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5. Interdisziplinäres Symposium Familienforschung ...

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J. BARTHELMES: DER UNERLÖSTE EROS, ODER DIE TRÄNEN DER ERKENNTNIS …<br />

„Projektion“ bedeutet: „Unbewußt Eigenes wird fälschlicherweise in ein Objekt der Außenwelt<br />

hineinverlegt“ (Schellenbaum) – zum Beispiel in den (Lebens-)Partner: Die Partner sehen den anderen<br />

mit eigenen Augen, d. h. sie glauben aufgrund ihrer eigenen An-Schauung zu wissen, wer und<br />

wie der andere ist; somit wird der Partner verzerrt wahrgenommen: „Wir werfen über ihn ein Bild<br />

wie eine Verkleidung. Wir verbinden uns nicht mit ihm, sondern klammern uns an das Bild von<br />

ihm“ (Schellenbaum, 1986, S. 140). Die Partner beurteilen den Anderen aufgrund ihrer Projektionen,<br />

und somit sehen sie den anderen absolut aus ihrer Sicht; die Partner bringen durch ihre Projektionen<br />

den jeweils anderen auf einen bestimmten Nenner, was der andere nicht korrigieren kann; d.<br />

h. durch die eigene Projektion wird der andere „pars pro toto“ in seiner Vielfältigkeit sowie Andersartigkeit<br />

gegenüber dem anderen, also in seinem Gesamtbild, nicht anerkannt: „Der andere wurde<br />

zum Geschöpf unseres Bildes“ (Schellenbaum).<br />

Die Projektion ist wie ein Bumerang: Sie ist auf den anderen gerichtet, kann ihn zwar streifen<br />

oder treffen, doch der Bumerang kommt auf einen selbst wieder zurück. Werden sich die Partner der<br />

eigenen Projektionen bewußt, so kann das zur Konfrontation bzw. zum Widerstand führen, was auch<br />

als Plot Point aufgefaßt werden kann: Die Partner möchten im anderen nicht mehr „verschwinden“.<br />

Die Unterscheidung und somit das jeweilige Anderssein ist nun angesagt; es wird zum Thema der<br />

Paarbeziehung. Dabei ist zu beobachten, daß Gefühlsbeziehungen von einem Pol zum anderen pendeln<br />

können: Die Partner verleiben sich nicht mehr ein, sondern stoßen sich ab; sie verschmelzen<br />

nicht mehr miteinander, sondern weisen einander zurück; die Partner idealisieren sich nicht mehr,<br />

sondern verteufeln sich eher; die Partner brauchen sich nicht mehr, um aufeinander stolz zu sein,<br />

sondern um sich abzusetzen, sich über den anderen aufzuregen, brauchen den anderen, um den<br />

anderen zu kritisieren sowie zu beschuldigen; die Partner erleben sich nicht (mehr) als auf- und anregend,<br />

sondern eher als lästig, hemmend, behindernd.<br />

4.3 Konfrontation: Distanzierung (Parallel:<br />

Verschlingungstrieb / Fixierte Beziehung)<br />

Aus dem Erkennen der eigenen Projektionen sowie der eigenen Widerständigkeiten heraus beginnen<br />

die Partner, „Verantwortung für die eigenen Angelegenheiten zu übernehmen“. In der Phase der<br />

Distanzierung hören die Partner auf, „in bestimmten Bereichen Leben vom anderen zu borgen“, vielmehr<br />

sorgen sie sich jetzt selbst um die Entwicklung ihrer unterentwickelten Personenanteile<br />

(Jellouschek, 1989a, S. 5).<br />

Im Mittelpunkt dieser Phase steht die Übernahme der Verantwortung für sich selbst. Verschmelzung<br />

bedeutet, die eigenen Defizite und seine Schattenseiten „mit dem anderen zudecken“,<br />

Projektion und Widerstand bedeuten, diese „dem anderen zum Vorwurf zu machen“ (Konfrontation);<br />

Distanzierung dagegen heißt, „jeder übernimmt Verantwortung für seine Defizite und<br />

Schattenseiten“. Die Partner wenden sich voneinander ab und wenden sich zu sich selbst, wenden<br />

sich wieder selbst zu. Sie kümmern sich um sich selbst, sie genügen sich selbst, denn der andere stellt<br />

keine (scheinbar notwendige) Ergänzung mehr dar.<br />

4.4 Auflösung: Wiederannäherung (Parallel:<br />

Erlösungsmotiv / Reine Beziehung)<br />

Aufgrund der Distanzierung sowie der Übernahme von Eigen-Verantwortlichkeit können die Partner<br />

sich wieder aneinander annähern, denn „größere Selbständigkeit bedingt auch eine tiefere<br />

MATERIALIENSAMMLUNG HEFT 1 41

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