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5. Interdisziplinäres Symposium Familienforschung ...

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Mediation im Scheidungsverfahren<br />

Mediation (Vermittlung) im Scheidungsverfahren<br />

– Möglichkeiten und Grenzen<br />

ROLAND PROKSCH<br />

I. Ausgangslage – die psychische Situation bei<br />

Trennung und Scheidung<br />

Scheidung und Trennung gehören zu den alltäglichen Lebenserfahrungen für Kinder und deren<br />

Eltern. Sie sind Teile der Normalbiografie geworden, wie die Eheschließung selbst, in Nordamerika,<br />

in Mittel- und Nordeuropa und natürlich auch in Österreich (Demographisches Jahrbuch, 1992;<br />

Antons, 1987). Trennung und Scheidung als letzter Ausweg aus einer nicht mehr befriedigenden –<br />

bzw. juristisch gewendet – zerrütteten Ehe/Partnerschaft wird immer häufiger zur Beendigung einer<br />

Ehebeziehung benutzt.<br />

Scheidung und Trennung signalisieren Defizite in der elterlichen Kooperation und Kommunikation.<br />

Darunter leiden vor allem die Kinder.<br />

Für Kinder ist die Trennung oder Scheidung ihrer Eltern meist mit Verlust- oder Angstgefühlen<br />

verbunden, die zu Störungen der kindlichen Entwicklung führen können.<br />

Für Eltern ist der „Kampf ums Kind“ in Trennungs- oder Scheidungssituationen oft die<br />

Fortsetzung des elterlichen Ehekampfes, der nunmehr mit juristischen Mitteln geführt wird. Mit der<br />

Beauftragung eines Rechtsexperten (Rechtsanwaltes) wird die gerichtliche Entscheidung der Scheidungsfolgenkonflikte<br />

erzwungen, von der die Problemlösung erwartet wird. Deshalb fühlen die<br />

Eltern zunächst auch die erwünschte – und willkommene – Erleichterung am Ende ihres Erstgesprächs<br />

mit „ihrem“ Rechtsanwalt, wenn die entsprechende Prozeßvollmacht unterschrieben ist. Nun<br />

– so glauben oder hoffen sie – können sie sich zurücklehnen und abwarten, bis das Gericht aufgrund<br />

der „überzeugenden“ Argumentation „ihres“ Rechtsanwaltes im Sinne ihres Antrages entscheiden<br />

und den Konflikt zu ihren Gunsten lösen wird.<br />

Das klassisch-juristische Streitregelungsverfahren begünstigt damit die Fortsetzung eines gegnerschaftlichen,<br />

kommunikationsarmen Konfliktregelungsmusters, anstatt die notwendigen elterlichen<br />

kooperativen Kommunikationsstrukturen herzustellen bzw. zu fördern. Es verschärft die „Sprachlosigkeit“<br />

der Eltern, zu einem Zeitpunkt, zu dem eine kooperative Kommunikation der Eltern mindestens<br />

im Interesse ihrer Kinder notwendig ist. Forschungsergebnisse zeigen nämlich auf, daß das<br />

kommunikative Austragen von Konflikten zwischen Eltern beziehungsstabilisierend wirkt, daß aber<br />

gerade Scheidungseltern häufig in der kommunikativen und kooperativen Konfliktarbeit nicht<br />

(mehr) geübt sind (Napp-Peters, 1988, S. 15ff.; Nave-Herz, 1991, S. 322; Proksch, 1991b, S. 49f.).<br />

Die existentielle Bedeutung von eigenständigen, befriedenden Konfliktregelungsstrategien für<br />

Scheidungseltern als Alternativen zum klassisch-gerichtlichen Entscheidungsprozeß spiegelt sich<br />

insoweit erneut in sozialwissenschaftlichen Forschungsergebnissen wider: Sie zeigen, daß Kinder die<br />

Scheidung ihrer Eltern umso eher ohne Störung verarbeiten und sich umso schneller an die Nachscheidungssituation<br />

anpassen können, je besser ihre Eltern selbst nach der Scheidung miteinander<br />

kooperieren und Entscheidungen einvernehmlich treffen (Napp-Peters, 1988, S. 15, 43). Unabhängig<br />

vom konkreten Inhalt getroffener Obsorgevereinbarungen im familiengerichtlichen Verfahren<br />

scheint deshalb für die Minimierung kindlicher Störungen und somit für das „Wohl des Kindes“ aus-<br />

MATERIALIENSAMMLUNG HEFT 1 17

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