Oktober 2007 - Landesschulrat Steiermark
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Nr. 191<br />
OKTOBER<br />
21<br />
BUCHKLUB AKTIV<br />
SCHULE<br />
<strong>2007</strong><br />
Buchklub aktuell<br />
www.dieschule-stmk.com<br />
Was machen die Augen …?<br />
punkt<br />
Einsatz von „celeco®<br />
Richtig Lesen Lernen“<br />
zur Förderung von<br />
SchülerInnen<br />
mitLesedefiziten.<br />
„celeco® Richtig Lesen Lernen“<br />
wird als computerunterstütztes<br />
Diagnose- und Therapieprogramm<br />
für Lese- und<br />
Rechtschreibschwäche eingesetzt.<br />
Der Entwickler des Programms,<br />
der Münchener Neuropsychologe<br />
Dr. Reinhard<br />
Werth, kommt in seinen<br />
Untersuchungen zum Schluss,<br />
dass 10 bis 20 Prozent der<br />
Grundschulkinder in der<br />
Lese-Rechtschreib-Leistung<br />
hinter dem Durchschnitt<br />
zurückbleiben. Diese Ergebnisse<br />
finden in den Untersuchungen<br />
von österreichischen<br />
VolksschülerInnen ihre Bestätigung,<br />
wobei die Tatsache,<br />
dass diese hohen Prozentsätze<br />
bei uns bis zum Ende der<br />
Pflichtschulzeit beinahe<br />
unverändert bleiben, großen<br />
Handlungsbedarf signalisieren<br />
. Die Lesedefizite, durch<br />
unterschiedliche Lesestörungen<br />
verursacht, konnten<br />
schon bisher durch standardisierte<br />
und freie Analyseverfahren,<br />
z. B. Salzburger Lesetest<br />
(SLT), Salzburger Leseund<br />
Rechtschreibtest (SLRT)<br />
bzw. Methode nach Wedel-<br />
Wolff diagnostiziert werden.<br />
Bei allen Verfahren, auch bei<br />
computerunterstützten „celeco(r)<br />
Richtig Lesen Lernen“,<br />
ist die wichtigste Vorgabe,<br />
dass ein möglichst genaues<br />
Eingrenzen der Ursache der<br />
Lesestörung erzielt wird, die<br />
in der Folge mit entsprechend<br />
abgestimmten Übungsinhalten<br />
behoben, abgeschwächt<br />
oder zumindest umgangen<br />
werden soll. Jedes Kind soll<br />
dabei individuelle Fortschritte<br />
machen können, nicht das<br />
Erreichen einer Gesamt-<br />
Durchschnittsleistung ist<br />
anzustreben.<br />
Grundsätzlich wird am<br />
Beginn einer Suche nach den<br />
Ursachen einer Lesestörung<br />
eine augenärztliche Untersuchung<br />
empfohlen. Brechungsfehler<br />
usw. können abgeklärt<br />
werden, erste Hinweise können<br />
sich in der schulischen<br />
Lesepraxis durch gezielte<br />
Fragestellung der Lehrkräfte<br />
ergeben: „Was machen deine<br />
Augen beim Lesen?“, „Verschwimmt<br />
nach einer gewissen<br />
Zeit des Lesens der Text?“<br />
usw. Wahrnehmungsstörungen,<br />
durch „Sehfehler“ verursacht,<br />
sind komplex und können<br />
in unterschiedlichen<br />
Formen auftreten, z. B. wenn<br />
kleine „blinde“ Bereiche beim<br />
Sehen Teile von Buchstaben<br />
verdecken. Bei manchen<br />
leseschwachen Kindern ist die<br />
Fähigkeit, Buchstaben zu<br />
unterscheiden, eingeschränkt.<br />
Es empfiehlt sich ein Verfahren,<br />
zwei Buchstaben hintereinander<br />
zu zeigen und zu fragen,<br />
ob die Buchstaben<br />
identisch waren oder nicht.<br />
Werden Buchstaben nicht<br />
sicher erkannt, ist die Übung<br />
des Erkennens von Buchstaben,<br />
die kurzzeitig (bis 300<br />
Millisekunden) dargeboten<br />
werden, vorrangig. Die Phonemabrufzeit<br />
(Beginn der<br />
Darbietung bis zum Aussprechen<br />
des dazugehörenden<br />
Lautes) soll deutlich unter<br />
einer Sekunde liegen.<br />
Das weiterführende „buchstabierende<br />
Lesen“ kann für<br />
Kinder ein Problem sein,<br />
wenn sie die Mitlaute b, c, d,<br />
f, ... als [be], [ce], [de], [ef] ...<br />
erlernt haben. In diesem Fall<br />
wird angeregt, den Buchstaben<br />
immer mit einem benachbarten<br />
Buchstaben auszusprechen,<br />
also [ba] bei Baum,<br />
[be] bei Berg, [bl] bei blau<br />
usw. Trotzdem kann auf das<br />
Erlernen der Buchstaben als<br />
Einzellaute, b als [b], c als [c],<br />
d als [d], nicht verzichtet werden,<br />
weil das „buchstabierende<br />
Lesen“ für das Erlesen von<br />
schwierigen (unbekannten<br />
oder schwer auszusprechenden)<br />
Wörtern notwendig ist.<br />
Weil beim flüssigen Lesen<br />
nicht Buchstaben für Buchstabe,<br />
sondern silben- bzw.<br />
wortweise gelesen wird, soll<br />
beim darauf aufbauenden<br />
„segmentierten Lesen“ die<br />
Fähigkeit geübt werden, mehrere<br />
Buchstaben oder längere<br />
Silben gleichzeitig zu sehen<br />
und zu erkennen. Hierbei<br />
werden drei Buchstaben so<br />
kurz dargeboten, dass sie<br />
gerade noch erkannt werden.<br />
In weiterer Folge vier Buchstaben<br />
bei etwas längerer<br />
Darbietungszeit, dass sie<br />
gerade noch erkannt werden,<br />
anschließend Darbietungszeit<br />
verkürzen.<br />
Eine Blickbewegung innerhalb<br />
der Buchstaben ist zu<br />
vermeiden. Deshalb die Buchstabengruppe<br />
so groß und<br />
kontrastreich präsentieren,<br />
dass sie in ca. 200 ms erkannt<br />
werden kann. Wesentlich ist,<br />
eine Buchstabengruppe nicht<br />
beim ersten Buchstaben oder<br />
am Ende mit den Augen zu<br />
fixieren. Eine farbige Fixationsmarke<br />
hilft, die Augenbewegungen<br />
diesbezüglich zu<br />
steuern.<br />
Bei seinen Untersuchungen<br />
hat der Autor des Programms<br />
festgestellt, dass in vielen Fällen<br />
zu kurzes Erfassen einer<br />
Buchstabengruppe und/oder<br />
zu vieler Buchstaben auf einmal<br />
für ein Lesedefizit verantwortlich<br />
ist (ebenso dafür,<br />
dass Kinder beim „Korrekturlesen“<br />
ihre eigenen Fehler<br />
beim Schreiben nicht sehen).<br />
Die Sakkade, der Blicksprung<br />
zum nächsten Fixationspunkt,<br />
erfolgt zu rasch und ist<br />
zu groß. Lautfolgen, die „erlesen“<br />
wurden, brauchen eine<br />
gewisse Zeit, um vom Gehirn<br />
„abgerufen“ zu werden. Diese<br />
Zeit kann von Kind zu<br />
Kind stark variieren (500 ms<br />
bis mehrere Sekunden), aber<br />
diese Zeit muss man den Kindern<br />
geben. Als Ausgangs-<br />
für die Therapie muss<br />
ebenso die Blicksprunggröße<br />
an die individuelle Lesefähigkeit,<br />
nicht an eine Normgröße<br />
(5 – 6 Buchstaben in 250 ms),<br />
angepasst sein.<br />
Einen störenden Einfluss<br />
beim flüssigen Lesen können<br />
Wörter verursachen, die nach<br />
dem „Erlesen“ und dem<br />
anschließenden, zu frühen (!)<br />
Blicksprung noch nicht im<br />
Gehirn „gelöscht“ sind und<br />
das Erlesen des nächsten Wortes<br />
zeitlich verlängern. Die<br />
Prozesse Lesen – Erkennen –<br />
Abrufen – Speichern müssen<br />
vor dem nächsten Blicksprung<br />
erfolgen, sonst kommt es zu<br />
einem Störeinfluss (Regression,<br />
d. h. die Augen springen<br />
zurück auf bereits Gelesenes).<br />
Das Gehirn kann überfordert<br />
sein bei der Lösung beider<br />
Aufgaben. Umgekehrt führt<br />
zu lange Fixation zu einem<br />
langsamen Lesen, das aber<br />
nicht therapiebedürftig ist.<br />
Deshalb sollen diese Kinder<br />
nicht zu schnellerem Lesen<br />
aufgefordert werden! Überhaupt,<br />
das ist das Resümee des<br />
Autors von „celeco(r) Richtig<br />
Lesen Lernen“, ist die richtige<br />
Augenbewegungsstrategie<br />
entscheidend für die Verbesserung<br />
der Leseleistung.<br />
Bei diversen Fortbildungsveranstaltungen<br />
und in der schulischen<br />
Anwendung konnte<br />
ich in den letzten Jahren<br />
Erfahrungswerte zu „celeco(r)<br />
Richtig Lesen Lernen“ sammeln,<br />
wobei mich von Anfang<br />
an die vielschichtige Einsetzbarkeit<br />
dieses Programms,<br />
seine individuell anzupassenden<br />
Diagnose- und Übungsmöglichkeiten<br />
und die automatische<br />
Protokollierung von<br />
Diagnose- und Übungsdaten<br />
beeindruckten.<br />
HOL Karl Tösch,<br />
Buchklub-Bezirksreferent<br />
für Grazer Hauptschulen<br />
Weitere Informationen rund um<br />
das Programm, das in einer<br />
Übungs- und Profiversion<br />
angeboten wird, gibt es im Internet<br />
unter www.celeco.de