Neues Kinderpaket geschnürt / 4-5 Vorarlberger Kinderrechtepreis ...
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obWOHL<br />
der Grundschule Möglichkeiten geben, mit Hilfe der<br />
nichtdeutschsprachigen Kinder allen Kindern die<br />
Gelegenheit zu Sprachlernerfahrungen zu geben, z.B.<br />
indem die nichtdeutschsprachigen Kinder einmal einen<br />
„Schnupperunterricht“ in ihrer Sprache erteilen, indem<br />
die Herkunft vieler deutscher Wörter aus anderen<br />
Sprachen verfolgt und dann auch Sprachen „verglichen“<br />
werden - natürlich auf spielerische Weise.<br />
Bei Jugendlichen und Erwachsenen wird das einfacher:<br />
Sie können Erwachsenen Sprachhilfen anbieten, das<br />
Schulleben mehrsprachig gestalten. Der Londoner<br />
Bürgermeister hat damit geworben, dass man in<br />
London 74 Sprachen unterrichtet, so dass eine Firma<br />
hier für alle Sprachbedarfe SprecherInnen findet. Wäre<br />
es nicht auch für ein Land, das viele Geschäfte in Osteuropa<br />
betreibt, das Touristen aus der ehemaligen<br />
Sowjetunion und aus arabischen Ländern für seine Finanzkraft<br />
braucht, wichtig, dass durch die Migrant-<br />
Innen erweiterte Sprachenpotenzial öffentlich sichtbar<br />
zu machen und zu honorieren?<br />
Ein schönes Beispiel, wie man die vielfältigen Ressourcen<br />
einer multikulturellen und mehrsprachigen Gesellschaft<br />
nutzen kann, gibt es in Lienz: seit gut 10 Jahren<br />
existiert dort ein „Weltbüro“, eine Plattform, die<br />
Kontakte zwischen Deutschsprachigen und Nichtdeutschsprachigen<br />
herstellt, Sprachkenntnisse der MigrantInnen<br />
vermittelt, Touristen betreut, kurz dafür<br />
sorgt, dass Menschen „weltweit zuhause“ sind (so das<br />
Motto des Vereins ‚Weltbüro Lienz’).<br />
Spracherwerb vor der Schule: Welcher Einsatz führt zu<br />
welchem Ergebnis?<br />
Ich halte es für falsch, wenn vor der Schule schon regelrechter<br />
Sprachunterricht erteilt wird - Kinder lernen<br />
gerne voneinander, und sie lernen gern Dinge, die in<br />
ihrer Umgebung vorkommen beziehungsweise die man<br />
direkt brauchen kann. Vieles spricht also dafür, Kinder<br />
bereits im Kindergarten mit der Mehrsprachigkeit ihrer<br />
Lebenswelt vertraut zu machen, mit den Sprachen von<br />
Migrantenkindern, eventuellen Minderheitensprachen<br />
oder auch der Sprache von Grenznachbarn. Ein wichtiges<br />
Grundelement ist dabei, dass diese Sprachen nicht<br />
als abgrenzend, sondern als verbindend erfahren werden,<br />
in gemeinsamem Singen, gemeinsamen Sprachlernspielen,<br />
oder indem man diese Sprachen voneinander<br />
lernt.<br />
Beim Ergebnis kommt es nicht auf Messbarkeit an (also:<br />
wie viele Vokabeln hat ein Kind gelernt? Wie viele<br />
Fehler macht es?) - zu den wichtigen Ergebnissen vorschulischer<br />
Sprachbegegnung und vorschulischen<br />
Sprachenlernens gehören: die Angst vor anderen<br />
Sprachen verlieren, Lust auf das Entdecken von anderen<br />
‚Sprachwelten’ bekommen und dabei auch die eigene<br />
Sprache bewusster wahrzunehmen. Natürlich macht es<br />
Kinder stolz, wenn sie sich in einer anderen Sprache vorstellen,<br />
wenn sie ein Lied oder ein kleines Gedicht in<br />
einer anderen Sprache vortragen können, aber die<br />
Entdeckerfreude ist allemal wichtiger als die Fehlerlosigkeit<br />
oder eine messbare Quantität.<br />
„Kinder entdecken Sprachen“ - so hat das Österreichische<br />
Sprachen-Kompetenz-Zentrum sehr vielfältige<br />
Materialien für das Erleben von Mehrsprachigkeit<br />
benannt. Das wäre meines Erachtens das richtige Motto<br />
für die vorschulische Sprachförderung.<br />
Ein gutes Beispiel bietet das Projekt „Interkulturelle<br />
Mitarbeiterinnen“ des Landes Niederösterreich: ca. 40<br />
‚ambulante’ interkulturelle Mitarbeiterinnen (die selbst<br />
Migrationserfahrungen mitbringen) können einerseits<br />
die Kinder und deren Eltern in ihren eigenen Sprachen<br />
ansprechen und diese Sprachen für alle Kinder sichtbar<br />
machen, andererseits auch den Kindergärtnerinnen<br />
Verständnis für sprachliche und kulturelle Fremdheit<br />
vermitteln. Dieser Einsatz führt dazu, dass Kinder heranwachsen,<br />
die keine Angst vor Sprachen und keine Vorurteile<br />
gegenüber anderssprachigen Menschen haben,<br />
die ‚integriert’ sind in eine sprachlich und kulturell vielfältige<br />
Welt. Noch wichtiger fast: Auch die Erwachsenen<br />
verlieren die Angst vor unbekannten Sprachen und lernen<br />
es, mit Missverständnissen umzugehen.<br />
Ganz wichtig ist, dass in der Grundschule nicht so getan<br />
wird, als hätten solche Kinder noch nie etwas von anderen<br />
Sprachen gehört. Kinder, die im Kindergarten Mehrsprachigkeit<br />
erleben, „wissen“ schon viel über Sprachen.<br />
Der schulische Deutsch- ebenso wie der Englischunterricht<br />
sollten dieses „Sprachwissen“, das eigentlich<br />
mehr eine Sprachaufmerksamkeit ist, aufgreifen und<br />
nutzen.<br />
O. Univ.-Prof. Mag. Dr. Hans-Jürgen Krumm wird im<br />
Rahmen der Vortragsreihe “mehr sprachig. Wegweiser<br />
zur Kommunikation im 21. Jahrhundert“<br />
am 23. Oktober 2008 nach Vorarlberg kommen.<br />
(siehe Seite 9) Nähere Informationen zur Person finden<br />
Sie unter:<br />
http://public.univie.ac.at/index.php?id=14313.<br />
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