochter des Papstes,<br />
werden thematisiert. Stattdessen wird vor allem seine Affinität zum Geld in der Haupterzählung<br />
übernommen, die Teil der Binnenerzählung war, aber nicht das zentralste Motiv. Für die Haupt-<br />
erzählung jedoch ist der Bezug zum Geld entscheidend und verhilft dem Bärnhäuter zu seinem<br />
zug zur allegorischen Bedeutung der Töchter steht.<br />
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