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in Düsseldorf - Evangelische Kirche im Rheinland

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Es ist e<strong>in</strong>e der zentralen Fragen,<br />

ob Religionen es schaffen,<br />

ihre Grenzen zu überw<strong>in</strong>den<br />

MANFRED ROMPF<br />

Gottesdienst <strong>in</strong> Essen e<strong>in</strong>geladen und mit e<strong>in</strong>em Imam e<strong>in</strong>e<br />

Dialogpredigt gehalten.<br />

Geht das überhaupt – kirchenrechtlich?<br />

Rompf: Das geht, ja, wir haben das gemacht. Mehr als die<br />

Hälfte der Anwesenden waren Musl<strong>im</strong>e. Auch sie haben<br />

e<strong>in</strong>e Grenze überschritten. Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e <strong>Kirche</strong> gegangen,<br />

<strong>in</strong> der e<strong>in</strong> Kruzifix hängt. Das ist erstaunlich. Früher wären<br />

sie da nicht re<strong>in</strong>gegangen und wenn, dann nur unter der<br />

Bed<strong>in</strong>gung, dass wir das Kruzifix abhängen – wegen des<br />

Bilderverbots. Aber <strong>in</strong>zwischen akzeptieren sie das, jedenfalls<br />

die Gruppen, mit denen ich zu tun habe.<br />

Thiele: Das ist genau, was ich me<strong>in</strong>e. Es gilt, Grenzen <strong>in</strong><br />

unseren eigenen Köpfen zu überw<strong>in</strong>den. Um nichts anderes.<br />

Diese Bei spiele gibt es nicht nur <strong>in</strong> der Religion, sondern<br />

überall, wo Men schen tätig s<strong>in</strong>d.<br />

Auch wenn sich e<strong>in</strong> Theologe und e<strong>in</strong> Naturwissenschaftler<br />

unterhalten?<br />

Thiele: Ja, auch dann manchmal. Ich sehe das so: Natur wissen<br />

schaft und Theologie s<strong>in</strong>d ganz e<strong>in</strong>fach zwei unterschiedliche<br />

Heran gehensweisen, um uns Phänomenen der Realität<br />

zu nähern. Diese Herangehensweisen ergänzen sich gegenseitig,<br />

sie stehen sich jedenfalls nicht <strong>im</strong> Weg. Hier sehe ich<br />

e<strong>in</strong> großes Missverständnis, das <strong>im</strong> Dialog zwischen Naturwissenschaft<br />

und Theologie <strong>im</strong>mer wieder auftaucht: Es wird<br />

befürchtet, e<strong>in</strong> Ge biet versuche dem anderen etwas wegzunehmen.<br />

Ich wundere mich schon, warum Theologen<br />

mitunter so ablehnend reagieren.<br />

Rompf: Darüber wundere ich mich auch. Zum Glück gibt es<br />

Theologen, die weiterdenken. Paul Tillich etwa. Die Grenze<br />

sieht er als „den eigentlich fruchtbaren Ort der Erkenntnis“.<br />

Für mich ist es heute e<strong>in</strong>e der zentralen Fragen überhaupt,<br />

ob Religionen es <strong>in</strong> der globalisierten Welt schaffen, ihre<br />

Grenzen zu überw<strong>in</strong>den und sich anzunähern.<br />

Nationen arbeiten <strong>in</strong> der Raumfahrt seit Jahrzehnten an<br />

geme<strong>in</strong>samen Zielen. Religionen gel<strong>in</strong>gt das nicht – etwa<br />

<strong>in</strong> der Friedensarbeit.<br />

Rompf: Ja, leider nicht genug. Da müssen wir weiterkommen.<br />

Der musl<strong>im</strong>ische Mystiker Rumi konnte schon <strong>im</strong> 13. Jahrhundert<br />

sagen: „Wer Gott liebt, braucht ke<strong>in</strong>e Religion.“ Was<br />

für e<strong>in</strong> Satz! Sehr fortschrittlich. Dah<strong>in</strong> geht auch me<strong>in</strong><br />

Anliegen: Wir müssen Verb<strong>in</strong>dungen suchen, uns verständigen.<br />

Thiele: Das er<strong>in</strong>nert mich an e<strong>in</strong>e Diskussion mit e<strong>in</strong>em<br />

evangelischen Theologen. Es g<strong>in</strong>g darum, ob Musl<strong>im</strong>e und<br />

Christen an denselben Gott glauben. Da hatte ich Helmut<br />

Schmidt zitiert, der über se<strong>in</strong> politisches Leben und über<br />

Personen sprach, die ihm wichtig waren. E<strong>in</strong>er war Anwar<br />

Al-Sadat, der ägyptische Präsident und Friedensnobelpreisträger.<br />

Schmidt sagte: „Wir beide s<strong>in</strong>d der Überzeugung,<br />

dass wir letztlich an denselben Gott glauben.“<br />

Rompf: Ich denke auch, es ist e<strong>in</strong> und derselbe Gott.<br />

Thiele: Ich habe bei me<strong>in</strong>em Diskussionspartner allerd<strong>in</strong>gs<br />

e<strong>in</strong>en Sturm der Entrüstung geerntet. Nichts hätte ich verstanden<br />

von me<strong>in</strong>er guten protestantischen Erziehung.<br />

Rompf: Damit werden wir leben müssen. Ich denke,<br />

Menschen haben verschiedene Vorstellungen von Gott, aber<br />

es gibt eben nur e<strong>in</strong>e Wirklichkeit. Viele Kollegen akzeptieren,<br />

dass ich so denke. Andere sagen vielleicht, der irrt vom<br />

christlichen Glau ben ab. Aber damit muss ich leben. Wer<br />

Grenzen überschreiten will, muss das aushalten. Das tat<br />

Jesus ja auch.<br />

Thiele: Ganz genau. Par excellence.<br />

Rompf: Jesus ist ans Kreuz gekommen, weil er Grenzen überschritten<br />

hat. Von daher können wir als ihm Nachfolgende<br />

nichts Besseres tun, als Grenzen <strong>im</strong>mer wieder zu überschreiten.<br />

Was hat der doch den eigenen Leuten e<strong>in</strong>en<br />

Stachel gesetzt mit se<strong>in</strong>em Gleichnis vom barmherzigen<br />

Samariter: Er lässt den Priester und den Levit vorbeigehen,<br />

und der Andersgläubige, der Samariter, den sie verachten,<br />

der hilft dem Bedürftigen am Straßenrand. Das war e<strong>in</strong><br />

Affront, e<strong>in</strong>e Grenzüberschreitung.<br />

Thiele: Und e<strong>in</strong> Dienst am Menschen.<br />

Rompf: Das sehe ich auch so. Auch das hat mit Demut zu<br />

tun. In „Demut“ steckt das Wort „Mut“ – Mut zum Dienen –<br />

und den braucht, wer anderen helfen und Grenzen<br />

überschreiten will, wie es der barmherzige Samariter und<br />

Jesus getan haben.<br />

Die <strong>Evangelische</strong> Johannes-<strong>Kirche</strong>ngeme<strong>in</strong>de bietet jeden<br />

vierten Dienstag <strong>im</strong> Monat Meditation an. Meditiert wird nach<br />

dem Herzensgebet: Christliche Worte oder Sätze werden still<br />

wiederholt, ähnlich wie e<strong>in</strong> Mantra <strong>in</strong> anderen Religionen.<br />

Treffpunkt ist um 19 Uhr <strong>im</strong> Geme<strong>in</strong>desaal des evangelischen<br />

Rudolf-Harney-Hauses <strong>im</strong> Innenhof der Neanderkirche,<br />

Bolkerstraße 36. Die Veranstaltung endet um 20 Uhr. Neue<br />

Teilnehmer s<strong>in</strong>d herzlich willkommen. Informationen bei<br />

Meditationsleiter<strong>in</strong> Petra Gatzmaga unter Tel. 0211 84337<br />

oder E-Mail p.gatz@web.de.<br />

W<strong>in</strong>ter 2010 | bei uns <strong>in</strong> Düsseldorf 13

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