Oktober 2007 - Landesschulrat Steiermark
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HINTER DEM HORIZONT<br />
SCHULE<br />
www.dieschule-stmk.com<br />
A Country Without Language Is A<br />
12<br />
Nr. 191<br />
OKTOBER<br />
<strong>2007</strong><br />
„Tir gan teanga, tir gan<br />
anam“, schreibt’s der<br />
gälischkundige Ire, „Teer<br />
gon tyonga, teer gon<br />
onumm“, spricht er es<br />
aus und meint. Ein Land<br />
ohne Sprache ist ein<br />
Land ohne Seele. Damit<br />
ist der Leitgedanke des<br />
irischen Schulwesens<br />
bereits skizziert: Jeder<br />
Schüler und jede Schülerin<br />
muss am Ende der<br />
Schulzeit nicht nur Englisch<br />
sprechen können,<br />
sondern auch ausreichende<br />
Kenntnisse der<br />
gälischen Landessprache<br />
nachweisen. Nicht alle<br />
freut es.<br />
THOMAS AITITSCH<br />
Ursprüngliches“ Irland Ende<br />
August <strong>2007</strong>: Die faszinierende<br />
Welt von Bergen,<br />
kleinen Inseln und Meer, Ring<br />
of Kerry genannt, nimmt uns<br />
gefangen. Dann ein kurzer<br />
Halt auf einem Parkplatz<br />
neben der schmalen Straße. Ein<br />
älterer Mann und zwei Kinder<br />
mit einem Esel samt Lastkörben<br />
und einem entzückenden<br />
Hund stehen dort. An einem<br />
improvisiertem Stand verkauft<br />
eine Dame selbst gefertigte<br />
Handarbeiten. Die elfjährige<br />
Tessa und der vierzehnjährige<br />
Seamus verraten mir, dass sie<br />
eigentlich zusammengehören<br />
und als Familie hier für Touristen<br />
um ein kleines Taschengeld<br />
versuchen, die Atmosphäre des<br />
ursprünglichen Irland wiederaufleben<br />
zu lassen Die Insassen<br />
zweier Busse begutachten die<br />
feilgebotenen Handarbeiten.<br />
Ich frage Seamus , ob er gern<br />
hier steht? „Oh ja“, antwortet<br />
er ,„aber leider nur noch heute,<br />
denn die Schule beginnt wieder.“<br />
Und seine Schwester Tessa<br />
macht eine Grimasse, die<br />
nicht gerade Begeisterung signalisiert.<br />
Auf meine Frage nach<br />
dem Grund ihrer Unlust meint<br />
sie nur: „ I don’t like that dumb<br />
Gaelic ...“<br />
Tradition und Zukunft im<br />
Spannungsfeld<br />
Die gälische Sprache gilt in<br />
vielen Regionen Irlands noch<br />
immer inoffiziell als erste<br />
Amtssprache vor dem Englischen.<br />
Und die Stadtführerin in<br />
Dublin, von Beruf selbst Lehrerin,<br />
betont: „Alle, die in Irland<br />
ein öffentliches Amt bekleiden<br />
wollen, müssen ausreichende<br />
Kenntnisse der gälischen Sprache<br />
nachweisen.“ Gälisch sei in<br />
der Republik verwurzelt und<br />
auch in der Schule werde alles<br />
dafür getan, gelegentlich sehr<br />
zum Leidwesen der Schüler,<br />
dass die ursprüngliche Sprache<br />
der Iren nicht aussterbe. So sei<br />
Gälisch Pflichtfach in der Primary<br />
und Secondary School<br />
und auch Bestandteil der<br />
Abschlussprüfungen.<br />
Auf der anderen Seite wird in<br />
Irland vor allem in der weiterführenden<br />
Bildung, der boomenden<br />
Entwicklung in der<br />
Telekommunikations-Industrie<br />
und des Tourismus Rechnung<br />
getragen und auf dementsprechende<br />
Qualifikationen abgezielt.<br />
Auch in der Lehrlingsausbildung<br />
habe man dem<br />
derzeitigen Bauboom Rechnung<br />
getragen und die Kurse in<br />
ausgewählten Bereichen wie<br />
Bau, Maschinenbau, Druckindustrie<br />
und Möbelherstellung<br />
ausgeweitet.<br />
Das Dublin Institute of Technology<br />
bietet neben dem Technikstudium<br />
so nebenbei auch<br />
Fachstudiengänge für das<br />
Hotelwesen sowie Tourismusmarketing<br />
an.<br />
Dreiteiliges Bildungssystem<br />
ohne Designer-Clothes<br />
Schulpflicht besteht für irische<br />
Kinder von sechs bis 15 Jahren.<br />
Das Schuljahr hat drei Terms<br />
(Trimester) und endet Anfang<br />
Juni. Pro Term werden sechs<br />
bis acht Fächer belegt. Der<br />
Schultag beginnt, abgesehen<br />
von regionalen Unterschieden,<br />
grundsätzlich um 8.30 Uhr und<br />
endet um 16 Uhr. Geführt wird<br />
jeder Schultyp als Gesamtschule.<br />
Die Unterrichtsstunden sind<br />
mit 40 Minuten anberaumt. Die<br />
Primary School befindet sich<br />
mit wenigen Ausnahmen in<br />
kommunaler oder kirchlicher<br />
Hoheit, wird aber auch privat<br />
geführt und vom Staat oder<br />
lokalen Trägern finanziert.<br />
Die Secundary School dauert<br />
fünf bis sechs Jahre. Die ersten<br />
drei Jahre werden Junior Cycle<br />
genannt. Darauf folgt ein Transition<br />
Year zum Senior Cycle,<br />
aus dem man dann nach einem<br />
Zusatzjahr in die tertiäre Ausbildung<br />
an die Universität, eine<br />
technische oder pädagogische<br />
Hochschule wechseln kann.<br />
Nach britischem Vorbild sind<br />
an allen irischen Schulen<br />
Schuluniformen Pflicht, was<br />
der sportlichen Betätigung und<br />
der Freude an Bewegung<br />
jedoch keinen Abbruch tut, wie<br />
das Foto der Pausenaktivitäten<br />
einer Primary School in Clonmacnoise<br />
beweist. „Streitereien<br />
über Modefragen werden so<br />
von vornherein vermieden“,<br />
meint dort eine Lehrerin aus<br />
Deutschland, die schon längere<br />
Zeit in Irland lebt, „Modekonkurrenz“<br />
bei Schülerklamotten<br />
an deutschen Schulen kennt,<br />
aber nicht unbedingt mehr<br />
dorthin zurückkehren will.<br />
Migrationsprobleme<br />
Etwa zehn Prozent der irischen<br />
Bevölkerung sind Einwanderer.<br />
Vor rund zehn Jahren gab<br />
es gerade ein Prozent Immigranten<br />
in diesem Land. Der<br />
Europarat in Straßburg hat<br />
nun Irland aufgefordert, mehr<br />
nichtkatholische Schulen zu<br />
schaffen, denn immerhin seien<br />
98 Prozent der irischen Grundschulen<br />
in kirchlicher Hand.<br />
„Schüler, die einer anderen<br />
Glaubensgemeinschaft angehören,<br />
fühlen sich hier häufig<br />
als Außenseiter“, meinte ein<br />
Sprecher der Europäischen<br />
Kommission gegen Rassismus<br />
und Intoleranz (ECRI). Die Kritik:<br />
Das irische Bildungssystem<br />
habe auf die neuen Verhältnisse<br />
in der Zuwanderung noch<br />
nicht entsprechend reagiert.<br />
Geburtenrate<br />
zufriedenstellend<br />
Schülerzahl-Probleme gibt es<br />
in Irland derzeit nicht. „Eine<br />
irische Familie hat normalerweise<br />
bis zu fünf Kinder, aber<br />
auch acht bis zehn Kinder werden<br />
hier als nichts Außergewöhnliches<br />
angesehen“, betont<br />
die Stadtführein in Dublin und<br />
weist auf die vielen jungen<br />
Menschen in den Straßen der<br />
Hauptstadt hin. „Über 50 Prozent<br />
der irischen Bevölkerung<br />
ist unter 28 Jahren“, gibt sie<br />
dann zu bedenken. Abtreibung<br />
sei in Irland nach wie vor verboten.<br />
Jene Frauen oder Mädchen,<br />
die es sich aber leisten<br />
können, fahren zu diesem<br />
Zweck nach Großbritannien.<br />
Was Förderungen betreffe,<br />
werde in Irland aber sehr viel<br />
für Familien getan.