in Düsseldorf - Evangelische Kirche im Rheinland
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Pflichterfüllung<br />
F<strong>in</strong>anzielle<br />
Sicherheit<br />
Selbstverwirklichung<br />
Abhängigkeit<br />
Erfüllung<br />
Selbstentfaltung<br />
Herausforderung<br />
Unzufriedenheit<br />
Stress<br />
Innere<br />
Zufriedenheit<br />
Stillstand<br />
Gewohnheit<br />
Motivation<br />
Selbstbest<strong>im</strong>mung<br />
IllUsTRATION: MICHÉl sCHIER<br />
Beruf und Berufung Der Job ist nur noch Rout<strong>in</strong>e. E<strong>in</strong>fach weitermachen?<br />
Oder etwas riskieren und dem <strong>in</strong>neren Ruf folgen?<br />
»<br />
Seit elf Jahren arbeite ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er großen Firma. Die<br />
Arbeit ist gut bezahlt; andere sagen sogar, sie sei<br />
„spannend“ und „abwechslungsreich“. Nach so langer<br />
Zeit b<strong>in</strong> ich aber nicht mehr richtig glücklich damit.<br />
Me<strong>in</strong> Traum wäre es, mich selbstständig zu machen,<br />
zum Beispiel e<strong>in</strong>e Ausbildung zur Heilpraktiker<strong>in</strong> zu<br />
absolvieren und e<strong>in</strong>e eigene kle<strong>in</strong>e Praxis zu eröffnen.<br />
Doch ich weiß nicht, ob mir diese Arbeit wirklich liegt.<br />
Auch das f<strong>in</strong>anzielle Risiko ist groß und ich habe<br />
ke<strong>in</strong>en verdienenden Partner. Wenn ich e<strong>in</strong>mal gekündigt<br />
habe, ist es aber sehr unwahrsche<strong>in</strong>lich, dass ich<br />
noch e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e Stelle wie me<strong>in</strong>e jetzige f<strong>in</strong>de. E<strong>in</strong><br />
Dilemma, denn von irgendetwas muss ich ja leben. «<br />
Unser Leben ist so geschaffen, dass wir <strong>im</strong>mer wieder über<br />
das h<strong>in</strong>auswachsen, was wir leben. Bei K<strong>in</strong>dern fällt es uns<br />
leicht, das zu sehen: Wenn sie e<strong>in</strong>e Sache beherrschen und<br />
sollen diese weiterh<strong>in</strong> <strong>im</strong>mer wieder tun, wird es ihnen<br />
langweilig und sie brauchen e<strong>in</strong>e neue Herausforderung.<br />
Das ist e<strong>in</strong> lebenslanger Prozess. Auch bei uns Erwachsenen<br />
werden die Schuhe alt und wir wollen nicht mehr <strong>in</strong> den<br />
ausgelatschten Schuhen laufen. So sche<strong>in</strong>t es mir mit Ihrer<br />
Arbeit zu se<strong>in</strong>. Sie arbeiten schon elf Jahre dort und es<br />
macht sich e<strong>in</strong> Sehnen <strong>in</strong> Ihnen breit, e<strong>in</strong>e neue Herausforderung<br />
anzugehen.<br />
Unsere Seele will, dass wir dieser Sehnsucht folgen, weil<br />
wir sonst erstarren und unser Leben nicht mehr fließt. Wenn<br />
wir das nicht tun, bekommen wir das Gefühl, dass wir nur<br />
noch funktionieren und ke<strong>in</strong>e wirkliche Freude mehr an unserer<br />
Arbeit haben. Gut verdienen ist e<strong>in</strong>e Sache, die andere<br />
Sache ist, ob wir wirklich zufrieden s<strong>in</strong>d und ob wir mit<br />
unserem Herzen bei der Sache s<strong>in</strong>d, die wir tagtäglich tun.<br />
Letztendlich will Gott, dass wir das tun, was uns am Herzen<br />
liegt und was unseren Fähigkeiten und Talenten entspricht.<br />
Manche denken jetzt: Das können wir uns doch bei<br />
unserer wirtschaftlichen Situation gar nicht mehr leisten,<br />
man muss die Arbeit machen, die man bekommt. Dann ist es<br />
oft nur e<strong>in</strong> Job, den wir erledigen, <strong>in</strong> dem wir funktionieren,<br />
und der uns seelisch erstarren lässt. Wenn wir aber gottgefällig<br />
leben, s<strong>in</strong>d wir lebendig und leuchten (Mt 5,14–16)<br />
und fühlen uns zu dem berufen, was wir tun. Wir sollen<br />
leuchten, und das können wir nur, wenn wir die Gaben<br />
leben, die uns Gott geschenkt hat (Röm 12,4–8). Letztendlich<br />
machen wir das nicht selbst, sondern <strong>in</strong> unserer Seele ist e<strong>in</strong><br />
„Ruf“, der beachtet werden will, und wir rufen ihn nur noch<br />
ab. Das ist unsere Berufung, die zu unserem Beruf führt.<br />
Wenn Sie also diesen Ruf <strong>in</strong> sich spüren, dann gilt es, ihm<br />
zu folgen. Sie können sich erst e<strong>in</strong>mal näher über die Arbeit<br />
e<strong>in</strong>er Heilpraktiker<strong>in</strong> erkundigen, um herauszuf<strong>in</strong>den, ob<br />
Sie diesem Ruf folgen sollen. Das ist <strong>im</strong>mer e<strong>in</strong> mühsamer<br />
Prozess. Und man muss dabei realistisch bleiben.<br />
Vielleicht können Sie Ihre bisherige Arbeit zunächst<br />
e<strong>in</strong>mal stundenmäßig reduzieren, um Zeit für die Ausbildung<br />
als Heilpraktiker<strong>in</strong> zu haben. Es gibt ja sehr unterschied -<br />
liche Möglichkeiten, dies berufsbegleitend zu erlernen. Sie<br />
können auch erst e<strong>in</strong>mal hospitieren bei jemandem, der <strong>in</strong><br />
dem Beruf arbeitet, um mehr Sicherheit für die eigene<br />
Entscheidung zu f<strong>in</strong>den.<br />
Wenn wir die Fähigkeiten leben, die Gott uns geschenkt<br />
hat, dann bereitet das uns und anderen Freude, und wir<br />
strahlen das auch aus, sodass sich andere dadurch angezogen<br />
fühlen. Das ist unser Licht, mit dem wir leuchten.<br />
Wenn wir ke<strong>in</strong>e Lust haben und erstarrt s<strong>in</strong>d, dann strahlen<br />
wir das auch aus, und unser Tun wird freudlos.<br />
Ich kenne viele Menschen, die ihrem Ruf gefolgt s<strong>in</strong>d, die<br />
sogar große Risiken e<strong>in</strong>gegangen s<strong>in</strong>d und die <strong>im</strong> Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />
gemerkt haben, dass das Befolgen ihres <strong>in</strong>neren Rufes <strong>in</strong> der<br />
Regel die richtige Entscheidung war. Von daher wünsche ich<br />
Ihnen den Mut, dem Weg Ihres Herzens zu folgen mit Gottes<br />
Unterstützung und Segen.<br />
FOTO: ANDRE ZElCK<br />
Unsere Expert<strong>in</strong> Karla Domn<strong>in</strong>g<br />
ist Pastor<strong>in</strong> und Psychotherapeut<strong>in</strong>.<br />
Sie arbeitet <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kl<strong>in</strong>ik mit<br />
Patienten, die zum Beispiel unter<br />
Depressionen, Ängsten oder<br />
dem Burn-out-Syndrom leiden<br />
14 bei uns <strong>in</strong> Düsseldorf | W<strong>in</strong>ter 2010