in Düsseldorf - Evangelische Kirche im Rheinland
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he<strong>im</strong>atkirche<br />
Predigt be<strong>im</strong> Frühstück<br />
Der Gottesdienst der Johanneskirche ist <strong>im</strong> TV zu sehen<br />
Auf WDR läuft gerade Plasberg und Gülcan Kamps philosophiert über das<br />
Leben auf dem Lande. E<strong>in</strong>e Arztserie verbreitet auf e<strong>in</strong>em kommerziellen<br />
Kanal Blut und Tränen. Bei Sat 1 fragt Hugo Egon Balder <strong>in</strong> der „Genial<br />
daneben“-Wiederholung vom Vorabend: „Was ist e<strong>in</strong> Hungerschwarm?“ –<br />
se<strong>in</strong>e Gäste rätseln. Auf Center TV lief gerade noch die Werbung für die<br />
Düsseldorf Bus<strong>in</strong>ess School. Jetzt erkl<strong>in</strong>gt Orgelmusik. Der Fernsehzuschauer<br />
sieht, wie der Pfarrer sich <strong>in</strong> die vorderste Bank setzt. Es ist Sonntagmorgen<br />
– auch wenn es den meisten TV-Sendern nicht anzumerken ist. Bei Center<br />
TV läuft Gottesdienst. Seit fast vier Jahren überträgt das He<strong>im</strong>atfernsehen<br />
den Sonntagsgottesdienst aus der evangelischen Johanneskirche.<br />
Dass sie <strong>im</strong> Fernsehen zu sehen s<strong>in</strong>d, merken die Gottesdienstbesucher<br />
nicht. Kameramänner laufen nicht um den Altar herum, filmen auch nicht<br />
durch die Reihen. Der Gottesdienst ist ke<strong>in</strong>e Inszenierung wie bei den<br />
öffentlich-rechtlichen Sendern. Hier wird der normale Gottesdienst ab gefilmt.<br />
Die Kameras hängen an der Decke des Kirchraums. Gottesdienstbesucher<br />
nehmen sie kaum wahr. Auf dem Bildschirm dahe<strong>im</strong> ist die<br />
Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> der Totale zu sehen, der Pfarrer und die Lektor<strong>in</strong> auch schon<br />
mal <strong>in</strong> Nahe<strong>in</strong>stellung.<br />
An diesem Morgen leitet Pfarrer Hans Lücke den Gottesdienst. Er<br />
begrüßt die Geme<strong>in</strong>de mit dem 90. Psalm: „Lehre uns bedenken, dass wir<br />
sterben müssen ...“ Danach s<strong>in</strong>gt die Geme<strong>in</strong>de das Lied Nummer 162,<br />
Strophe e<strong>in</strong>s bis drei. Die Liednummer wird e<strong>in</strong>geblendet. E<strong>in</strong>e Kamera<br />
ist auf Kantor Wolfgang Abendroth an der Orgel gerichtet. Ob vor dem<br />
Fernseher jemand mits<strong>in</strong>gt? „Gott Lob, der Sonntag kommt herbei …“<br />
„Welches Lebensgefühl vermittelt die <strong>Kirche</strong> den Menschen?“, fragt<br />
Pfarrer Lücke <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Predigt. Die handelt davon, dass man schwach se<strong>in</strong><br />
darf. Das entspräche dem Evangelium und widerspreche e<strong>in</strong>er Gesellschaft,<br />
„die nur diejenigen gelten lässt, die stark, leistungsfähig, jung und schön<br />
s<strong>in</strong>d.“ Lücke predigt mit Blick auf aktuelle Ereignisse. Er schaut auf die<br />
Demonstranten gegen den rollenden Castor: „Wo s<strong>in</strong>d da die Starken<br />
und die Schwachen?“ H<strong>in</strong>ter dem Altar zeichnet sich der Kruzifixus der<br />
Johanneskirche ab. „Was sehen wir bei diesem Christus? Wir sehen menschliche<br />
Vorstellungen von Stärke und Schwäche radikal <strong>in</strong>frage gestellt von<br />
dem, der am Kreuz erniedrigt und dar<strong>in</strong> gerade von Gott erhöht wird!“<br />
Nach genau e<strong>in</strong>er Stunde blendet der Sender aus und schaltet zum<br />
Gesundheitsmagaz<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Krankenkasse um. Auf WDR philosophiert<br />
Gülcan Kamps jetzt über das Stadtleben. Und bei Pro 7 werden gerade<br />
Popstars gesucht.<br />
ULRICH ERKER-SONNABEND<br />
Foto: Ulrich Erker-Sonnabend<br />
Foto: U. Erker-Sonnabend<br />
Nachgefragt<br />
TV-Gottesdienste<br />
Pfarrer Hans Lücke<br />
gehört zum Predigerteam<br />
der Johanneskirche.<br />
Ab und zu ist<br />
er bei den Gottesdienstübertragungen<br />
von<br />
Center TV zu sehen<br />
Verhalten sich Zuschauer vor dem Fernseher<br />
anders als Menschen <strong>in</strong> der <strong>Kirche</strong>?<br />
Wir wissen, dass etwa 10 000 Menschen<br />
den Gottesdiensten bei Center TV zuschauen.<br />
Manche gezielt, weil sie nicht<br />
zur <strong>Kirche</strong> kommen können, weil sie krank<br />
oder gehbeh<strong>in</strong>dert s<strong>in</strong>d, aber auch solche,<br />
die den Gottesdienst <strong>im</strong> Vorbeigehen mitbekommen.<br />
Viele schauen nebenbei zu,<br />
wie be<strong>im</strong> Frühstücksfernsehen. Sie sitzen<br />
da <strong>im</strong> Bademantel oder am Frühstückstisch<br />
und es läuft der Gottesdienst.<br />
Berührt Sie das?<br />
Ich denke, man muss sich davon unabhängig<br />
machen. Dieser Gottesdienst soll<br />
e<strong>in</strong> von Technik völlig unbee<strong>in</strong>flusster<br />
Gottesdienst se<strong>in</strong>. Er wird schlicht abgelichtet,<br />
damit die, die zu Hause s<strong>in</strong>d, ihn <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er ganz normalen Weise mitfeiern können.<br />
Wir stellen uns Leute vor, die haben<br />
das Gesangbuch aufschlagen, lesen vielleicht<br />
<strong>in</strong> der Bibel mit. Der Gottesdienst<br />
der Johanneskirche ist e<strong>in</strong> klassischer<br />
Gottesdienst.<br />
N<strong>im</strong>mt man den Gottesdienst <strong>im</strong> Fernsehen<br />
anders wahr als <strong>in</strong> der <strong>Kirche</strong>?<br />
Natürlich ist das <strong>im</strong> Orig<strong>in</strong>al <strong>im</strong>mer besser.<br />
Ich sehe das Fernsehen eher als e<strong>in</strong>e Notlösung<br />
an, wenn man nicht wirklich kommen<br />
kann. Und doch gibt es Menschen,<br />
die sagen: Ich sitze hier zwar am Fernseher,<br />
aber ich fühle mich der Geme<strong>in</strong>de<br />
zugehörig.<br />
Rund 50 Mal <strong>im</strong> Jahr überträgt Center<br />
TV Gottesdienste aus der Johanneskirche.<br />
Sonntags um 10 Uhr. Im Kabelfernsehen<br />
und <strong>im</strong> Internet unter<br />
www.centertv.de<br />
W<strong>in</strong>ter 2010 | bei uns <strong>in</strong> Düsseldorf 5